26/ABPR XXI.GP
Eingelangt am: 26.06.2002
Der Präsident des Nationalrates
ANFRAGEBEANTWORTUNG
Die Abgeordneten Dr.
Povysil, Dr. Wolfmayr und Kollegen haben am 12. Juni 2002 an den
Präsidenten des Nationalrates eine Anfrage (26/JPR) „betreffend
Desinformationskampagne
der Grünen durch Verbreitung eines unrichtigen und unechten Protokolls der
Kulturaus-
schusssitzung vom 13. März 2002" gerichtet, in der es u.a.
heißt:
„Mit e-Mail vom 15.
März 2002 an ausgewählte Journalisten und Kunst- bzw. Kulturinter-
essierte hat der Parlamentsklub der Grünen unter dem Titel
„Kurzprotokoll des parlamentari-
schen Kulturausschusses am 13. März 2002" eine 5-seitige
Zusammenfassung der Beratun-
gen vom 13. März 2002 versendet.
Dieses „Protokoll" ist
in irreführender Weise unvollständig, in vielen Punkten krass
unrichtig
und gibt den Verlauf der Beratungen in einer unglaublich parteipolitisch
verzerrten Weise
wieder. Dennoch wird durch Titel und äußere Gestaltung des
„Protokolls" der Eindruck er-
weckt, es handle sich um ein offizielles parlamentarisches Dokument."
Die unterzeichneten Abgeordneten
richten daher an den Präsidenten des Nationalrates
folgende Anfrage:
1.
Handelt es sich bei dem eingangs erwähnten von den Grünen versendeten
Dokument
um das offizielle Protokoll der 10. Sitzung des Kulturausschusses des
Nationalrates
vom 13. März 2002?
2.
Wenn nein, hat die Parlamentskorrespondenz öffentlich klargestellt, dass
die von den
Grünen verbreitete Version nicht authentisch ist?
3. Wenn nein, warum nicht?
4.
Wurde mit der Parlamentskorrespondenz zu dem „Kurzprotokoll" von den
(oder einem
der) oben erwähnten Adressaten Rücksprache gehalten?
5.
Was war der Inhalt der Rücksprache und hat die Parlamentskorrespondenz
dabei dar-
auf hingewiesen, dass dieses Protokoll unecht, unrichtig und nicht authentisch
ist, wenn
nein, warum nicht?
6.
Was werden Sie unternehmen, damit die Öffentlichkeit in Zukunft durch
Verbreitung
unrichtiger und unechter Dokumente mit dem äußeren Anschein
offizieller parlamenta-
rischer Materialien nicht mehr getäuscht wird?
7.
Entspricht die Vorgangsweise der Grünen, parlamentarische Materialien, die
nicht
authentisch sind aber einen derartigen äußeren Anschein erwecken, an
ausgewählte
Journalisten zu verbreiten, den parlamentarischen Usancen oder ist das schlicht
und
einfach Desinformation?
8.
Sehen Sie in der von den Grünen gewählten unfairen Vorgangsweise eine
Missachtung
des Parlaments bzw. der Abgeordneten, ähnlich wie die Abgeordnete
Glawischnig eine
Serie von parlamentarischen Anfragen betreffend das Kunsthistorische Museum
bereits
Tage vor der Einbringung im Nationalrat
veröffentlichte, dabei aber verschwieg, dass
die Anfragen noch gar nicht eingebracht waren?
9.
Welche Rechtsfolgen für den Verbreiter kann es in medien-, urheber-,
straf- oder zivil-
rechtlicher Hinsicht haben, wenn aus einer öffentlichen Sitzung des
Nationalrates
(eines Ausschusses) unrichtig oder in irreführender Weise
unvollständig zitiert und
anderen Abgeordneten oder Regierungsmitgliedern Aussagen in den Mund gelegt
wer-
den, die diese nicht oder nicht in der zitierten Weise gemacht haben?
10.
Ist in solchen Fällen das Geschäftsordnungsgesetz anzuwenden und wenn
ja, in wel-
cher Weise, wenn nein, welche Möglichkeiten werden Sie ergreifen, um
zumindest den
ungeschriebenen Anstandsregeln des Parlamentarismus mehr Beachtung zu ver-
schaffen?
11. Werden die Grünen nach Ihrem Wissen weiterhin derartige „Protokolle" verbreiten?
12.
Im gegenständlichen „Protokoll" wird die Enderledigung von
Berichten in den
Ausschüssen kritisiert. Die grundsätzliche Enderledigung von
Berichten im zuständigen
Ausschluss in öffentlicher Sitzung ist durch eine Novellierung der
Geschäftsordnung des
Nationalrates neu vorgesehen worden. Wann wurde die diesbezügliche
Änderung des
GOG vorgenommen und wie war dazu das konkrete
Stimmverhalten der damals im
Parlament vertretenen Fraktionen?
Ich darf zu dieser Anfrage wie folgt Stellung nehmen:
Bei dem „ Protokoll",
auf das sich die vorliegende Anfrage bezieht, und das mir bis zum Zeit-
punkt der Bearbeitung dieser parlamentarischen Anfrage vom 12. Juni 2002 nicht
bekannt
war, handelt es sich offensichtlich um ein Kurzprotokoll oder
Gedächtnisprotokoll einer (nicht
vertraulichen) Sitzung des Kulturausschusses vom 13. März 2002, das von
einem Mitglied
des Ausschusses angefertigt wurde. Das „Kurzprotokoll" ist auf
neutralem Papier verfasst,
enthält auch eine Aussendung der Austria Presseagentur, rügt eingangs
die unbefriedigende
Beantwortung der an Frau Bundesministerin Gehrer und Staatssekretär Morak
gerichteten
Fragen im Ausschuss und kündigt an: „Wir werden daher die meisten
Fragen auch schriftlich
wiederholen".
Es ist daher ziemlich klar ersichtlich, dass
es sich nicht um ein amtliches Ausschussprotokoll
und auch nicht um eine Aussendung der Parlamentskorrespondenz handelt.
Zu den einzelnen Fragen:
ad 1:
Nein. Es handelt sich
offensichtlich nicht um das offizielle Ausschussprotokoll (das von einem
Obmann und einem Schriftführer zu unterfertigen wäre) und auch nicht
um eine Aussendung
der Parlamentskorrespondenz, da die Aussendungen der Parlamentskorrespondenz
jeweils
als solche gekennzeichnet sind.
ad 2 und 3:
Der Parlamentskorrespondenz ist -
wie mir mitgeteilt wurde - dieses Papier gar nicht zuge-
gangen. Sie hatte daher weder Anlass noch die Möglichkeit, eine
Klarstellung in irgendeiner
Richtung vorzunehmen.
ad 4 und 5:
Mit der Parlamentskorrespondenz wurde keine Rücksprache gehalten.
ad 6 und 7:
Ich habe bereits eingangs
dargestellt, dass das in Rede stehende Papier weder den Anschein
eines offiziellen Ausschussprotokolls noch den Anschein einer Aussendung der
Parlaments-
korrespondenz erweckt. Auf die Verfassung von Kurzprotokollen über nicht
vertrauliche
Ausschussberatungen durch Mitglieder eines Ausschusses und auf den Inhalt bzw.
die Art der
Verwendung solcher Texte hat der Präsident des Nationalrates weder auf
Grund der Ge-
schäftsordnung des Nationalrates noch auf Grund anderer Bestimmungen einen
Einfluss.
ad 8:
Der Präsident des
Nationalrates hat auch keinen Einfluss darauf, ob ein Mitglied des National-
rates eine von ihm verfasste parlamentarische Anfrage am Tag vor der
Einbringung dieser
Anfrage im Nationalrat veröffentlicht oder erst nach Einbringung im
Nationalrat veröffentlicht.
ad 9:
Ob eine schriftliche oder
mündliche Berichterstattung aus einer öffentlichen Sitzung des
Nationalrates oder eines Ausschusses Rechtsfolgen hat, ist von den
zuständigen Gerichten
zu beurteilen. Hinsichtlich der Berichterstattung über die Verhandlungen
in den öffentlichen
Sitzungen des Nationalrates und seiner Ausschüsse ist jedenfalls auch auf
Artikel 33 B-VG zu
verweisen.
ad 10:
In der Geschäftsordnung des
Nationalrates sind keine Bestimmungen enthalten, die auf den
vorliegenden Fall anwendbar sind.
ad 11:
Ich kann über diesbezügliche
Absichten einer Parlamentsfraktion keine Auskünfte geben, weil
ich über keine diesbezüglichen Informationen verfüge.
ad 12:
Die Enderledigung von
Berichten in Ausschüssen wurde mit der Geschäftsordnungsreform
1996 (BGBI. Nr. 438/1996) eingeführt, die mit den Stimmen von SPÖ,
ÖVP, LIF und Grünen
beschlossen wurde.