837/AB XXI.GP
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und
Genossen vom 18. Mai 2000, Nr. 828/J, betreffend Wohnungsmieten und
EU - Mehrwertsteuer - RL, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu 1. und 6.:
Nach der 6. Mehrwertsteuer - Richtlinie ist die Vermietung und Verpachtung von Grund -
stücken (wozu auch die Wohnungsvermietung zählt) grundsätzlich von der Umsatzsteuer zu
befreien, wobei es sich um eine unechte Steuerbefreiung handelt, die nicht zum Vorsteuer -
abzug berechtigt. Die 6. Mehrwertsteuer - Richtlinie sieht aber auch vor, dass die Mitglied -
staaten ihren Steuerpflichtigen bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken das
Recht einräumen können, zur Steuerpflicht zu optieren, wobei in diesem Fall die Miet -
(Pacht -)Einnahmen dem Normalsteuersatz unterliegen und dem Vermieter (Verpächter) der
Vorsteuerabzug zusteht.
Auf Grund des EU - Beitrittsvertrages war es der Republik Österreich möglich, in Abweichung
von Artikel 28 Abs. 2 dieser 6. Mehrwertsteuer - Richtlinie bis 31. Dezember 1998 einen er -
mäßigten Steuersatz - der allerdings nicht unter 10% liegen durfte - auf die Vermietung von
Grundstücken für Wohnzwecke anzuwenden.
Österreich hat von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht und wendet gemäß § 10
Abs. 2 Z 4 lit. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1994 den ermäßigten Steuersatz von
10% für die Vermietung von
Grundstücken für Wohnzwecke an, wobei darauf hinzuweisen
ist, dass diese Besteuerungsform für die Wohnungsmieten schon im Umsatzsteuerge -
setz 1972, das vor dem Beitritt Österreichs zur EU in Geltung stand, vorgesehen war.
Von Österreich wurde die Beibehaltung dieser Regelung im Umsatzsteuergesetz 1994 ange -
strebt, weil es bei der unechten Steuerbefreiung durch den Verlust des Vorsteuerabzuges zu
einer Erhöhung der Baukosten um rund 20% und damit auch zu höheren Mieten für diese
Wohnungen gekommen wäre, wobei sich der damit verbundene Wegfall der Steuerpflicht nur
in Höhe von 10% bzw. - soweit nicht steuerbare Wohnbauförderungen vorliegen - überhaupt
nicht ausgewirkt hätte. Außerdem hätten die höheren Baukosten zu einer insgesamt
schwierigeren Finanzierung des Wohnbaus mit weniger Wohnungen geführt. Die mögliche
Option zur Steuerpflicht würde zwar - wie nach der derzeitigen österreichischen Rechtslage -
den Vorsteuerabzug für den Wohnungsbau gewährleisten, die Mieten würden sich aber
um 10% verteuern, da bei der Option der Normalsteuersatz - dieser beträgt in Öster -
reich 20% - anzuwenden wäre.
Dieselben negativen Auswirkungen ergeben sich für Altbauten in Bezug auf Instandhaltungs -
arbeiten, Renovierungen und dergleichen. Auch für die meisten laufenden Betriebskosten für
Wohnungen würden sich bei Anwendung der Regelungen der 6. Mehrwertsteuer - Richtlinie
Nachteile für die Mieter ergeben, da diese Kosten - unabhängig, ob die unechte Steuerbe -
freiung angewendet wird oder von der Option zur Steuerpflicht Gebrauch gemacht wird -
letztlich mit 20% (anstelle derzeit mit 10%) Umsatzsteuer belastet wären.
Um diese aufgezeigten Nachteile für die Wohnungsmieter zu vermeiden, ist Österreich be -
strebt, die auf Grund des Beitrittsvertrages eingeräumte umsatzsteuerliche Ausnahme -
regelung für die Wohnungsvermietung weiterhin, also auch für Zeiträume ab dem
1. Jänner 1999 aufrechtzuerhalten. Seitens der Europäischen Union bestehen gegen die
Weitergeltung dieser Ausnahmeregelung keine Einwände. Nach einem Vorschlag der
Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der 6. Mehrwertsteuer - Richtlinie vom
17. Dezember 1999, KOM (1999) 703 endgültig, darf die Republik Österreich auf die
Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke einen ermäßigten Steuersatz anwenden,
sofern dieser Satz mindestens 10% beträgt. Diese Richtlinie soll nach dem Vorschlag der
Kommission vom 1. Jänner 1999 bis zum Ende der in Artikel 281 der 6. Mehrwertsteuer -
Richtlinie genannten Übergangszeit anwendbar sein. Diese Übergangszeit betrifft die
Binnenmarkt - Übergangsregelung und endet erst mit dem Übergang auf das endgültige
System der Besteuerung des Handelsverkehrs
zwischen den Mitgliedstaaten (Übergang auf
das Ursprunglandprinzip). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Dauer
dieses Übergangszeitraums derzeit zwar nicht absehbar aber doch als eher langfristig
einzustufen ist.
Der Richtlinienvorschlag wird insbesondere damit begründet, dass die Aufhebung des er -
mäßigten Steuersatzes von 10% für die Wohnungsmieten zwangsläufig Mietpreis -
steigerungen auf der Ebene des Endverbrauchs zur Folge hätte, was der österreichischen
Wohnungspolitik zuwiderliefe. Weiters wird in der Begründung ausgeführt, dass gegen die
Ausnahmeregelung für Österreich keine Beschwerden eingegangen seien und nach Auf -
fassung der Kommission praktisch keine Gefahr der Wettbewerbsverzerrung gegeben wäre.
Nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen besteht daher derzeit keine Notwendig -
keit, die in Österreich geltende Rechtslage in Bezug auf die Umsatzbesteuerung der Ver -
mietung von Grundstücken für Wohnzwecke zu ändern.
Zu 2.:
Die Umsatzsteuer - Einnahmen aus der Vermietung von Grundstücken zu Wohnzwecken
werden mit jährlich ca. 6 Milliarden S geschätzt.
Zu 3.:
Eine (unechte) Befreiung der Wohnungsmieten von der Umsatzsteuer würde - wie bereits bei
den Punkten 1 und 6 dargelegt - einen erheblichen Finanzierungsnachteil für den Wohnbau,
damit verbunden eine Erhöhung der Mietzinse bei Neubauten und Nachteile bei den Alt -
bauten in Bezug auf den Vorsteuerabzug bei den meisten Betriebskosten und den Instand -
haltungs - und Reparaturarbeiten zur Folge haben und damit ebenfalls zu Mietzinser -
höhungen beitragen.
Zu 4.:
Eine Besteuerung der Wohnungsmieten mit einem Steuersatz von 15% ist in Österreich auch
bei Anwendung der Bestimmungen der 6. Mehrwertsteuer - Richtlinie nicht möglich. Der Ver -
mieter hat nach dieser Richtlinie nur die Möglichkeit, die (unechte) Umsatzsteuerbefreiung in
Anspruch zu nehmen oder für die Steuerpflicht zu optieren, wobei im Fall der Besteuerung
der im betreffenden Land geltende Normalsteuersatz, der in Österreich 20% beträgt, anzu -
wenden ist.
Zu 5.:
Wie bereits unter Punkt 4 dargelegt, ist eine Besteuerung der Umsätze aus der Vermietung
von Grundstücken zu Wohnzwecken mit 15% nicht möglich. Nach Meinung des Bundes -
ministeriums für Finanzen ist daher eine Schätzung der diesbezüglichen Mehreinnahmen
nicht zielführend. Sinnvoll wäre nur eine Schätzung der Umsatzsteuer - Einnahmen, die bei
der unechten Befreiung der Wohnungsmieten mit Optionsmöglichkeit zur 20%igen Steuer -
pflicht zu erzielen wären. Diesbezüglich ist aber eine fundierte Schätzung leider nicht mög -
lich, da nicht abzusehen ist, inwieweit die Vermieter die unechte Steuerbefreiung oder die
Option zur Steuerpflicht in Anspruch nehmen würden.