838/AB XXI.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde haben

an mich eine schriftliche Anfrage betreffend “noch ein furchtbarer Gutachter” ge -

richtet.

 

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1:

Prim. Dr. S. war seit 1951 als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger für

Psychiatrie und Neurologie in der vom Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt

geführten Sachverständigenliste eingetragen.

 

Zu 2:

Nach den vorliegenden Informationen ist Dr. S. seit etwa Mitte 1998 nicht mehr als

Gutachter tätig.

 

Zu 3:

Wie viele Gutachten Dr. S. im Auftrag der Justiz innerhalb der letzten zehn Jahre

verfasst und welche Honorare er dafür erhalten hat, ließe sich nur mit einem unver -

tretbaren Aufwand (Einsichtnahme in die bei den Rechnungsführern der Gerichte

aufliegenden Gebührenauszahlungslisten bzw Prüfung aller Gerichtsakten) eruieren.

Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich diese Frage nicht beantworten kann.

 

Zu 4:

Dr. S. hat dem Präsidenten des Landesgerichts Klagenfurt am 24.12.1997 bekannt -

gegeben, dass er seine fachärztliche Tätigkeit mit 31.12.1997 einstellen werde, und

ersucht, ihm nach dem 31.12.1997 keine gerichtlichen Gutachtensaufträge mehr zu

erteilen; nach Abwicklung der noch ausstehenden Verhandlungen werde er seine

Streichung aus der Sachverständigenliste beantragen. Dies wurde allen Gerichtsab -

teilungen des Landesgerichts Klagenfurt und allen Bezirksgerichten des Sprengels

des Landesgerichts Klagenfurt mitgeteilt.

 

Der angekündigte Antrag auf Streichung aus der Sachverständigenliste erfolgte am

16.2.1999; mit diesem Zeitpunkt wurde Dr. S. aus der Liste der allgemein beeideten

und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen gestrichen. Der Präsident des

Landesgerichts Klagenfurt hat mitgeteilt, ihm sei nicht bekannt, dass der genannte

Sachverständige nach etwa Mitte 1998 noch Gutachten im gerichtlichen Auftrag im

Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt erstellt hätte. Von weiteren Erhebungen

wurde aus den zur Frage 3 genannten Gründen abgesehen.

 

Zu 5:

Eine Altersbegrenzung für die Tätigkeit als allgemein beeideter gerichtlicher Sach -

verständiger ist im Bundesgesetz über den allgemein beeideten gerichtlichen Sach -

verständigen und Dolmetscher (SDG) nicht enthalten. Von einer derartigen Alters -

grenze wurde bei Schaffung des Gesetzes bewusst abgesehen, um das im langen

Berufsleben erworbene umfassende Fachwissen gerichtlicher Sachverständiger

auch nach Erreichung des Ruhestands im Hauptberuf noch nutzen zu können.

 

Zu 6 bis 8:

Die Voraussetzungen für die Eintragung in die Listen der allgemein beeideten ge -

richtlichen Sachverständigen sind in § 2 Abs. 2 SDG normiert:

 

Danach müssen die Eintragungswerberinnen und - werber unter anderem Sachkun -

de, körperliche und geistige Eignung sowie Vertrauenswürdigkeit aufweisen. Eine

Überprüfung der persönlichen Ansichten der Bewerberinnen und Bewerber, etwa zu

bestimmten gesellschafts - und rechtspolitischen Themen, ist im Gesetz nicht vorge -

sehen. Dies wäre auch grundsätzlich im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungs -

freiheit (Art. 13 StGG, Art. 9 MRK) abzulehnen.

 

Wenn sich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Eintragung in die

Sachverständigenliste nach § 2 Abs. 2 SDG bei der Eintragung nicht gegeben war

oder später weggefallen ist, ist die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher

Sachverständiger vom zuständigen Gerichtshofspräsidenten zu entziehen (§10 Abs.

1 Z 1 SDG). Durch eine im Jahr 1995 erfolgte Novellierung des SDG wurde erst

jüngst eine periodische Überprüfung des Fortbestands der Eintragungsvorausset -

zungen eingeführt.

 

Zu 9 bis 11:

Zu den in diesen Fragen angesprochenen konkreten Gerichtsverfahren ist Folgen -

des auszuführen:

 

Im Verlassenschaftsverfahren nach Josefine L., 11 A 138/96i des Bezirksgerichts

Villach, waren weder Dr. S. noch Dr. N. als Sachverständige tätig.

 

Im Erbrechtsstreit 27 Cg 135/96y des Landesgerichts Klagenfurt, in dem vor allem

die Frage geklärt werden soll, ob Josefine L. zur Zeit ihres Testamentswiderrufs am

14.6.1993 testierfähig war oder nicht, bestellte das Landesgericht Klagenfurt im

zweiten Rechtsgang Dr. N., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, zum (weiteren)

Sachverständigen, nachdem die Parteien trotz entsprechender Aufforderung durch

das Gericht Einwendungen gegen seine Person nicht erhoben hatten.

 

Nachdem dieser Sachverständige schriftlich Befund und Gutachten erstattet hatte,

lehnten die beklagten Parteien in der Tagsatzung am 5.7.1999 den Sachverständi -

gen Dr. N. wegen Befangenheit ab. Der Sachverständige erklärte, sich nicht befan -

gen zu fühlen; er habe kein wie immer geartetes Naheverhältnis zur klagenden Par -

tei und habe ein solches auch nie gehabt.

 

Mit Beschluss vom 5.7.1999 hat das Landesgericht Klagenfurt “die Befangenheits -

einrede der beklagten Partei” verworfen. Die Beklagten rügten dies in ihrer Berufung

gegen das Urteil als Verfahrensmangel; darüber wird im Berufungsverfahren vor

dem Oberlandesgericht Graz zu befinden sein.

 

Dr. S. wurde dem Verfahren 27 Cg 135/96y des Landesgerichts Klagenfurt nicht als

Sachverständiger beigezogen, sondern nur als (sachverständiger) Zeuge vernom -

men. Ein von einer Prozesspartei rechtzeitig zu einem prozessrelevanten Thema ge -

nannter Zeuge ist grundsätzlich vom Gericht zu laden und zu vernehmen.

 

Darüber hinaus legte die klagende Partei psychiatrische Befunde des Dr. S. im Be -

weisverfahren als Urkunden vor. Die Bewertung und Abwägung der verschiedenen

Beweisergebnisse ist Aufgabe des unabhängigen Gerichts im Rahmen der freien

Beweiswürdigung (§ 272 ZPO).

 

Ob ein Sachverständiger in einem bestimmten gerichtlichen Verfahren befangen ist,

hat das zuständige Gericht zu entscheiden; Sachverständige können von den Partei -

Ob ein Sachverständiger in einem bestimmten gerichtlichen Verfahren befangen ist,

hat das zuständige Gericht zu entscheiden; Sachverständige können von den Par -

teien aus den selben Gründen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters

berechtigen (§ 355 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über derartige Ablehnungsanträ -

ge kommt ausschließlich den unabhängigen Gerichten zu. Es kann daher keine

“Schritte zur Überprüfung des Verfahrens bzw. der Gutachter in dieser Angelegen -

heit” durch den Bundesminister für Justiz oder andere Justizverwaltungsorgane ge -

ben.

 

Zu 12:

Ich weise die in dieser Frage enthaltene Unterstellung entschieden zurück.

 

Zu 13:

 

Ich bin mit Dr. S. nur flüchtigst bekannt (eine flüchtige Begegnung - Dauer zwei

Minuten - vor mehr als zwölf Jahren) und erachte mich in dieser Angelegenheit in

keiner Weise als “befangen”.