Anlage

Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Dr. Dieter Antoni, Kolleginnen und Kollegen

Vorwort:

Die Politik der FP-/VP-Regierung widerspricht dem Grundsatz der Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Bildung soll wieder nur mehr für einige wenige Privilegierte möglich sein. Statt in die Bildung zu investieren, hat die FP-/VP-Regierung das Geld für die Bildung gekürzt. Der Selektionsdruck wird verschärft. Damit wird eine qualifizierte Ausbildung für alle enorm erschwert. Die Chancengleichheit bleibt auf der Strecke.

Bildung spielt in der globalisierten Wissensgesellschaft eine zentrale Rolle. Die Zukunft des Einzelnen sowie die gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Entwicklung hängen entscheidend davon ab, ob es gelingt, das Wissen für alle zu erschließen und zu vermitteln, das morgen gebraucht wird. Voraussetzung ist der freie Zugang für alle, unabhängig von ihrer regionalen, sozialen oder ökonomischen Lage, denn Bildung und Ausbildung ist ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich. Der internationale Wettbewerb wird mit immer mehr wissensintensiven Produkten und Dienstleistungen ausgetragen. In der Wissensgesellschaft entscheidet die Qualifikation der gesamten Bevölkerung darüber, ob ein Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb bestehen kann. Die Grundausbildung, die Berufsausbildung und die permanente berufsbegleitende Bildung sind damit Investitionen in die Zukunft unseres Landes und seiner Menschen.

Ausbildungsplätze für qualifizierte IT-Experten fehlen

Sowohl internationale als auch nationale Studien zeigen einen Mangel an qualifizierten ArbeitnehmerInnen mit IT-Kenntnissen. Die FP-/VP-Regierung ignoriert diese Erfordernisse. Die berufsbildenden höheren Schulen, insbesondere die in zukunftsweisenden Berufen ausbilden, platzen aus allen Nähten. Viele SchülerInnen müssen alljährlich abgewiesen werden, sie können ihre Wunschschulen, die ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechen würden, nicht besuchen. Vielfach weichen sie in andere Schulen aus und scheitern. Sie wechseln auf den Lehrstellenmarkt, der ohnehin angespannt ist, und müssen eine Lehrstelle suchen.

Hohe Drop out- und Repetentenquoten belasten das Budget und führen außerdem dazu, dass die Familien, besonders jene mit niedrigem Einkommen, hart getroffen werden und hohe Kosten für Nachhilfestunden tragen müssen (insgesamt bereits 150 Millionen Euro oder 2 Milliarden Schilling jährlich).

Angebote im Unterricht müssen gekürzt werden

Da es durch die Politik der FP-/VP-Regierung immer weniger LehrerInnen in allen Schultypen gibt, kann das vielfältige Angebot im Unterricht nicht aufrechterhalten werden. Es gibt zB weniger Informatik, Sport und Musikunterricht. Die dringend notwendige Ausbildung in Fremdensprachen wird enorm erschwert. Die Integration von ausländischen und behinderten Kindern wird immer schwieriger. Ein moderner, zeitgemäßer Unterricht mit Projekten, fächerübergreifend und im „team teaching“ ist vielfach nicht möglich. Auch die Nachmittagsbetreuung für junge SchülerInnen in den Schulen ist keinesfalls ausreichend. Das trifft vor allem die berufstätigen Eltern und die Alleinerziehenden. Kleinschulen in ländlichen Regionen sind von der Schließung bedroht. Lange Anfahrtszeiten für Kinder in die nächstgelegene Schule sind die Konsequenz.

Zu hohe Klassenschülerzahlen

In vielen Schultypen, vor allem in den berufsbildenden höheren Schulen, ist die Anzahl von SchülerInnen in einer Klasse zu hoch. Das ist für die SchülerInnen und LehrerInnen unzumutbar. Auf die einzelnen Begabungen und Schwächen der SchülerInnen kann nicht ausreichend eingegangen werden. Die Konsequenz sind hohe Drop out- und Repetentenquoten.

Disziplinierung von SchülerInnen

Die Regierung versucht – anstatt ausreichende Mittel für die Schulen zur Verfügung zu stellen – mit autoritären Maßnahmen den Entwicklungen zu begegnen. Mit den umstrittenen so genannten „Verhaltensvereinbarungen“ werden die SchülerInnen diszipliniert.

Keine Investitionen in lebens- und berufsbegleitendes Lernen

Das lebens- und berufsbegleitende Lernen ist für die FP-/VP-Regierung kein Thema. Das Geld für die Förderung der Erwachsenenbildung wurde gekürzt, obwohl alle Studien und die internationale Entwicklung zeigen, dass es notwendig ist, in die Erwachsenenbildung zu investieren. Die OECD schlägt zB vor, dass Österreich zusätzlich 15 Millarden Schilling bräuchte, um zu den führenden Industrienationen aufschließen zu können.

Die restriktive Bildungspolitik der gegenwärtigen Bundesregierung bedroht auch die Chancen der Studierenden, die Weiterentwicklung von Wissenschaft und Forschung und damit auch die Innovationskraft. So stellt etwa die überfallsartige Einführung von Studiengebühren offensichtlich den ersten Schritt zur Einschränkung bzw. Abschaffung des offenen Universitätszuganges in Österreich dar.

Durch die Einführung von Studiengebühren ging die Zahl der Studierenden in Österreich um 20 Prozent zurück. Die Zahl der Erstinskribienten sank um 14 Prozent.

Weitere Hürden sind im Zuge der von der Bundesregierung geplanten „Vollrechtsfähigkeit“ der Universitäten zu erwarten. Die Vorstellungen des Bildungsressorts betreffend die Organisationsreform der Universitäten bedeuten auch das Ende der demokratischen Mitbestimmung aller Universitätsangehöriger.

Dazu kommt die Tendenz, Fragen der Universitätsreform ausschließlich aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu sehen. Offensichtlich soll ein möglichst hoher „Output“ an akademisch gebildeten Arbeitskräften für die Wirtschaft in möglichst kurzer Zeit und zu möglichst geringen Kosten produziert werden. Dieser Ansatz ist völlig unzureichend und geht an der gesellschaftlichen Bedeutung von Bildung vorbei. Universitäten haben in Lehre und Forschung eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und können daher nicht wie gewinnorientierte Unternehmen organisiert und geführt werden.

Ja zu einer sinnvollen Universitätsreform

Es ist unbestreitbar, dass Probleme im universitären Bereich existieren, die weiterer Reformschritte bedürfen. Dazu zählen unter anderem die überdurchschnittlich langen Studienzeiten in Österreich, das Fehlen von ausreichenden Studienangeboten für Berufstätige, die fehlende Abstimmung des Lehrangebots, der oft fehlende Arbeitsmarktbezug bei den Studienplänen, Evaluierungsverfahren ohne Konsequenzen, unzureichende Investitionsmittel, unzureichende Mittel für den Ausbau der Fachhochschulen usw. Außerdem fehlen moderne Instrumente der Personalentwicklung. Über weitere Schritte der Universitätsreform kann aber nur dann sinnvoll diskutiert werden, wenn ein konkreter Bezug zwischen den vorgeschlagenen Reformen und den dadurch zu lösenden Problemen hergestellt wird.

Die Position der SPÖ zu den einzelnen Forderungen des Bildungs-Volksbegehrens:

1.     Gegen Studiengebühren und für den unentgeltlichen Zugang zu Bildung und Schule!

Die Studiengebühren haben insgesamt zu einer Reduktion der StudentInnen um 19,7% im WS 2001/02 geführt.

Wintersemester

StudentInnen

Reduktion

2000/01

242 598

 

2001/02

194 776

–19,7%

Quelle:    Studierenden-Statistik/Gesamtevidenz der Studierenden

Ordentliche und außerordentliche Studierende (Universität der Wissenschaft und Universität der Künste)

Besonders bedenklich ist der Rückgang bei der Zahl der Ansuchenden um Erstzulassung, die bisher von Jahr zu Jahr zunahmen: –13,8% im WS 2001/02. Diese Zahl beweist ganz klar, dass es sich bei den Studierenden, die auf Grund der Studiengebühren zu einem Studienabbruch gezwungen wurden, nicht um „reine Karteileichen“ handelt.

Wintersemester

Erstzulassungen

Reduktion

2000/01

26 813

 

2001/02

23 112

–13,8%

Quelle:    Studierenden-Statistik/Gesamtevidenz der Studierenden

Ordentliche und außerordentliche Studierende (Universität der Wissenschaft und Universität der. Künste)

Auswirkung der Studiengebühren auf einzelne Gruppen

Durch die Einführung der Studiengebühren hat sich jedoch nur ein Trend verstärkt, der schon vorhanden war, denn Bildung als soziales Gut stand schon zuvor nicht allen in gleicher Weise zur Verfügung. Auf einzelne Gruppen von Studierenden hatte die Einführung von Studiengebühren besonders schwerwiegende Auswirkungen.

Nach wie vor sind Kinder aus bildungsferneren Schichten an Universitäten schwächer vertreten; nur 12,1%/10,8% der Kinder, deren Mütter/Väter eine Schule ohne Matura abgeschlossen haben, studieren, wohingegen 36,7%/37,3% der Kinder von Müttern/Vätern mit Matura oder Hochschulabschluss, selbst ein Studium aufnehmen. Ausländische Studierende hatten schon bis jetzt das Problem für das Visum mindestens 5 087 € auf ihrem Konto vorweisen zu müssen, sich diesen Betrag sowie die Kosten ihres Studiums jedoch nicht durch Erwerbstätigkeit finanzieren zu können. Weitere betroffene Gruppen sind Studierende (meist Frauen) mit Kind(ern), bei denen schon in der Vergangenheit die Geburt eines Kindes oft der Zeitpunkt des Studienabbruchs war. Den Auswirkungen der Studiengebühren für erwerbstätige Studierende ist ein eigener Absatz gewidmet. Was empirisch noch nicht nachgewiesen werden kann, ist die Auswirkung der Studiengebühren auf SeniorInnenstudierende. Aus dem Bild, das sich an österreichischen Universitäten zeigt, ist ein Studium als zweiten Bildungsweg allerdings zur Seltenheit geworden.

Alarmierend zeigt sich der Rückgang der weiblichen StudienanfängerInnen (Erstzulassung). Im WS 2001/02 beträgt der Rückstand bereits –16,4% (insgesamt –13,8%). Einer der größten Erfolge des freien Hochschulzugangs war die massive Erhöhung des Frauenanteils unter den Studierenden. Die Statistik Österreich (ÖSTAT) belegt, dass ein wesentlicher Zusammenhang zwischen der Erhöhung des Frauenanteils und der Abschaffung der Studiengebühren im Wintersemester 1972/73 besteht. Studien zufolge lassen vor allem Eltern aus einkommensschwachen und bildungsfernen Schichten – wenn überhaupt – eher Söhne studieren.

Studiengebühren regulieren nicht nur den Hochschulzugang, sondern beeinflussen auch die Studierenden in ihrer Studienwahl und in ihrem Lernverhalten. Die Studienwahl orientiert sich verstärkt an der wirtschaftlichen Verwertbarkeit, individuelle Interessen und Talente rücken in den Hintergrund.

Erwerbstätigkeit von Studierenden

Das Studienförderungssystem ist auf Grund zahlreicher Lücken für viele Studierende als Finanzierungsquelle ausgefallen. Sich den Lebensunterhalt – auch während der Vorlesungszeit – zu wesentlichen Teilen durch Erwerbstätigkeit aufzubessern, ist für 82% der österreichischen Studierenden die Realität.

Keine Erwerbstätigkeit

1990/1991

34%

(Vollzeitstudium)

1999/2000

17%

Gelegentliche Erwerbstätigkeit

1990/1991

40%

 

1999/2000

48%

Regelmäßige Erwerbstätigkeit

1990/1991

26%

 

1999/2000

34%

Quelle: Statistik Austria

Die gesteigerten finanziellen Belastungen, die durch die Einführung der Studiengebühren hinzugekommen sind und Studierende zusätzlich zur Aufnahme bzw. Ausweitung der Erwerbstätigkeit gezwungen haben, sind in dieser Zahl nicht einmal inkludiert.

Studiendauer gegen unendlich. Der Nutzen der Erwerbstätigkeit beginnt sich, abgesehen von der Art der Beschäftigung, jedoch zu verlaufen, wenn auf Grund der Doppelbelastung die Studiendauer überproportional steigt. Während Vollzeitstudierende im Durchschnitt 35,3 Stunden pro Woche für ihr Studium aufwenden, sind es bei Teilzeit-Erwerbstätigen nur 26 Stunden, bei Vollerwerbstätigen überhaupt nur mehr 13,6 Stunden. Der Gesamtaufwand für Studium und Beruf beträgt bei vollerwerbstätigen Studierenden 53 Stunden pro Woche. Ins Unfassbare steigert sich diese Zahl noch, kommen Kinderbetreuungspflichten hinzu.

Nur 3% der österreichischen Studierenden schließen ihr Studium in Mindeststudienzeit ab, was einerseits am Status quo an den österreichischen Universitäten, andererseits an einem unzulänglichen, da lückenhaften, Studienförderungssystem liegt.

SPÖ-Forderungen:

      Abschaffung der Studiengebühren

      Gebührenfreier Zugang zu allen Bildungseinrichtungen (Schulen, Universitäten)

      Gebührenfreies Nachholen von Bildungsabschlüssen (Hauptschulabschluss, Berufsreifeprüfung)

2.     Für ein sozial gerechtes Schüler- und Studienbeihilfensystem!

Der Bezug von Schülerbeihilfen ist derzeit erst für SchülerInnen ab der 10. Schulstufe vorgesehen.

SPÖ-Forderung: Schülerbeihilfe ab der 9. Schulstufe

Die Entscheidung der Eltern und der SchülerInnen über die weitere Schul- bzw. Berufslaufbahn erfolgt am Ende der 8. Schulstufe. So ist der Besuch einer berufsbildenden höheren Schule von Kindern aus einkommensschwachen Familien auch eine finanzielle Frage. Gerade die Kosten für Anschaffungen in der ersten Klasse einer berufsbildenden Schule sind beträchtlich. Die Auszahlung der Schulbeihilfe erst nach Abschluss der Pflichtschulzeit führt laufend zu sozialen Härtefällen.

Weiterhin ist ein bestimmter Notendurchschnitt Voraussetzung zur Gewährung einer Schüler- und Heimbeihilfe.

SPÖ-Forderung: Das Kriterium des Notendurchschnitts für die Schülerbeihilfen ist zu streichen.

Die Schülerbeihilfe wird derzeit bei einem Notendurchschnitt unter 2,9, die Heimbeihilfe unter 3,1 vergeben. Die Schüler- und Heimbeihilfen stellen einen Beitrag des sozialen Ausgleichs für einkommensschwächere Familien dar. Das Kriterium des Notendurchschnitts ist daher für diese Transferleistung ungeeignet. Hinzu kommt, dass gerade im stark differenzierten Oberstufenbereich ein Notenvergleich (zB Modeschule, HTL) einer objektiven Grundlage entbehrt. Vielmehr sollte eine Beihilfe zuerkannt werden, wenn die Schulstufe positiv abgeschlossen wird. Für besonders gute SchülerInnen aus einkommensschwachen Familien ist ohnehin ein Erhöhungsbeitrag vorgesehen.

Im Regierungsprogramm ist eine „Verbesserung der Schüler- und Lehrlingsfreifahrt, Schülerfreifahrt für Internatsschüler“ vorgesehen, aber bis jetzt wurden keine diesbezüglichen Schritte gesetzt.

SPÖ-Forderung: Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe für InternatsschülerInnen

Studienbeihilfen

Die einzige Information, die bezüglich der Studienbeihilfe seit vier Monaten mit der Werbetrommel des Bildungsministeriums durch alle Medien verteilt wurde, ist die um 35% gesteigerte Anzahl der Anträge.

Jahr

Anzahl der Anträge

Zuwachs

2001

33 000

 

2002 (Stand 16. 1.)

46 728

+35%

Da es gleichzeitig auf Grund der Einführung von Studiengebühren zu einer immensen Reduktion der Studierendenzahlen gekommen ist, ergibt sich ein noch verschärfteres Bild. Der Vorwurf des Ministeriums, die ÖH informiere nicht über die Bezugsmöglichkeiten zum Studienzuschuss bzw. zur Studienbeihilfe, hat sich somit als vollkommen haltlos erwiesen.

Nun stellt sich aber die Frage, ob all die Studierenden, die im vergangenen Semester erstmalig einen Antrag auf Studienbeihilfe gestellt hatten, schließlich auch Studienbeihilfe und Studienzuschuss zugesprochen bekommen haben. Wie sich gezeigt hat, haben 47 000 Studierende um Beihilfen angesucht; das sind rund 25% derjenigen, die sich das Studium noch leisten bzw. es vorfinanzieren konnten.

Als Analyse des Status quo kann festgehalten werden, dass mit vergangenem Semester Studiengebühren in der Höhe von 363,36 € bzw. 726,72 € erstmals eingehoben wurden. Abgesehen davon, dass noch immer unklar ist, wie viele Studierende für das Wintersemester Studienbeihilfe und Studienzuschuss bezogen haben bzw. beziehen werden, ist es generell nicht gelungen, ein Studienförderungssystem aufzubauen, das den Kriterien sozialer Gerechtigkeit entspricht. Für Studierende ergeben sich aus dieser Situation drei Möglichkeiten: Erstens ein Abbruch des Studiums (die Zahlen der Rückgänge der Studierenden sprechen für sich, besonders alarmierend die Zahl bei den StudienanfängerInnen), zweitens die Aufnahme bzw. Ausweitung der Erwerbstätigkeit (82% der österreichischen Studierenden gehen neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nach). Dritte Möglichkeit ist, dass einzelne Organisationen (zB der ÖH-Sozialfonds) das staatliche mangelhafte Studienförderungssystem ausgleichen.

Sozialverträglichkeitsprüfung. Die Aufgabe der Staates – nicht einzelner Organisationen – ist es jedoch, ein lückenloses Studienförderungssystem nach Prinzipien sozialer Gerechtigkeit aufzubauen. Die Einführung von Studiengebühren – als Mechanismus sozialer Selektion – widerspricht diesen Prinzipien. Um soziale Gerechtigkeit für Studierende und einen sozial gerechten Zugang zu universitärer Bildung zu gewährleisten, fordern wir die Rücknahme der Studiengebühren und einen Ausbau des staatlichen Studienförderungssystems. In einem ersten Schritt empfiehlt sich, eine Sozialverträglichkeitsprüfung für das Hochschultaxengesetz und für das Studienförderungsgesetz durchzuführen.

3.     Für ein leistungsorientiertes universitäres Dienstrecht, das durchgehende Laufbahn ermöglicht!

Für die betroffenen Beschäftigten unterscheidet sich die Ausgliederung der Universitäten in ihren dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Wirkungen in keiner Weise von den übrigen Ausgliederungen aus dem öffentlichen bzw. staatlichen Bereich. Dabei werden die Beamten an die verselbständigte Einrichtung verliehen bzw. dienstgestellt, die Vertragsbediensteten erhalten ex lege einen neuen Arbeitgeber, der nicht mehr die Gebietskörperschaft Bund ist, und neue Beschäftigungsverhältnisse werden nur mehr auf der Basis des allgemeinen Arbeitsvertragsrechts und eventuell bestehender Kollektivverträge abgeschlossen.

Es kommt zu Beschäftigungen auf drei verschiedenen Rechtsgrundlagen, was seitens der jeweiligen Administration dazu führt, durch mehr oder minder starkem Druck auf die ArbeitnehmerInnen, diese zu einem Verzicht auf ihre Rechtsposition zu bewegen, um in der ausgegliederten Einrichtung eine Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen für die Beschäftigung auf gleichem Niveau zu erreichen, was meist als Nivellierung nach unten in Erscheinung tritt. Gleichzeitig bedeuten diese Ausgliederungen in der Realität des Arbeitslebens – völlig unabhängig vom jeweils erklärten Motiv – eine Reduzierung des Personalstandes und mittelfristig oft auch eine Einschränkung des Leistungsangebotes der ausgegliederten Einrichtung.

So wurde als erster Schritt bereits im Vorjahr das Dienstrecht des wissenschaftlichen Personals einer einschneidenden Korrektur unterzogen und es ist zu befürchten, dass im Zusammenhang mit der endgültigen Lösung der Verselbständigung der Universitäten weitere gravierende Eingriffe im Dienstrecht erfolgen. Als besonders augenscheinliche Beispiele aus dem letzten Jahr seien etwa die neugestalteten so genannten „Dissertanten-Ausbildungsverhältnisse“ angesprochen. Trotz ihrer irreführenden Bezeichnung erfüllen sie alle Kriterien eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. In privaten Forschungseinrichtungen sind solche „Stipendienplätze“ als Arbeitsverhältnisse zu behandeln, im staatlichen Bereich wird ihnen aber ihre wahre Rechtsnatur abgesprochen. Für die Betroffenen bedeutet das den Ausschluss jeden arbeitsrechtlichen Schutzes. Ein weiteres Beispiel ist die festzustellende Renaissance der verpönten „Kettenarbeitsverträge“ beim wissenschaftlichen Mittelbau. Die dadurch zustande kommende Fortschreibung der jahrelangen Unsicherheit bis zu einer möglichen Berufung ist der wissenschaftlichen Forschung auch nicht besonders zuträglich.

Der Umstand, dass „verliehene“ Beamte als „Leiharbeitnehmer“ tätig werden sollen, hat zur Konsequenz, dass sie künftig de facto nirgends so richtig hingehören. Auf der einen Seite werden sie im Personalstand einer Dienststelle geführt, bei der sie nicht arbeiten, andererseits sind sie aber durch ihre dienstrechtliche Zugehörigkeit zum Bund auch nicht im Beschäftigungsbetrieb „Universität“ voll integriert. Nach der alten Weisheit „Aus den Augen, aus dem Sinn“, bedeutet diese Zerrissenheit vor allem Laufbahnprobleme – man übersieht sie bei Vorrückungen – und einen immensen Druck in Richtung Aufgabe des bisherigen Beamtenstatus. Dass dies so ist, kann jederzeit im verwandten Bereich der ausgegliederten Bundesmuseen nachgeprüft werden.

Um zu verhindern, dass es nur durch Destabilisierung der Beschäftigungsverhältnisse zu mehr Flexibilisierung kommt, wären im Gegensatz zur bisherigen legistischen Praxis bei den Ausgliederungen klare und eindeutige Übergangs- und Schutzregelungen zu treffen. Die Palette reicht dabei von einer notwendigen Korrektur bei den Gehaltsvorschriften, über die Lösung von möglichen Haftungsfragen im Beschäftigungsbetrieb „Universität“ bis hin zum Komplex der Realisierung der Gleichbehandlung. Eine Thematik, die heute noch gesondert gehandelt wird.

Genauso prekär wie bei den Beamten stellt sich die Situation der übergeleiteten Vertragsbediensteten dar. Wenn nicht in einer dynamischen Verweisung klargestellt wird, dass auch künftig das Vertragsbedienstetengesetz auf ihr Beschäftigungsverhältnis Anwendung findet, ist eine sukzessive Aushöhlung ihrer Rechte zu befürchten. Nach den bisherigen Erfahrungen aus der Rechtsprechung erfasst die Überleitung in der Regel nur den „Status quo“ und das Vertragsbedienstetengesetz degradiert höchstens zur Vertragsschablone. Ein Vergleich zwischen Vertragsbedienstetenrecht und allgemeinen Arbeitsvertragsrecht, welches künftig zur Anwendung gelangen würde, zeigt ein Gefälle des Rechtsschutzvolumens zum Nachteil der bisher öffentlich Bediensteten.

Ein leistungsorientiertes universitäres Dienstrecht, das durchgehende Laufbahnen ermöglicht

Im Zuge der Diskussionen um das neue Universitätslehrerdienstrecht 2000 wurde von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gemeinsam mit der Bundeskonferenz des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals ein Alternativvorschlag erarbeitet, der bei erbrachter Leistung eine durchgehende Karriere bis zur höchsten Stufe (UniversitätsprofessorIn) ermöglicht.

Das bedeutet zugleich, dass die ständestaatliche Organisationsform (Kurie der ProfessorInnen, Kurie des Mittelbaus) der UniversitätslehrerInnen mit ihren steilen Hierachien aufgelöst und durch ein teamwork-orientiertes System mit flachen Hierachien ersetzt werden muss.

Phase 1:

Am Beginn des Laufbahnmodells steht eine Phase von maximal vier Jahren mit befristeten Dienstverhältnissen als wissenschaftliche MitarbeiterInnen, wobei auch solche in Drittmittelprojekten anzurechnen sind. Diese erste Phase steht auch Leuten ohne Doktorat, nur mit Magisterium offen und soll neben der Arbeitsverrichtung für die jeweilige Universitätseinrichtung auch der Ausbildung dienen (Didaktik, Forschungsmanagement, Personalführung usw.).

Phase 2:

Der Einstieg in die zweite Phase des Laufbahnmodells, das nur noch unbefristete Dienstverträge als UniversitätslehrerInnen kennt, setzt ein facheinschlägiges Doktorat voraus. Eine Übernahme entsprechend geeigneter Personen aus dem Kreis der wissenschaftlichen MitarbeiterInnen sollte im Sinne einer gezielten Personalentwicklung ohne Neuausschreibung möglich sein.

In der zweiten Phase gibt es drei Karrierestufen:

      AssistenzprofessorIn

      Außerordentliche(r) ProfessorIn

      UniversitätsprofessorIn

Für jede dieser Stufen, die jeweils an die Erbringung entsprechender Leistungen geknüpft sind, sind besondere Rechte und Pflichten vorzusehen (Verhandlungsgegenstand) und es muss auch die Möglichkeit bestehen, in jede dieser Stufen Außenstehende zu berufen.

Bei Nichterbringung der Qualifikationen verbleiben die Personen in ihrer Stufe. Das bedeutet keineswegs, dass hier Minderleistern Vorschub geleistet wird, denn Spitzenforschung bedarf auch einer entsprechenden Basis von SystemerhalterInnen.

Für alle Personen in der zweiten Phase ist ein besonderer Kündigungsschutz vorzusehen.

4.     Gegen Kürzungen und für Reformen im Bildungsbereich:

4.1   Schaffung einer bundesgesetzlichen Regelung für neue Formen der Kooperation zwischen den verschiedenen Schularten (vertikal und horizontal)!

      Es geht um die Verbesserung der Chancengleichheit für SchülerInnen in allen Regionen Österreichs.

      Die soziale Integration aller SchülerInnen muss sichergestellt werden.

      Die Konkurrenz zwischen Hauptschule und AHS soll durch vertikale und horizontale Kooperationsformen zu einem Miteinander der beiden Schularten umgestaltet werden.

      Ein sinnvoller Ausweg wären regionale Kooperationsformen zwischen der Hauptschule und der AHS-Unterstufe, wobei etwa auch die vorhandenen räumlichen Ressourcen besser genützt werden könnten und somit auch eine Entspannung bei der Schülerzahl in den einzelnen Klassen herbeigeführt werden könnte.

      Die Kooperation vermeidet die Entstehung einer undifferenzierten „Eintopf-AHS“ in Ballungszentren und hilft zu verhindern, dass die Hauptschule weiterhin als „Restschule“ in den Ballungsräumen gilt.

      Die Kooperation vermittelt Kindern in ländlichen Regionen bessere Bildungschancen und damit faire Lebenschancen.

Die Kooperation zwischen Hauptschule und AHS-Unterstufe erscheint jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen sinnvoll und zielführend:

      Die Durchlässigkeit des Schulsystems darf nicht beeinträchtigt werden;

      eindeutige Kriterien für den Übertritt in eine andere Schule oder Schulform müssen definiert werden;

      die Oberstufenrealgymnasien müssen im ländlichen Bereich ausgebaut werden;

      PflichtschullehrerInnen und AHS-LehrerInnen müssen in beiden Schulformen gemeinsam unterrichten können;

      alle SchülerInnen müssen entsprechend ihrer Leistungen gleichwertige Berechtigungen für den weiteren Bildungsweg erhalten.

Zur Umsetzung vertikaler und horizontaler Kooperationen sind bundesgesetzliche Rahmenbedingungen unbedingt erforderlich.

Wünsche nach Kooperationen können zum Beispiel darin begründet sein, mehr voneinander zu erfahren und mehr aufeinander hören zu wollen.

Es kann vielfältige Wünsche nach Kooperationen geben, die aber immer auch von der Mitverantwortung der Schulpartner getragen sein müssen.

Das können:

      Kooperationen in Teilen des Unterrichts sein;

      Kooperationen bei Projekten sein;

      Kooperationen zum wechselseitigen Nutzen von Schulgebäuden und deren Einrichtungen sein;

      Kooperationen zum wechselseitigen Lehrereinsatz sein, insbesondere wenn es um die fachliche Ausbildung einzelner LehrerInnen in bestimmten Bereichen geht;

      Kooperationen zur gemeinsamen Gestaltung von Schule sein – also auch Kooperationsformen, die in bestimmten Regionen eine gemeinsame Schulstruktur entwickeln helfen;

      Kooperationen zur Schaffung oder Festlegung gemeinsamer Berechtigungen in bestimmten Regionen sein;

      zur Verdeutlichung – Kooperationen bei gemeinsamen Aktivitäten einer sich auch hin zu Europa öffnenden Schule sein.

Wobei entscheidend ist, dass über all diesen Kooperationen etwas ganz Wesentliches steht, nämlich der gemeinsame Lehrplan, den es bereits gibt.

4.2.  Für das Recht auf schulische Berufsausbildung (Vollzeitberufsschule)!

Der SPÖ geht es nicht um die Abschaffung des so erfolgreichen dualen Ausbildungssystems für unsere Jugendlichen! Es geht ausschließlich um die ständig zunehmende Zahl lehrstellensuchender Jugendlicher.

Laut AMS waren im März 2002 mehr als 8 000 Jugendliche auf der Suche nach einer Lehrstelle. Das sind junge Leute, die in Verbindung mit einem betrieblichen Ausbildungsplatz auch gerne in die Berufsschule gehen würden, dies aber nicht dürfen.

In den letzten Jahren wurden verschiedenste Maßnahmen zur Betreuung arbeitsloser Jugendlicher – Stiftungen usw. ersatzlos gestrichen. Dies bedeutet, dass auch keine Ersatzprogramme für Jugendliche in dem Ausmaß mehr angeboten werden, wie es notwendig wäre, um arbeitslose Jugendliche fortzubilden. Einerseits – das ist eine der Ursachen – kommt die Wirtschaft in immer geringer werdendem Maße ihrer Verpflichtung der Lehrlingsausbildung nach. Andererseits ruft die Wirtschaft immer lauter nach mehr Facharbeitskräften.

Die SPÖ fordert daher die Garantie einer Berufsausbildung für alle Jugendlichen. Die SPÖ fordert die Vollzeitberufsschule für jene Jugendlichen, die keine Lehrstelle finden, aber eine berufliche Ausbildung anstreben und fordert gleichzeitig eine sinnvolle Kombination von Ausbildungsbeiträgen, die von Betrieben zu leisten wären, die keine oder zu wenig Lehrstellen anbieten sowie neue Anreize für zusätzliche Lehrstellen, die geschaffen werden sollen.

4.3.  Für die Senkung der Schülerhöchstzahlen auf 25!

Verschiedenste Studien zeigen, dass sehr große Schulklassen signifikant negative Effekte bei SchülerInnen bewirken:

      Senkung des allgemeinen Leistungsniveaus

      Geringere Intensität der persönlichen Zuwendung durch die LehrerInnen

      Benachteiligung von Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf

      Zunahme von Disziplinarproblemen

Seit dem Schuljahr 1986/87 wurde das Prinzip des „chancennachholenden“ Lernens von den Ländern des Europarates in die Lehrpläne der Grundschule aufgenommen. Diese offenen Lehr- und Lernformen als Prinzip einer humanen Schule benötigen laut Europarat kleinere Klassen.

      In großen Klassen sind Begabungsförderung, innere Differenzierung und Methodenvielfalt nur sehr schwer praktizierbar.

      Die in den Lehrplänen geforderten schülerzentrierten Lehrformen (Projektunterricht, entdeckendes Lernen usw.) sind wesentlich schlechter umsetzbar.

      Das Auffüllen bereits der 1. Klassen verunmöglicht das Repetieren für SchülerInnen anderer Schulstufen und den Schulwechsel.

Besonders dramatisch ist die Entwicklung der Schülerzahlen im Bereich der höheren Schulen:

Österreichweit ist ein deutliches Ansteigen der großen Schulklassen – auch jenseits aller gesetzlichen Freiräume – zu bemerken:

Schuljahr

36 Schüler

Zuwachs

37 +

Zuwachs

1997/98

221

 

61

 

1999/00

230

+ 4%

47

–23%

2000/01

269

+17%

75

+38%

Die detaillierte Darstellung nach Schularten zeigt, dass bei sehr großen Klassen (36 und mehr) ganz besonders die BHS betroffen sind:

 

Schuljahr 1997/98

Schuljahr 2000/01

36 Schüler

37 +

Klassen
insgesamt

36 Schüler

37 +

Klassen
insgesamt

VS gesamt

2

 

19 677

 

 

19 820

HS gesamt

1

1

11 324

 

1

11 529

AHS gesamt

38

15

7 385

31

18

7 535

BHS gesamt

129

35

4 530

185

37

4 963

BMS gesamt

48

10

2 020

43

11

1 979

BERS gesamt

3

61

5 316

10

8

5 627

Summe

221

61

50 252

269

75

51 453

Besonders alarmierend ist der hohe Anteil bei den ersten Klassen aller Schularten:

Schuljahr

36 SchülerInnen

Zuwachs

37 +

Zuwachs

1997/98

141

 

24

 

1999/00

159

+13%

25

 

2000/01

178

+12%

30

+25%

Auch hier sind ausschließlich die BHS betroffen, wobei klar erkennbar ist, dass das Problem in den ersten Klassen größer ist als im Durchschnitt:

 

Schuljahr 1997/98

Schuljahr 2000/01

36 Schüler

37 +

Klassen
insgesamt

36 Schüler

37 +

Klassen
insgesamt

VS 1. Klasse

2

 

5 220

 

 

5 029

HS 1. Klasse

1

 

2 821

 

 

2 840

AHS 1. Klasse

7

 

952

 

 

1 021

BHS 1. Klasse

89

15

984

135

16

982

BMS 1. Klasse

41

9

862

36

9

773

BERS 1. Klasse

1

 

1 641

7

5

1 782

Summe

141

24

12 480

178

30

12 427

SPÖ-Forderungen:

      Senkung der Höchstzahl pro Klasse auf 25 (analog dazu müssen auch die Teilungszahlen bzw. die Höchstzahlen in den verschiedenen Sonderschulformen gesenkt werden).

      Fortsetzen und Ausweitung des Schulbauprogramms.

      Verstärkte Kooperationen zwischen Hauptschule und AHS.

      Nutzung von Synergien im BMHS-Bereich durch ein bedarfsorientiertes Angebot.

         Beispiel: Regional besteht ein Überangebot in den Bereichen Landwirtschaft, Mode- und Textilberufe, bei gleichzeitiger krasser Unterversorgung in anderen Bereichen.