1205 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 8. 7. 2002

Bericht

des Finanzausschusses


über den Antrag 714/A der Abgeordneten Hermann Böhacker, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz und das Kartellgesetz geändert wird

Der gegenständliche Antrag ist wie folgt begründet:

„Zu Art. I (Änderung des Bankwesengesetzes):

Nach der Richtlinie 2000/12/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute kann bei Vorliegen eines erheblichen Einflusses eines Kredit- oder Finanzinstitutes auf ein oder mehrere Kredit- oder Finanzinstitute eine Konsolidierung dieser Institute angeordnet werden. Insbesondere im Bereich der dezentralen Sektoren der Kreditwirtschaft werden Einflussrechte verstärkt durch vertragliche und satzungsmäßige Bindungen und weniger durch gesellschaftsrechtliche Verflechtungen begründet.

Banken in anderen Rechtsformen können im Wege von Beteiligungsübernahmen Kreditinstitutsgruppen bilden. Diese Möglichkeit steht den dezentralen Sektoren ohne die gegenständliche Rechtsänderung nicht in diesem Umfang offen, was bedeutet, dass durch das Vorhaben Wettbewerbsgleichheit hergestellt werden wird.

Aus Sicht der Finanzmarktaufsicht ist das Vorhaben positiv zu beurteilen, weil damit die Einleger besser abgesichert werden.

Eine Sektorkonsolidierung setzt nach geltendem EU-Recht (Art. 54 Abs. 4 der Kodifizierten Richtlinie 2000/12/EG) erhebliche Einflussrechte voraus, um auch materiell und nicht nur formell Platz greifen zu können. Dieses Erfordernis wird durch die Anforderungen gemäß § 30 Abs. 2a erfüllt.

Durch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Finanzierungskraft der österreichischen Bankenwirtschaft sind neben den positiven Auswirkungen auf den Einlegerschutz auch unmittelbar positive Einflüsse auf die österreichische Volkswirtschaft zu erwarten. Ein starkes und stabiles Finanz- und Bankensystem stärkt das Vertrauen von inländischen und international tätigen Investoren nicht nur in die österreichische Finanz- sondern darüber hinaus in alle Bereiche der österreichischen Volkswirtschaft. Dies führt wiederum mittel- bis langfristig zu positiven Auswirkungen in den makroökonomisch wichtigen Bereichen, wie Beschäftigung, Kaufkraft und Wirtschaftswachstum. Ein gestärkter und stabiler Kredit- bzw. Finanzsektor ist weiters eine der Voraussetzungen für eine Steigerung der Attraktivität des österreichischen Kapitalmarktes.

Die mit dieser Änderung definierten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Kreditinstitutsgruppe erfordern auch eine Berücksichtigung dieser Kreditinstitutsgruppe im Kartellgesetz. Diese soll durch eine Novellierung des Kartellgesetzes erfolgen.

Zu Z 1:

Die in den Z 1 bis 4 angeführten Voraussetzungen für die Bildung einer Kreditinstitutsgruppe entsprechen den typischen Merkmalen einer Gruppe im Bereich der dezentralen Sektoren. Das Erfordernis der Errichtung einer Haftungsgesellschaft bzw. von Vereinen mit gleichen Funktionen und die zweijährige Mindestkündigungsfrist entsprechen einerseits der Systematik der bisherigen solvenzrechtlichen Bestimmungen des BWG, die eine gesellschaftsrechtliche Mindestverknüpfung vorsehen, und dienen andererseits dem Schutz und dem Vertrauen der Einleger und sonstigen Vertragspartner in einen erhöhten Bestandsschutz dieser Kreditinstitutsgruppe.

Zu Z 2:

Dem Aufbau und der Konzeption dezentraler Sektoren gerecht werdend, wird das Zentralinstitut als übergeordnetes Kreditinstitut von Kreditinstitutsgruppen gemäß Abs. 2a definiert.

Zu Z 3:

Die Anzeigepflicht gewährleistet die Kontrollmöglichkeit der Finanzmarktaufsichtsbehörde bezüglich der Einhaltung der Voraussetzungen zur Bildung einer Kreditinstitutsgruppe gemäß Abs. 2a.

Zu Art. II (Änderung des Kartellgesetzes):

Art. II enthält die in der Begründung zu § 30 Abs. 2a BWG angesprochenen flankierenden Änderungen im Bereich des Kartellrechts. Der Grundgedanke dieser Regelung besteht darin, dass die Mitglieder einer Kreditinstitutsgruppe im Sinne des § 30 Abs. 2a BWG, obwohl diese Voraussetzungen nach den geltenden Bestimmungen des Kartellgesetzes in der Regel nicht vorliegen werden, so behandelt werden, als ob sie sich zu einem Konzern zusammengeschlossen hätten.

Der Abschluss vertraglicher Verpflichtungen im Sinne des § 30 Abs. 2a BWG, durch den eine Kreditinstitutsgruppe im Sinne dieser Bestimmung zustande kommt, wird in § 41 Abs. 2a einem Zusammenschluss im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Kartellgesetzes gleichgestellt. Er ist – unter den sonstigen allgemeinen Voraussetzungen – daher beim Kartellgericht anzumelden, kann von diesem geprüft und gegebenenfalls untersagt werden. Der Besonderheit dieser rechtlichen Situation wird dadurch Rechnung getragen, dass die Mitglieder einer Kreditinstitutsgruppe in der Folge, ähnlich wie derzeit schon die Mitglieder einer Genossenschaft, von der Anwendung der kartellrechtlichen Vorschriften über Kartelle und über vertikale Vertriebsbindungen befreit werden; dies geschieht durch eine Ergänzung des § 5 Abs. 3 KartG.

Zu Art. III (In-Kraft-Tretens- und Übergangsbestimmungen zu Art. II):

Mit Beziehung auf die Ausweitung der Zusammenschlusskontrolle auf Kreditinstitutsgruppen im Sinne des § 30 Abs. 2a BWG war auch eine Übergangsregelung notwendig, die der einschlägigen Bestimmung anlässlich der Einführung der Zusammenschlusskontrolle durch die Kartellgesetznovelle 1993 nachgebildet worden ist. Danach unterliegen Kreditinstitute, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung die Voraussetzungen einer Kreditinstitutsgruppe im Sinne des § 30 Abs. 2a BWG bereits erfüllen, die dort vorgesehenen vertraglichen Verpflichtungen also schon vor dem fraglichen Zeitpunkt abgeschlossen haben, nicht mehr der Zusammenschlusskontrolle.“

Der Finanzausschuss hat den erwähnten Antrag in seiner Sitzung am 26. Juni 2002 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Rudolf Edlinger, Mag. Werner Kogler, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Hermann Böhacker und der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag 714/A mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 06 26

                                 Detlev Neudeck                                                                  Dr. Kurt Heindl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann