817/AB XXI.GP
B e a n t w o r t u n g
der Anfrage der Abgeordneten Walter Miedl, Edeltraud Gatterer und Kollegen
an die Bundesministerin für soziale Sicherheit und Generationen,
betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als
Hilfsmittel und Diensthund in Österreich (Nr. 834/J)
In Beantwortung der gegenständlichen Anfrage führe ich - zunächst im Hinblick auf
die angesprochenen sozialversicherungsrechtlichen Aspekte - Folgendes aus:
Eine über Ersuchen meines Ressorts durchgeführte Erhebung des Hauptverbandes
der österreichischen Sozialversicherungsträger hat ergeben, dass die Krankenver -
sicherungsträger durchwegs keine Leistungen zur Anschaffung von Blindenführ -
hunden erbringen. Dies wird damit begründet, dass Blindenführhunde nach Auf -
fassung des Hauptverbandes nicht als Hilfsmittel im sozialversicherungsrechtlichen
Sinne anzusehen sind und damit nicht in den gesetzlichen Aufgabenbereich der
Krankenversicherung fallen. Vielmehr handle es sich bei der Anschaffung eines
Blindenführhundes um eine soziale Maßnahme, die dem Blinden wieder die Teil -
nahme am Gemeinschaftsleben ermöglichen soll und somit in die Zuständigkeit der
Länder falle. Finanzierungsbeiträge der Sozialversicherung erfolgen lediglich durch
Unfall - und Pensionsversicherungsträger aus dem Titel der beruflichen und/oder
sozialen Rehabilitation bei Zutreffen der diesbezüglichen Voraussetzungen.
In diesem Zusammenhang ist noch festzuhalten, dass angesichts der bekannt
prekären finanziellen Situation der Krankenversicherungsträger eine Ausweitung
ihres derzeitigen Leistungsniveaus aus meiner Sicht nicht in Betracht kommt.
In diesem Sinne habe im Übrigen sowohl ich als auch Staatssekretär Dr. Waneck die
Krankenversicherungsträger dazu aufgefordert, ihre satzungsmäßigen Mehr -
leistungen (zu denen auch die Hilfsmittelgewährung zählt) dahingehend zu über -
prüfen, ob sie der jeweiligen finanziellen Lage der einzelnen Versicherungsträger
angemessen sind.
Immerhin wurden jedoch auf Grund der in der Anfrage zitierten Entschließung des
Nationalrates vom 16. Juni 1998 mit den Sozialversicherungsträgern und den
Ländern Gespräche geführt. So war die gegenständliche Problematik mehrmals
Gegenstand der Landessozialreferentenkonferenzen. Sowohl seitens der Sozialver -
sicherungsträger als auch seitens der Länder wurden keine Bedenken gegen eine
bundesgesetzliche Definition des
„Blindenführhundes“ erhoben.
In der Folge wurde mit der am 1. September 1999 in Kraft getretenen Novelle zum
Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. I Nr.177/1999, im § 39a eine gesetzliche
Definition des Blindenführhundes geschaffen. Gemäß § 39a Abs. 3 BBG ist Voraus -
setzung für die Bezeichnung als „Blindenführhund“ und für die Gewährung einer
finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln zur Anschaffung eines Blinden -
führhundes die positive Beurteilung durch ein gemeinsames Gutachten von Sach -
verständigen, zu denen jedenfalls ein blinder oder hochgradig sehbehinderter
Mensch gehören muss.
Mit dieser Regelung wurde die seinerzeitige Praxis der Rehabilitationsträger,
Förderungen für die Anschaffung von Blindenführhunden nur dann zu gewähren,
wenn eine positive Beurteilung des Hundes durch Sachverständige vorlag, gesetzlich
verankert.
§ 39a Abs. 4 BBG ermächtigt ferner den Bundesminister für soziale Sicherheit und
Generationen nähere Kriterien für die Beurteilung von Blindenführhunden in Form
von Richtlinien festzulegen.
Diese Richtlinien sind mit 1. Februar 2000 in Kraft getreten.
Zum Zutrittsrecht zu öffentlichen Gebäuden und Geschäften möchte ich festhalten,
dass nach den Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes die Möglichkeit be -
steht, in den Behindertenpass die Eintragung „Ist auf den Blindenführhund ange -
wiesen“ vornehmen zu lassen. Dies soll blinden oder hochgradig sehbehinderten
Personen den Zutritt zu öffentlichen Gebäuden und Geschäften erleichtern. Aller -
dings kann mit dieser Zusatzeintragung kein Anspruch auf Mitnahme des Hundes in
alle öffentlich zugänglichen Lokalitäten (z.B. Lebensmittelgeschäfte) verbunden sein,
da hier berechtigte Interessen des behinderten Menschen mit sanitätspolizeilichen
Vorschriften kollidieren.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Verordnung der Bundesministerin für
Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz über allgemeine Lebensmittel -
hygiene (Lebensmittelhygieneverordnung), BGBl. II Nr.31/1998, Anhang Abschnitt I
Z.10 zu verweisen, die vorsieht, dass ,,...Ausnahmsweise Blindenführhunde in Ver -
kaufsräumlichkeiten von Einzelhandelsbetrieben toleriert werden können, wenn Vor -
sorge zur Gewährleistung der Unbedenklichkeit und Genusstauglichkeit der
Lebensmittel getroffen wird.“
Auch einige landesgesetzliche Regelungen wie das Wr. Veranstaltungsstätten -
gesetz, LGBl. Nr.4/1978, die Wiener Marktordnung, LGBl. Nr.30/1991 oder die Ver -
ordnung des Magistrates der Stadt Wien über die Benützung der Friedhöfe der Stadt
Wien, LGBl. Nr.10/1990, sehen ein Mitnahmerecht für den Blindenführhund vor.
Neben den bestehenden Förderungen z.B. aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds zur
Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen für blinde und hochgradig seh -
behinderte Menschen halte ich Initiativen, die auf eine Verbesserung der
Kommunikationstechnologie abzielen, für besonders wichtig. Dabei sind die
technischen Entwicklungen zu beobachten, um förderungswürdige Projekte unter -
stützen zu können.
Ich freue mich daher, mitteilen zu können, dass mit den genannten Maßnahmen der
von den anfragenden Abgeordneten genannten Petition und den darin vorge -
brachten Anliegen weitestgehend Rechnung getragen werden konnte.