129 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (56 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex

Das International Centre for Migration Policy Development (Internationales Zentrum für Migrations­politikentwicklung, ICMPD im Folgenden) wurde mit Vertrag vom 1. Juni 1993 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, vertreten durch das Bundesamt für Flüchtlinge, und der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, gegründet. In den Folgejahren traten Ungarn und Slowenien der Vereinbarung bei, gegenwärtig bereiten Polen und Tschechien den Beitritt vor. Durch Vertragsänderung vom 27. März 1996, welche mit 1. Mai 1996 in Kraft trat, wurde das ICMPD völkerrechtlich als internationale Organisation im Sinne des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977, eingerichtet.

Das ICMPD hat seinen Sitz in Wien und verfolgt statutengemäß den Zweck, Forschungsarbeiten im Auftrag der Mitgliedstaaten durchzuführen, wissenschaftliche Untersuchungen zu verfassen und zu publizieren, Beratungsarbeiten und Sekretariatsfunktionen für Konferenzen und internationale Foren der Zusammenarbeit auszuführen und Veranstaltungen zu organisieren. Als Organe des ICMPD wurden eine politische Steuerungsgruppe (Art. 3 des Gründungsvertrags), der Direktor des ICMPD (Art. 5 des Gründungsvertrags) sowie ein Beratergremium (Art. 9 des Gründungsvertrags) eingerichtet.

Die Inhalte der Arbeit konzentrieren sich entsprechend der Satzung auf die Entwicklung mittel- und langfristiger Strategien in der Wanderungspolitik, auch im Bereich der Erarbeitung von Frühwarn­systemen, der Bekämpfung von Wanderungsursachen, der Vereinheitlichung von Grenzkontrollen und der Koordination der Fremden-, Asyl- und Flüchtlingspolitik.

Zur Regelung des Status des ICMPD in Österreich wurde am 31. Juli 1997 das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über die Einräumung von Privilegien an das Internationale Zentrum für Migrationspolitik­entwicklung (BGBl. III Nr. 127/1997) unterzeichnet, das am 20. August 1997 in Kraft trat.

In der Folge fand jedoch eine bedeutende Aufgabenausweitung und eine dadurch bedingte substanzielle Erhöhung des Personalstandes statt. Unter anderem übernahm das ICMPD die Funktionen eines Sekretariats des “Budapest-Prozesses” (gesamteuropäisches Kooperationsforum der Justiz- und Innen­minister) und gründete Rückführungszentren für Flüchtlinge im Balkanraum (zB Errichtung eines Field office in Sarajewo). Der erhöhte Bedarf an Arbeitskräften führte dazu, dass Personal nun direkt angestellt werden musste und nicht mehr nur durch Dienstzuteilungen seitens anderer Staaten oder zwischenstaatlicher Organisationen, wie ursprünglich vorgesehen, zur Verfügung gestellt werden konnte. Daher wurde es erforderlich, die auf das ICMPD anwendbaren Regelungen jenen vergleichbarer zwischenstaatlicher Organisationen in Österreich [vgl. unter anderem Joint Vienna Institute (JVI), BGBl. III Nr. 187/1997, und Sprachenzentrum Graz, BGBl. III Nr. 153/1998] anzugleichen. Aus diesem Grunde wurde in mehreren Verhandlungsrunden ein Abkommenstext vereinbart, der in weiten Zügen dem oben erwähnten Amtssitzabkommen mit dem Joint Vienna Institute entspricht (Art. 2 bis 11, 13 bis 21). Mit Inkrafttreten des neuen Amtssitzabkommens wird das oben erwähnte Privilegienabkommen außer Kraft treten (Art. 22 Abs. 1).

Die im Abkommen vorgesehenen Befreiungen entsprechen den geltenden EG-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere im Bereich der Zoll- und Steuerbefreiung, wonach Befreiungen auf Grund der üblichen Vorrechte, die gemäß Sitzabkommen, bei denen eine internationale Organisation Vertragspartei ist, gewährt werden können.

Es ist zu erwarten, dass das ICMPD wie in den vergangenen beiden Jahren eine jährliche Umsatz­steuervergütung von zirka 500 000 Schilling in Anspruch nehmen wird. Dazu kommt der Steuerausfall für den Erwerb von zwei Kraftfahrzeugen, der ungefähr 300 000 Schilling betragen wird. Der Einnahmensausfall auf Grund der Steuerbefreiung für Gehälter (mit Stand Jänner 2000 insgesamt 24 Bedienstete) dürfte zirka 2 Millionen Schilling betragen. Das ICMPD plant derzeit nicht, Güter aus Drittländern einzuführen, daher wird binnen der nächsten drei Jahre wohl keine Zollbefreiung zu erwarten sein. Insgesamt dürfte dieser Betrag bis 2002 also 7,7 Millionen Schilling ergeben. Allerdings wurden diese Privilegien bereits auf Grund Art. 1 und 2 des Privilegienabkommens von 1997, BGBl. III Nr. 127/1997, gewährt. Zudem dürften diese Ausfälle, wie im Falle anderer internationaler Organisa­tionen in Österreich, durch Käufe der Bediensteten und des ICMPD in Österreich (so sind Käufe von Kraftfahrzeugen und Büroeinrichtungen usw. nur in Österreich geplant) mehr als kompensiert werden.

Das vorliegende Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungs­ändernden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im österreichischen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2
B-VG nicht erforderlich ist. Da durch dieses Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG. Die innerstaatliche Durchführung des Abkommens obliegt dem jeweils zuständigen Bundesminister.

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 24. Mai 2000 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuss die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Internatio­nalen Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung samt Annex (56 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2000 05 24

                              Edeltraud Gatterer                                                                Peter Schieder

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann