899/AB XXI.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 902/J - NR/2000 betreffend die aktuelle und
zukünftige Entwicklung des Museumsquartiers, die die Abgeordneten Dr. Peter Wittmann und
Genossen am 6. Juni 2000 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad 1. u. 7.:
Das thematische und organisatorische Nutzungskonzept für den künstlerischen und kulturellen
Betrieb des gesamten Museumsquartiers ist im Ministerratsvortrag vom 23. Oktober niedergelegt
(Beilage). An der zustimmenden Kenntnisnahme durch die Bundesregierung haben Sie in Ihrer
seinerzeitigen Eigenschaft als zuständiger Staatssekretär im Bundeskanzleramt mitgewirkt.
Ad 2. - 4.:
Der vorzitierte Ministerratsvortrag wurde von den Mitarbeitern meines Ressorts unter Heranziehung
des seinerzeitigen Co - Geschäftsführers, Dr. Bogner, ausgearbeitet.
Ad 5.:
Im Hinblick auf den dezentralen Aufbau des Museumsquartiers und seiner Nutzer werden weder
Projekte noch Institutionen einer Kontrolle im gesellschaftsrechtlichen Sinne unterzogen.
Soweit Firmen mit Umsetzungsaufgaben beauftragt sind, unterliegen sie der üblichen Auftrag -
nehmerkontrolle durch die Geschäftsleitung und die anderen Organe der Museumsquartier -
Errichtungs - und
Betriebsgesellschaft mbH.
Ad 6.:
Nachstehende Institutionen sind entweder auf Grund eines Syndikatsvertrages oder auf Grund von
Absprachen zwischen den Gesellschaftern mit dauerndem Sitz im Museumsquartier vorgesehen:
A) Dem Bund zuzurechnende Institutionen mit dauerndem Sitzrecht:
Das Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig
Das Leopold - Museum der gleichnamigen Privatstiftung
Naturhistorisches Museum
B) Flächen, über die die Stadt Wien syndikatsvertraglich zu disponieren berechtigt ist:
Veranstaltungshalle und Kunsthalle
Architekturzentrum Wien
Performance - Bereich des Tanzzentrums
C) Einrichtungen, über deren dauernden Verbleib im Museumsquartier Einvernehmen zwischen
Stadt und Bund als Syndikatspartner besteht:
Kindermuseum Wien
Ergänzungsflächen zum Tanzzentrum
Ad 8. u. 9.:
Es wird kein Wotruba - Museum im Sinne der Museumsdefinition des § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 14. August 1998 über die Rechtsstellung, Errichtung, Organisation und Erhaltung der Bun -
desmuseen (Bundesmuseen - Gesetz), BGBl. I Nr. 115/1998, in Erwägung gezogen, wohl aber ist
gemäß dem genannten Ministerratsbeschluss ein ,,Oeuvre Wotruba" vorgesehen.
Ad 10.:
Weder die Innenorganisation noch die rechtsinstitutionelle Ausgestaltung der so genannten
„Drittnutzer“ liegt im Aufgabenbereich der Museumsquartier - Errichtungs - und BetriebsgesmbH.
und damit auch nicht
im Bereich des Geschäftsführers.
Ad 11. u. 12.:
Auch eine solche Entscheidung liegt außerhalb des Spektrums der Gesellschaft. Wenn aber gemeint
sein sollte, dass die zukünftige Unterbringung zur Diskussion steht, wird neuerlich darauf
hingewiesen, dass eine Erstselektion aus der Fülle der Interessenten bis Jahresende 2000 und eine
Entscheidung über die Erstbesiedlung im ersten Quartal 2001 vorgesehen sind.
Ad 13. u. 14.:
Sicherzustellen ist, dass die Erstbesiedlung nicht zu einer Erstarrung des Gesamtbegriffs des
Museumsquartiers führt. Deshalb werden Raumüberlassungen, die selbstverständlich zumindest mit
der Deckung der laufenden Kosten verbunden sein müssen, so zu gestalten sein, dass Änderungen
des künstlerischen, kulturellen und kulturvermittelnden Umfeldes gewahrt bleiben.
Ad 15. u. 16.:
Es ist in dem im nächsten Frühjahr einsetzenden Renovierungsstadium die Neubegründung oder
Durchsetzung von Prekarien bis zum Abschluss der Instandsetzungsarbeiten nicht möglich.
Ad 17.:
Die Geschäftsführung der Museumsquartier - Errichtungs - und Betriebsgesellschaft mbH. ist be -
auftragt, bis zum Jahresende auf Basis des Bundesgesetzes vom 7. Juni 1990 zur Errichtung einer
Museumsquartier - Errichtungs - und Betriebsgesellschaft, BGBl. 372/1990, sowie des Ministerrats -
vortrages vom 23. Oktober 1996 einen Strukturvorschlag für die Bespielung der „disponiblen
Flächen" auszuarbeiten, der u.a. die Bereiche „Digitale Medien“, „spartenübergreifende Aktivitä -
ten“, ein „Artist in Residence“ - Programm, weiters Theoriediskussion, Vermittlung und Archivie -
rung zeitgenössischer Kunst sowie Einrichtungen des Kunst - Kommerzes abzudecken hat.
Beilage
Vortrag an den Ministerrat:
Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
gestattet sich, nachstehenden Bericht zum Planungsstand und zur Besied -
lungs - und Betriebsphilosophie des Museumsquartiers Wien zu geben:
Auf Grundlage des Bundesgesetzes vom 7. Juni 1990, BGBl. Nr. 372/1990,
geändert durch BGBl. Nr. 252/1993, und des mit 19. August 1994 verlautbarten
Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 621/1994, hat die Museumsquartier Errichtungs - und
Betriebsges. m.b.H. im Auftrag ihrer Eigentümer (Republik Österreich 75 %,
Gemeinde Wien 25 %) einen Vorentwurfsplan für das Areal der ehemaligen
Hofstallungen - Museumsquartier erstellt und im Herbst 1995 nach baubehörd -
licher Vorabklärung beim Bundesdenkmalamt eingereicht. Das Bundesdenkmalamt
formulierte in seiner Stellungnahme vom 2. Juli 1996 die Bedingungen für
eine Beurteilung der musealen Fachfragen als Voraussetzung für die Zustim -
mung zum Gesamtprojekt.
Die wesentlichen Zielsetzungen des Museumsquartiers können wie folgt zusam -
mengefaßt werden:
1. Das Museumsquartier ist eine Standortgemeinschaft von Institutionen und
kulturellen und kulturell - kommerziellen Aktivitäten. Es muß
- den Anforderungen eines zeitgenössischen Kunst - und Kulturzentrums,
- der durch große typologische Vielfalt geprägten urbanen Lage an der
Stadtkante zwischen dem imperialen Hofburgkomplex und der Vor -
stadtstruktur des Spittelberges und
- der durch das Nebeneinander von denkmalgeschützten Altbauten und
Neubauten bestehenden architektonischen Situation
gerecht werden.
2. Folgende Funktionen sind dauerhaft und dementsprechend in klar
umrissenen Bereichen mit spezifisch ausgestatteten Räumen unterzu -
bringen:
Museum Moderner Kunst: Neubau für Ausstellungsräume, Infra -
struktureinrichtungen, wie Depots,
Restaurierung und Verwaltung im Altbe -
stand - Ovaltrakt;
Leopold - Museum: Neubau für Ausstellungsräume, Infra -
struktureinrichtungen im Altbestand
Fürstenhof;
Kunst - und
Ausstellungshalle: ehemalige Winterreithalle und Zubau,
Infrastruktureinrichtungen im Altbe -
stand - Ovaltrakt
Kindermuseum: Altbestand - Fürstenhof
Künstlerateliers: Altbestand - Fürstenhof
Tabakmuseum: Altbestand - Fürstenhof
Oeuvre Wotruba Altbestand - Fischer von Erlach - Trakt
Architekturzentrum: Altbestand - Staatsratshof
Naturhistorisches
Museum/Abteilung Ökologie: Altbestand - Bereich Breite -
gasse/Burggasse
Der vorangeführte Nutzungsmix und die Flächenzuordnungen im Museums -
quartier wurden in den vergangenen Jahren in intensiven Abklärungspro -
zessen zwischen der Gesellschaft und den potentiellen Nutzern akkor -
diert. Insbesondere bei den beiden größten Institutionen, dem Museum
Moderner Kunst und dem Leopold - Museum, war zu beachten, daß die erfor -
derlichen Raum - und Funktionsprogramme einschließlich der notwendigen
geschlossenen Betriebsaufläufe ohne Neubauten im Altbestand allein nicht
verwirklicht werden können und deshalb neue Kubaturen geschaffen werden
müssen. Im Interesse einer Verträglichkeit der Neubauten mit der
historischen Bausubstanz wurde auf eine betriebsorganisatorisch optimale
Erfüllung des gesamten Raum - und Funktionsprogrammes in den Neubauten
verzichtet und wurden die Infrastruktureinrichtungen, wie Verwaltung,
Werkstätten, Depots in den angrenzenden Altbestand ausgelagert. Damit
können die Museumsneubauten im wesentlichen auf die im Altbestand
keinesfalls zu realisierenden Ausstellungsflächen beschränkt und die
Dimensionen der Neubauten wesentlich reduziert werden.
3. Im Sinne der offenen und kulturell flexiblen Konzeption des Museums -
quartiers sollen sich in den verbleibenden Bestandsflächen Aktivitäten
der Kunst - und Kulturszene entwickeln, die keiner besonderen Umbauten
oder spezifischer Einbauten bedürfen und daher aktualisierbar bleiben,
und dazu neutral instandgesetzte Bereiche verwenden. Dieser Zielsetzung
entsprechend wurden in den letzten Jahren bereits unterschiedlichste
Kulturinstitutionen provisorisch im Museumsquartier angesiedelt, wie zum
Beispiel Kunstraum Wien, „Depot" - Zentrum für zeitgenössische Kommuni -
kation, Diskussion und Information, Tanztheater, T - Junction, usw. Diese,
ergänzende und weitere Einrichtungen sollen künftig, bedingt durch
steigenden Platzbedarf, Beendigung von Projekten, Verlagerung des Inter -
esses usw. sich im Museumsquartier nach Bedarf etablieren, erweitern
oder auch wieder abwandern und durch neue ersetzt werden. Wenn sich die
Aktivitäten verdichten und institutionalisieren, werden sie in den schon
benützten Teilflächen definitiv seßhaft werden oder in andere vorüber -
gehend
belegte Nutzungsbereiche, wie zum Beispiel das provisorische
Depot der Leopold - Museum - Privatstiftung im Fischer von Erlach - Trakt,
nachrücken können. Entwicklungs - und Veränderungsmöglichkeiten mit
"Spiel“ - Räumen müssen also erhalten bleiben, und die Nutzung der
Altbauteile ist als permanent kreativer Prozeß aufzufassen.
In rechtlicher Hinsicht wird zur Gestaltung der Rechtsbeziehungen
zwischen der Museumsquartier Errichtungs - und Betriebsges. m.b.H. und
den in ihrer Struktur sehr unterschiedlichen und vielschichtigen Nutzern
der Abschluß von Mietverträgen als adäquates und flexibel einsetzbares
Rechtsinstitut gesehen.
Zur näheren Information über die Besiedlungs - und Betriebsphilosophie
des Museumsquartiers wird auf die beiliegende Stellungnahme verwiesen.
In bezug auf die Kosten des Museumsquartiers war in den seinerzeitigen
Erläuterungen zum Bundesgesetz vom 7. Juni 1990, BGBl. Nr. 372/1990, für
das Museum Moderner Kunst, eine Kunsthalle, zentrale Institutionen und
Infrastruktureinrichtungen in einer ersten Bauetappe von Investitions -
und Planungskosten in Höhe von ca. S 1,2 Mrd. die Rede.
Zusätzlich zu diesen genannten Institutionen kommt nunmehr das Leopold -
Museum, das seinerzeit als "Museum der Ideengeschichte der Öster -
reichischen Moderne“ für eine zweite Phase vorgemerkt war und für das
gemäß BGBl. Nr. 621/1994 der Bund geeignete Räumlichkeiten im Museums -
quartier zur Verfügung zu stellen hat. Nach der bisher letzten Kosten -
schätzung auf Preisbasis 1995 werden die Investitions - und Planungs -
kosten für das überarbeitete, dem Bundesdenkmalamt vorgestellte Projekt
auf ca. S 2 Mrd. geschätzt, wovon ca. S 1,4 Mrd. auf den Bund und ca.
S 400 Mio. auf die Gemeinde Wien, der Rest auf Drittnutzer entfallen
werden. Unter Berücksichtigung der Inflation und der Erweiterung des
Nutzungsprogrammes stimmt diese Kostenschätzung mit den seinerzeitigen
Kostenannahmen im wesentlichen überein, wobei sämtliche Kostenangaben
immer
ohne Umsatzsteuer zu verstehen sind.
Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten stellt
sohin den
A n t r a g
der Ministerrat möge den vorliegenden Bericht zur Kenntnis nehmen.