Vorblatt

Problem:

Der EGKS-Vertrag tritt mit Ablauf des 23. Juli 2002 außer Kraft. Im Protokoll zum Vertrag von Nizza ist vorgesehen, dass das gesamte Vermögen und alle Verbindlichkeiten der EGKS am 24. Juli 2002 auf die Europäische Gemeinschaft übergehen. Auf Grund von Ratifizierungsverzögerungen in anderen Mitgliedstaaten ist absehbar, dass der Vertrag von Nizza nicht rechtzeitig in Kraft treten wird, was einen „rechtsfreien Raum“ für die Verwaltung der EGKS-Mittel ab 24. Juli 2002 zur Folge hätte.

Problemlösung:

Durch die Ratifikation eines Beschlusses der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten wird eine vorläufige Verwaltung der EGKS-Mittel ab dem 24. Juli 2002 durch die Europäische Kommission im Namen der Mitgliedstaaten bis zum In-Kraft-Treten des Vertrags von Nizza vorgesehen.

Alternative:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Auswirkung auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Erträge aus dem Vermögen des „Forschungsfonds für Kohle und Stahl“ kommen der österreichischen Kohle- und Stahlindustrie in den Bereichen Forschung und technologischer Entwicklung zugute.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Maßnahmen regeln die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrags.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Sonderkundmachung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Es handelt sich bei diesem Beschluss um einen so genannten „uneigentlichen Ratsbeschluss“, der nicht vom Gemeinschaftsorgan „Rat“, sondern von den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten gefasst wurde. Solche Beschlüsse kommen nicht nach den Rechtsetzungsnormen des Gemeinschaftsrechts, sondern nach dem allgemeinen Völkerrecht zustande. Der vorgeschlagene Beschluss ist daher als völkerrechtliche Vereinbarung zu qualifizieren, die innerstaatlich einer parlamentarischen Genehmigung gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG bedarf, da sie gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt hat. Mit dem Beschluss wird der Kommission die Befugnis übertragen, bindende Beschlüsse zu fassen. Auf Grund der Ermächtigung des Art. 9 Abs. 2 B-VG ist diese Übertragung von Hoheitsrechten des Bundes nicht als verfassungsändernd oder verfassungsergänzend zu qualifizieren. Der Beschluss berührt nicht den selbständigen Wirkungsbereich der Länder, weswegen es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz bedarf. Er ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, so dass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Der Beschluss sowie die Erklärungen der im Rat vereinigten Regierungen der Mitgliedstaaten in der dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Fassung werden gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundgemacht, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Im Protokoll zum Vertrag von Nizza über die finanziellen Folgen des Auslaufens des EGKS-Vertrags und über die Einrichtung und Verwaltung des Forschungsfonds für Kohle und Stahl haben die Vertragsparteien beschlossen, dass das gesamte Vermögen und alle Verbindlichkeiten der EGKS nach dem Stand vom 23. Juli 2002 am 24. Juli 2002 auf die Europäische Gemeinschaft übergehen. Der Nettowert dieses Vermögens soll für die Forschung in den Sektoren eingesetzt werden, die die Kohle- und Stahlindustrie betreffen. Die Erträge aus diesem Vermögen werden ausschließlich für die Forschung in den genannten Sektoren verwendet.

Auf Grund von Ratifizierungsverzögerungen in anderen Mitgliedstaaten ist absehbar, dass der Vertrag von Nizza nicht rechtzeitig in Kraft treten wird, was einen „rechtsfreien Raum“ für die Verwaltung der EGKS-Mittel in der Zeit zwischen dem 24. Juli 2002 und dem Datum des In-Kraft-Tretens des Vertrags von Nizza zur Folge hätte.

Deshalb wurde von den Vertretern der Mitgliedstaaten der „Beschluss über die finanziellen Folgen des Ablaufs der Geltungsdauer des EGKS-Vertrags und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl“ angenommen. Der Beschluss sieht eine vorläufige Verwaltung der EGKS-Mittel ab dem 24. Juli 2002 durch die Europäischen Kommission im Namen der Mitgliedstaaten bis zum In-Kraft-Treten des Vertrags von Nizza vor. Der Beschluss übernimmt weitgehend den Text des dem Vertrag von Nizza beigefügten Protokolls über den Ablauf des EGKS-Vertrags, in dem der Übergang des gesamten EGKS-Vermögens auf die EG ab dem 24. Juli 2002 vorgesehen wurde.

Im Gegensatz zum Protokoll von Nizza, das nur die Rechtsgrundlage für Durchführungsbestimmungen schafft, enthält der vorliegende Beschluss in den Anhängen I bis III, dem sogenannte „Ternell-Paket“, die zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen Bestimmungen, einschließlich der wesentlichen Grundsätze und Beschlussfassungsverfahren, mehrjährige Finanzleitlinien für die Verwaltung des Vermögens des Forschungsfonds für Kohle und Stahl sowie technische Leitlinien für das Forschungsprogramm des Fonds.

Besonderer Teil

Zu den Erwägungsgründen:

Die Erwägungsgründe legen dar, dass die Mitgliedstaaten übereingekommen sind, die EGKS-Mittel an die EG zu übertragen und einen gemeinsamen Forschungsfonds zu schaffen, der den mit der Kohle- und Stahlindustrie im Zusammenhang stehenden Sektoren zugute kommt. Die Kommission soll auf Grund besonderer Regelungen mit der Verwaltung dieser Mittel betraut werden. Eine Verringerung der Mittel während dieser vorübergehenden Verwaltung kann keinerlei zusätzliche Verbindlichkeiten für die Mitgliedstaaten zur Folge haben.

Zu Artikel 1:

Art. 1 normiert, dass das gesamte Vermögen und alle Verbindlichkeiten der EGKS zum Stand 23. Juli 2002 am 24. Juli 2002 im Namen der Mitgliedstaaten von der Europäischen Kommission verwaltet werden. Der Nettowert des Vermögens und der Verbindlichkeiten gilt – vorbehaltlich etwaiger Erhöhungen oder Minderungen infolge der Abwicklungsvorgänge – als Vermögen für Forschung in Sektoren, welche die Kohle- und Stahlindustrie betreffen und erhält die Bezeichnung „EGKS in Abwicklung“. Nach Abschluss der Abwicklung erhält das Vermögen die Bezeichnung „Vermögen des Forschungsfonds für Kohle und Stahl“.

Die Erträge aus diesem Vermögen werden entsprechend den auf der Grundlage dieses Beschlusses samt Anhängen ausschließlich für außerhalb des Forschungsrahmenprogramms durchgeführte Forschungsarbeiten in Sektoren, die mit der Kohle- und Stahlindustrie zusammenhängen, verwendet werden.

Zu Artikel 2:

Art. 2 verweist auf die Anhänge I bis III des Beschlusses, die die zur Durchführung des Beschlusses erforderlichen Maßnahmen und die Festlegung der Verfahren für die Ermittlung der Netto-Einnahmen-Beträge, die dem Forschungsfonds für Kohle und Stahl zugeführt werden sollen, die mehrjährigen Finanzleitlinien für die Verwaltung des Vermögens des Forschungsfonds sowie die technische Leitlinien für das Forschungsprogramm enthalten.

Zu Artikel 3:

Art. 3 bestimmt, dass – soweit in diesem Beschluss nichts anderes vorgesehen ist – für die von der Kommission durchgeführten Tätigkeiten der EGV Anwendung findet.

Zu Artikel 4:

Gemäß Art. 4 tritt dieser Beschluss zu dem Zeitpunkt außer Kraft, zu dem die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der EGKS auf die Europäische Gemeinschaft übertragen worden sind.

Zu Anhang I:

Anhang I enthält die zur Durchführung des Beschlusses erforderlichen Maßnahmen und die Festlegung der Verfahren für die Ermittlung der Netto-Einnahmen-Beträge, die dem Forschungsfonds für Kohle und Stahl zugeführt werden sollen.

Zu Anhang II:

Anhang II enthält die mehrjährigen Finanzleitlinien für die Verwaltung des Vermögens der EGKS in Abwicklung und – nach Abschluss der Abwicklung – des Vermögens des Forschungsfonds für Kohle und Stahl.

Zu Anhang III:

Anhang III enthält die mehrjährigen technischen Leitlinien für das Forschungsprogramm des Forschungsfonds für Kohle und Stahl.

Zu Anlage A:

Anhang A definiert die Begriffe „Kohle“ und „Stahl“ für das Forschungsprogramm für Kohle und Stahl.

Zu Anlage B:

Anhang B legt die wissenschaftlich-technische und sozioökonomische Prioritäten des Forschungsprogramms für Kohle und Stahl für den Bereich Kohle fest.

Zu Anlage C:

Anhang C legt die wissenschaftlich-technische und sozioökonomische Prioritäten des Forschungsprogramms für Kohle und Stahl für den Bereich Stahl fest.


Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass der Beschluss sowie die Erklärungen der im Rat vereinigten Regierung der Mitgliedstaaten dadurch kundgemacht werden, dass sie in der dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Fassung zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen.

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.