262 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Verfassungsausschusses


über die Regierungsvorlage (98 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird

Nach der geltenden Rechtslage sind lediglich “Druckwerke”, dh. “Medienwerke, durch die Mitteilungen oder Darbietungen ausschließlich in Schrift oder in Standbildern verbreitet werden,” von einer Ab­lieferungs- oder Anbietungspflicht betroffen. Damit sind die klassischen Printmedien wie Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher erfasst.

Dies hat zur Folge, dass die in Österreich produzierten “elektronischen” Medienwerke nicht abzuliefern oder anzubieten sind und damit derzeit in keiner Einrichtung in Österreich systematisch gesammelt und archiviert werden.

Im Hinblick auf die rasche technologische Entwicklung und der damit verbundenen Tatsache, dass die Urheber von Mitteilungen oder Darbietungen in stetig steigendem Ausmaß die mit dieser Entwicklung möglichen neuen Erscheinungsformen nutzen, besteht daher Grund zur Annahme, dass ein wesentlicher Teil des Kulturgutes langfristig betrachtet mangels zentraler Erfassung und Sammlung verloren geht und eben nicht mehr erhalten werden kann bzw. für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird. Diese Erkenntnis hat bereits in einigen europäischen Ländern, aber auch in den USA und in Kanada zu legistischen Vorkehrungen geführt, die eine Archivierung dieser “neuen Medien” im Rahmen einer Pflichtablieferung vorsehen. Damit soll sichergestellt werden, dass auch diese Träger von Mitteilungen oder Darbietungen entsprechend archiviert werden, um sie für künftige Generationen zu erhalten. Dies betrifft insbesondere elektronische “Offline-Produkte”, wobei in erster Linie an CD-ROMs zu denken ist und genauso einen unverzichtbaren “Teil des geistig-kulturellen Schaffens” in Österreich darstellen können.

Die Grenzen “freier Werknutzungen” oder der zulässige Umfang der Benutzung in Bibliotheken und sonstigen öffentlichen Einrichtungen sind weiterhin ausschließlich nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) zu beurteilen. Diesbezüglich wird bei den empfangsberechtigten Stellen größte Sorgfalt zu beachten sein, um unberechtigte Eingriffe in das Urheberrecht hintanzuhalten bzw. von vornherein auszuschließen. Dafür ist auch der Abschluss entsprechender Benützungsvereinbarungen zwischen empfangsberechtigter Stelle und Medieninhaber ein geeigneter Weg. Sichergestellt muss bleiben, dass Archivkopien zum Zweck der dauerhaften Archivierung angelegt werden können. Unberührt bleibt auch die Befugnis öffent­lich zugänglicher Einrichtungen gemäß § 42 Abs. 4 Z 2 UrhG mit den dort festgelegten Einschränkungen, von veröffentlichten aber nicht erschienenen Werken (etwa bei Rundfunksendungen) einzelne Verviel­fältigungsstücke herzustellen und diese gemäß § 56b UrhG zu benutzen.

Die zu erwartende Anzahl an Medienwerken, die auf Grund der vorliegenden Novelle jährlich zusätzlich an die OeNB abzuliefern wären, kann auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre auf 100 bis maximal 200 Titel jährlich geschätzt werden.

Durch die Erhöhung des Schwellenwertes für die zu leistende Vergütung für Druckwerke um 400 S kann die finanzielle Belastung im Hinblick auf die neu vorgesehene Vergütung für Medienwerke ausgeglichen werden. Der überwiegende Teil der in Österreich verlegten CD-ROMs hat einen Ladenpreis von unter 1 000 S. Die Verwaltung und Abwicklung der mit der Ablieferungs- und Anbietungspflicht verbundenen Aufgaben kann im Rahmen der bestehenden Personalressourcen bewältigt werden. Die Mehrbelastung (zusätzlicher Arbeitsanfall) bei der Inventarisierung für die OeNB ist im Verhältnis zum jährlichen Gesamtzuwachs von etwa 50 000 bis 60 000 Bänden an Druckschriften (wovon die Hälfte Pflicht­exemplare sind) nicht nennenswert. Die finanzielle Belastung im Hinblick auf die Erstattung des Aufwandes für Lizenzen, die regelmäßig einen Anteil von 5 bis 10% am Ladenpreis einer CD-ROM ausmachen, erscheint vernachlässigbar. Insgesamt sind keine nennenswerten zusätzlichen Belastungen für die empfangsberechtigten Stellen oder die Verwaltung zu erwarten.

Der Verfassungsausschuss hat die erwähnte Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 30. Juni 2000 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen außer dem Berichterstatter, Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka, die Abge­ord­neten Mag. Terezija Stoisits und Dr. Peter Wittmann das Wort.

Die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Dr. Michael Krüger brachten einen Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung dieses Abänderungsantrages einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2000 06 30

                           Mag. Helmut Kukacka                                                         Dr. Peter Kostelka

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

 

Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird


Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz), BGBl. Nr. 314/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 105/1997, wird wie folgt geändert:

1. In Art. I lautet die Überschrift des § 43:

“Anbietungs- und Ablieferungspflicht bei Druckwerken”

2. Nach Art. I § 43 wird folgender § 43a samt Überschrift eingefügt:

“Anbietungs- und Ablieferungspflicht bei sonstigen Medienwerken

§ 43a. (1) Der Anbietungs- und Ablieferungspflicht gemäß § 43 unterliegen auch sonstige Medien­werke mit Ausnahme von Schallträgern und Trägern von Laufbildern (Filmwerken oder kinemato­graphischen Erzeugnissen). Medienwerke, die als elektronische Datenträger in technischer Weiter­entwicklung von Druckwerken neben schriftlichen Mitteilungen oder Standbildern auch Darbietungen in Wort, Ton oder Laufbildern enthalten, unterliegen der Anbietungs- und Ablieferungspflicht.

(2) Durch Verordnung können die Kategorien von Medienwerken, die der Anbietungs- und Ab­lieferungspflicht unterliegen, vom Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur näher festgelegt werden.

(3) Ist ein Medienwerk seiner Art nach nicht von der Verordnung im Sinne des vorhergehenden Absatzes erfasst, so hat auf Antrag des möglichen Verpflichteten oder der möglichen empfangs­berechtigten Stelle der Bundeskanzler nach Anhörung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur festzustellen, ob die Verpflichtung zur Ablieferung oder Anbietung gemäß Abs. 1 besteht, weil das Medienwerk nach seiner Aufmachung und nach der Art der Verwendung als eine technische Weiterentwicklung eines Druckwerkes angesehen werden kann.

(4) § 43 Abs. 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass insgesamt die Anzahl der abzuliefernden Stücke nicht mehr als fünf betragen darf.”

3. Art. I § 44 lautet:

§ 44. (1) Der Ablieferungspflicht nach § 43 Abs. 1 Z 1 und § 43a hat der Medieninhaber (Verleger) binnen einem Monat nach Beginn der Verbreitung, der Hersteller in den Fällen des § 43 Abs. 2 binnen einem Monat ab Herstellung nachzukommen. Gleiches gilt für die Anbietungspflichten nach § 43 Abs. 1 Z 2 und § 43a; dem Verlangen der Bibliotheken nach Übermittlung ist binnen einem weiteren Monat ab Einlangen der Aufforderung zu entsprechen.

(2) In den Fällen des § 43 Abs. 2 genügt die Ablieferung oder Übermittlung von Stücken der vom Hersteller ausgelieferten Art. Gleiches gilt für Medienwerke gemäß § 43a.

(3) Werden Druckwerke, deren Ladenpreis den Betrag von 2 000 S übersteigt, nicht binnen sechs Wochen zurückgestellt, so hat die empfangsberechtigte Stelle die Hälfte des Ladenpreises zu vergüten. Bei Werken, die aus zwei oder mehreren einzeln verkäuflichen Teilen bestehen, ist eine Vergütung für jeden dieser Werkteile zu leisten, dessen Ladenpreis den angegebenen Betrag übersteigt.

(4) Werden sonstige Medienwerke, deren Ladenpreis den Betrag von 1 000 S übersteigt, nicht binnen sechs Wochen zurückgestellt, so hat die empfangsberechtigte Stelle die Hälfte des Ladenpreises zu vergüten. Bei Werken, die aus zwei oder mehreren einzeln verkäuflichen Teilen bestehen, ist eine Vergütung für jeden dieser Werkteile zu leisten, dessen Ladenpreis den angegebenen Betrag übersteigt. Werden sonstige Medienwerke, deren Ladenpreis den Betrag von 1 000 S nicht übersteigt, nicht zurückgestellt, so hat die empfangsberechtigte Stelle dem zur Ablieferung Verpflichteten, wenn für das abgelieferte Medienwerk nachweislich eine Vergütung an Dritte für die Einräumung von Lizenzen zu leisten war, diesen Aufwand zu ersetzen.”


4. In Art. I § 45 wird in Abs. 1 und in Abs. 2 jeweils nach dem Ausdruck “§ 43” die Wortfolge “oder § 43a” eingefügt.

5. Nach Art. VI wird folgender Art. VIa eingefügt:

“Artikel VIa

Schlussbestimmungen zu Novellen

Art. I §§ 43a, 44 und 45 sowie Art. VII in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 treten mit 1. September 2000 in Kraft.”

6. Art VII lautet:

“Artikel VII

Vollziehung

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. hinsichtlich des Art. I § 1 Abs. 1 Z 12, §§ 6 bis 23, §§ 28 bis 42 und § 46 Abs. 1 bis 3 sowie des Art. VI Abs. 2 bis 8 der Bundesminister für Justiz;

           2. hinsichtlich des Art. I §§ 2 bis 5 und des Art. VI Abs. 1 der Bundesminister für Justiz und der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit;

           3. hinsichtlich des Art. I §§ 27, 45, 46 Abs. 4 und 49 der Bundesminister für Inneres;

           4. hinsichtlich des Art. I § 43a der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur;

           5. hinsichtlich des Art. I §§ 47 und 48 der Bundesminister für Inneres und der Bundeskanzler;

           6. hinsichtlich des Art. II der jeweils zuständige Bundesminister und

           7. im Übrigen der Bundeskanzler.”