135 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Bericht und Antrag
des Verfassungsausschusses
betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ergänzende Bestimmungen über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen erlassen werden
Im Zuge der Beratungen über den Antrag (136/A) der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G) hat der Verfassungsausschuss über Antrag der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Dr. Michael Krüger mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der ein Bundesgesetz, mit dem ergänzende Bestimmungen über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen erlassen werden, zum Inhalt hat.
Dieser Antrag war wie folgt begründet:
“Mit dem Bundesgesetz über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen (FS-G) wurde die dringend gebotene Umsetzung der Richtlinie 95/47/EG durchgeführt. Mit diesem Bundesgesetz zur Änderung des FS-G soll eine über die Richtlinie hinausgehende Verpflichtung der Anbieter von Dekodern eingeführt werden. Der Vertrieb von Dekodern und Fernsehgeräten mit integrierten Dekodern soll ab 1. Juni 2001 nur dann erlaubt sein, wenn diese über eine eingebaute zugangsoffene Schnittstelle verfügen.
Durch die Festlegung der gemeinsamen Schnittstelle (Common Interface) soll dafür gesorgt werden, dass Konsumenten in Zukunft nicht mehrere Dekoder erwerben müssen, um verschlüsselt ausgestrahlte Programme empfangen zu können, die sich unterschiedlicher Verschlüsselungssysteme bedienen. Ist nämlich der (integrierte) Dekoder nur in der Lage lediglich ein bestimmtes Verschlüsselungssystem “zu lesen” und verfügt dieser Dekoder über kein Common Interface, so kann der Konsument neben unverschlüsselten Programmen nur jene Programme verfolgen, die dieses eine Verschlüsselungssystem verwenden. Der Konsument wäre damit darauf angewiesen, dass die Programmanbieter genau jenes System anwenden, das sein Dekoder entschlüsseln kann. Das Common Interface ermöglicht es, dass die Konsumenten zwischen unterschiedlichen Zugangsberechtigungsmodulen wechseln können, wenn sie von einem Programmangebot zu einem anderen mit unterschiedlichem Verschlüsselungssystem übergehen wollen. Vorausgesetzt ist dabei, dass das Verschlüsselungssystem als auswechselbares Modul angeboten wird.
Das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC) hat die gemeinsame Schnittstellenspezifikation genormt (EN 50221), sodass diese Norm als Standard herangezogen werden kann. Um Weiterentwicklungen in den technischen Standards rasch Rechnung tragen zu können, wird eine Verordnungsermächtigung vorgesehen.
Die Verpflichtung zum Einbau einer gemeinsamen Schnittstelle als Voraussetzung für den Vertrieb in Österreich stellt eine technische Vorschrift im Sinne der Richtlinie 98/34/EG idF 98/48/EG dar. Derartige Vorschriften dürfen nur nach erfolgter Notifikation an die Europäische Kommission und Einhaltung der Stillhaltefristen beschlossen werden. Die Nichteinhaltung dieses Verfahrens hat nach der Judikatur des EuGH die Unanwendbarkeit der Vorschrift zufolge. Aus diesem Grund konnte der vorliegende Gesetzesantrag nicht in die Stammfassung des FS-G aufgenommen werden. Es ist vorerst ein Notifikationsverfahren durchzuführen. Nach dessen Abschluss kann dann die Beschlussfassung erfolgen.”
An der diesbezüglichen Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und MMag. Dr. Madeleine Petrovic sowie der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak.
Ferner traf der Ausschuss mehrstimmig folgende Feststellung:
“Der Verfassungsausschuss geht davon aus, dass das Bundesgesetz, mit dem ergänzende Bestimmungen über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen erlassen werden, im Sinne der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften in geeigneter Weise dem Notifikationsverfahren unterzogen wird.”
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2000 05 24
Karl Donabauer Dr. Peter Kostelka
Berichterstatter Obmann
Anlage
Bundesgesetz, mit dem ergänzende Bestimmungen über die Anwendung von Normen von Fernsehsignalen erlassen werden
Der Nationalrat hat beschlossen:
§ 1. (1) Alle Dekoder oder Fernsehgeräte mit einem integrierten Dekoder (Empfangsgeräte), die ab dem 1. Juni 2001 verkauft werden, müssen über zugangsoffene Schnittstellen verfügen, die Dritten die Herstellung und den Betrieb eigener Anwendungen erlauben. Die Schnittstellen müssen dem Stand der Technik, insbesondere einheitlich normierten europäischen Standards entsprechen. Der Stand der Technik und der einheitlich normierte europäische Standard ist vom Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Infrastruktur und Technologie durch Verordnung festzustellen.
(2) Hersteller der in Abs. 1 angeführten Geräte haben die Übereinstimmung dieser Geräte mit Abs. 1 sicherzustellen und in der Bedienungsanleitung die Übereinstimmung zu erklären.
§ 2. Wer gegen die Verpflichtungen gemäß § 1 verstößt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu bestrafen.
§ 3. Mit der Vollziehung ist der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Technologie betraut.
§ 4. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juni 2001 in Kraft.