852/AB XXI.GP

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 952/J vom 9.6.2000, der Abgeordneten

Mag. Karl Schweitzer, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend Bank

Burgenland, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Ich möchte festhalten, dass ich zum vorliegenden Themenbereich gegenüber dem

Nationalrat bereits anläßlich der Beantwortung der Dringlichen Anfrage der Abgeordneten

Ing. Peter Westenthaler und Kollegen, betreffend Finanzdesaster der Bank Burgenland, am

6. Juli 2000 ausführlich Stellung genommen habe.

 

Zu 1. und 2.:

 

“Verdachtsmomente”, wie sie nach dem nunmehrigen Wissenstand als solche bezeichnet

werden können, haben sich bis zum mündlichen Zwischenbericht der Oesterreichischen

Nationalbank (OeNB) vom 4. Oktober 1999 über die laufende Vor - Ort - Prüfung nicht ergeben.

 

Verschiedentliche Hinweise, die meinem Ressort im Zuge des gesetzlichen Meldewesens

zugingen, konnten von der Eisenstädter Bank und Hypo - Bank Burgenland AG (Bank

Burgenland) stets aufgeklärt werden:

 

In der Auswertung des Monatsausweises und im bankaufsichtlichen Prüfungsbericht der

Eisenstädter Bank AG über das Geschäftsjahr 1991 wurde die Überschreitung der Großver -

anlagungsgrenze im Fall HOWE AG aufgezeigt. Durch die am 15. Juli 1991 erfolgte rückwir -

kende Verschmelzung der Eisenstädter Bank mit der Landes - und Hypothekenbank Burgen -

land AG zum 31. Dezember 1990 war diese Verletzung durch das nunmehr erhöhte Haft -

kapital bereinigt.

 

Sonstige Hinweise waren nach weiteren vier Jahren erst in den bankaufsichtlichen Prüfungs -

berichten für 1995,1996 und 1997 enthalten. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die

Bestimmungen des BWG seien nicht verletzt worden, wurden durch den bankaufsichtlichen

Prüfungsbericht 1998 bestätigt. Dieser letzte vor dem Einlangen des Prüfberichtes der OeNB

der Bankenaufsicht vorliegende Prüfungsbericht hat keine wie immer gearteten Gesetzesver -

letzungen ausgewiesen.

 

Am 14. April 1999 meldete die OeNB eine Verletzung der Großveranlagungsgrenze bei der

HOWE AG. Das über diese Meldung durchgeführte Ermittlungsverfahren hat nach eingehen -

der Prüfung der Sach - und Rechtslage den Rechtsstandpunkt der Bank bestätigt und - nach

damaligem Wissensstand - keine BWG - Verletzung ergeben.

 

Gesamthaft haben jedoch diese Hinweise im Zusammenhang mit einem steigenden Wertbe -

richtigungsbedarf dazu geführt, dass auf Vorschlag des BMF in der Expertenkommission

nach § 81 BWG im Dezember 1998 beschlossen wurde, die Bank Burgenland im Jahr 1999

einer Vor - Ort - Prüfung unter besonderer Berücksichtigung des Kreditgeschäftes zu

unterziehen. Der entsprechende Auftrag des BMF an die OeNB erging in deren

Einvernehmen am 2. Juni 1999.

 

Es folgte - wie bereits eingangs erwähnt - am 4. Oktober 1999 die erste Feststellung eines

Verdachtsmomentes. Die OeNB teilte im Rahmen der Expertenkommission mit, sie habe im

Zuge ihrer Prüfung Verletzungen der §§ 22, 27, 74 und 75 BWG sowie Mängel im Bereich

des Risikomanagements und der Gesamtbanksteuerung festgestellt. Der

Wertberichtigungsbedarf wurde für das Jahr 1999 “als erheblich” eingeschätzt.

 

Das BMF hat aufgrund dieser Mitteilung Konzsequenzen gezogen und entsprechend der in

vergleichbaren Fällen gepflegten Praxis Mitte Oktober 1999 mit dem operationellen Groß -

aktionär - der Bank Austria - ohne Angabe näherer Details Kontakt aufgenommen. Es fand

eine Besprechung mit den für die Beteiligungsverwaltung zuständigen Führungskräften der

Bank Austria statt. Es wurde angekündigt, dass die Bank Austria nähere Untersuchungen

veranlassen wird und insbesondere eine Kreditrevision durchführt. Diese werde sich vor

allem auf einen Großkreditnehmer konzentrieren.

Zu 3.:

 

Prüfungshandlungen bei der Bank Burgenland wurden - wie dies dem System der

österreichischen Bankenaufsicht entspricht - durch die Innenrevision, die aktienrechtlichen

Pflichtprüfer und die Bankprüfer laufend vorgenommen. Das Verfahren der Vor - Ort - Prüfung

der OeNB wurde mit der Erteilung des Prüfungsauftrages am 2. Juni 1999 begonnen und mit

8. Februar 2000 (“Gegenstellungnahme der OeNB”) beendet. Die Hauptprüfungshandlungen

der OeNB vor Ort fanden bis Ende September 1999 statt.

 

Zu 4.:

 

Der Bericht der OeNB über die Prüfung der Bank Burgenland hat über die Aufbau - und Ab -

lauforganisation des Kreditgeschäfts ein sehr kritisches Ergebnis gebracht. Gravierende

Mängel wurden insbesondere in der Gesamtrisikosteuerung, in der Risikoeinstufung der

Kredite, in der EDV - mäßigen Aufarbeitung und in der ordnungsgemäßen Gestion der

Überziehungen und der Rückstände sowie der ertragslosen Aktiva festgestellt. Mängel

bestanden darüber hinaus in der Überprüfung des Risikomanagements durch die

Innenrevision.

 

Zu 5.:

 

Am 20. Dezember 1999 übermittelte die OeNB ihren Bericht über die Vor - Ort - Prüfung bei der

Bank Burgenland, am 12. Jänner 2000 langte dann der endgültige Prüfungsbericht - nach

Vornahme einiger Korrekturen - im BMF ein.

 

Die gesetzlich vorgesehene Stellungnahme der Bank hiezu wurde am 8. Feber 2000 dem

BMF von der OeNB übermittelt. Wesentliche Kritikpunkte (Höhe des Abschreibungsbedarfes,

Verletzung der Sorgfaltspflicht nach § 39 BWG, Verletzung der Großveranlagungsgrenzen

nach § 27 BWG) wurden von der Bank bestritten. Dem ist die OeNB mit

Gegenstellungnahme gleichen Datums entgegengetreten.

Ein Entwurf einer Stellungnahme des Bankprüfers (datiert 8. März 2000) wurde dem

Bundesministerium für Finanzen am 10. März 2000 zugeleitet.

 

Zu 6., 7. und 8.:

 

Der am 20. Dezember 1999 eingelangte Prüfbericht der OeNB wurde umgehend hinsichtlich

folgender Problemkreise analysiert:

1. Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen der Bank Burgenland gegenüber ihren

Gläubigern;

2. Einhaltung der ordnungspolitischen Vorschriften des BWG, insbesondere im Hinblick auf

die Bestimmungen des § 39 über die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsleiters;

3. Strafrechtliche Würdigung der Feststellungen im Prüfbericht.

 

Am 12. Jänner 2000 erging der Auftrag an die Bank Burgenland, dem Aufsichtsrat den

Prüfbericht der OeNB umgehend zur Verfügung zu stellen.

 

Die weiteren wesentlichen Konsequenzen waren:

- Am 16. Jänner 2000 fand vor dem Hintergrund der von der OeNB in ihrem Prüfbericht auf -

gezeigten Mängel und der damit untrennbar verbundenen Vorstandsverantwortlichkeit im

Beisein eines Vertreters der OeNB im BMF eine Besprechung mit dem Präsidium des Auf -

sichtsrates der Bank Burgenland mit dem Ergebnis statt, dass die für 18. Jänner 2000 an -

beraumte Entscheidung über die Wiederbestellung des Vorstandes auf März verschoben

wurde.

- In der AR - Sitzung am 29. März 2000 wird das Vorstandsmandat von Generaldirektor

Gassner einstimmig bis zur nächsten Hauptversammlung (rd. i Jahr) verlängert, neu in

den Vorstand werden Oswald Koller (einstimmig) und Mag. Stagl (zwei Gegenstimmen)

berufen.

- Bescheidmäßige Feststellung der Gesetzesverletzungen am 3. Mai 2000 (mangelhaftes

Risikomanagement, unzureichende Erfassung der Kredite, Nichteinhaltung der Großver -

anlagungsbestimmungen) und Auftrag zur Herstellung des gesetzeskonformen Zustandes

bis spätestens 31. Dezember 2000.

- Auftrag an die Bank Burgenland, dem BMF über die Umsetzung der Maßnahmen zur

Mängelbehebung quartalsweise zu berichten.

- Am 12. Mai 2000 teilte die Finanzprokuratur mit, dass aus dem Prüfbericht der OeNB

“noch kein hinreichend konkreter substantiierter Tatverdacht” besteht und hiemit keine

Anzeigeverpflichtung an die Staatsanwaltschaft nach § 84 StPO ableitbar ist.

- Am 5. und 6. Juni 2000 ergehen seitens des BMF Sachverhaltsdarstellungen an die

Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der am 2. Juni 2000 eingelangten Anzeige der

Bankprüfer wegen Testatfälschung bei zwei Unternehmen der HOWE-Gruppe.

- Am 8. Juni 2000 ergeht der Auftrag an die Bank, einen von den Bankprüfern erstellten

  Vermögensstatus zum 30. Juni 2000 bis zum 21. Juli 2000 vorzulegen.

Zu 9.:

 

Der Prüfbericht der OeNB erkennt für den Jahresabschluss 1999 unter Einschluss der

bereits von der Bank Burgenland zum Prüfungszeitpunkt geplanten Wertberichtigungen

einen Vorsorgebedarf von 1.066,6 Mio. S. In diesem Betrag sind bereits Wertberichtigungen

von knapp über 500 Mio. S enthalten, die die OeNB für den Komplex HOWE als erforderlich

ansah und die dann durch die Absicherung mit der Garantie des Landes Burgenland nicht

dotiert wurden.

 

Der Vorstand der Bank hat sodann dem Jahresabschluss zum 31. Dez. 1999 einen Wertbe -

richtigungsbedarf von rd. 530 Mio. S (ohne garantierte Obligi) zu Grunde gelegt. Dieser

Jahresabschluss wurde von den Bankprüfern geprüft und mit folgendem

Bestätigungsvermerk versehen:

“Die Buchführung und der Jahresabschluss entsprechen nach unserer pflichtgemäßen

Prüfung den gesetzlichen Vorschriften. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses und des

Lageberichtes wurde die am 20.6.2000 zwischen dem Land und der Eisenstädter Bank

und Hypo - Bank Burgenland AG geschlossene Garantievereinbarung berücksichtigt. Der

Jahresabschluss vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger

Buchführung ein möglichst getreues Bild der Vermögens - , Finanz - und Ertragslage der

Gesellschaft. Der Lagebericht steht im Einklang mit dem Jahresabschluss.”

 

Zu 10.:

 

Der Vorstand einer Bank ist ungeachtet der internen Aufgabenverteilung und der abgestuften

Vorstandsverantwortlichkeit ein Kollektivorgan. Im BWG wird vom sogenannten

“Vieraugenprinzip” ausgegangen. Intern war nach der Geschäftsordnung vom 1. April 1993

bis zur Neubestellung des Vorstandes folgende Agendenverteilung vorgesehen:

 

Direktor Komm.Rat Ernst Gassner, Vorsitzender des Vorstandes:

 

- Grundsatzangelegenheiten, Vertretung nach außen;

- Vorstandssekretariat, Personal und Schulung;

- Bankplanung und Controlling, Innen - und Kreditrevision (disziplinäre Zuständigkeit;

- Kommerz - und Privatkreditgeschäft, öffentliche Finanzierungen, Wechsel und Zessionen;

- Kreditadministration, Registratur, Auskunftei;

- Sondergestion und Betreibung;

- Geldhandel, Einlagengeschäft;

- disziplinäre, organisatorische und geschäftspolitische Verantwortung für die Region

MITTE.

 

Direktor Dr. Günter Widder, Mitglied des Vorstandes:

 

- Emissionen;

- Wertpapierhandel und Wertpapier - Portefeuille, Tresor;

- Rechtsangelegenheiten, Beteiligungen;

- Marketing, Werbung, Öffentlichkeitsarbeit;

- Rechnungswesen, Melde - und Berichtswesen;

- Buchhaltung, Kostenrechnung;

- disziplinäre, organisatorische und geschäftspolitische Verantwortung für die Region SÜD.

 

Direktor Mag. Manfred Schneider, Mitglied des Vorstandes:

 

- Zahlungsverkehr In - und Ausland und Dokumentengeschäft;

- Vertrieb Fremdprodukte;

- Aufbau - und Ablauforganisation,

- Bauwesen und Gebäudeverwaltung;

- Materialverwaltung und Einkauf, interne Dienste;

- EDV - Analyse und Programmierung, Operating, Arbeitsvorbereitung, technische Unter -

stützung, PC - Betreuung;

- disziplinäre, organisatorische und geschäftspolitische Verantwortung für die Region

NORD.

 

Vertretungsregelung:

 

Die Mitglieder des Vorstandes vertreten einander wie folgt:

Generaldirektor Gassner wird von Direktor Dr. Widder,

Direktor Dr. Widder von Direktor Mag. Schneider und

Direktor Mag. Schneider von Generaldirektor Gassner vertreten

 

Zu 11.:

 

Bereits die gesetzlich vorgesehenen Kontrollinstrumente in der Bank Burgenland wurden

nicht entsprechend angewendet. Dies hat auch die OeNB in ihrem Prüfungsbericht

festgestellt. Soweit dies aus dem Bericht hervorgeht, wurden auch bei den gesetzlich nicht

explizit geforderten internen Kontrollsystemen (z.B. Limitwesen im Wertpapierbereich,

Kompetenzordnungen im Kreditgeschäft auf allen Ebenen, Gesamtbankrisikosteuerung)

Mängel aufgezeigt.

 

Zu 12.:

 

Generaldirektor Gassner gestionierte Teile des Kreditportefeuilles selbst, der für den

Kreditbereich verantwortliche Abteilungsleiter war Dr. Zachs.

 

Zu 13. und 14.:

 

Grundsätzlich sind die Systeme der Überprüfung der Kundenbonität sowohl bei

Krediteinräumung als auch im Rahmen der laufenden Gestionierung Angelegenheit der

bankinternen Organisation und basieren im wesentlichen auf Kundenbilanzanalysen.

Insbesondere werden aufgrund der vorgenommenen Analysen die Kunden bei

Krediteinräumung in ein 5 - stufiges Risikoklassensystem eingestuft. Darüber hinaus ist nicht

bekannt, welche besonderen Instrumente zur Vermeidung von Klumpenrisiken eingesetzt

wurden.

 

Nach dem Prüfbericht der OeNB waren diese angesprochenen Systeme offenkundig nicht

ausreichend vorhanden bzw. nicht effizient.

 

Zu 15.:

 

Im Fall der Bank Burgenland haben erst die von der Bankenaufsicht inituerten Maßnahmen

die Aufdeckung des Betrugsfalles Hom - Rusch ermöglicht, wodurch ein weiterer Schaden von

der Bank abgewendet werden konnte.

 

Unabhängig vom vorliegenden Fall möchte ich festhalten, dass es schon seit längerer Zeit

Überlegungen gibt, das System der österreichischen Bankenaufsicht zu reformieren. Erste

Schritte einer Neuordnung hätten bereits im Vorjahr gesetzt werden sollen. Es ist ein

Anliegen dieser Bundesregierung, die Reform mit dem Ziel der Erhöhung der Schlagkraft der

Bankenaufsicht zu einem Abschluss zu bringen.