946/AB XXI.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 870/J - NR/2000, betreffend Kompetenz

für Seilbahnen - Sicherheit, die die Abgeordneten Maier und GenossInnen am 6. Juni

2000 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Zum Motiventeil:

 

Die mit 3.5.2000 im Amtsblatt der EG veröffentlichte (während der österreichischen

EU - Präsidentschaft ausgearbeitete und beschlossene) Richtlinie über Seilbahnen für

den Personenverkehr, die innerhalb von 2 Jahren in nationales Recht umzusetzen

ist, sieht keine Neuregelung der nationalen Kompetenzen vor.

 

Durch die neue Richtlinie ist eine bundeseinheitliche Vollziehung an sich keineswegs

sichergestellt; die Richtlinie legt lediglich grundlegende Anforderungen fest, deren

Ausformung insbesondere auch hinsichtlich der Verfahrensgestaltung den

Mitgliedsstaaten überlassen bleibt. Die angeführten Seilbahn - CEN - Normen sind

derzeit erst in Beratung, es kann nicht abgeschätzt werden, ob diese Normen in den

nächsten Jahren fertiggestellt werden.

 

Ferner wurden mit der Eisenbahngesetznovelle 1992 die Begriffe Kleinseilbahnen

und Hauptseilbahnen keineswegs neu eingeführt, sondern lediglich die unter den

Begriff „Kleinseilbahnen" fallenden Anlagen (fixgeklemmte Einsessellifte) insoferne

erweitert, als nunmehr alle (technisch einfachen) fixgeklemmten Sessellifte

(unabhängig von der Anzahl der Personen je Sessel) in die Zuständigkeit der Länder

fallen. Dies bedeutete damals eine Erweiterung der Kompetenzen der Länder um rd.

330 Anlagen (derzeit sind 432 Anlagen in unmittelbarer Zuständigkeit der Länder).

 

Die österreichische Seilbahnindustrie stellt einen beispielhaften Sektor der

österreichischen Industrie dar: Sie erzeugt ein ,,Know how intensives“ Produkt mit

hohem unit value und hat eine enorm hohe Exportquote. Dieser Standard der

österreichischen Seilbahnindustrie fußt auf einem funktionierenden Heimmarkt und

nicht zuletzt auf einem bundeseinheitlichen Vollzug hinsichtlich der Genehmigungen.

 

Die Tatsache, dass Seilbahnen für Österreich einen wichtigen Bestandteil der

Volkswirtschaft darstellen (rd. 5 - 6 Mrd. ATS Investitionen und rd. 11 Mrd. ATS

Umsatz jährlich) und die unterschiedliche Gestaltung der Verfahren und der

technischen Beurteilung bei den in die Zuständigkeit der Länder fallenden Anlagen

(Sessellifte, Schlepplifte) zeigen weiterhin die Notwendigkeit, für die technisch

wesentlich komplexeren Systeme der Hauptseilbahnen diese bundeseinheitliche

Vollziehung zu gewährleisten. Die Beibehaltung der Bundeskompetenz wird sowohl

seitens der österreichischen Industrie (die weltweit führend ist) als auch der

österreichischen Seilbahnwirtschaft vehement gefordert.

 

Nicht wegen der Verländerung sämtlicher Sessellifte im Jahr 1992 kam es zu einem

Personalabbau im Verkehrsressort; die - von der Wirtschaft schon damals

bekämpfte - Verländerung war vielmehr eine Folge der bereits vorher erfolgten

Ausdünnung des Personalstandes der Obersten Seilbahnbehörde. Tatsache ist,

dass die Genehmigungs- und Aufsichtstätigkeit des Verkehrsressorts mit geringstem

personellen Aufwand erfolgt. Entsprechend den bisherigen Erfahrungen ist zu

erwarten, dass bei Verländerung der Kompetenzen in jedem Bundesland, in dem

Seilbahnen errichtet werden, weiteres Personal - das im übrigen besoldungsrechtlich

und personalrechtlich besser gestellt ist und damit teurer kommt als

Bundesbedienstete - aufgenommen werden müsste und seitens der Länder

Kostenersatz durch den Bund für zusätzliche Aufgaben gefordert wird

(,,Konsultationsmechanismen“). Eine Verländerung führt zu höheren Kosten für

die Republik bei gleichzeitiger Aufgabe der Bundeseinheitlichkeit in einem

höchst sensiblen Bereich zu Lasten der Wirtschaft, der Industrie und zu Lasten

eines einheitlichen Sicherheitsstandards.

Schließlich sollte erwähnt werden, dass seitens der Länder keine einzige

fachliche Begründung vorgebracht wird, die eine weitem Verländerung als

unumgänglich darstellen würde; es wäre diesfalls vielmehr mit einer

wesentlich höheren Belastung für das Budget, mit Ineffizienzen, Aufsplitterung

und Aufgabe der in diesem Bereich notwendigen bundeseinheitlichen

Verfahren verbunden.

 

Es entspricht nicht den Tatsachen, dass die Anzahl neuer Hauptseilbahnen (für das

Jahr 2000 etwa 40 Anlagen) personell nicht verkraftet werden könne. Gravierende

Vereinfachungen der Verwaltungsabläufe, Entfall von Aufgaben (z.B. Erteilung von

Ausnahmebewilligungen gem. §§ 38 und 39 EisbG), Typengenehmigungen sowie

die Auslagerung von Aufgaben (periodische Überprüfungen von bestehenden

Anlagen) sowie die Beiziehung nichtamtlicher Sachverständiger (z.B. TÜV,

Technische Forschungsanstalt Arsenal) bewirkt, dass trotz Zunahme neuer Anlagen

die Verfahren durch das ho. Ressort in kürzester Zeit einfach, unbürokratisch und zur

Zufriedenheit der Wirtschaft abgewickelt werden können. Das österreichische

Behördenverfahren für Seilbahnen ist international anerkannt und wird auch wegen

der Bundeseinheitlichkeit als vorbildlich gesehen. Von besonderer Bedeutung sind

dabei die Konzessionsverfahren, in denen u.a. die Lawinensicherheit von Anlagen

und Schiabfahrten, die Wirtschaftlichkeit von Projekten im Hinblick auf deren

strukturelle überregionale Bedeutung, die Sicherung der Eigenmittelfinanzierung,

naturschutzrechtliche Belange, die Frage der Gesamtverkehrssituation sowie die

grundsätzliche technische Ausführbarkeit und technische Innovationen bundes -

einheitlich beurteilt werden.

 

Zu Frage 1:

 

Ich verweise auf die angeschlossene Beilage 1

 

Zu den Fragen 2 und 3:

 

Es besteht keine Berichtspflicht der Bundesländer betreffend Durchführung von

Überprüfungen und Beanstandungen bei Kleinseilbahnen (Sesselliften). Tatsache ist,

dass bedauerlicherweise nicht alle Bundesländer von der Möglichkeit Gebrauch

machen, Überprüfungen bestehender Anlagen durch die spezifisch für derartige

Seilbahn - Überprüfungen akkreditierten Stellen gemäß der Seilbahnüberprüfungs -

Verordnung 1995 auszulagern, und damit ebenfalls Einsparungen bei den Ländern

herbeizuführen.

Zu Frage 4:

 

Die Antwort entnehmen Sie bitte der angeschlossenen Beilage 2.

 

Zu den Fragen 5, 6, 7 und 8:

 

Seit Inkrafttreten der Seilbahn - Überprüfungsverordnung 1995 werden bestehende

Hauptseilbahnen in periodischen Abständen ausschließlich durch externe, speziell

hiefür akkreditierte Stellen durchgeführt. Die Evidenzhaltung und stichprobenweise

Kontrolle erfolgt im Wege des Aufsichtsrechtes durch das ho. Ressort. Darüber

hinaus werden stichprobenweise Überprüfungen von Hauptseilbahnen hinsichtlich

der Einhaltung sonstiger Auflagen (Hochbau, Brandschutz, Sanitätspolizei,

Wasserschutz) je nach Erfordernis im Rahmen von kommissionellen

Ortsverhandlungen vorgenommen und laufend technische Schwerpunkt -

überprüfungen von Sicherheitsteilen (z.B. Seilscheiben) mit anschließender

Anordnung entsprechender Maßnahmen durchgeführt.

 

Die Akkreditierung der externen Stellen erfolgt durch das Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit entsprechend den Bestimmungen des Akkreditierungsgesetzes

1993 auf Grundlage eines umfangreichen Verfahrens; die spezifischen

Anforderungen an die seilbahn - und elektrotechnischen Kenntnisse werden durch die

Amtssachverständigen des ho. Ressorts gemeinsam mit Experten der Seilbahn -

herstellerfirmen festgelegt und überprüft.

 

Die Qualifikation der externen Stellen ist, wie die Erfahrungen seit 1995 zeigen, eine

sehr hohe und gab zu keinerlei Beanstandungen Anlass. Im übrigen wird periodisch

die Qualifikation dieser Stellen, die selbstverständlich auch über Qualitätssicherheits -

systeme verfügen müssen, durch Audits geprüft.

 

Zu Frage 9:

 

Ja, da Ruhestandsversetzungen bis jetzt nicht nachbesetzt wurden.

 

Zu Frage 10:

 

bis 1990:                6 Juristen, 1 Bediensteter B

                               7 Seilbahntechniker (A+B)

                               7 Elektrotechniker (A+B)

1991:                      4 Juristen, 1 Bediensteter B

                               6 Seilbahntechniker (A+B)

                               7 Elektrotechniker (A+B)

 

1992:                      4 Juristen, 1 Bediensteter B

                               5 Seilbahntechniker (A+B)

                               7 Elektrotechniker (A+B)

 

1993:                      4 Juristen, 1 Bediensteter B

                               5 Seilbahntechniker (A+B)

                               7 Elektrotechniker (A+B)

 

1994:                      4 Juristen, 1 Bediensteter B

                               4 Seilbahntechniker (A+B)

                               6 Elektrotechniker (A+B)

 

1995 - 1999:           3 Juristen, 1 Bediensteter B

                               4 Seilbahntechniker (A+B)

                               6 Elektrotechniker (A+B)

 

 

Zu Frage 11:

 

Die Hauptseilbahnen wurden durch die Beamten des Ministeriums vor Inkrafttreten

der Seilbahnüberprüfungs - Verordnung 1995 in 6 bis 7 - jährigen Abständen in Form

von Ortsverhandlungen überprüft; seit 1995 erfolgt die Überprüfung in 4 bis 5 -

jährigen Abständen durch die akkreditierten Stellen, wobei technische

Schwerpunktüberprüfungen hinsichtlich von Sicherheitsbauteilen durch die Beamten

des ho. Ressorts laufend erfolgen.

 

Zu den Fragen 12, 13 und 14:

 

Es wurde kein Überstundentopf geschaffen. Mit dem Fachverband der Seilbahnen

wurde lediglich vereinbart, dass Überstunden, die über Wunsch der

Seilbahnunternehmen zur Beschleunigung der Abnahme insbesondere an

Samstagen, Sonn - und Feiertagen geleistet werden, durch die betreffenden

Unternehmungen beglichen werden.

Es entspricht durchaus den Zielsetzungen, für über das normale Ausmaß

hinausgehende Dienstleistungen der Behörden Kostenersatz zu verlangen. Im

Vergleich mit den übrigen Alpenländern sind die Kosten für behördliche Tätigkeiten

im Zusammenhang mit der Genehmigung und Abnahme von Seilbahnanlagen in

Österreich trotzdem um ein Vielfaches geringer.

 

Zu den Fragen 15 und 16:

 

Die Zuständigkeit für alle Sessellifte (Kleinseilbahnen) liegt schon jetzt bei den

Ländern. Eine weitere Kompetenzverlagerung, etwa für die technisch sensiblen

kuppelbaren Sesselbahnen, ist nicht vorgesehen und wäre auch im krassen

Gegensatz zu den Forderungen und Wünschen der österreichischen Industrie und

Seilbahnwirtschaft.

 

Allerdings werden im Zusammenhang mit der Umsetzung der neuen EU - Richtlinie

die Verfahrensschritte weiter vereinfacht, die Möglichkeit für Typengenehmigungen

und für die Auslagerung von Verfahren durch Einbeziehung externer Stellen erweitert

und insgesamt eine Reduktion behördlicher Aufgaben angestrebt, was positive

Auswirkungen auch auf die budgetären Einsparungsmöglichkeiten der Länder haben

sollte, ohne dabei die Qualität und den Sicherheitsstandard der Seilbahn - und

Schleppliftanlagen zu reduzieren.

 

Wie die Erfahrungen mit den Schleppliften und Sesselliften zeigen, sind trotz

diesbezüglicher einheitlicher Richtlinien die Genehmigungsverfahren, die

Anforderungen an Konzessionserteilungen und an die technischen Ausführungen in

den Ländern teilweise gravierend unterschiedlich, was sich bei diesem für die

Volkswirtschaft bedeutungsvollen Verkehrsbereich für Industrie und Wirtschaft

negativ auswirkt.

 

Zu Frage 17:

 

Die Tätigkeit des ho. Ressorts als Genehmigungs - und Aufsichtsbehörde für

Hauptseilbahnen steht mit verkehrspolitischen und grundsätzlichen Problemen der

Verkehrssicherheit dieser Anlagen insbesondere im Rahmen der Konzessions -

verfahren, aber auch mit der Tatsache in unmittelbarem Zusammenhang, dass die

Sicherstellung und Umsetzung von innovativem Know how und Technologie einen

wesentlichen Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und

Technologie darstellt.

Die bundeseinheitliche Behandlung der Hauptseilbahnen entspricht diesem

Erfordernis, das nur durch entsprechende Konzentration der Bundesvollziehung

gewährleistet werden kann. Eine isolierte, rein ortsbezogene Betrachtung der

Hauptseilbahnen ist auch deshalb unzweckmäßig, da mit diesen unmittelbar

überörtliche infrastrukturelle Auswirkungen für die gesamte Volkswirtschaft induziert

werden, was auch im Zusammenhang mit dem zunehmenden internationalen

Wettbewerbsdruck und mit der Entwicklung von Seilbahnsystemen zu urbanen

Nahverkehrsmitteln von Wichtigkeit ist.

 

Ungeachtet der Tatsache, dass eine weitere Verländerung für die komplexen

Systeme der Hauptseilbahnen mit diesen Zielsetzungen nicht vereinbar ist, wird im

Zuge der Umsetzung der EU - Richtlinie auf eine Beschränkung der behördlichen

Aktivitäten auf das unbedingt Notwendige geachtet werden.

 

Zu den Fragen 18 und 19:

 

Die Erfahrungen im Bereich der Sessellifte und Schlepplifte haben gezeigt, dass eine

zentrale Regelungskompetenz alleine keinen einheitlichen Stand der Technik zu

gewährleisten vermag.

 

Die Begründung für eine Beibehaltung der derzeitigen Kompetenzlage ergibt sich

aus den mehrfach dargelegten Argumenten und ist unabhängig von der EU - Richtlinie

weiterhin aufrecht; die angeführten CEN - Normen werden voraussichtlich erst in 3 bis

4 Jahren fertig gestellt.

 

Zu Frage 20:

 

Die Umsetzung der EU - Richtlinie über Seilbahnen für den Personenverkehr im

Rahmen des Eisenbahngesetzes wird innerhalb von 2 Jahren, sohin bis spätestens

3. 5. 2002 zu erfolgen haben.

 

 

 

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