962/AB XXI.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat G. Moser, Freundinnen und Freunde haben am

7.7.2000 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 1074/J betreffend „Umsetzung

der Resolution des Landtages von Oberösterreich über Maßnahmen zur Verhinde -

rung grenznaher Atomkraftwerke“ gerichtet. Ich beehre mich, diese wie folgt zu be -

antworten:

 

Eingangs darf ich auf meine Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 370/J

betreffend „Umsetzung des Anti - Atom-Aktionsplans sowie die EU - Osterweiterung

und die damit verbundenen Fragen der nuklearen Sicherheit“ sowie die Beantwor -

tung der gleich lautenden Anfrage Nr. 1073/J durch den Herrn Bundeskanzler ver -

weisen.

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

 

ad 1

 

Mit der BMG Novelle 2000 wurden klare Zuständigkeiten im Nuklearbereich ge -

schaffen. Damit ist die Koordination und Information innerhalb der Bundesregierung

gewährleistet. Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit National- und Bundesrat ver -

weise ich auf die etablierte verfassungsmäßige Interaktion zwischen Legislative und

Exekutive.

Mein Ressort betreibt eine umfassende und intensive Öffentlichkeitsarbeit zu

Nuklearfragen und absolviert zahlreiche Treffen auf politischer wie administrativer

Ebene mit Landtagen, Landesverwaltungen und Umweltorganisationen. Damit ist

eine „fundierte und koordinierte Information“ sicher gestellt.

 

ad 2

 

Gemäß Bundesverfassung fallen Außenbeziehungen in die Kompetenz des Bundes.

Die Bundesregierung ist bemüht, in diesen Beziehungen den Interessen der Bun -

desländer bestmöglich Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang verweise ich

darauf, dass seitens des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten in Zu -

sammenarbeit mit der Nuklearkoordination meines Ressorts ein Netzwerk von Kon -

taktstellen in den Landesverwaltungen etabliert wurde und laufend betreut wird. Die -

ses Netzwerk, das ursprünglich in Hinblick auf die Einbindung der Bundesländer in

die bilateralen „Nuklearinformationsabkommen“ aufgebaut wurde, dient nunmehr

auch als Kommunikationsinstrument für nukleare Angelegenheiten im Allgemeinen.

 

Es sei daran erinnert, dass Österreich im Rahmen der EU - Beitrittsverhandlungen

„nukleare Sicherheit“ zu einem vorrangigen Thema gemacht hat. Die maßgeblichen

Positionen der Europäischen Union wurden unter österreichischer Ratspräsident -

schaft in der zweiten Jahreshälfte 1998 entwickelt und verabschiedet. Zuletzt hat der

Europäische Rat von Helsinki erneut „auf die Bedeutung hoher Sicherheitsstandards

im Nuklearbereich in Mittel- und Osteuropa“ hingewiesen. Vor allem aber hat er den

Rat aufgefordert zu prüfen, „wie die Frage der nuklearen Sicherheit im Rahmen des

Erweiterungsprozesses im Einklang mit den einschlägigen Schlussfolgerungen des

Rates behandelt werden kann“. Die diesbezügliche Diskussion gewinnt zunehmend

an Dynamik. Österreich wird seine Position, wie sie im Aktionsplan „Österreichische

Anti - Atom - Politik im europäischen Zusammenhang“ festgelegt wurde, auch in diesen

Diskussionsprozess einbringen.

 

Die Festlegung der österreichischen Verhandlungsstrategie sowie konkreter Positio -

nen erfolgt unter der Federführung des Bundesministeriums für auswärtige Angele -

genheiten in interministeriellen Konsultationen, in die auch Sozialpartner und Länder

eingebunden sind.

 

ad 3

 

Um die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die energetische Nutzung der Kern -

energie zu schaffen, stellen energiewirtschaftliche Kooperationen mit Reformstaaten

Mittel - und Osteuropas - neben nuklearer Sicherheit und Weiterentwicklung des

Nuklearrechts - eines der drei strategischen Elemente der Nuklearpolitik der Bundes -

regierung dar.

 

Im Laufe der Jahre und unter Berücksichtigung der in Zusammenarbeit mit den Re -

formstaaten gewonnenen Erfahrungen wurde das Konzept der ,,Energiepartner -

schaft“ weiterentwickelt. ,,Energiepartnerschaften“ bieten eine Plattform für die Iden -

tifizierung und Realisierung konkreter Projekte durch die Wirtschaft. Angesichts der

spezifischen österreichischen Stärken sowie der Prioritäten der österreichischen

Energiepolitik konzentrieren sich ,,Energiepartnerschaften“ thematisch auf die in der

vorliegenden Anfrage angeführten Schwerpunkte. Diese Schwerpunktsetzung wird in

der Praxis flexibel gehandhabt, um auf die Interessen und Bedürfnisse der Partner

bestmöglich eingehen zu können. Mein Ressort bedient sich zur Durchführung kon -

kreter Projekte im Rahmen von ,,Energiepartnerschaften“ auch erfahrener und inter -

national anerkannter Konsulenten.

ad 4

 

Einschlägige Anti - Atom-Initiativen und Umweltorganisationen werden seitens des

Bundes seit Jahren gefördert. Diese Förderungen sind nunmehr ebenfalls in meinem

Ressort konzentriert und werden im Rahmen der budgetären Möglichkeiten fortge -

setzt. Schwerpunkte bilden Aktivitäten, die die Maßnahmen der Bundesregierung

sinnvoll ergänzen sowie Aktivitäten, die auf die nationale und internationale Vernet -

zung einschlägiger Initiativen abzielen.

 

ad 5

 

Die Bundesregierung vertritt den Standpunkt, dass Informationen, die eine qualifi -

zierte Meinungsbildung ermöglichen, von den betroffenen Unternehmen und Auf -

sichtsbehörden bzw. den betroffenen Staaten beizubringen sind. Auf bilateraler

Ebene werden derartige Informationen vor allem im Rahmen der bilateralen

,,Nuklearinformationsabkommen“ angefordert. Angesichts der mit großer Eile voran -

getriebenen Vorbereitungsarbeiten zur Inbetriebnahme des KKW Temelin wurden

sowohl auf diplomatischer als auch auf politischer Ebene flankierende Maßnahmen

gesetzt.

 

ad 6

 

Die in der vorliegenden Anfrage angeführten Forderungen wurden sowohl auf diplo -

matischer als auch auf politischer Ebene von den zuständigen Mitgliedern der Bun -

desregierung einschließlich des Herrn Bundeskanzlers auf bilateraler wie auf euro -

päischer Ebene wiederholt und mit Nachdruck erhoben.

ad 7

 

Diesbezüglich stehe ich auf dem Standpunkt, dass die Umsetzung des Aktionspla -

nes vom Juni 1999, der von vornherein mittelfristig angelegt war und alle wesentli -

chen Themen abdeckt, derzeit und weiterhin Vorrang hat.

 

ad 8

 

Zunächst sei festgehalten, dass der in den Schlussfolgerungen des Rates vom

24. September 1998 umfassend definierte Stand der Technik eine wichtige Zielfor -

mulierung darstellt. Der bereits erwähnte Aktionsplan vom Juni 1999 bringt zum

Ausdruck, dass aus österreichischer Sicht der Stand der Technik jedenfalls für Neu -

anlagen unverzichtbar ist. In der Tat handelt es sich bei der Umsetzung der Schluss -

folgerungen des Rates vom September und Dezember 1998 sowie der Schlussfolge -

rungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Köln im Juni1999 um einen per -

manenten Prozess, der auf unterschiedlichsten Ebenen abläuft. Im Übrigen verweise

ich auf die Beantwortung der Fragen 2 und 5.

 

ad 9

 

Diesbezüglich verweise ich auf meine Ausführungen in Beantwortung der Frage 2.

 

ad 10

 

Ich verweise auf die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers in Beantwortung der

parlamentarischen Anfrage Nr. 1073/J. Ich selbst habe diese Forderung bereits An -

fang Mai dieses Jahres erhoben und zwischenzeitlich mehrfach wiederholt.

Es ist positiv zu vermerken, dass nunmehr auch Deutschland diesen Standpunkt mit

Nachdruck vertritt.

 

ad 11

 

Seit meinem Amtsantritt als Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft, Umwelt

und Wasserwirtschaft habe ich dieses Anliegen sowohl auf bilateraler wie auf euro -

päischer Ebene mehrfach vorgebracht. Ich darf diesbezüglich erneut auf die Ausfüh -

rungen des Herrn Bundeskanzler in Beantwortung der parlamentarischen Anfrage

Nr. 1073/J verweisen, insbesondere darauf, dass die Tschechische Republik nach

wie vor offizielle bilaterale Kontakte auf hoher Regierungsebene verweigert. Unbe -

schadet dessen werde ich meine diesbezüglichen Bemühungen fortsetzen.

 

ad 12

 

Die aktuelle Beitrittspartnerschaft der Tschechischen Republik mit der Europäischen

Union verpflichtet die Tschechische Republik, die UVP-Richtlinie der Union kurzfri -

stig, das heißt bis Jahresende 2000, in nationales Recht zu übernehmen und anzu -

wenden. Auf diesen Umstand hat die Bundesregierung bei ihren zahlreichen Inter -

ventionen der vergangenen Tage und Wochen sowohl auf bilateraler als auch auf

europäischer Ebene wiederholt und mit Nachdruck hingewiesen. Darüber hinaus hat

Österreich gefordert, dass die nach Ansicht der Bundesregierung unverzichtbare

umfassende UVP des KKW Temelin bereits auf Basis einer entsprechend adaptier -

ten tschechischen Rechtslage stattfinden sollte. In jedem Falle wird die österreichi -

sche Bundesregierung ihre Bemühungen fortsetzen, österreichischen Bürgerinnen

und Bürgern die bestmöglichen Voraussetzungen für eine Teilnahme an UVP - Ver -

fahren zum Gegenstand zu bieten. In diesem Zusammenhang freue ich mich, darauf

verweisen zu können, dass das tschechische Umweltministerium einer Anhörung im

Rahmen des laufenden UVP - Verfahrens für ein Hilfsbetriebsgebäude des KKW

Temelin in Österreich zugestimmt hat.

 

ad 13 und 14

 

Diesbezüglich darf ich auf die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundesministers für

Wirtschaft und Arbeit verweisen. Mein Ressort hat die einschlägigen Elemente des

Aktionsplans vom Juni1999 in die Diskussionen zur Novelle des Elektrizitätswirt -

schaftsorganisationsgesetzes (EIWOG) eingebracht. Mit der nunmehr gefundenen

Lösung hinsichtlich Stromimporten aus Drittstaaten wird der Aktionsplan in

adäquater Weise umgesetzt.

 

Darüber hinaus hat die Bundesregierung sowohl auf bilateraler als auch auf europäi -

scher Ebene mit Nachdruck auf die wettbewerbsrechtliche Fragwürdigkeit des

Temelin - Projekts hingewiesen und die Erfüllung jener Verpflichtungen, die die

Tschechische Republik hier gegenüber der Europäischen Union eingegangen ist,

eingemahnt.

 

ad 15

 

Ich verweise nochmals auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage

Nr. 10731J durch den Herrn Bundeskanzler. Das Ziel europaweit einheitlicher Si -

cherheitsstandards für Kernkraftwerke wurde und wird in zahlreichen Gremien der

Europäischen Union - von Expertengremien zur Beratung der Europäischen Kom -

mission bis hin zur Ebene der Staats - und Regierungschefs - in vielfältiger Weise

vorangetrieben. Angesichts des Einstimmigkeitserfordernisses in diesem Bereich -

dieses gilt sowohl für Maßnahmen auf Basis des bestehenden Primärrechtes als

auch für die Änderung des Primärrechtes selbst - handelt es sich jedenfalls um eine

langfristige Initiative. Ich werde diese Initiative sowohl im Sinne des Aktionsplans

vom Juni 1999 als auch im Sinne des gegenwärtigen Regierungsprogramms fort -

setzen.