1150 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Ausgegeben am 7.
6. 2002
Bericht und Antrag
des Wirtschaftsausschusses
betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Postsparkassengesetz 1969, das Alkoholsteuergesetz und das Genossenschaftsrevisionsgesetz geändert wird und zur Ergänzung von Übergangsbestimmungen im HGB
Im Zuge der Beratungen über die Regierungsvorlage 1117 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Berufsausbildungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Neugründungs-Förderungsgesetz und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz geändert werden hat der Wirtschaftsausschuss über Antrag der Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner und Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann in getrennter Abstimmung, teils mit Stimmenmehrheit, teils einstimmig, beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der wie folgt begründet war:
„Zu Art. 2:
Zu Z 1:
Das GenRevG 1997 hat die Bestimmung des § 275 HGB zur Haftung des Abschlussprüfers in der damals geltenden Fassung – von wenigen terminologischen Anpassungen abgesehen – unverändert in § 10 GenRevG übernommen. Danach ist die Haftung des Revisors mit 350 000 Euro begrenzt. Sofern der Revisor auch als Abschlussprüfer tätig ist, gelten für ihn aber kraft des Verweises in § 22 Abs. 6 GenG auf die handelsrechtliche Abschlussprüfung (auch) die erhöhten Haftungsbeträge des § 275 HGB in der Fassung des Finanzmarktaufsichtsgesetzes, BGBl. I Nr. 97/2001.
Revision und Abschlussprüfung sind in aller Regel jedoch ein einheitlicher faktischer Vorgang, die verschiedenen Prüfungstätigkeiten können oft nicht dem einen oder anderen Aufgabenbereich zugeordnet werden. Das Nebeneinander der unterschiedlichen Haftungshöchstbeträge soll nun in dem Sinn klargestellt werden, dass bei abschlussprüfungspflichtigen Genossenschaften die Haftungsbegrenzung des § 275 HGB sowohl Ersatzansprüche aus der Abschlussprüfung als auch aus der über die Prüfung des Jahresabschlusses hinausgehenden Revision umfasst.
Dem neu formulierten § 275 Abs. 1 HGB folgend, werden in Abs. 1 zunächst der Revisor, der Revisionsverband, deren Gehilfen sowie die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter des Revisionsverbands oder einer als Revisor bestellten Prüfungsgesellschaft (vgl. § 3 Abs. 1) unmittelbar und persönlich zur Verschwiegenheit und zur Einhaltung des Verwertungsverbots verpflichtet. Eine diesbezügliche Pflichtverletzung begründet ihre unbegrenzte Haftung.
Abs. 2
betrifft die Verantwortlichkeit des Revisors für die gewissenhafte und
unparteiische Wahrnehmung der ihn aus der Revision treffenden Pflichten. Die
unmittelbare Haftung seiner Erfüllungsgehilfen wird wie beim Abschlussprüfer
als Systembruch aufgegeben. Auch die Höhe der Ersatzpflicht soll – im Wege des
Verweises – an § 275 Abs. 2 HGB angeglichen werden, sofern sich die
Genossenschaft einer Abschlussprüfung zu unterziehen hat. Die höheren
Haftungssummen für börsenotierte Aktiengesellschaften können bei Genossenschaften
nicht zum Tragen kommen. Die Haftungshöchstsumme von 350 000 Euro für
die Revision nicht abschlusspflichtiger Genossenschaften soll – dem neuen
Haftungssystem entsprechend – im Fall grob fahrlässiger Pflichtverletzung das
Fünffache betragen. Soweit der Revisor als Bankprüfer tätig geworden ist, soll
sich der einheitliche Haftungshöchstbetrag für Abschlussprüfung (Bankprüfung)
und Revision aus § 62a BWG ergeben.
Abs. 3 und 4 treten an die Stelle der punktuellen Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z 3. Sie betreffen allgemein die Haftung des Revisionsverbands und ihr Verhältnis zur Haftung des Revisors – auch in seiner Funktion als Abschluss- und Bankprüfer – sowie deren Sicherstellung. Abs. 3 normiert eine Ausfallsbürgschaft des Revisionsverbands (vgl. § 98 EheG) für gegen den Revisor gerichtete Schadenersatzansprüche aus Abs. 2, sowie aus § 275 Abs. 2 HGB und aus der Bankprüfung. Zugleich wird klargestellt, dass die jeweilige Haftungsbegrenzung auch dann Anwendung findet, wenn der Revisionsverband Pflichten verletzt, die ihn selbst treffen; zu nennen sind hier die Pflichten gemäß § 5 Abs. 4 sowie die Pflicht zur Bestellung geeigneter Revisoren und sonstige Organisations-, Überwachungs- und Mitwirkungspflichten im Rahmen der Revision.
Wenn Ersatzansprüche gegen einen Revisor nicht durch den Revisionsverband ausreichend sichergestellt sind, soll die für Wirtschaftstreuhänder allgemein geltende Regel des § 88 Abs. 1 zweiter Satz WTBG sinngemäß anzuwenden sein, wonach Aufträge nur übernommen werden dürfen, wenn sie in einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung Deckung finden. Abs. 4 bezieht sich somit auch – aber nicht nur – auf Revisoren, die ohne Bestellung durch einen Revisionsverband Revisionen und Abschlussprüfungen (vgl. § 22 Abs. 4 VereinsG 2002) durchführen.
Die Unabdingbarkeit der Ersatzpflicht sowie die Verjährungsbestimmung des Abs. 5 entsprechen dem bisherigen Abs. 3.
Zu Z 2:
Nach § 19 Abs. 1 Z 3 ist eine Voraussetzung für die Anerkennung eines neuen Revisionsverbands die ausreichende Sicherstellung der Ersatzansprüche gegen die Revisoren oder gegen den Revisionsverband. Diese punktuelle, nur auf den Zeitpunkt der Anerkennung bezogene Verpflichtung soll durch eine dauerhafte Regelung ersetzt werden, mit der eine subsidiäre Haftung des Revisionsverbands für die Schadenersatzansprüche gegen die von ihm bestellten Revisoren festgelegt wird (vgl. § 10 Abs. 3 und Abs. 4 in der vorgeschlagenen Fassung).
Zu Art. 4:
Im Zusammenhang mit der Vorberatung der Regierungsvorlage (1117 der Beilagen) wurde auch erörtert, dass es insbesondere kleineren Abschlussprüfungsgesellschaften nicht möglich ist, für die durch das Finanzmarktaufsichtsgesetz stark erhöhten Haftungsbeträge (§ 275 Abs. 2 HGB) eine wirtschaftlich verkraftbare Versicherungsdeckung zu erhalten. Seit der Beschlussfassung des Finanzmarktaufsichtsgesetzes wurde durch spektakuläre Firmenzusammenbrüche, wie die Insolvenz des US-Energiekonzerns Enron, die Versicherungswirtschaft in ihrer Einschätzung des Risikos aus der Abschlussprüfung verunsichert. Auch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat unter Vorlage ihres Schriftverkehrs mit Versicherern von bisher fruchtlos verlaufenden Bemühungen berichtet, das Risiko aus der Abschlussprüfung zu ökonomisch verkraftbaren Bedingungen zu versichern. In Österreich hat das Erkenntnis des OGH vom 27. November 2001, 5 Ob 262/01t, mit dem die Haftung des Abschlussprüfers auch gegenüber Dritten (Anlegern, Gläubigern) bejaht wurde, die Einschätzung dieses Risikos weiter erschwert.
Gemäß § 11 Abs. 1 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) sind Berufsberechtigte verpflichtet, für Schäden aus ihrer Tätigkeit eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung bei einem zum Betrieb in Österreich berechtigten Versicherer abzuschließen und für die gesamte Dauer des Bestehens ihrer Berufsberechtigung aufrechtzuerhalten. Nach § 88 Abs. 1 zweiter Satz WTBG ist für Berufsberechtigte die Annahme von Aufträgen, die im Deckungsumfang ihrer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung nicht enthalten sind, unzulässig. Es ist zu befürchten, dass das Verhältnis zwischen Versicherungsprämie und Prüfungshonorar vor allem kleinere Abschlussprüfungsgesellschaften aus dem Markt verdrängt und zu einem weiteren Konzentrationsschub im Berufsstand der Abschlussprüfer führt.
Angesichts dieser unvorhersehbaren Schwierigkeiten der Versicherungsdeckung soll die in § 906 Abs. 6 HGB vorgesehene Übergangsregelung im Sinne einer zweijährigen Einschleiflösung modifiziert werden.
In diesem Zeitraum sollte es möglich sein, durch eine gründliche versicherungstechnische Aufbereitung und Analyse der tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu akzeptablen Versicherungslösungen zu gelangen. Es wird daher vorgeschlagen, dass der in § 275 Abs. 2 für die Prüfung nicht börsenotierter Gesellschaften vorgesehene Haftungshöchstbetrag von zwei Millionen Euro für die Prüfung der Geschäftsjahre 2002 und 2003 (falls das Geschäftsjahr nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmt sind das jedenfalls Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2002 und dem 31. Dezember 2003 beginnen) auf eine Million Euro herabgesetzt wird. Dieser Betrag entspricht der deutschen Regelung in § 323 Abs. 2 dHGB, wobei der deutsche Gesetzgeber auch Ersatzansprüche wegen grober Fahrlässigkeit auf eine Million Euro beschränkt. Nach der Regelung des österreichischen HGB ist für grob fahrlässig verursachte Schäden mit dem Fünffachen dieses Betrages zu haften.
Unberührt bleiben sollen die ebenfalls mit dem Finanzmarktaufsichtsgesetz eingeführten erhöhten Haftungsbeträge für den Bankprüfer (§ 62a BWG) und für den Versicherungsprüfer (§ 82 Abs. 8a VAG) sowie für den Abschlussprüfer börsenotierter Gesellschaften (§ 275 Abs. 2 HGB).
Der letzte Satz der Übergangsbestimmung stellt sicher, dass sich das gestaffelte Wirksamwerden der erhöhten Haftungsbeträge auch auf alle anderen Prüfungen erstreckt, wie zB Gründungsprüfungen, Verschmelzungs- und Spaltungsprüfungen.“
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2002 05 28
Mag. Dr. Josef Trinkl Dr. Reinhold Mitterlehner
Berichterstatter Obmann