1204 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 8. 7. 2002

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (1181 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet wird (Austria Wirt­schaftsservice – Gesetz) und das Bundesgesetz vom 13. Juni 1962 über die Verwaltung der ERP-Counterpart-Mittel (ERP-Fonds-Gesetz), das Bundesgesetz über besondere Förde­rungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz), das Bundesgesetz betreffend die Erleichterung der Finanzierung von Unternehmungen durch Garantien der Finanzierungsgarantie-Gesellschaft m.b.H. mit Haftungen des Bundes (Garantiegesetz 1977), das Bundesgesetz über die Errichtung einer Innovationsagentur, das Bundesgesetz betreffend die Arbeitsmarktförderung (AMFG) und das Bundes­finanzgesetz 2002 (… BFG-Novelle 2002) geändert werden (Austria Wirtschaftsservice – Errichtungsgesetz)

Zweck des Gesetzes ist die Zusammenführung von Institutionen der unternehmensbezogenen Wirtschaftsförderung des BMF und des BMWA bzw. von deren Aktivitäten unter einem Dach und damit die Schaffung eines bürgerfreundlichen und serviceorientierten Kundencenters bzw. One-Stop-Shops. Darauf stellt auch der Name der neuen Gesellschaft – Kurzform: Austria Wirtschaftsservice – ab. Es bleibt der Gesellschaft vorbehalten, den Firmennamen durch Begriffe wie „Finanzierung, Förderung, Beratung und Unterstützung“ zu ergänzen.

Die unternehmensbezogene Wirtschaftsförderung sowie sonstige Beratungs- und Finanzierungsleistungen des Bundes zur Unterstützung der Wirtschaft und Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit sowie zur Standortsicherung sollen inhaltlich verstärkt auf Technologie- und Innovationsförderung ausgerichtet werden. Synergiepotentiale sollen genutzt und Doppelgleisigkeiten bei den bestehenden Förderinstrumenten beseitigt werden. Das gesamte Instrumentarium soll modernisiert werden. Durch eine ausgeprägte Ziel- und Ergebnisorientierung und die verstärkte Durchführung von Evaluierungen soll die unternehmensbezogene Wirtschaftsförderung effizienter und effektiver gestaltet werden.

Die in Art. I § 2 genannten allgemeinen Aufgaben der Gesellschaft sind in mehrjährigen Programmen zu konkretisieren. Diese Programme legen die Schwerpunkte und Ziele der unternehmensbezogenen Wirtschaftsförderung, die einzelnen Maßnahmen und Instrumente für einen mindestens zweijährigen Programmzeitraum fest. Die Programme enthalten Ziele und Indikatoren, anhand derer Zielerreichung und Wirksamkeit gemessen werden können sowie Evaluierungspläne und eine indikative Finanzplanung. Der Programmvorschlag, der der Genehmigung durch den Bundesminister für Finanzen und den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit bedarf, wird von der Gesellschaft erarbeitet. Die Jahresprogramme des ERP-Fonds sind auf die mehrjährigen Programme der Gesellschaft abzustimmen.

Bei den bestehenden Einrichtungen und deren Aktivitäten, die in der neuen Gesellschaft zusammenzuführen sind, handelt es sich im einzelnen um die nachstehend genannten:

Die Finanzierungsgarantie-Gesellschaft (FGG) unterstützt österreichische Unternehmen, indem sie mit Projektfinanzierungen verbundene wirtschaftliche Risken absichert. Die Garantien der FGG dienen als eine Art Versicherung des Kapitals, das von Unternehmen, Banken bzw. Investoren bei Inlands- oder Auslandsinvestitionen sowie Venture Capital-Beteiligungen eingesetzt wird.

Schwerpunkt der BÜRGES Förderungsbank Ges.m.b.H. ist die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in den Bereichen Investitionsfinanzierung, Strukturverbesserung, Unternehmensgründung und Jungunternehmer, Internationalisierung, Eigenkapitalgarantien und Patente.

Der ERP-Fonds trägt durch direkte Wirtschaftsförderung zur Strukturverbesserung der österreichischen Wirtschaft bei und gibt Impulse für Innovation, nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung. Der ERP- Fonds fördert insbesondere auch die Anwendung und Umsetzung neuester Technologien in österreichischen Unternehmen.

Die Innovationsagentur bietet einen Innovationsservice in Form der Vermittlung innovativer Ideen und Lösungen zwischen Anbietern und Nachfragern. Sie trägt durch verschiedenste Beratungs- und Unterstützungsleistungen zum Technologietransfer und zur Erreichung der Marktreife innovativer Projekte bei.

Die betriebliche Arbeitsmarktförderung richtet sich an technologieorientierte Unternehmen in Regionalfördergebieten sowie an Klein- und Mittelbetriebe in ganz Österreich. Gefördert werden Neugründungen und Betriebsansiedlungen sowie substantielle Produkt- oder Verfahrensverbesserungen, bei denen bestehende Arbeitsplätze gesichert oder neue geschaffen werden.

Die „Produkte“ (dh. Programme, Maßnahmen oder Instrumente) der zusammenzuführenden Einrichtungen können in der neuen Gesellschaft nach Produktgruppen gegliedert und beispielsweise in den Geschäftsfeldern „Technologie & Innovation“, „Start ups/Gründungen/KMU“, „Regionalförderung“, „Internationalisierung“ und „Kommerzieller Bereich“ zusammengeführt werden.

Die Errichtung der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. soll im Wege der Verschmelzung der Finanzierungsgarantie-Gesellschaft und der BÜRGES Förderungsbank Ges.m.b.H. als übertragende Gesellschaften auf die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. erfolgen. Die Rechtsgrundlage dafür ist Art. I § 1 des Gesetzes, in dem auch auf jene gesellschaftsrechtlichen Vorschriften verwiesen wird, die zur Anwendung gelangen sollen. Da das vorgesehene Regelungspaket unter § 1 Abs. 1 Z 2 des Umgründungssteuergesetzes fällt und durch die Verschmelzung das Besteuerungsrecht der Republik Österreich nicht eingeschränkt wird, da die neue Gesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig sein wird, sind die Vorschriften des Art. I UmgrStG auf diese Verschmelzung anzuwenden. Die begleitenden Änderungen gemäß Art. II bis VII betreffen das ERP-Fondsgesetz, das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das Bundesgesetz betreffend die Einrichtung einer Innovationsagentur, das Arbeitsmarktförderungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2002.

Für die Zusammenfassung der oben beschriebenen Institutionen im Bereich der unternehmensbezogenen Wirtschaftsförderung auf die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. wird folgende Vorgangsweise gewählt:

1.      Zunächst werden die Finanzierungsgarantie-Gesellschaft und die BÜRGES Förderungsbank Ges.m.b.H. als übertragende Gesellschaften auf die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. auf gesetzlicher Grundlage (Art. I, § 1) verschmolzen. Die Generalversammlungen der Gesellschaften werden nur den Gesellschaftsvertrag festlegen und die Organe der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. bestellen, soweit einzelne Organmitglieder nicht vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, von der Wirtschaftskammer Österreich und von der Bundesarbeitskammer zu entsenden sind. Sämtliche Rechte und Pflichten der übertragenden Gesellschaften, einschließlich der gewährten Garantien, gehen auf die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. über.

         Die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. betreibt auf Grund der ihr vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben im Anwendungsbereich des Bankwesengesetzes im Wesentlichen das Garantiegeschäft. Auf sie treffen daher die Ausnahmen von den Bestimmungen des § 25 Abs. 2 bis 14 BWG zu.

2.      Der ERP-Fonds wird ebenfalls in die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. eingebunden. Unter Beachtung des vorliegenden Abkommens der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die ERP-Counterpart-Regelung samt Notenwechsel vom 29. März 1961 erfolgt die Einbindung jedoch nicht durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, sondern im Wege der Übernahme der Besorgung der Aufgaben und Geschäfte des ERP-Fonds durch die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. Um auch für diesen Förderbereich die Ziele kohärent zu verfolgen, übernimmt die jeweilige Geschäftsführung der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. auch die Geschäftsführung des ERP-Fonds. Diese Geschäftsbesorgung wird gesetzlich statuiert (Artikel II). Die Geschäftsbesorgung lässt die rechtliche Struktur, insbesondere die Rechtspersönlichkeit des ERP-Fonds unberührt.

3.      Die Einbeziehung der Tourismusförderung in die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. soll auf vertraglicher Grundlage erfolgen. Die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. wird die dafür vorgesehenen Mittel in ihre Mehrjahresprogramme aufnehmen und die Förderungen über die nicht im Eigentum des Bundes stehende ÖHT abwickeln. Hier ist vorgesehen, die dafür erforderlichen Abwicklungs- und Beauftragungsverträge abzuschließen.

4.      Die Geschäftsanteile an der Innovationsagentur, die zum Teil im Eigentum des Bundes und zum Teil im Eigentum der BÜRGES Förderungsbank Ges.m.b.H. sowie anderer Eigentümer stehen, sollen in der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. zusammengezogen werden. Art. V enthält die hiezu erforderliche Ermächtigung. Nach Vorliegen des Jahresabschlusses der Innovationsagentur zum 31. Dezember 2002 soll diese als übertragende Gesellschaft auf die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. verschmolzen werden. Diese Verschmelzung soll ausschließlich auf Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung erfolgen und wird unter Art. I UmgrStG fallen. Ab der Verschmelzung führt die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. die Geschäfte der Innovationsagentur selbst fort. Mit 30. Juni 2003 tritt das Bundesgesetz betreffend die Errichtung einer Innovationsagentur außer Kraft (Art. V). Die mit der Innovationsagentur geschlossenen Verträge gehen im Zuge der Verschmelzung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit allen Rechten und Pflichten auf die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. über.

5.      Schließlich übernimmt die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. die Abwicklung von Beihilfen im Sinne des §§ 27 Abs. 1 lit. a, 35 Abs. 1 lit. a und 51a Abs. 3 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (betriebliche Arbeitsmarktförderung). Die Übernahme erfolgt im Wege der Ausgliederung dieser Bundesaufgaben auf die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. (Art. VI).

Festgehalten wird, dass die bislang geltenden Richtlinien inhaltlich durch dieses Bundesgesetz nicht geändert werden.

Jene Beamten und Vertragsbediensteten des BMWA, die zum Stichtag 30. September 2002 überwiegend Agenden der betrieblichen Arbeitsmarktförderung gemäß § 2 Abs. 2 lit. c wahrnehmen, die durch dieses Bundesgesetz der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft m.b.H. übertragen werden, werden der Gesellschaft zur dauernden Dienstleistung zugewiesen bzw. werden Dienstnehmer der Gesellschaft.

Der vorliegende Gesetzentwurf steht in Einklang mit EU-Recht. Die bereits bisher geltenden beihilfenrechtlichen Vorschriften oder Vorschriften der EU-Finanzkontrolle im Zusammenhang mit der Abwicklung von EU-geförderten Projekten sind weiter anzuwenden.

Die Kompetenz zu Regelungen des Bundes auf diesem Gebiet ergibt sich aus Art. 17 B-VG und aus der Eigentümerschaft des Bundes an den Gesellschaften.

Der Finanzausschuss hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 26. Juni 2002 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Mag. Maria Kubitschek, Mag. Gerhard Hetzl, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Rudolf Edlinger, Detlev Neudeck, Johann Auer und der Staatsskretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.

Die Abgeordneten Hermann Böhacker und Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll brachten einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. I § 1 Abs. 9 und 10, § 9 Abs. 2 (neu), 3 (neu) und 4 (alt):

Die Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Finanzierungsgarantie-Gesellschaft mit beschränkter Haftung neben der gesetzlich vorgesehen Deckungsrücklage auch gesellschaftsvertraglich zu bildende Rücklagen hat. Das Ziel ist nun, auch die gesellschaftsvertraglich zu bildenden Rücklagen gesetzlich zu erfassen. § 1 Abs. 9 spricht daher allgemein von Rücklagen; § 1 Abs. 10 bezieht in die erstmalig bei Gründung der Gesellschaft zu dotierenden Rücklagen daher auch jene für Risken aus den Kapitalgarantien ein. Die Rücklagen gemäß Art. I § 1 Abs. 9 sind auch dann zu dotieren, wenn das Jahresergebnis der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung negativ ist.

Die Änderungen in § 9 Abs. 2 (neu), Abs. 3 (neu) und Abs. 4 (alt) sind redaktioneller Natur.

Zu Art. I § 7 Abs. 4 und 5, § 8 Abs. 4:

Die Änderung in § 7 Abs. 4 ist redaktionell; die übrigen Änderungen ergeben sich aus dem Erfordernis der Beschränkung der Haftung des Bundes für bezugsrechtliche Ansprüche von Beamten und Bediensteten pro rata temporis.

Zu Art. I § 9 Abs. 2 (alt), § 14 Z 3 (alt) und zu Art. III Z 6:

Nach der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle sollen ab dem 1. Jänner 2002 aus Gründen der Kostentransparenz und der Kostenwahrheit keine Befreiungen von Gerichtsgebühren für grundbücherliche Eingaben und grundbücherlichen Eintragungen nicht mehr gewährt werden.

Zu Art. II Z 9:

Die Änderung in Art. II Z 9 ist redaktioneller Natur.

Zu Art. III Z 3 und zu Art. IV Z 18 (neu) und 19 (neu):

Diese Änderungen tragen der Änderung in Art. I § 1 Abs. 9 und 10 Rechnung.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Hermann Böhacker und Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 06 26

                                      Ernst Fink                                                                      Dr. Kurt Heindl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann