951/AB XXI.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Josef Cap und Genossen haben an mich eine
schriftliche Anfrage betreffend „Die Freiheit der Kunst, Schlingensief und das hinter -
fragenswürdige Agieren des Justizministers“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Die Rechtsvertreter eines in der Kärntner Straße in Wien etablierten Geschäftsloka -
les haben sich am 14. Juni 2000 mit einem Rechtsschutzgesuch an mich gewandt,
auf eine von ihnen am selben Tag gegen Christoph Schlingensief und unbekannte
Täter wegen Hausfriedensbruches und anderer Delikte erstattete Anzeige hingewie -
sen und um Veranlassung effizienter Maßnahmen ersucht. Nachdem die Staatsan -
waltschaft Wien keine rechtliche Möglichkeit hat, eine - wenn auch in Belästigungen
von Anrainern ausufernde - Veranstaltung zu untersagen, habe ich am 15. Juni 2000
die mir übermittelten Unterlagen an Bürgermeister Dr. Häupl mit dem Hinweis über -
sendet, dass nach meinem damaligen Informations- und Wissensstand eine Unter -
sagung der Veranstaltung durch die MA 35 möglich wäre, zumal sich auf Seite 4 des
Bewilligungsbescheides vom 2. Juni 2000 folgende Passage fand: „Sollten gehäufte
Beschwerden von Anrainern, dass eine massive Störung oder Beeinträchtigung
durch die Veranstaltung erfolgt, bei der... Bundespolizei ... einlangen, ist die Veran -
staltung ... unverzüglich abzubrechen und
sämtliche Aufbauten zu entfernen.“
Zu 3:
Das Transparent mit der Aufschrift „Unsere Ehre heißt Treue“ wurde im Rahmen der
„Container - Aktion“ erst nach der Übermittlung meines Schreibens an Bürgermeister
Dr. Häupl angebracht. Im Hinblick auf wiederholte Medienanfragen am Vormittag
des 16. Juni 2000 habe ich den Medien kundgetan, was die Staatsanwaltschaft
Wien in dieser Angelegenheit von besonderem öffentlichen Interesse von sich aus
unternommen hat.
Zu 4 und 5:
Auf Grund mehrerer Strafanzeigen hat die Bundespolizeidirektion Wien, Bundes -
polizeikommissariat Innere Stadt, die Veranstaltung gegenüber der Staatsoper beob -
achtet und durch Lichtbilder sowie eine Videoaufnahme, die einen kurzen Teil des
Geschehens vom 16. Juni 2000 zeigt, dokumentiert. Nach Vorliegen der Erhebungs -
ergebnisse nahm die Staatsanwaltschaft Wien in Aussicht, die Anzeigen gegen Chri -
stoph Schlingensief, unter anderem wegen § 3 g VerbotsG, gemäß § 90 Abs. 1
Stpo zurückzulegen. Dieses Vorhaben, das die Oberstaatsanwaltschaft Wien zu ge -
nehmigen beabsichtigte, wurde inzwischen vom Bundesministerium für Justiz zur
Kenntnis genommen.
Zu 6:
Nach Prüfung der am 6. Juni 2000 übermittelten Sachverhaltsdarstellung der
Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich beabsichtigten die Staats -
anwaltschaft St. Pölten und die Oberstaatsanwaltschaft Wien übereinstimmend, die
Anzeige gegen Ernest Windholz gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückzulegen. Auch die -
ses Vorhaben wurde inzwischen zur Kenntnis genommen.
Zu 7:
Zu einer unterschiedlichen Vorgangsweise ist es in diesen Fällen im Ergebnis nicht
gekommen, weil die von den Sicherheitsbehörden übermittelten Erhebungsergebnis -
se jeweils geprüft und die Anzeigen nach Genehmigung der entsprechenden Vorha -
bensberichte gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt wurden.
Zu 8:
In keiner der angesprochenen Strafsachen ist es zur Erteilung von Weisungen durch
das Bundesministerium für Justiz
gekommen.
Zu 9:
Diese Frage hat keine Vollziehungsaufgabe zum Inhalt.
Zu 10:
Ich kann diesen meinen Standpunkt nur bekräftigen.
Zu 11:
Diese Frage hat sich anlässlich der rechtlichen Würdigung der Aktion des Herrn
Christoph Schlingensief nicht gestellt, weil unter Berücksichtigung der der Staatsan -
waltschaft Wien vorliegenden Erhebungsergebnisse bereits der Vorsatz einer
Betätigung im nationalsozialistischen Sinn auszuschließen war.