Anlage 1

Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz-FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, idF BGBl. I Nr. 65/2002, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird im 1. Abschnitt nach der Wortfolge „§ 4 Lenkberechtigung für Anfänger (Probeführerschein)“ die Wortfolge

„§ 4a Zweite Ausbildungsphase – Allgemeines

§ 4b Zweite Ausbildungsphase – Konkrete Inhalte

§ 4c Zweite Ausbildungsphase – Verfahren“ eingefügt.

2. Nach § 4 werden folgende §§ 4a bis 4c samt Überschrift eingefügt:

„Zweite Ausbildungsphase – Allgemeines

§ 4a. (1) Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klassen A oder B haben unbeschadet der Bestimmungen des § 4c Abs. 3 anlässlich des erstmaligen Erwerbes jeder dieser Lenkberechtigungsklasse(n) innerhalb des in § 4b Abs. 1 bis 3 vorgesehenen Zeitraumes eine zweite Ausbildungsphase zu durchlaufen. Jene Personen, die gleichzeitig eine Lenkberechtigung für die Klasse A und für die Klasse B erworben haben, haben die zweite Ausbildungsphase für jede dieser Klassen zu durchlaufen.

(2) Ausgenommen von den Bestimmungen über die zweite Ausbildungsphase sind Besitzer von ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigungen, die ihren Hauptwohnsitz (§ 5 Abs. 2 dritter Satz) nach dem Erwerb ihrer Lenkberechtigung im Ausland nach Österreich verlegen, selbst wenn eine österreichische Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs. 3 erteilt wurde.

(3) Hat der Besitzer einer österreichischen Lenkberechtigung für die Klasse A oder B seinen Hauptwohnsitz ins Ausland verlegt und ihn anschließend wieder in Österreich begründet, ist der Betreffende zur Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase nur dann verpflichtet, wenn zum Zeitpunkt der Wiederbegründung des Hauptwohnsitzes der Erwerb der Lenkberechtigung nicht länger als zwölf Monate zurückliegt.

(4) Im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase sind

           1. Perfektionsfahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr und

           2. ein Fahrsicherheitstraining, das

           3. ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch beinhaltet

gemäß den Bestimmungen des § 4b zu absolvieren.

(5) Perfektionsfahrten sind von Fahrschulen unter Anleitung eines geeigneten Ausbildners abzuhalten. Die Perfektionsfahrt umfasst

           1. eine Fahrt im Beisein des Ausbildners und

           2. ein Gespräch mit dem Ausbildner.

Die Perfektionsfahrt gilt als Ausbildungsfahrt. Eine Durchführung der Perfektionsfahrt ist zulässig, auch wenn der Betreffende nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung ist.

(6) Das Fahrsicherheitstraining ist unter der Leitung eines besonders geeigneten Instruktors durchzuführen. Zur Durchführung des Fahrsicherheitstrainings sind befugt:

           1. Vereine von Kraftfahrzeugbesitzern sofern sie im Kraftfahrbeirat vertreten sind und

           2. Fahrschulen,

die über die erforderlichen Voraussetzungen verfügen.

Das Fahrsicherheitstraining hat auf einem geeigneten Übungsgelände stattzufinden. Die besondere Eig-nung der durchführenden Stellen sowie der durchführenden Instruktoren wird durch eine Kommission, bestehend aus je einem Vertreter der in Z l und 2 genannten Stellen sowie einem Vertreter einer für Ver-kehrssicherheitsfragen zuständigen Institution sowie allenfalls zwei vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zu entsendenden Vertretern festgestellt. Die Kommission wird vom Bun-desminister für Verkehr, Innovation und Technologie für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Die Ent-scheidungen der Kommission sind zu dokumentieren und auf Verlangen der Behörde sind die entspre-chenden Unterlagen der Behörde zur Verfügung zu stellen. Entscheidet die Kommission, dass bei einer durchführenden Stelle oder bei einem Instruktor die Voraussetzungen für die Zulassung zur Durchfüh-rung von Fahrsicherheitstrainings nicht gegeben sind oder entscheidet die Kommission nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einbringen des Ansuchens, so kann der Betreffende von der Behörde eine Ent-scheidung über sein Ansuchen verlangen. Ergibt die Prüfung durch die Behörde, dass dem Antrag statt-zugeben ist, hat die Behörde die Zuständigkeit der Kommission zur Entscheidung festzustellen. Diese hat unverzüglich zu entscheiden. Ergibt die Prüfung der Behörde, dass dem Antrag nicht stattzugeben ist, hat die Behörde über den Antrag mit Bescheid abzusprechen. Für diese Erledigung ist ein Aufwandersatz zu entrichten, der der Gebietskörperschaft gebührt, die den Aufwand für die Behörde zu tragen hat, die das Ansuchen der durchführenden Stelle oder des Instruktors inhaltlich prüft.

(7) Das verkehrspsychologische Gruppengespräch ist unter der Leitung eines besonders ausgebildeten Psychologen durchzuführen.

Zweite Ausbildungsphase – Konkrete Inhalte

§ 4b. (1) Die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer der Lenkberechtigung für die Klasse B hat – unbeschadet des Abs. 2 – folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

           1. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von zwei bis vier Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung;

           2. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenk-berechtigung sowie

           3. eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse B bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse A ist. Zwischen der Perfektionsfahrt gemäß Z 1 und der Perfektionsfahrt gemäß Z 3 hat ein Zeitraum von mindestens drei Monaten zu liegen.

(2) Die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer einer vorgezogenen Lenkberechtigung für die Klasse B hat folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

           1. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von drei bis neun Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie

           2. eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse B bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse A ist.

(3) Die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer einer Lenkberechtigung für die Klasse A hat ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides am einem Tag abzuhalten ist, zu umfassen. Diese zweite Ausbildungsphase ist im Zeitraum von drei bis zu neun Monaten nach Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse A zu absolvieren. Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse A bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse B ist.

(4) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:

           1. den Inhalt, den Umfang und den Ablauf der Perfektionsfahrten;

           2. den Inhalt, den Umfang und Ablauf des Fahrsicherheitstrainings sowie die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen zur Durchführung des Fahrsicherheitstrainings;

           3. die Zusammensetzung und die Entscheidungsfindung der in § 4a Abs. 6 genannten Kommission;

           4. den Inhalt und den Umfang des verkehrspsychologischen Gruppengesprächs sowie die persönlichen Voraussetzungen zur Durchführung des verkehrspsychologischen Gruppengesprächs und

           5. die Höhe des in § 4a Abs. 6 genannten Aufwandersatzes.

Zweite Ausbildungsphase – Verfahren

§ 4c. (1) Die jeweils durchführende Stelle hat die Absolvierung der einzelnen in § 4b genannten Stufen der zweiten Ausbildungsphase im Zentralen Führerscheinregister einzutragen und dem Teilnehmer eine Bestätigung über die Absolvierung der jeweiligen Stufe auszustellen, wobei das Fahrsicherheitstraining und das verkehrspsychologische Gruppengespräch als Einheit anzusehen sind und von der das Fahrsicherheitstraining durchführenden Stelle einzutragen und zu bestätigen sind. Zu diesem Zweck ist von der Bundesrechenzentrum GmbH die Anbindung der Fahrschulen und der in § 4a Abs. 6 Z 1 genannten Vereine an das Zentrale Führerscheinregister zu ermöglichen.

(2) Werden eine oder mehrere der in § 4b genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3 nicht innerhalb von zwölf Monaten (neun Monaten im Fall der Klasse A) nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, ist der Führerscheinbesitzer zwölf Monate (neun Monate im Fall der Klasse A) nach Erteilung der Lenkberechtigung darüber zu verständigen. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb einer weiteren Frist von vier Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufe(n) anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs. 3 zweiter bis vierter Satz. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) nicht innerhalb von weiteren vier Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs. 3 sechster Satz vorzugehen. Hat der Betreffende in der Zwischenzeit seinen Hauptwohnsitz verlegt, hat die Behörde gegebenenfalls das Verfahren an die nunmehr zuständige Behörde abzutreten.

(3) Wurde die Lenkberechtigung auf mehr als 18 Monate entzogen, so ist die zweite Ausbildungs-phase nach einer eventuellen Wiedererteilung der Lenkberechtigung zu durchlaufen, sofern sie nicht bereits im Rahmen der Ersterteilung der Lenkberechtigung absolviert wurde.“

3. § 22 Abs. 7 zweiter Satz lautet:

„Diese Lenkberechtigung gilt als Ersterteilung und unterliegt den Bestimmungen des § 4 über den Probe-führerschein sowie den Bestimmungen der §§ 4a bis 4c über die zweite Ausbildungsphase.“

4. § 24 Abs. 3 sechster Satz lautet:

„Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder wurde bei diesen Maßnahmen die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.“

5. In § 36 Abs. 1 Z 1 lit. b wird der Strichpunkt am Ende durch einen Beistrich ersetzt und folgende lit. c angefügt:

              „c) an Fahrschulen und Vereine gemäß § 4a Abs. 6 Z 1 zur Eintragung der Absolvierung von Perfektionsfahrten, Fahrsicherheitstrainings und verkehrspsychologischen Gruppengesprächen ge­mäß § 4c Abs. 1 im Zentralen Führerscheinregister, sofern die jeweils durchführende Stelle zur Durchführung dieser Maßnahme berechtigt ist;“

6. In § 40 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Jene Anträge auf Erteilung einer Lenkberechtigung, die vor dem In-Kraft-Treten der §§ 4a bis 4c in der Fassung BGBl. I Nr. xxx/2002 bei der Behörde eingebracht wurden, sind nach der bisherigen Rechtslage zu behandeln.“

7. In § 43 wird folgender Abs. 13 angefügt:

„(13) Das Inhaltsverzeichnis, §§ 4a bis 4c, § 22 Abs. 7, § 24 Abs. 3 sowie § 40 Abs. 8 in der Fassung BGBl. I Nr. xxx/2002 treten mit 1. Jänner 2003 in Kraft. Verordnungen auf Grund der §§ 4a bis 4c in der Fassung BGBl. I Nr. xxx/2002 können bereits von dem der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2002 folgenden Tag an erlassen werden. Sie dürfen jedoch frühestens mit 1. Jänner 2003 in Kraft treten.“