966/AB XXI.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 955/J - NR/2000, betreffend Weiterführung der

Ybbstalbahn, die die Abgeordneten Binder und GenossInnen am 19. Juni 2000 an mich gerichtet

haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Zu den Fragen 1 - 3, 6 und 7:

Das Unternehmen ÖBB wurde mit dem Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993 hinsichtlich

seines Absatzbereiches, also des Personen - und Güterverkehres, in die wirtschaftliche

Unabhängigkeit entlassen. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 1

BBG 92 obliegt daher die Tarifgestaltung im Personen - und Güterverkehr sowie die Führung

oder Nicht - Führung von Zügen der ausschließlichen Entscheidung des Managements der

ÖBB (kaufmännischer Bereich). Einflussnahmen durch den Verkehrsminister sind daher nicht

möglich. Das Weisungsrecht des Bundesministers ist gemäß § 12 BBG 92 auf allgemeine

verkehrspolitische Grundsatzweisungen und auf Anweisungen im Katastrophenfall

eingeschränkt. Dies hat der Gesetzgeber so beschlossen.

 

Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien

Entscheidung des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die Grenzen der

Geschäftsordnung des Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte Tätigkeiten und Maßnahmen

von der Zustimmung des Aufsichtsrates abhängig machen kann. Ausnahmen sind - wie oben

erwähnt - nur in den sehr eingeschränkten Fällen des § 12 BBG (Verkehrspolitische Weisung

und Weisung im Falle von Naturkatastrophen) möglich. Solche Weisungen sind jedoch auch

durch den Weisungsgeber (= Bund) in jedem Einzelfall anzuordnen und auch gesondert an die

ÖBB zu bezahlen.

 

Zu der Absicht des Vorstandes der ÖBB bei bestimmten Nebenbahnen den Personen - bzw.

Güterverkehr oder den Betrieb der Infrastruktur einzustellen, darf folgendes festgestellt

werden:

 

Erstens wird es zu keinem Kahlschlag bei den Nebenbahnen kommen und zweitens werden

zu diesem Thema noch Gespräche mit dem Vorstand der ÖBB stattfinden.

 

Grundsätzlich sind folgende Szenarien bei der Einstellung von Nebenbahnen möglich:

 

a. Die ÖBB stellen den Güterverkehr oder den Personenverkehr ein

 

Dadurch würden freie Zugtrassen zur Verfügung stehen. Im Lichte des freien Netzzuganges

für Dritte können diese Zugtrassen von anderen konzessionierten Eisenbahnverkehrsunter -

unternehmen genutzt werden. Das Land aber auch sonstige Interessierte können außerdem

Verkehrsdienstverträge mit diesen neuen konzessionierten Eisenbahnverkehrsunternehmen

abschließen und bestimmte Leistungen gegen Bezahlung in Auftrag geben.

 

b. Die ÖBB beabsichtigen den Personen - und Güterverkehr und den Betrieb der

    Infrastruktur einzustellen

 

Diese Einstellung unterliegt den Bestimmungen des § 29 Eisenbahngesetz. D.h. die ÖBB

müssen einen Einstellungsantrag bei der Eisenbahnbehörde stellen. Nach entsprechender

Prüfling kann, um den Betrieb auf einer von den ÖBB eingestellten Nebenbahn weiterhin

aufrecht zu erhalten, eine öffentliche - europaweite - Ausschreibung durchgeführt und

Interessenten für die Aufrechterhaltung des Betriebes gesucht werden. Die Ausschreibungs -

kriterien könnten dabei nach folgenden Prioritäten geordnet werden:

 

-            Betrieb der Infrastruktur und des Güter - und Personenverkehrs

-            Güter - und Personenverkehr

-            Personen - oder Güterverkehr

-            Anschlussbahnähnlicher Betrieb

-             Betrieb als Museumsbahn.

 

Der Bund würde in den ersten drei Fällen diesen neuen Eisenbahnunternehmen auch die

gemeinwirtschaftlichen Leistungen analog den Regelungen für Privatbahnen zur Verfügung

stellen. Bei Übernahme der Infrastruktur durch Dritte würden diesen selbstverständlich die

Förderungsinstrumentarien nach dem Privatbahnunterstützungsgesetz zur Verfügung stehen.

 

Zu den Fragen 4 und 5:

Der Nahverkehrsvertrag zwischen ÖBB und dem Land Niederösterreich ist Angelegenheit der

beiden Vertragsparteien. Daher fällt auch die Aufrechterhaltung dieses Vertrages in den

Kompetenzbereich von ÖBB und Land Niederösterreich. Dies zu beurteilen ist daher Aufgabe

der Vertragspartner. In privatrechtliche Verträge, bei denen ich nicht Vertragspartner bin,

kann ich nicht eingreifen.

 

Zu Frage 8:

Das ist Aufgabe des Managements der jeweiligen Eisenbahnunternehmen.

 

Zu Frage 9:

Grundsätzlich bin ich - obwohl dies im wesentlichen eine Aufgabe des Managements der

ÖBB ist - bereit, an Diskussionen teilzunehmen, wenn mein Terminkalender es erlaubt.