13/ABPR XXI.GP
Eingelangt am:14.03.2001
DER PRÄSIDENT DES NATIONALRATES
ANFRAGEBEANTWORTUNG
Die Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen haben am 2. März 2001 an den Präsidenten
des Nationalrates eine parlamentarische Anfrage betreffend Veröffentlichung vertraulicher
Akten aus dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gerichtet, in der nachstehende
Fragen gestellt wurden:
1. Wie beurteilen Sie den geschilderten Sachverhalt im Hinblick auf die einschlägigen recht -
lichen Bestimmungen der Geschäftsordnung des Nationalrates bzw. den Bestimmungen
der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse, insbesondere §
24 und § 25 VO - UA?
2. Welche Schritte behalten Sie sich gegenüber den zutrittsberechtigten Mitgliedern und
Mitarbeitern des Parlamentsklubs der ÖVP in dieser Causa vor, insbesondere bezogen
auf die Weitergabe vertraulicher Akten an Dr. Khol und ihre Veröffentlichung?
3. Welche weiteren Maßnahmen werden von Ihrer Seite zur Wahrung der Vertraulichkeit
gegenüber der Veröffentlichung vertraulicher Akten aus dem Untersuchungsausschuss
geplant?
Ich habe zum Gegenstand dieser Anfrage die Parlamentsdirektion und den betroffenen
Abgeordneten Dr. Andreas Khol um eine Stellungnahme ersucht.
Die Stellungnahme der Parlamentsdirektion hat folgenden Wortlaut:
„Diese Angelegenheit stellt sich wie folgt dar:
§ 24 Abs. 3 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO -
UA) lautet:
Die von den öffentlichen Ämtern vorgelegten Akten (§25) dürfen nicht veröffentlicht werden.
Der Präsident kann vor Verteilung an die Mitglieder des Untersuchungsausschusses durch
eine entsprechende Kennzeichnung der einzelnen Exemplare dafür Sorge tragen, dass
diese Vertraulichkeit gewahrt bleibt.'
Demnach sieht das Gesetz die Vertraulichkeit auch für die dem Ausschuss von öffentlichen
Ämtern vorgelegten Akten vor. Der Präsident hat durch entsprechende Maßnahmen für die
Wahrung der Vertraulichkeit zu sorgen. Eine Verletzung dieser Bestimmung bleibt allerdings
mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmung
ohne Sanktion.
Die Kennzeichnung von Kopien entspricht einer beim Noricum - Untersuchungsausschuss
eingehaltenen Praxis, um die Weitergabe und Veröffentlichung von Faksimiles hintan -
zuhalten.
Derzeit werden im Lokal IV bzw. in dessen Vorraum ca. 5 m³ vom Ausschuss angeforderte
Akten und Unterlagen in versperrten Kästen verwahrt. Die Einsichtnahme erfolgt aus -
schließlich im Lokal IV nach vorheriger Anmeldung und unter Aufsicht eines Bediensteten
des Expedits. Diese Bediensteten wurden über ihre Verschwiegenheitspflichten schriftlich
belehrt.
Im Untersuchungsausschuss wurde Einvernehmen erzielt, dass neben den Ausschuss -
mitgliedern auch Abgeordnete, die als Ersatzmitglieder vom Präsidenten des Nationalrates
vereidigt wurden sowie pro Fraktion zwei Experten Akteneinsicht erhalten. Weiters sind die
erforderlichen Beamten der Parlamentsdirektion zutrittsberechtigt.
Zur Kontrolle liegt eine jeweils aktualisierte Namensliste auf und wird jede Einsichtnahme mit
Namen, Datum, Uhrzeit, Unterschrift und Name des die Aufsicht führenden Beamten
dokumentiert. Der Beamte stellt dann auch das benötigte Kopierpapier mit dem jeweiligen
den Fraktionen zugeordneten Faksimileschutz (vertraulich 1 bis 4) zur Verfügung.
Von der Ausschussvorsitzenden Abgeordneten zum NR Dr. Partik - Pablé wurde mit Kenntnis
des Ausschusses auch Beamten von Ressorts, die Akten vorgelegt haben, die Einsicht in
deren Akten gestattet. Diese können ihre eigenen Akten ohne Faksimileschutz kopieren.
Die Liste über die Einsichtnahmen wurde am 6.3.2001 auch dem Untersuchungsausschuss
vorgelegt.“
Abgeordneter Dr. Khol hat in seiner Stellungnahme Argumente dafür vorgebracht, dass eine
Verletzung des § 310 Abs. 2 StGB nicht vorliegt, insbesondere deshalb, weil die Tatsache
der Vertretung aus der öffentlich zugänglichen Urkundensammlung des Firmenbuches er -
sichtlich sei und es sich somit um kein
"Geheimnis“ im Sinne des § 310 Abs. 2 StGB handle.
Vor diesem Hintergrund darf ich die gestellte Anfrage wie folgt beantworten:
ad 1:
Eine Verletzung von Bestimmungen des Strafgesetzbuches scheint mir im vorliegenden Fall
nicht vorzuliegen - wurde aber auch in der parlamentarischen Anfrage nicht behauptet.
Darüber hinaus wäre ich als Präsident für die Beurteilung der Frage, ob ein strafbarer Tat -
bestand vorliegt, nicht zuständig, sondern die ordentlichen Gerichte. Hingegen ist die
Bestimmung des § 24 Abs. 3 der Verfahrensordnung für parlamentarische Unter -
suchungsausschüsse, wonach „die von den öffentlichen Ämtern vorgelegten Akten nicht ver -
öffentlicht werden dürfen", offenbar nicht beachtet worden, wie sich aus dem veröffentlichten
Schriftstück ergibt. Eine Differenzierung in dieser Bestimmung nach solchen Aktenstücken,
die auch aus anderen Quellen zugänglich sein könnten, und solchen Akten, wo dies nicht der
Fall ist, nimmt die Verfahrensordnung nicht vor. Allerdings steht fest, dass die genannte
Bestimmung nicht mit Sanktionen verknüpft ist.
ad 2:
Ich habe die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses schriftlich um Mitteilung ersucht,
ob aus gegebenem Anlass Bedarf besteht, die Frage des Zuganges zu vertraulichen Akten
für bestimmte Personengruppen neu und schärfer zu regeln. Ich möchte mich diesbezüglich
nicht über die Auffassungen der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, die mit der
praktischen Arbeit im Ausschuss vertraut ist, hinwegsetzen.
ad 3:
Wie aus der Darstellung der Parlamentsdirektion ersichtlich ist, wurde eine Reihe von Maß -
nahmen ergriffen, um von technischer und organisatorischer Seite her, die Wahrung der
Vertraulichkeit von Aktenstücken aus dem Untersuchungsausschuss zu gewährleisten. Eine
Ergänzung oder Erweiterung dieser Maßnahmen würde ich dann in Erwägung ziehen, wenn
der Untersuchungsausschuss diesbezüglich an mich herantritt.
Auch Vorschläge einzelner Mitglieder des Untersuchungsausschusses würde ich selbst - ver -
ständlich sorgfältig prüfen und sodann die weitere Vorgangsweise festlegen.