1198 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Ausgedruckt
am 8. 7. 2002
Bericht und Antrag
des Ausschusses fürArbeit und Soziales
über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem
das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die
Regelung des Arbeitsrechtes in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz
1984 – LAG), BGBl. Nr. 287/1984 idF des BGBl. I Nr. xxx/2002,
geändert wird
Im Zuge seiner Beratungen über die Regierungsvorlage 1185 der Beilagen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz
geändert wird, hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales am 25. Juni 2002
über den Antrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Achatz und
Karl Donabauer mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem
Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen
Antrag vorzulegen, der eine Novelle zum Landarbeitsgesetz zum Gegenstand hat.
Zur Begründung des Antrages führten die Antragsteller aus:
„Zu § 5 Abs. 1:
Gemäß § 27 ASVG ist die Legaldefinition des land- und
forstwirtschaftlichen Betriebes im Sinne der Bestimmungen des LAG 1984 der
zentrale Ansatz für Zwecke der Sozialversicherung. Dementsprechend gründet sich
die Versicherungspflicht nach dem BSVG auf der Führung eines land- und
forstwirtschaftlichen Betriebes gemäß § 5 LAG 1984 auf eigene Rechnung
und Gefahr.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer
selbständigen land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit eine – nicht in
persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit verrichtete – nachhaltige land-
und forstwirtschaftliche Tätigkeit zu verstehen, die objektiv die Schaffung von
Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt. Hiebei ist, unter
Außerachtlassung einer etwaigen Gewinnabsicht und unabhängig von der
Betriebsgröße, die Entwicklung einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit
im technischen Sinne ausreichend, soferne mit dem solcherart ,gewonnenen‘ Gut
in einer Art verfahren wird, die an sich auf der Linie der landwirtschaftlichen
Bewirtschaftung liegt. Loses Liegen- bzw. Verrottenlassen des gewonnenen
Mähgutes begründet beispielsweise keine landwirtschaftliche Bewirtschaftung
(VwGH Zl. 81/08/0051, 08/2663/79, 90/08/0155, 93/08/0031, 90/08/0197 ua.).
In konsequenter Fortführung dieser Rechtsgrundsätze hat der
Verwaltungsgerichtshof in jüngster Zeit auch die Auffassung vertreten, dass die
gegen Förderungsgewährung erfolgende Herausnahme einer Fläche aus der
Produktion über einen längeren Zeitraum keine Bewirtschaftung im obgenannten
Sinn darstelle und sohin auch keine Versicherungspflicht nach dem BSVG begründe
(Z1. 96/08/0289).
Die nachhaltige Umsetzung dieser Rechtsauffassung ist in mehrfacher
Hinsicht höchst problematisch. Dies vor allem aus agrar-, sozial- und letztlich
umweltschutzpolitischen Aspekten. Bereits im Rahmen der Europäischen Union auf
Basis der derzeitigen Mitgliedstaaten beinhaltet sowohl das gemeinschaftliche
als auch das nationale Förderungswesen spezifische Maßnahmen, die darauf
abzielen, die agrarische Gesamtproduktionsfläche zu verringern. Dabei steht dem
unbestreitbaren agrarpolitischen Ziel zumindest gleichwertig ein
umweltpolitisches zur Seite, da anderenfalls der negative Effekt einer
,Verwilderung‘ der Kulturlandschaft mit einher ginge. Der Förderungsbezug ist
daher nur bei Gegenleistung in Form umfangreicher Pflegmaßnahmen
möglich. Diese Pflegemaßnahmen stellen aber ausnahmslos eine land(forst)wirtschaftliche
Tätigkeit im technischen Sinn dar, welche weitestgehend nur unter Zuhilfenahme
landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen zu bewerkstelligen ist. Dass diesen
Tätigkeiten ein gleich hohes Unfallrisiko innewohnt, wie wenn dieselben
erwerbswirtschaftlich im ursprünglichen Wortsinn ausgeübt werden, liegt auf der
Hand. Das einschlägige Flächenpotential beläuft sich alleine in Österreich auf
derzeit 141 000 ha und wird sich im Hinblick auf die Osterweiterung
noch spürbar erhöhen.
Der
gegenständliche Novellierungsvorschlag ist geeignet, den aufgezeigten negativen
Konsequenzen gegenzusteuern, ohne in die arbeitsrechtliche Grundsystematik des
LAG einzugreifen. Die Beifügung eines pekuniären Elementes in Gestalt des
Förderungsbezuges als Voraussetzung für die normative Gleichstellung derartiger
Tätigkeiten mit der land- und forstwirtschaftlichen Produktion ist aus
sozialversicherungsrechtlicher Sicht geboten. da anderenfalls eine
herkömmliche ,Brache‘ gänzlich ausgeschlossen wäre.
Zu § 5
Abs. 5:
Abermals ist die
zentrale Bedeutung des § 5 LAG 1984 für Zwecke der Sozialversicherung
infolge der Querverweise in den §§ 27 ASVG bzw. 2 BSVG anzusprechen. Des
weiteren ist darauf hinzuweisen, dass das Landarbeitsgesetz im Jahre 1984
lediglich wiederverlautbart wurde und in seiner Stammfassung auf das Jahr 1948,
BGBl. Nr. 140/1948 zurückgeht. Während sowohl die Stammfassung als auch
der rechtsbereinigte wiederverlautbarte Text des Jahres 1984 infolge der
ständig fortschreitenden Entwicklung der Arbeitswelt eine Vielzahl von
Änderungen, beginnend mit BGBl. Nr. 279/1957 bis hin zu BGBl. I
Nr. 103/2001, erfahren hat, ist die zentrale Norm des § 5 in seinem
materiell-rechtlichen Kernbereich weitestgehend unverändert geblieben, auch
wenn insbesondere der Abs. 1 im Zuge der Wiederverlautbarung eine
rechtsbereinigende Neuformulierung erfahren hat. Im Ergebnis bedeutet dies,
dass die nach wie vor für Zwecke der Sozialversicherung einzig maßgebliche
Legaldefinition der Land- und Forstwirtschaft seit mehr als 50 Jahren auf
einem Begriffsverständnis aufsetzt, welches weitestgehend nur die
land(forst)wirtschaftliche Urproduktion und deren genossenschaftlich
organisierten Produktvertrieb zum Gegenstand hat. Dieses Begriffsverständnis
entspricht bei weitem nicht mehr den faktischen Gegebenheiten und den modernen
Erfordernissen einer zeitgemäßen Landwirtschaft, da immer weniger Landwirte in
der Lage sind durch reine ,Urproduktion‘ ihr wirtschaftliches Auskommen zu
finden. Zur Existenzsicherung müssen neue Erwerbsquellen erschlossen werden,
deren Gesamteinkommen den Verbleib am heimatlichen Hof ermöglicht. Vielfach
macht sich die in der Landwirtschaft verwurzelte Bevölkerung ihr jahrelang
erworbenes Fachwissen zu Nutze bzw. bedient sich bereits vorhandener
Betriebsmittel, um durch den Verdienst eines Zubrotes den Einkommensverlust aus
der Urproduktion wettzumachen. Sie tut es im Bewusstsein einer innerlichen
Akzeptanz der gegebenen Notwendigkeiten und in dem Selbstverständnis im Rahmen
all dieser Erwerbskombinationen auch weiterhin landwirtschaftlich tätig zu
sein, wenngleich in abgewandelter Form.
Mit der Anfügung
des in Vorschlag gebrachten Abs. 5 könnte die zeitliche Adäquanz der
Legaldefinition des land(forst)wirtschaftlichen Betriebsbegriffes
sichergestellt worden, ohne auch hier in die arbeitsrechtliche
Grundsysternatik des LAG einzugreifen.
Darüberhinaus ist
ausdrücklich festzuhalten, dass das österreichische Rechtssystem dem
übergeordneten Grundsatz folgt, dass es dem eigenberechtigten mündigen Bürger
nicht gestattet ist, ihm zuzurechnendes Fehlverhalten durch Unkenntnis der
Gesetzeslage entschuldigen zu wollen (vgl. § 2 ABGB). Diesem Grundsatz
folgend, stellt der gegenständliche Antrag darauf ab, dass die Einbindung der
einschlägigen Erwerbstätigkeiten in die Versicherungspflicht ausschließlich vom
Vorliegen eines landwirtschaftlichen Bezuges (ein betriebswirtschaftliches
Verständnis ist ausreichend) sowie vom Nichtvorliegen eines gewerbebehördlich
relevanten Tatbestandes abhängig ist, Dies bedeutet im Ergebnis, dass die
Sozialversicherungsanstalt der Bauern nicht verpflichtet ist, im Einzelfall
die gewerberechtlichen Voraussetzungen eigenständig zu prüfen.
Die zitatmäßige
Aufnahme bezughabender Bestimmungen der Gewerbeordnung ergibt sich aus der gewerberechtlichen
Abgrenzung der Land- und Forstwirtschaft und erscheint auch in legistischer
Hinsicht vertretbar, da sich bereits das Landarbeitsgesetz 1948 dieser Technik
bediente.
Die gesonderte Anführung der Privatzimmervermietung hat ihre Begründung ebenfalls in der Gewerbeordnung, da diese als Ausformung der ,häuslichen Nebenbeschäftigung‘ gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 GewO 1994 einer spezifischen Unterordnung im Verhältnis zum übrigen Haushalt unterliegt.“
Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2002 06 25
Karl Donabauer Helmut Dietachmayr
Berichterstatter Obmann