890/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 853/J - NR/2000, betreffend Sicherung
des ÖPNV - Weiterbestand der Krimmler Bahn, die die Abgeordneten Schwemlein
und Genossen am 26. Mai 2000 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt
zu beantworten:
Zum Motiventeil:
Für die Realisierung von Vorhaben und Programmen im Bereich der Strecke Zell am
See - Krimml („Krimmler Bahn“) wurden den Österreichischen Bundesbahnen bisher
Finanzmittel in der Höhe von insgesamt 36,3 Mio öS mit Verordnung übertragen.
Die betreffenden Vorhaben und Programme umfassen vor allem den Ausbau des
bestehenden Zugleitbetriebes, die Erneuerung sicherungstechnischer Einrichtungen,
die Erneuerung bestehender Gleisanlagen einschließlich Linienverbesserung, die
Neuerrichtung von Bahnsteigen sowie erforderliche Reinvestitionen im Bereich des
Fahrweges.
Zu Frage 1:
Meine Teilnahme an einer Diskussionsveranstaltung wird in den nächsten Monaten
aus zeitlichen Gründen leider nicht
möglich sein.
Zu Frage 2:
Der Oberpinzgau wird derzeit durch die Krimmler Bahn, eine parallelführende
Buslinie und div. Zubringerbuslinien versorgt. Die Bestellung dieser
Verkehrsleistungen erfolgt durch das Land bzw. durch die Gemeinden. Der Bund
finanziert im Rahmen des ÖKO - Bonus die Gewährung von Tarifbegünstigungen für
definierte Benützer der Schienenverkehrsmittel und trägt die Verluste der
Verkehrsunternehmen, die durch die verbundbedingten Ab - und Durchtarifierungen
entstehen, zu 1/3 mit.
Auch in Zukunft wird die flächendeckende Versorgung des Oberpinzgaus durch
Verkehrsdienstebestellungen seitens des Landes und der Gemeinden
sicherzustellen sein. Der Bund beabsichtigt nicht den Ländern und Gemeinden die
Bestellhoheit zu entziehen.
Zu den Fragen 3, 4, 5 und 7:
Es besteht die Absicht des Vorstandes der ÖBB bei bestimmten Nebenbahnen den
Personen - bzw. Güterverkehr oder den Betrieb der Infrastruktur einzustellen. Es
werden zu diesem Thema jedoch noch Gespräche mit dem Vorstand der ÖBB
stattfinden. Es wird aber zu keinem Kahlschlag bei den Nebenbahnen kommen.
Grundsätzlich sind folgenden Szenarien bei der Einstellung von Nebenbahnen
möglich:
a. Die ÖBB stellt den Güterverkehr oder den Personenverkehr ein
Dadurch würden freie Zugtrassen zur Verfügung stehen. Im Lichte des freien
Netzzuganges für Dritte können diese Zugtrassen von anderen konzessionierten
Eisenbahnverkehrsunternehmen genutzt werden. Das Land aber auch sonstige
Interessierte können außerdem Verkehrsdienstverträge mit diesen neuen
konzessionierten Eisenbahnverkehrsunternehmen abschließen und bestimmte
Leistungen gegen Bezahlung in Auftrag geben.
b. ÖBB beabsichtigt den Personen - und Güterverkehr und den Betrieb der
Infrastruktur einzustellen
Diese Einstellung unterliegt den Bestimmungen des § 29 Eisenbahngesetz. D.h. die
ÖBB müssen einen Einstellungsantrag bei der Eisenbahnbehörde stellen. Nach
entsprechender Prüfung kann der Bund, um den Betrieb auf einer von den ÖBB
eingestellten Nebenbahn weiterhin aufrecht zu erhalten, eine öffentliche -
europaweite - Ausschreibung durchführen und Interessenten für die
Aufrechterhaltung des Betriebes suchen. Der Bund kann sich für die Ausschreibung
auch Dritter (z.B. der SCHIG) bedienen. Die Ausschreibungskriterien könnten dabei
nach folgenden Prioritäten geordnet werden:
- Betrieb der Infrastruktur und des Güter - und Personenverkehrs
- Güter - und Personenverkehr
- Personen - oder Güterverkehr
- Anschlussbahnähnlicher Betrieb
- Betrieb als Museumsbahn.
Der Bund würde in den ersten drei Fällen diesen neuen Eisenbahnunternehmen
auch die gemeinwirtschaftlichen Leistungen zur Verfügung stellen, die bisher die
ÖBB auf diesen Strecken erhalten haben. Bei Übernahme der Infrastruktur durch
Dritte würden diesen die Förderungsinstrumentarien des Privatbahnunterstützungs -
gesetzes offen stehen.
Die zur Verfügungstellung von Anlagen, Werkstätten, Rollmaterial und Personal
betrifft den Absatzbereich und fällt somit in den Kompetenzbereich des Vorstandes
der Österreichischen Bundesbahnen.
Das Unternehmen ÖBB wurde mit dem Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993
hinsichtlich seines Absatzbereiches, also des Personen - und Güterverkehres, in die
wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen
Bestimmungen des § 1 BBG 92 obliegt daher die Tarifgestaltung im Personen - und
Güterverkehr sowie die Führung oder Nicht - Führung von Zügen der ausschließlichen
Entscheidung des Managements der ÖBB
(kaufmännischer Bereich). Eine
Einflussnahme meinerseits ist daher nicht möglich und mein Weisungsrecht ist
gemäß § 12 BBG 92 auf allgemeine verkehrspolitische Grundsatzweisungen und auf
Anweisungen im Katastrophenfall eingeschränkt.
Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien
Entscheidung des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die
Grenzen der Geschäftsordnung des Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte
Tätigkeiten und Maßnahmen von der Zustimmung des Aufsichtsrates abhängig
machen kann. Ausnahmen sind - wie oben erwähnt - nur in den sehr
eingeschränkten Fällen des § 12 BBG (Verkehrspolitische Weisung und Weisung im
Falle von Naturkatastrophen) möglich. Solche Weisungen sind jedoch auch durch
den Weisungsgeber (= Bund) in jedem Einzelfall anzuordnen und auch gesondert an
die ÖBB zu bezahlen.
Der Bund erhält die bestehende Schieneninfrastruktur, wenn Bedarf nach
Verkehrsdiensten auf dieser Infrastruktur besteht, und diese Verkehrsdienste nicht
nur bestellt sondern auch bezahlt werden (z.B. von den Ländern oder sonstigen
Dritten). Im Falle der Einstellung durch die ÖBB können diese Bahnen, wie bereits
erwähnt, auch für einen Betrieb durch Dritte ausgeschrieben werden. Gesetzliche
Basis hierfür sind die einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahnrechts -
anpassungsgesetzes bzw. des Schienenverkehrsmarktregulierungsgesetzes in
Übereinstimmung mit den entsprechenden EU - Normen.
Hinsichtlich der konkret erforderlichen Investitions - und Erhaltungsaufwendungen
wird auf die Tabelle in der Antwort zu Frage 6 verwiesen.
Zu Frage 6:
Gemäß dem Ende 1998 fertiggestellten Bericht AUX/FCP - 96 - E.02 über die Prüfung
der Strecke Zell am See - Krimml wurden vom Geschäftsbereich Fahrweg im
Infrastrukturbereich in den Jahren 1994 bis 1999 für diese Strecke Investitionen in
der Höhe von rd. 25,9 Mio S getätigt. Weiters wurde für die Erhaltung der Strecke in
den betreffenden Jahren insgesamt rd. 110,0 Mio S aufgewendet (vgl. dazu die
Seiten 18 ff und 32 ff des Berichts). Die Aufteilung dieser Beträge auf die Jahre 1994
bis 1999 stellt sich wie folgt dar (Angaben in
Mio S):
|
Jahr |
Investitionen |
Erhaltung |
|
1994 1995 1996 1997 1998 1999 (Plan) |
2,6 2,7 0,0 7,8 10,8 2,0 |
4,6 5,7 11,4 35,3 21,4 31,6 |
|
Gesamt |
25,9 |
110,0 |
Die Schwankungen bei den Erhaltungsaufwendungen sind darin begründet, dass es
sich dabei sowohl um jährlich erforderliche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der
Betriebsbereitschaft der gesamten Strecke (z.B. Stopfen und Richten der Gleise und
Weichen, Wartung der Eisenbahnkreuzungen inkl. Sichtraumfreihaltung) als auch um
punktuelle und unregelmäßig anfallende Maßnahmen (z. B. Teilaustausch der
Gleise) handelt.
Weiters ist zu den dargestellten Beträgen anzumerken, dass zusätzlich auch von
anderen Geschäftsbereichen des Infrastrukturbereiches (z.B. Sicherung - und
Signaltechnik) Aufwendungen für die Strecke getätigt werden, die jedoch gemäß den
vorliegenden Informationen von untergeordneter Bedeutung sein dürften.
Bezüglich der für die nächsten Jahren geplanten Investitionen und
Erhaltungsaufwendungen ist anzumerken, dass mit Stichtag Ende des Jahres 1998
vom Geschäftsbereich Fahrweg für die Jahre 2000 bis 2003 folgende Planungen
bestanden haben (Angaben in Mio S):
|
Jahr |
Investitionen |
Erhaltung |
|
2000 |
0,0 |
40,9 |
|
2001 |
6,6 |
29,5 |
|
2002 |
7,3 |
9,0 |
|
2003 |
3,5 |
18,2 |
|
Gesamt |
17,4 |
97,6 |
Zu Frage 8:
Aus Sicht des Bundes ist eine Parallelführung von Bahn und Bus, soweit sich aus
dieser Parallelführung für beide
Verkehrsmittel keine positiven Aspekte ableiten
lassen, nicht sinnvoll. Nachdem jedoch, wie bereits zu Frage 2 ausgeführt, das Land
und die Gemeinden die Besteller von Verkehrsdienstleistungen sind, liegt die
Koordinierung von Verkehrsangeboten daher eindeutig in der Hand des Landes. Der
Bund beabsichtigt keineswegs auf von anderen Gebietskörperschaften erfolgte
Bestellungen Einfluss zu nehmen bzw. diese zu korrigieren.
Zu Frage 9:
Diese BürgerInnen dokumentieren mit ihrer Unterschrift, dass es für sie wichtig ist,
dass ein gut ausgebautes und modernes Schieneninfrastrukturnetz zur Verfügung
steht, das sowohl den Wirtschaftsstandort Österreich stärkt als auch den
wirtschaftlichen Weiterbestand bzw. Aufschwung vieler Regionen gewährleistet.
Für den Ausbau der Infrastruktur in Österreich steht ein Finanzierungsrahmen von
knapp 144 Mrd. ATS zur Verfügung, der von der Schieneninfrastrukturfinanzierungs -
Gesellschaft m.b.H. verwaltet wird. Diese finanziert den Infrastrukturausbau der
Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), der Hochleistungsstrecken -
Aktiengesellschaft (HL - AG) und der Brenner Eisenbahn Gesellschaft m.b.H. (BEG).
Refinanziert wird der Rahmen von knapp 144 Mrd. ATS durch Infrastruktur -
benützungsentgelte.
Schienenverkehrsunternehmen erbringen auch Leistungen, die erwerbswirtschaftlich
orientierte Unternehmen nicht erstellen würden, da diese keine Gewinnchance
zulassen. Es ist jedoch aus verkehrs - , regional - , sozial - und umweltpolitischen
Gründen (gesamtwirtschaftlichen Interessen) notwendig, die Erstellung von
Verkehrsleistungen zu verlangen, die aufgrund einzelwirtschaftlicher Kriterien nicht
kostendeckend erbracht werden können und daher ohne gesonderte Beauftragung
auch nicht erbracht werden.
Die entsprechenden Normierungen des ÖBB - und des Privatbahngesetzes beruhen
auf der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 in der Fassung
der Verordnung (EWG) Nr.1893/91 des Rates vom 20. Juni 1991.
So sollen ÖBB und Privatbahnen z. B. im Personenverkehr ebenfalls einheitliche
Tarifermäßigungen gewähren,
die aus kommerzieller Sicht nicht rechtfertigbar aber
aus sozialen Gründen unumgänglich sind (Pendler - , Schüler - , Behindertentarife etc.)
und im ganzen Bundesgebiet für alle Anspruchsberechtigten in gleicher Weise
erbracht werden müssen. Verkehrsleistungen aus gesamtwirtschaftlichem Interesse
sind durch den Interessenten (Besteller) gesondert zu beauftragen und auch zu
bezahlen. Daher hat der Bund mit den ÖBB und den Privatbahnen entsprechende
Verträge abgeschlossen.
Grundlage dieser Verträge ist § 3 (1) BBG 92, der vorsieht, dass "... für die
Bestellung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen durch den Bundesminister für
öffentliche Wirtschaft und Verkehr nach der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des
Rates vom 26. Juni 1969 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 des
Rates vom 20. Juni 1991 der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr
im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen einen mehrjährigen
Bestellrahmen festzulegen (hat)“.
Dieser Vertrag wurde im Jahr 1999 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für
Finanzen zwischen dem Verkehrsressort und den ÖBB geschlossen und endet mit
31.12.2003. Durch jährliche Ausführungsverträge werden die einzelnen Vertragsteile
konkretisiert.
Für das Jahr 1999 gliedert sich dieser Betrag wie folgt auf:
|
|
|
|
|
Sozialtarife im Personenverkehr (Ökobonus) |
Mrd. öS |
4,8 |
|
Führung von Schienen - Personenverkehr |
Mrd. öS |
1,1 |
|
Bonus für Qualität |
Mrd. öS |
0,3 |
|
Gemeinwirtschaftliche Leistungen im Kombi - Verkehr |
Mrd. öS |
1,1 |
|
Umweltschutzleistungen und Güterverkehr |
Mrd. öS |
0,9 |
|
Sonstige Leistungen (Anschlussbahnen, Rückvergütung |
|
|
|
Straßenverkehrsbeitrag etc.) |
Mrd. öS |
0,6 |
|
Summe |
Mrd. öS |
8,8 |
Lt. Bundesvoranschlag Kapitel 65 betragen die Zuschüsse für 2000 für die
Eisenbahninfrastruktur (1/65148) 9.350.005.000 öS und für die Erbringung
Gemeinwirtschaftlicher Leistungen (1/65158)
8.743.723.000 öS.
Ferner finanziert der Bund Investitionsausgaben der Österreichischen Privatbahnen
pro Jahr in einem Ausmaß von ca. 250 Mio. öS.
Zu Frage 10:
Grundsätzlich ist festzustellen, dass bei Einstellung einer Eisenbahnstrecke - in
diesem Fall der Krimmler Bahn - Verlagerungseffekte auf die Straße stattfinden.
Insbesondere hätte dies Auswirkungen auf den nicht schienengebundenen
öffentlichen Verkehr (Busverkehr) auf der Bundesstraße B 165/B 168, für den unter
Umständen Verbesserungs - , Erweiterungsmaßnahmen im straßenbaulichen Bereich
vorzunehmen wären. Allfällige Kosten dafür sind jedoch nicht abschätzbar.
Was den Straßenbau selbst betrifft, ist laut Bedarfsprogramm 1999 der BStV. der
abschnittsweise Neubau der Umfahrung Mittersill vorgesehen.
Zu Frage 11:
Der Bund wird bemüht sein, sich entsprechend der abgeschlossenen Grund - und
Finanzierungsverträge weitgehend vertragskonform zu verhalten.
Im Hinblick darauf, dass für das Jahr 2001 mit weiteren Budgetkürzungen zu rechnen
ist, ist allerdings vorgesehen, die bestehenden Grund - und Finanzierungsverträge mit
Ende des Jahres 2000 zu kündigen.
Unabhängig davon finden bereits Gespräche mit dem Land Salzburg über die
Neufassung des Grund - und Finanzierungsvertrages statt, um die im ÖPNRV - Gesetz
vorgesehene Verbundreform - gemeinsam mit den Vertragspartnern - umzusetzen.
Nachteilige Konsequenzen für die Fahrgäste aus der neuen Vertragsvereinbarung
sind nicht zu erwarten.