1266 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 10. 7. 2002

Bericht und Antrag

des Gesundheitsausschusses


betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

Im Zuge der Beratungen über die Regierungsvorlage 1035 der Beilagen betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) hat der Gesundheitsausschuss über Antrag der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Dr. Erwin Rasinger mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Änderung des Bundespflegegeldgesetzes zum Inhalt hat.

Der Antrag war wie folgt begründet:

Zu Z 1 (§ 12 Abs. 5 BPGG):

Mit dieser Änderung soll klargestellt werden, dass eine Bescheiderlassung über die Anrechnung von Pflegegeldern, die gemäß Abs. 1 Z 1 nicht gebührt haben, aus verwaltungsökonomischen Gründen nur erfolgen soll, wenn dies der Pflegebedürftige innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Ruhensgrundes beantragt.

Zu Z 2 (§ 18a Abs. 1 BPGG):

Mit Abs. 1 soll nun eine Möglichkeit geschaffen werden, dass Personen, die zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen oder der Begleitung von im gemeinsamen Haushalt lebenden, schwerst erkrankten Kindern (Wahl- oder Pflegekindern) eine Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen, auf Antrag des Pflegebedürftigen das Pflegegeld, ausgezahlt werden kann, sofern keine stationäre Pflege in einer der in § 13 Abs. 1 Z 1 bis 5 genannten Einrichtungen vorliegt. Durch die Z 3 sollen auch jene Personen einbezogen werden, denen ein Karenzurlaub bzw. eine Dienstfreistellung nach entsprechenden Regelungen im Dienstrecht des Bundes oder der Länder gewährt wird.

Im Sinne einer sozialen Rechtsanwendung sind keine besonderen Anforderungen an Form und Inhalt solcher Anträge zu stellen; es wird im Regelfall wohl davon auszugehen sein, dass die Meldung der Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz beim Pflegegeldentscheidungsträger durch den Pflegebedürftigen auch den Antrag auf Änderung der Auszahlung gemäß § 18a umfasst. Damit soll dem Grundsatz der raschen und effizienten Hilfe bestmöglich entsprochen werden.

Zu Z 2 (§ 18a Abs. 2 BPGG):

Durch Abs. 2 wird klargestellt, dass die Inanspruchnahme der Familienhospizkarenz bescheinigt werden muss. Eine solche Bescheinigung kann insbesondere durch eine einfache Parteienerklärung, also eine Erklärung des die Familienhospizkarenz in Anspruch Nehmenden, oder durch eine Bestätigung des Arbeitgebers erfolgen.

Aus dieser Bescheinigung muss sich aber jedenfalls die Inanspruchnahme der Karenz selbst, deren Beginn und die geplante Dauer ersehen lassen.

Die Änderung der Auszahlung ist mit dem auf die Antragstellung auf geänderte Auszahlung folgenden Monat durchzuführen, sofern die Familienhospizkarenz zu diesem Zeitpunkt bereits besteht. In der Praxis wird es jedoch auch vorkommen, dass die Familienhospizkarenz nicht in dem Monat, in dem der Antrag gestellt wird, sondern zu einem späteren Zeitpunkt beginnt; für diesen Fall kann die Änderung der Auszahlung selbstverständlich frühestens ab dem Monat wirksam werden, in den der Beginn der Familienhospizkarenz fällt. Im Sinne einer größtmöglichen Systemkonformität wurde von einer Aliquotierung Abstand genommen.

Da bei laufenden Pflegegeldbezügen bis zur Änderung der Auszahlung das Pflegegeld direkt an den pflegebedürftigen Menschen ausbezahlt wird und es der Zweckwidmung des § 1 BPGG entsprechend für die Sicherung der notwendigen Betreuung und Hilfe zu verwenden ist, wird daher das Pflegegeld auch bis zur Änderung der Auszahlung jenen Personen zukommen, die die Pflege tatsächlich besorgen.

Das Pflegegeld ist ab dem Monat, der auf das Ende der Familienhospizkarenz folgt, wieder nach den Vorschriften des § 18 auszuzahlen, also etwa an die pflegebedürftige Person selbst, einen gesetzlichen Vertreter oder den Sachwalter.

Zu Z 2 (§ 18a Abs. 3 BPGG):

In den Fällen der Familienhospizkarenz gemäß § 18a Abs. 1 sind vor Abschluss des Verfahrens auf Gewährung oder Erhöhung des Pflegegeldes auf Antrag des Pflegebedürftigen auch Vorschüsse mindestens in Höhe des Pflegegeldes der Stufe 3 unter Berücksichtigung eines bereits rechtskräftig zuerkannten Pflegegeldes und der nach § 7 BPGG anzurechnenden Geldleistungen zu gewähren. Sollte bereits ein Pflegegeld mindestens in Höhe der Stufe 3 rechtskräftig zuerkannt sein, ist ein Vorschuss mindestens in Höhe des Pflegegeldes der Stufe 4 zu gewähren. Sofern die Voraussetzungen für ein höheres Pflegegeld mit Wahrscheinlichkeit vorliegen, kann auch ein höherer Vorschuss geleistet werden. Damit soll rasch und unbürokratisch geholfen werden.

Im Sinne einer sozialen Rechtsanwendung sind keine besonderen Anforderungen an Form und Inhalt solcher Anträge auf Vorschussleistung zu stellen; vielmehr ist im Regelfall davon auszugehen, dass die Antragstellung auf geänderte Auszahlung des Pflegegeldes bei Vorliegen eines offenen Gewährungs- oder Erhöhungsantrages auch den Antrag auf Vorschussleistung mitumfasst.

Aus medizinischer Sicht ist davon auszugehen, dass in der Mehrzahl der Fälle ein Pflegebedarf vorliegen wird, der zumindest der Pflegegeldstufe 3 entspricht.

Diese Vorschüsse sollen ab dem Monat gewährt werden, in dem der Antrag gestellt wurde, frühestens jedoch mit dem Monat, in dem die Familienhospizkarenz beginnt. An den Gewährungs- oder Erhöhungszeitpunkten im Sinne des § 9 Abs. 1 und 5 Z 2 BPGG wurde durch diese Bestimmung jedoch nichts geändert. Aus Gründen der Systemkonformität soll keine Aliquotierung erfolgen.

Sollte die Antragstellung zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die generelle monatliche Anweisung der Pflegegeldzahlungen des Entscheidungsträgers bereits erfolgt ist, so hat der Entscheidungsträger im Sinne einer raschen Hilfe eine gesonderte Anweisung durchzuführen.

Die Vorschüsse sind auf das gebührende Pflegegeld anzurechnen. Damit soll klargestellt werden, dass für denselben Zeitraum nicht sowohl ein gebührendes Pflegegeld als auch ein Vorschuss in zumindest der Höhe der Stufe 3 zusteht. Vielmehr ist der Vorschuss nach Abschluss des Verfahrens auf Gewährung oder Erhöhung des Pflegegeldes auf die Nachzahlungsbeträge aufzurechnen; sollte in einzelnen Fällen weniger als die Pflegestufe 3 bzw. 4 festgestellt werden, so erscheint eine Aufrechnung mit der laufenden Leistung nicht tunlich, da die Gewährung von pauschalierten Vorschüssen nicht zum Nachteil der pflegebedürftigen Personen gereichen soll.

Zu Z 2 (§ 18a Abs. 4 BPGG):

Bescheide über die Änderung der Auszahlung oder über Vorschüsse sind nur auf Verlangen des Pflegebedürftigen innerhalb von vier Wochen zu erlassen. Bei Auszahlungsangelegenheiten handelt es sich um eine Verwaltungssache; es liegt somit keine Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte vor.

Zu Z 2 (§ 18a Abs. 5 BPGG):

Durch Abs. 5 soll gewährleistet werden, dass jene Personen, die Familienhospizkarenz zur Begleitung von pflegebedürftigen Personen in Anspruch genommen haben, auch hinsichtlich des Bezuges und der Fortsetzungsberechtigung im Sinne des § 19 BPGG bevorrangt werden, da davon auszugehen ist, dass diese Personen jedenfalls auch Pflegeleistungen erbracht haben. Personen, die Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen, sollen sohin ausschließlich zum Bezug und zur Fortsetzung des Verfahrens berechtigt sein. Im Übrigen bleibt § 19 BPGG unverändert anwendbar.

Zu Z 3 (§ 21 Abs. 2 BPGG):

Im Rahmen der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001, wurde § 13 des Gerichtsgebührengesetzes dahingehend geändert, dass in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam sind. Von dieser Regenschirmderogation ist auch § 21 Abs. 2 BPGG betroffen. Zur Klarstellung soll diese Bestimmung trotzdem entsprechend angepasst werden. Die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz bleiben jedoch kraft gesetzlicher Anordnung im § 13 Gerichtsgebührengesetz weiterhin bestehen.

Zu Z 4 (§ 46 Abs. 3 BPGG):

Auf Grund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache Jauch, C-215/99, vom 8. März 2001 kann das Pflegegeld in den EWR exportiert werden. Damit können auch Personen, die bereits eine Leistung gemäß § 46 beziehen, einen Anspruch auf Pflegegeld erwerben. Zur Vermeidung von Doppelbezügen soll ausdrücklich geregelt werden, dass in diesen Fällen lediglich die höhere Leistung gebührt und die betragsmäßig niedrigere Leistung ruht.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes ergibt sich aus der Verfassungsbestimmung des Art. I des Bundespflegegeldgesetzes.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch die geplanten Änderungen im Bundespflegegeldgesetz im Zusammenhang mit der Familienhospizkarenz sind keine budgetären Mehrkosten verbunden. Durch die Konzeption als neue Auszahlungsvorschrift und Vorschussregelung werden keine neuen Ansprüche geschaffen. Die Verbesserung besteht darin, dass das Pflegegeld an Personen, die Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen, auf Antrag des Pflegebedürftigen ausbezahlt werden kann und bei anhängigen Verfahren auf Gewährung oder Erhöhung des Pflegegeldes ein Vorschuss mindestens in Höhe der Stufe 3 zu leisten ist.

Begründung für eine gemeinsame Behandlung gemäß § 27 GOG:

Die Patientencharta beinhaltet Regelungen zu wesentlichen Bereichen von Patientenrechten, zB betreffend Kontinuität von Pflege und Betreuung, Sterben in Würde, Kontakt von Vertrauenspersonen mit Sterbenden, Einbeziehung von Bezugspersonen in die Begleitung von Kindern. Eine schwere Erkrankung oder der Prozess des Sterbens eines Menschen betrifft immer auch die Familie. Die Angehörigen sind ebenfalls Betroffene. Diesem Gedanken entsprechend wurde vor kurzem die Familienhospizkarenz beschlossen. Als Begleitmaßnahme zur Familienhospizkarenz sollen durch eine Änderung des Bundespflegegeldgesetzes mit dem vorliegenden Antrag besondere Auszahlungsvorschriften und eine Vorschussregelung im Bundespflegegeldgesetz normiert werden, damit eine rasche Hilfe gewährleistet werden kann.

Auf Grund des inhaltlichen Zusammenhanges ist daher eine gemeinsame Behandlung gemäß § 27 GOG durchzuführen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 07 04

                                      Ridi Steibl                                                                  Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann