27/ABPR XXI.GP
Eingelangt am: 26.07.2002
DER PRÄSIDENT DES NATIONALRATES
ANFRAGEBEANTWORTUNG
Die Abgeordneten MMag. Dr.
Petrovic, Kolleginnen und Kollegen haben am 13. Juni 2002 an
den Präsidenten des Nationalrates eine parlamentarische Anfrage 27/JPR betreffend
sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie Gender
Mainstreaming und
Frauenförderung im Parlament gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1.
Wie begründen Sie die Tatsache, dass Unterlagen Ihres Hauses teilweise
nicht ge-
schlechtergerecht formuliert sind?
2.
Wann werden Sie dafür Sorge tragen, dass sämtliche Unterlagen Ihres
Hauses ge-
schlechtergerecht formuliert sind (das heißt vor allem, dass
personenbezogene Be-
zeichnungen in männlicher und weiblicher Form niedergeschrieben sind)?
Im Bildungsprogramm der
Parlamentsdirektion für 2002 finden sich keine frauenspezifischen
Bildungsmaßnahmen.
3.
Gibt es für weibliche Mitarbeiterinnen der Parlamentsdirektion -
im Sinne einer ge-
zielten Förderung von Frauen - spezielle Bildungs- oder
Weiterbildungsangebote?
Wenn nein: Weshalb nicht?
Wenn ja: welche?
4.
Gibt es spezielle Angebote zur Weiterbildung für die
Gleichbehandlungsbeauftragten
nach Bundes-Gleichbehandlungsgesetz im
Parlament
Auf der Parlamentshomepage
ist ein „Rekrutierungs-Handbuch" der Parlamentsdirektion zu
finden mit dem Untertitel „Verfahren und
Methoden der Personalbesetzung in der Parlaments-
direktion". Dieses Handbuch umfasst 25 Seiten, von
„Stellenbeschreibung" und „Anforde-
rungsprofil über „Vorselektion", „Testverfahren"
etc. bis zu „Einführung/Einbindung in die
Organisation" ist dort alles für Stellenbesetzungen der
Parlamentsdirektion Relevante ent-
halten. Kein Wort findet sich allerdings zu der im öffentlichen Dienst
verpflichtenden Frauen-
förderung nach dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz. Es wird damit
signalisiert, dass
Frauenförderung bei der Stellenbesetzung keinerlei Rolle spielt. Damit
werden nicht nur ge-
setzliche Bestimmungen umgangen, sondern auch
intern Frauenförderung und die Erreichung
eines ausgewogenen
Geschlechterverhältnisses offenbar nicht als Ziele angestrebt.
5.
Weshalb finden sich keine entsprechenden Hinweise auf zumindest die
verpflichtenden
Frauenfördermaßnahmen im „Rekrutierungs-Handbuch"?
6.
Werden die gesetzlichen Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes bei
Stellenbesetzungen in der Parlamentsdirektion eingehalten? Wie überzeugen
Sie sich
davon?
Im „kurz & klar - die
aktuelle Information der Parlamentsdirektion", Nr. 1/2002, findet sich die
Information, dass das oben genannte
Rekrutierungshandbuch der Parlamentsdirektion „in Zu-
sammenarbeit mit Personalberatern"
erstellt wurde.
7. Welche Personalberatungsunternehmen waren damit betraut?
8.
Wie viele Personalberaterinnen haben konkret am Handbuch mitgearbeitet und wie
sah
die Geschlechterbeteiligung hier aus?
9.
Wie viel Geld erhielten die Personalberatungsunternehmen für ihre Arbeit
im
Zusammenhang mit der Erstellung des Handbuchs?
10.
Wurde mit den Personalberaterinnen das Thema der verpflichtenden
Frauenförderung
nach Bundes-Gleichbehandlungsgesetz bei Stellenbesetzungen nach
öffentlichem Dienst-
recht bei der Parlamentsdirektion besprochen
bzw. dieses Thema bei der Erarbeitung
des Handbuchs mit behandelt?
Wenn nein: weshalb nicht?
Wenn ja: Wieso findet diese
Auseinandersetzung keinen Niederschlag im Handbuch?
In der gleichen Ausgabe von
„kurz und klar" findet sich folgender Text: „Davon
träumen
manche Dienstgeber: Junger, leistungsfähiger Mitarbeiter (sorry, liebe
Damen: der Bankomat
ist maskulin), rund um die Uhr im Dienst, kein Urlaub, keine Krankenstände
(?), kein Über-
stundenpauschale... Seit kurzem bringt ein
Bankomat in der Zentralgarderobe des Parlaments-
gebäudes Euro-Scheine unter die
Leut."
11.
Meinen Sie nicht, dass ein - noch dazu „kurz und klar" tituliertes -
Informationsblatt der
Parlamentsdirektion sachliche Mitteilungen
enthalten sollte anstatt pseudowitziger, arbeit-
nehmerlnnenfeindlicher und sexistischer Texte wie der zitierte einer ist?
Ich darf zu dieser Anfrage wie folgt Stellung nehmen:
Abgesehen davon, dass der
Präsident des Nationalrates natürlich für alle amtlichen Doku-
mente, aber nicht für alle „Unterlagen des Hauses" inhaltlich
verantwortlich ist, darf ich
darauf hinweisen, dass nicht nur in der Parlamentsdirektion die Übung
besteht, bei der For-
mulierung von Texten die männliche Form unter Beifügung einer
Zusatzbemerkung, die
weibliche Formen mitumfasst, zu verwenden. Ich verweise in diesem Zusammenhang
etwa
auf das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates, das Ausdrücke wie
„Obmann" enthält
und in § 12 auf geschlechtsspezifische Funktionsbezeichnungen Bezug nimmt.
Personalpolitisch relevante neuere Dokumente der Parlamentsdirektion, wie
Bildungs-
programm und Rekrutierungshandbuch, sind in geschlechtergerechter Sprache
abgefasst.
Auch bei Ausschreibungen wird regelmäßig durch den Hinweis, dass
sich die Ausschreibung
im Sinne des Bundes-Gleichbehandlungsgesetztes besonders an weibliche
Bewerberinnen
richtet, der verpflichtenden und von mir ausdrücklich unterstützten
Frauenförderung Rech-
nung getragen.
Zu den Fragen 1 und 2;
Auch in der Parlamentsdirektion
sind vor allem Texte, deren Verfassung schon längere Zeit
zurückliegt, nicht geschlechtergerecht formuliert. Eine sprachliche
Überarbeitung findet
laufend statt, allerdings aus Gründen der Sparsamkeit primär bei
Neuherausgaben.
Die sich allmählich
vollziehende Bewusstseinsänderung im Sprachgebrauch bei personen-
bezogenen Bezeichnungen wird in der Parlamentsdirektion sowohl durch einen
(formal ein-
gesetzten) Qualitätszirkel, in dem auch das Thema Gender Mainstreaming
behandelt wird,
als auch durch die (informelle) Frauen-Plattform unterstützt. Einen
Zeitpunkt anzugeben, bis
zu dem sämtliche Unterlagen des Hauses geschlechtergerecht (um-)formuliert
sind, ist aus
heutiger Sicht nicht exakt möglich.
Zu Frage 3:
Das Bildungsprogramm der
Parlamentsdirektion - das im übrigen durchwegs geschlechter-
gerecht formuliert ist - basiert auf der durchgeführten Evaluierung des
Bildungsprogramms
2001 und der Ausbildungsbedürfnisse für das Jahr 2002 in der
Parlamentsdirektion. Es bietet
interne Veranstaltungen zu Themen an, bei denen ein vordringlicher Bedarf
festgestellt
wurde. Schwerpunkte des heurigen Programms sind Kommunikation,
Persönlichkeitsent-
wicklung durch Self-Assessment, E-Recht sowie hierarchieübergreifende
Veranstaltungen.
Ein internes Bildungsprogramm kann aus Kapazitätsgründen nicht alle
Bereiche nötiger oder
wünschenswerter Bildungsmaßnahmen abdecken, es besteht aber, wie im
Bildungspro-
gramm auch ausgeführt, darüber hinaus die Möglichkeit,
individuellen Bedürfnissen, wie sie
sich beispielsweise aus den Mitarbeiterinnengesprächen ergeben, Rechnung
zu tragen.
Zu Frage 4:
Die
Gleichbehandlungsbeauftragten nach Bundes-Gleichbehandlungsgesetz haben - wie
alle Mitarbeiterinnen der Parlamentsdirektion - im Rahmen des oben
Erwähnten Anspruch
auf und Möglichkeit zur speziellen Weiterbildung und nehmen diese sowohl
für fachspezi-
fische Fragen als auch für allgemeine Bildungsmaßnahmen in Anspruch.
Zu Frage 5:
Definitionsgemäß
behandelt das Rekrutierungs-Handbuch der Parlamentsdirektion die in der
Parlamentsdirektion zu befolgenden Regeln vor und bis zur Aufnahme in den
öffentlichen
Dienst. Selbstverständlich werden daneben auch sämtliche gesetzlichen
Bestimmungen ein-
gehalten, auch wenn sie im Handbuch nicht ausdrücklich erwähnt sind.
Zu Frage 6:
Ja.
Im Zeitraum 1. Jänner 2000 bis 1. Juli
2002 wurden 33 Bedienstete aufgenommen, davon 23
Frauen, wobei im gleichen Zeitraum mehr Männer als Frauen aus dem Dienst
schieden.
Auch alle Abgeordneten des Hauses können sich übrigens von der
Einhaltung der gesetz-
lichen Bestimmungen bei Ausschreibungen überzeugen, da diese im Intranet
der Parl-
amentsdirektion veröffentlicht werden.
Zu Frage 7:
Zur Beratung bei der Erstellung des
Rekrutierungs-Handbuches wurde die Firma
„CSConsulting Personalmanagement & Training" herangezogen.
Zu Frage 8:
Da eine Personalberaterin am
Handbuch mitgearbeitet hat, war die Geschlechterbeteiligung
zu 100% weiblich.
Zu Frage 9:
Das Personalberatungsunternehmen,
das aus einer Interessentensuche als Bestbieter her-
vorgegangen war, verrechnete drei Tagsätze und Spesen.
Zu Frage 10:
Gerade der für Personal- und
Organisationsentwicklung zuständigen Abteilung der Parla-
mentsdirektion ist Frauenförderung ein besonderes Anliegen und wird nicht
nur anlässlich
der Erarbeitung eines Handbuches diskutiert. Im übrigen verweise ich auf
die Beantwortung
der Fragen 5 und 6.
Zu Frage 11:
Selbstverständlich bin
ich der Ansicht, dass in allen Medien der Parlamentsdirektion arbeit-
nehmerlnnenfeindliche und sexistische Texte keinen Platz haben dürfen. Aus
dem in der
Anfrage zitierten Text lässt sich meiner Meinung eine derartige Tendenz
aber nicht ableiten.
Dass in einem internen Informationsmedium eine andere Sprache verwendet wird
als im
Bundesgesetzblatt, halte ich nicht für schädlich. Auch möchte
ich in Fragen des Geschmacks
oder des Humors in einer von Parlamentsmitarbeiter/innen für
Parlamentsmitarbeiter/innen
verfassten Publikation nicht wertend oder gar zensurierend eingreifen, solange
die eingangs
erwähnten Regeln eingehalten werden.