1/ABPR XXI.GP
Die Abgeordneten Dr. Graf und Kollegen haben am 2. Dezember 1999 an den Präsidenten
des Nationalrates die schriftliche Anfrage 1/JPR betreffend die Mitglieder der einstweiligen
Bundesregierung gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1. Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die als Abgeordnete zum Nationalrat an -
gelobten Mitglieder der Bundesregierung Anspruch auf die Vergütung für Auf -
wendungen gemäß § 10 des Bezügebegrenzungsgesetzes (richtig: Bundes -
bezügegesetz) besitzen?
2. Wurden bereits Vergütungsanträge gestellt?
3. Wie werden Sie mit den einlangenden Vergütungsanträgen umgehen?
4. Mit welchen monatlichen Aufwendungen ist auf Grund dieser Bestimmung für jedes
Regierungsmitglied zu rechnen?
5. Sind die in § 10 Abs. 3 des Bezügebegrenzungsgesetzes (richtig: Bundesbezüge -
gesetz) vorgesehenen Bescheide für diesen Personenkreis bereits erlassen worden?
Wenn nein, warum nicht und wann ist damit zu rechnen?
6. Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die als Abgeordnete zum Nationalrat an -
gelobten Mitglieder der Bundesregierung Anspruch auf die Vergütungen für die Be -
schäftigung von Mitarbeitern nach dem Parlamentsmitarbeitergesetz besitzen?
7. Wurden bereits Anträge auf Vergütung für die Beschäftigung von Mitarbeitern gestellt
bzw. diesbezügliche Dienst - bzw. Werkverträge vorgelegt?
8. Wie werden Sie mit den einlangenden Anträgen umgehen?
9. Mit welchen monatlichen Aufwendungen ist auf Grund des Parlamentsmitarbeiter -
gesetzes für die Regierungsmitglieder (sowie die Staatssekretärin) zu rechnen?
10. Teilen Sie die Auffassung, dass die gut dotierten Regierungsmitglieder von zusätz -
lichen finanziellen Ansprüchen als Abgeordnete zum Nationalrat im Interesse des
Bundesbudgets Abstand nehmen sollten?
11. Werden Sie den Regierungsmitgliedern den Verzicht auf derartige Aufwands -
entschädigungen nahe legen?
Wenn
nein, warum nicht?
12. Werden Sie Initiativen ergreifen, um für die Zukunft zu verhindern, dass Regierungs -
mitglieder, die gleichzeitig Abgeordnete zum Nationalrat sind, auch finanzielle Ver -
gütungen aus der Tätigkeit des Abgeordneten beziehen können?
Diese Anfrage darf ich wie folgt beantworten:
ad 1)
Es ist nicht die Aufgabe des Präsidenten des Nationalrates Gesetze zu ,,beurteilen", sondern
er hat die vom Nationalrat beschlossenen Gesetze korrekt zu vollziehen. Ich möchte aber um
Missverständnisse zu vermeiden darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber folgendes be -
schlossen hat: Wenn ein Mitglied des Nationalrates zum Regierungsmitglied bestellt wird,
dann entfallen automatisch die Bezüge als Abgeordneter zum Nationalrat. Es gibt aber keine
Bestimmung, dass ein Abgeordneter, der Regierungsmitglied ist, neben dem Entfall der Be -
züge auch gezwungen wird, auf die Inanspruchnahme des § 10 des Bundesbezügegesetzes
zu verzichten. Fest steht jedenfalls, dass ein Abgeordneter, der zugleich Regierungsmitglied
ist (und der, wie gerade erwähnt, für seine Abgeordnetentätigkeit keine Vergütung erhält)
dem Staatshaushalt wesentlich günstiger kommt, als ein Abgeordneter, der als Regierungs -
mitglied sein Nationalratsmandat zurücklegt und dadurch durch einen anderen Abgeordneten
ersetzt wird, welcher dann sowohl Anspruch auf einen Bezug als auch Anspruch auf Ver -
gütungen nach § 10 des Bundesbezügegesetzes und nach dem Parlaments -
mitarbeitergesetz hat.
ad 2) und 5)
Es wurden bisher keine solchen Anträge eingebracht und daher auch keine Bescheide er -
lassen.
ad 3) und 4)
Ich würde mit Vergütungsanträgen - falls solche einlangen sollten - so umgehen, wie es das
Gesetz vorschreibt. Dabei könnte es sich aber nicht um „Aufwendungen für Regierungs -
mitglieder“, sondern nur um Aufwendungen
für Abgeordnete handeln.
ad 6)
Ich habe bereits in Beantwortung der Frage 1 festgestellt, dass ich als Präsident des
Nationalrates den Inhalt von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates nicht zu beurteilen
habe.
ad 7)
Ja.
ad 8)
Ich werde mit eingebrachten Anträgen so umgehen, wie es das Gesetz vorschreibt. Das gilt
selbstverständlich für alle Mitglieder des Nationalrates.
ad 9)
Diese Frage kann erst dann abschließend beantwortet werden, wenn feststeht wie viele
solche Anträge gestellt werden und wie hoch der jeweilige Vergütungsanspruch ist.
ad 10)
Die Inanspruchnahme der im Parlamentsmitarbeitergesetz (das übrigens einstimmig be -
schlossen wurde) vorgesehenen Möglichkeit der Beschäftigung von Mitarbeitern für
Abgeordnete hat mit der Dotierung von Regierungsmitgliedern nichts zu tun. Es muss klar -
gestellt werden, dass das Parlamentsmitarbeitergesetz den Mitgliedern des Nationalrates
keine zusätzliche „Dotierung“ verschafft, sondern einen Beitrag zur Erhöhung der Qualität
der parlamentarischen Arbeit durch Schaffung einer finanziellen Grundlage für die Heran -
ziehung von Mitarbeitern darstellt.
ad 11)
Da bisher - wie zu Punkt 2) bereits ausgeführt wurde - keine Vergütungsanträge nach dem
Bundesbezügegesetz gestellt wurden, gibt es keinen Grund, jemandem einen „Verzicht“ auf
nicht beantragte und daher auch nicht
geleistete Aufwandsentschädigungen nahezulegen.
ad 12)
Mitglieder des Nationalrates, die auch Mitglieder der Bundesregierung sind, erhalten - wie
bereits unter Punkt 1) ausgeführt wurde - keinen Bezug als Mitglieder des Nationalrates.
Eine Initiative, die darauf abzielt, dass Abgeordnete zum Nationalrat, die gleichzeitig Mit -
glieder der Bundesregierung sind, auch die Bestimmungen des Parlaments -
mitarbeitergesetzes nicht in Anspruch nehmen dürfen, steht jedem Mitglied des Nationalrates
im Sinne der Geschäftsordnung selbstverständlich frei.
Wahrscheinlich wird der Gesetzgeber in einem solchen Fall zu berücksichtigen haben, dass
in der parlamentarischen Praxis Regierungsmitglieder dem Nationalrat nicht auf Dauer an -
gehören, sondern dass eine Doppelfunktion als Mitglied des Nationalrates und als
Regierungsmitglied in der Regel nur während des Zeitraumes von Regierungsverhandlungen
praktiziert wird.
Wenn einzelne Regierungsmitglieder in diesem Zeitraum Parlamentsmitarbeiter
beschäftigen, dann geschieht das nach meinen Informationen deshalb, weil man verhindern
will, dass ein bewährter parlamentarischer Mitarbeiter oder eine bewährte Mitarbeiterin eines
früheren Abgeordneten während der Zeit der Regierungsverhandlungen arbeitslos wird und
erst nach Abschluss der Regierungsverhandlungen und damit nach der definitiven Mandats -
zuteilung wieder Beschäftigung als Parlamentsmitarbeiter findet.
Dazu kommt, dass ein Abgeordneter, der auch Mitglied der Bundesregierung ist, für seine
parlamentarische Tätigkeit die Mitarbeiter seines Ministeriums im Sinne des Grundsatzes der
Gewaltenteilung NICHT in Anspruch nehmen darf, sodass auch dieser Gesichtspunkt zu
beachten wäre.
Abschließend darf ich mitteilen, dass in der Nationalratssitzung vom 15. Dezember 1999
eine Novellierung des Bezügebegrenzungsgesetzes nahezu einstimmig beschlossen wurde,
wobei von keiner der vier Parlamentsfraktionen Abänderungsanträge zu den von den
Anfragestellern kritisierten Bestimmungen dieses Gesetzes gestellt wurden.