205 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (109 der Beilagen): Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen


Das Abkommen hat – soweit es in die Vertragsabschlusskompetenz der Mitgliedstaaten der Europäischen Union fällt – gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es ist der unmittelbaren Anwendung im inner­staatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Es enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen und bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden. Die Kundmachung dieses Abkommens samt der Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen, die in den elf Amtssprachen der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht werden, soll gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten erfolgen.

Die Europäische Union hat bereits mit einer Reihe von Republiken der ehemaligen Sowjetunion Partner­schafts- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, und zwar mit Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldova, der Russischen Föderation, Ukraine und Usbekis­tan. Die Unterzeichnung eines derartigen Abkommens mit Turkmenistan erfolgte am 25. Mai 1998 in Brüssel.

Das gegenständliche Abkommen stellt die erste vertragliche Beziehung zwischen den Europäischen Gemeinschaften und Turkmenistan dar und ersetzt das am 18. Dezember 1989 unterzeichnete Abkommen über den Handel sowie die handelspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der EWG und der EAG (Europäische Atomgemeinschaft) einerseits und der UdSSR andererseits (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 068 vom 15. März 1990), soweit es die Beziehungen zwischen den Europä­ischen Gemeinschaften und Turkmenistan betrifft.

Das Abkommen schafft einen verlässlichen Rahmen für die Neugestaltung der politischen, wirtschafts- und handelspolitischen Beziehungen zu Turkmenistan. Gegenüber dem obgenannten Abkommen mit der UdSSR enthält es im Wesentlichen folgende neue Elemente:

–   Institutionalisierung eines politischen Dialoges;

–   weitgehende Bestimmungen über industrielle, technische, wissenschaftliche und kulturelle Zusammen­arbeit;

–   Bestimmungen über Rechtsangleichung, Wettbewerb und ein Verbot von Beihilfen;

–   Bestimmungen über die finanzielle Zusammenarbeit.

Ziel des Abkommens ist es, den politischen Dialog zu fördern, die Ausweitung von Handel und Investi­tionen insbesondere im Energiesektor anzuregen, die dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung der Wirtschaft der Vertragsparteien zu sichern und die Festigkeit der Demokratie und den Übergang von einer Staats- zu einer Marktwirtschaft zu unterstützen. Die Achtung der demokratischen Prinzipien, der Grund­sätze des Völkerrechtes und der Menschenrechte stellen grundlegende Elemente des Abkommens dar.

Im Warenverkehr treten die Vertragspartner für die auf den Grundsätzen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT 1994) beruhende Liberalisierung ein und gewähren einander die Meist­begünstigung. Nicht berührt werden hiervon eingeräumte Vorteile auf Grund von Freihandelsabkommen oder einer Zollunion sowie von Vereinbarungen zugunsten von Entwicklungsländern.

Der Handel mit Kernmaterial zwischen den Vertragsparteien soll gemäß den Bestimmungen des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft durchgeführt werden. Erforderlichenfalls wird der Handel mit Kernmaterial durch ein zwischen der Europäischen Atomgemeinschaft und Turkmenistan zu schließendes gesondertes Abkommen geregelt werden.

Im Bereich der Niederlassung von Gesellschaften, Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen gewähren die Vertragspartner einander unbeschadet der in den Anhängen II und III des Abkommens festgelegten Ausnahmen Meistbegünstigung.

Die Vertragsparteien sind durch das Abkommen nicht daran gehindert, ihre Gesetze und sonstigen Vorschriften über Einreise und Aufenhalt, Arbeit, Arbeitsbedingungen, Niederlassung von natürlichen Personen und Einbringung von Dienstleistungen anzuwenden, sofern sie dies nicht auf eine Weise tun, durch welche Vorteile, die einer Vertragspartei aus einer Bestimmung des Abkommens erwachsen, zunichte gemacht oder verringert werden.

Große Bedeutung wird auch dem Schutz des geistigen Eigentums beigemessen. In diesem Bereich verpflichtet sich Turkmenistan, binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens ein der Gemein­schaft vergleichbares Schutzniveau zu erreichen.

Neben der wirtschaftlichen und industriellen Kooperation sieht das Abkommen auch eine Zusammen­arbeit ua. auf den Gebieten der Angleichung der Gesetzgebung, der Investitionsförderung und des Investi­tionsschutzes, des öffentlichen Auftragwesens, der Normen und der Konformitätsprüfung, des Bergbaus und der Rohstoffe, der Wissenschaft und Technik, der allgemeinen und beruflichen Bildung, der Agrar- und Ernährungswirtschaft, der Energie, der Umwelt, des Verkehrs, der Postdienste und der Tele­kommunikation, der Finanzdienstleistungen und der Steuerbehörden, der Privatisierung von Unter­nehmen, der Regionalentwicklung, im sozialen Bereich sowie auf den Gebieten des Fremdenverkehrs, der Information und Kommunikation, des Verbraucherschutzes, des Zollwesens, der Bekämpfung der Geld­wäsche und des Drogenhandels, der Verhütung der illegalen Einwanderung und der Kultur vor.

Durch das Abkommen wird ein Kooperationsrat geschaffen, der einmal jährlich zusammentritt und sich aus den Mitgliedern des Rates der Europäischen Union und Mitglieder der Europäischen Kommission einerseits und Mitgliedern der Regierung Turkmenistans andererseits zusammensetzt.

Das Abkommen wird für zunächst zehn Jahre geschlossen und danach automatisch um jeweils ein Jahr verlängert, sofern es nicht eine Vertragspartei sechs Monate vor Ende der Laufzeit gegenüber der anderen Vertragspartei kündigt.

Da das Abkommen neben in der Kompetenz der Gemeinschaft liegenden Materien auch Bereiche regelt, für welche die Mitgliedstaaten zuständig sind, wird es als sogenanntes gemischtes Abkommen ge­schlossen werden und bedarf dementsprechend auf EU-Seite neben der Genehmigung durch die Gemein­schaften auch der Genehmigung durch alle Mitgliedstaaten.

Das Abkommen ist in den elf Amtssprachen der Europäischen Union sowie in turkmenischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 21. Juni 2000 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitsche Ausschuss die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Turkmenistan andererseits samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte samt Erklärungen (109 der Beilagen) wird genehmigt.

2. Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung dieses Abkommens samt Anhängen, Protokoll über Amtshilfe im Zollbereich und Schlussakte einschließlich der diesen beigefügten Erklärungen, die in den elf Amtssprachen der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wird, in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen.


Wien, 2000 06 21

                               Matthias Ellmauer                                                                Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann