819/AB XXI.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 773/J - NR/2000, betreffend

Ausbaupläne für die Verkehrsinfrastruktur Tschechiens, die die Abgeordneten Moser,

Freundinnen und Freunde am 12. Mai 2000 an mich gerichtet haben, beehre ich

mich wie folgt zu beantworten.

 

Allgemeines:

Auf Ebene der Verkehrsressorts fanden bereits seit 1991 mit der Tschechoslowakei

sowie mit der Bundesrepublik Deutschland regelmässig intensive Gespräche über

den Ausbau der Eisenbahnverbindung Berlin - Prag - Wien statt, der in einer

Machbarkeitsstudie gemeinsam untersucht wurde. Im Juni 1995 wurde eine

diesbezügliche Vereinbarung zwischen den Verkehrsministern Deutschlands, der

Tschechischen Republik und Österreichs unterzeichnet.

Zugleich wurde ein bilaterales Abkommen zwischen den Verkehrsministerien

Tschechiens und Österreichs abgeschlossen mit den grundlegenden Zielen einer

Abstimmung des Ausbaus der Eisenbahninfrastruktur, der Interoperabilität und der

Zusammenarbeit der Eisenbahnindustrien. Auf Grundlage dieses Abkommens wurde

eine „gemeinsame Arbeitsgruppe" eingerichtet, in deren Rahmen regelmäßige

Abstimmungsgespräche stattfinden.

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:

 

Zu Frage 1:

 

Die Tschechische Republik führt den Ausbau ihrer wichtigsten Strecken bereits durch

und wendet dabei internationale Standards an.

 

Zu Frage 2:

 

Die Eisenbahnverbindung Wien - Hohenau - Brünn - Prag - Dresden - Berlin stellt für

Österreich die wichtigste Verbindung mit Tschechien dar und schließt zugleich die

bedeutendste Eisenbahnachse Tschechiens ein. Der Ausbau ist derzeit bereits auf

mehr als der Hälfte der Streckenlänge auf tschechischem Gebiet abgeschlossen.

Seit Sommerfahrplan 2000 verkehren EuroCity - Züge zwischen Brünn und Prag

bereits auf der ausgebauten Strecke (nunmehr über C. Trebova) mit

Geschwindigkeiten von bis zu 160 km/h. Die Fahrzeiten wurden auf 2 Stunden

43/bzw. 42 Minuten zwischen Brünn und Prag bzw. 4 Stunden 26/24 Minuten

zwischen Wien und Prag gekürzt. Der Ausbau der Gesamtstrecke soll Ende 2002

fertig gestellt sein.

 

Ähnlich hohe Priorität kommt sowohl aus tschechischer als auch aus österreichischer

Sicht der Eisenbahnverbindung von Wien über Hohenau und Ostrau zur polnischen

Grenze zu. Der Ausbau ist von Breclav ausgehend in mehreren Abschnitten bereits

im Gange und soll bis Prerov und Hranice bereits 2002/2003 fertig gestellt sein, die

restlichen Abschnitte bis zur polnischen Grenze sollen bis zum Jahre 2005

ausgebaut werden.

 

Weiters wurde im Rahmen der bilateralen Eisenbahnkooperation eine gemeinsame

Machbarkeitsstudie über die Eisenbahnverbindungen Prag - Linz/ - Gmünd - Wien

durchgeführt, deren Umsetzung durch eine kürzlich konstituierte bilaterale

Arbeitsgruppe gesteuert wird. Der prioritäre Ausbau der tschechischen Strecke

Budweis - Staatsgrenze bei Summerau (mit Elektrifizierung) soll bis Ende 2002 fertig

gestellt sein; für weitere Ausbaumaßnahmen soll die Finanzierung noch nicht

gesichert sein. Nach einer kürzlich von der tschechischen Regierung gebilligten

„Konzeption für die Entwicklung des Verkehrsnetzes der Tschechischen Republik“

soll der weitere Ausbau der Strecke Prag - Budweis in den Jahren 2003 bis 2008

erfolgen.

 

Zu Frage 3:

 

Die gemeinsame Arbeitsgruppe zum Eisenbahnkooperationsabkommen wurde 1995

eingerichtet und tritt jährlich zu Abstimmungsgesprächen zusammen.

 

Zu Frage 4:

 

Ich darf darauf hinweisen, dass auf Grund der verkehrsgeographischen Lage

Österreichs und Tschechiens vornehmlich Verkehr in Nord - Süd - Relationen nach und

durch Österreich (als "Ost - West - Verkehr") zu betrachten ist.

 

Die Verlagerung von bilateralen und Österreich transitierenden Verkehren auf die

Schiene ist gerade unter diesem Aspekt von größter Bedeutung für die

österreichische Verkehrspolitik.

 

Zu Frage 5:

 

Am 7. Dezember 1999 hat der Rat in seinem Gemeinsamen Standpunkt der EU zum

Verhandlungskapitel 9 "Verkehrspolitik" mit der Tschechischen Republik in Bezug auf

den Infrastrukturausbau festgehalten, dass die Tschechische Republik im Lichte der

Ergebnisse des TINA - Prozesses im Hinblick auf die Ausdehnung des

Transeuropäischen Verkehrsnetzes auf die Tschechische Republik Projekte von

Gemeinschaftsinteresse identifizieren wird müssen, die für Gemeinschaftszuschüsse

in Frage kommen.

 

Auf Basis der hierzu von seiten der Republik Tschechien einlangenden konkreten

Vorschläge und der hierzu von seiten der Gemeinschaft - insbesondere von Seiten

der betroffenen Nachbarstaaten der Republik Tschechien - vertretenen Positionen

werden die entsprechenden Gemeinschaftsvorschriften (TEN - Leitlinien) mit Wirkung

des Beitritts der Republik Tschechien zur EU anzupassen sein.

 

Das BMVIT hat im Zusammenhang mit dem Transeuropäischen Verkehrsnetz stets

die Auffassung vertreten, dass der Ausbau der TEN fortgesetzt werden muss, um

eine nachhaltige Entwicklung sowie den Zusammenhalt innerhalb der Union zu

fördern und bessere Verbindungen mit den neu beitretenden Ländern Mittel - und

Osteuropas herzustellen. Dies jedoch unter der Voraussetzung, dass hierbei eine

grundlegende Bedachtnahme auf eine auf Dauer tragbare Mobilität erfolgt und in

diesem Sinne den umweltfreundlichen Verkehrsträgern Schiene, Schiff und

kombinierter Verkehr eine klare Priorität eingeräumt wird.

 

Diese Haltung wird vom Verkehrsressort auch im Hinblick auf die künftigen

Verhandlungen der EU mit Tschechien weiterhin entsprechend vertreten werden.

 

Zu Frage 6:

 

Die federführende Zuständigkeit für die Beitrittsverhandlungen der EU mit den

Kandidatenländern liegt beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten.

Inwieweit diese Verhandlungen von den Maßnahmen der 14 EU - Mitgliedstaaten

betroffen sind, wäre daher von diesem zu beurteilen.

 

Zu Frage 7:

 

Mein Ressort geht davon aus, dass eine sofortige vollständige Liberalisierung der

bilateralen Verkehre bzw. der Kabotage mit dem Beitritt der Kandidatenländer ein

starkes Ansteigen des Straßengüterverkehrs zu Lasten der umweltfreundlichen

Verkehrsträger nach sich ziehen würde, sodass entsprechende Maßnahmen (z.B.

Übergangsfristen bis nach dem Beitritt der neuen EU - Mitgliedstaaten) vorzusehen

sind, um eine geeignete Verkehrsträgerentwicklung sicherzustellen.

 

In Bezug auf den Transitverkehr ist eine Einbeziehung der Beitrittskandidaten in das

Ökopunktesystem, das in Prot. Nr.9 des österreichischen Beitrittsvertrags mit der EU

verhandelt wurde, unerlässlich. Darüber hinaus muss im Zusammenhang mit dem

Ökopunktesystem für den Transitverkehr durch Österreich durch entsprechende

Maßnahmen sichergestellt werden, dass die primärrechtlich verankerte Zielsetzung

einer dauerhaften Schadstoffreduktion in Österreich und damit die Erreichung eines

dauerhaft verträglichen Modal Splits jedenfalls auch dann gewährleistet ist, wenn

weitere Staaten der EU beitreten.

Die am 7. Dezember 1999 zum Protokoll des Rates abgegebenen gemeinsame

Erklärung der Kommission und des Rates, wonach die vollständige Öffnung des

Straßenverkehrsmarktes voraussichtlich einschneidende Auswirkungen auf den

Verkehrssektor, die Sicherheit und die Umwelt in der EU haben wird und daher vor

diesem Hintergrund vor dem Beitritt geeignete Maßnahmen für eine reibungslose

Marktintegration im Bereich des Straßenverkehrs zu prüfen sein werden, wäre in

diesem Sinne ebenso umzusetzen wie die ebenfalls am 7. Dezember 1999 von

Österreich abgegebene einseitige Erklärung. In dieser Erklärung betont Österreich

nachdrücklich, im Kontext einer erweiterten Union dem Ziel der nachhaltigen

Senkung der von Lastkraftwagen verursachten Schadstoffemissionen verpflichtet zu

sein. Aus diesem Grund müsse auch eine Lösung hinsichtlich der nachhaltigen

Reduktion der Schadstoffemissionen im Straßenverkehr in und durch Österreich

gefunden werden. Österreichs Zustimmung zu den endgültigen Ergebnissen der

Erweiterungsverhandlungen werde von einer zufriedenstellenden Lösung in Bezug

auf die Erreichung des oben erwähnten Ziels abhängen.

 

Zu den Fragen 8 und 10:

 

Seitens Tschechien besteht die Absicht, die Straßenverbindung von Znojmo

Richtung Grenzübergang Klein Haugsdorf, beziehungsweise von Brno Richtung

Drasenhofen in Abstimmung mit Österreich 4- s purig auszubauen.

Für die Verbindung Ces. Budejovice Richtung Staatsgrenze bei Wullowitz bestehen

ebenfalls Überlegungen für einen 4 - spurigen Ausbau.

Über den zeitlichen Horizont dieser Ausbaupläne lassen sich jedoch gegenwärtig

keine seriösen Aussagen treffen.

Derzeit ist laut Regierungsbeschluss der tschechischen Regierung für die

Verbindung Prag - Wullowitz ein autobahnmäßiger Ausbau vorgesehen, wobei in

einer ersten Phase ein Halbausbau angestrebt wird.

 

Zu den Fragen 9, 11 und 12:

 

Gegenwärtig wird eine Untersuchung für den Korridor entlang der B 310 zwischen

Unterweitersdorf und dem Grenzübergang Wullowitz auch unter Berücksichtigung

der diesbezüglichen großräumigen Verkehrsströme durchgeführt. Hauptaufgabe

dieser Korridoruntersuchung ist die Prüfung der Notwendigkeit von Verkehrs -

maßnahmen. Dabei wird u.a. geprüft, ob bzw. welche Verlagerungsmöglichkeiten auf

die Schiene bestehen.

Darüber hinaus wird das Ausbauniveau, die Dimensionierung und die Klärung der

Finanzierbarkeit festgelegt, sowie eine Einschränkung des weiter zu berück -

sichtigenden Planungsraumes im Straßenbereich durchgeführt. Erst dann lassen

sich erste Aussagen über den weiteren zeitlichen Ablauf treffen.