28 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Rechnungshofausschusses


betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Konsolidierungs­pakete (III-5 der Beilagen)


Der gegenständliche Wahrnehmungsbericht wurde im Nationalrat am 18. November 1999 eingebracht und im Rechnungshofausschuss erstmalig am 15. Dezember 1999 behandelt.

Gegenstand der Gebarungsüberprüfung gemäß Art. 126d Abs. 1 B-VG waren die – auf den Zeitraum 1995 bis 1997 bezogene – Evaluierung der Umsetzung der beiden, im wesentlichen auf gesetzlichen und administrativen Vorkehrungen fußenden Konsolidierungspakete 1995 und 1996 (Sparpakete), der Erfolg der getroffenen Konsolidierungsmaßnahmen und ihre Vollziehung im Bereich des Bundes, der Länder und Gemeinden sowie eine Erhebung der Auswirkungen bei Unternehmungen, die der Prüfungszu­ständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

Der Wahrnehmungsbericht, der einen Nachtrag zum Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes für das Verwaltungsjahr 1997 darstellt, erstreckt sich auf folgende Verwaltungsbereiche:

Oberste Organe
Bundeskanzleramt
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten
Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales
Bundesministerium für Finanzen
Bundesministerium für Inneres
Bundesministerium für Justiz
Bundesministerium für Landesverteidigung
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft
Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie
Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr.

Die Gebarungsüberprüfung erfolgte in Form einer Querschnittsüberprüfung im Wesentlichen von März bis Juni 1998 bei den Zentralstellen des Bundes, bei den Ländern und den der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Gemeinden sowie bei den Sozialversicherungsträgern. Der Rechnungshof erhob ferner bei stichprobenweise ausgewählten öffentlichen Unternehmungen die Auswirkungen der Konsolidierungsmaßnahmen.

Wie der gegenständliche Bericht in der Zusammenfassung ausführt, wurde nach Meinung des Rechnungshofes das wesentliche Ziel der Budgetkonsolidierung, das Defizit (“Maastricht”-Defizit) des gesamten öffentlichen Sektors bis 1997 auf drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu senken, erreicht (öffentliches Defizit 1997: 1,9 Prozent des BIP). Einen wesentlichen Beitrag dazu leistete die günstige Entwicklung in den Bundesländern und Gemeinden.

Eine exakte Aussage darüber, ob die Konsolidierung zu zwei Dritteln über ausgabenseitige Einsparungen und zu einem Drittel über einnahmenseitige Maßnahmen erfolgte, war nicht möglich. Aus volkswirt­schaftlicher Sicht war der Anteil der einnahmenseitigen Maßnahmen (etwa 45%) höher als vorgesehen.

Die Ausarbeitung der beiden Strukturanpassungsgesetze erfolgte unter großem Zeitdruck und war zum Teil unzureichend dokumentiert.

Im Jahr 1995 lag der Abgang des Allgemeinen Haushalts des Bundes (Budgetdefizit) mit 117,9 Milliarden Schilling noch um 15,6 Milliarden Schilling über dem Voranschlag. Das Konsolidierungsziel wurde in diesem Jahr nicht erreicht.

Im Jahr 1996 lagen die Einnahmen und Ausgaben des Bundes geringfügig über, der Abgang minimal unter dem Voranschlag.

Die Dynamik der Neuverschuldung und somit des Anwachsens des öffentlichen Schuldenstandes konnte durch Vermögensveräußerungen und Auslagerung von Schulden gebremst werden. Günstig wirkte sich dabei auch das niedrige Zinsniveau aus. Trotz rückläufiger Abgangsentwicklung des Bundeshaushalts stieg die Finanzschuld des Bundes auch 1997 weiterhin an (1996: 1 416 Milliarden Schilling; 1997: 1 497,3 Milliarden Schilling).

Das Controlling unterstützte die Zielerreichung, war aber nur zum Teil auf einzelne Maßnahmen abgestimmt. Dies erschwerte gezielte Steuerungsmaßnahmen hinsichtlich der Wirksamkeit einzelner legistischer und administrativer Maßnahmen. Der Rechnungshof empfahl die weitere Ausgestaltung und Abstimmung der Controllinginstrumente.

Die Konsolidierungsmaßnahmen wurden nicht zur Verwaltungsvereinfachung genützt. Mehrere Regelun­gen verursachten sogar beträchtliche Verwaltungserschwernisse (zB Neuregelungen des Einkommens­begriffes, Werkvertragsregelung, Änderung von Abgabengesetzen während des Jahres).

Laut den Angaben vom Rechnungshof befragter Unternehmungen hätten die Konsolidierungspakete steuerliche und administrative Mehrbelastungen in unterschiedlichem Ausmaß bewirkt.

Auch sozial Schwächere waren von den Konsolidierungsmaßnahmen (zB Verlängerung des Durch­rechnungszeitraumes als Basis für Arbeitslosengeld von sechs auf zwölf Monate, Begrenzung der Höhe der Notstandshilfe unter Bezugnahme auf die Versicherungsdauer, Einschränkung beim Familienzu­schlag) betroffen.

Zusätzlich zu den alle Bevölkerungsgruppen belastenden Konsolidierungsmaßnahmen trug nach Ansicht des Rechnungshofes der öffentliche Dienst einen nicht unwesentlichen Anteil der ausgabenseitigen Maßnahmen.

Die Einsparungen beim öffentlichen Dienst wurden, wenn auch verzögert, durch die wirksam werdende Besoldungsreform überlagert. Mehrere pensionsrelevante Maßnahmen werden für neu eintretende Mitarbeiter zum Teil erst in etwa 20 bis 30 Jahren wirksam. Personalreduktionen wurden weitgehend durch Ausgliederungen erreicht.

Ungeachtet mancher Schwachstellen erachtete der Rechnungshof die in den Jahren 1995 bis 1997 erzielte Konsolidierung der öffentlichen Haushalte als einen zwar wesentlichen, jedoch nicht abschließenden Beitrag zur Erfüllung der für die Annäherung bzw. Übereinstimmung der wirtschaftlichen Rahmenver­hältnisse in den Mitgliedstaaten der EU erforderlichen Voraussetzungen sowie zur Sicherung der finanziellen Stabilität Österreichs und seiner Bonität auf den internationalen Finanzmärkten.

Nach Ansicht des Rechnungshofes werden nämlich – nicht zuletzt auch wegen der Teilnahme Österreichs an der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und der damit verbundenen supranationalen Verpflichtung der Teilnehmerstaaten zu mittelfristig (annähernd) ausgeglichenen Haushalten (“close to balance”) – zur Sicherung der gebotenen Nachhaltigkeit der erreichten Konso­lidierungserfolge weitere, insbesondere ausgabenseitige Konsolidierungsschritte, vorwiegend zur Beseiti­gung langjähriger struktureller Finanzierungsprobleme der öffentlichen Haushalte, erforderlich sein.

Der Rechnungshofausschuss hat den gegenständlichen Bericht am 20. Jänner 2000 unter Beiziehung von Auskunftspersonen im Sinne des § 40 Abs. 1 GOG aus dem Bereich Bundesministerium für Finanzen in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Hermann Böhacker, Otmar Brix, Dr. Gabriela Moser, Johann Kurzbauer, Josef Edler, Mag. Franz Steindl, Mag. Gilbert Trattner, Reinhart Gaugg, Dr. Peter Pilz, Reinhold Lexer, Mag. Herbert Scheibner, Mag. Brunhilde Plank, Anton Leikam, Dr. Sylvia Papházy, Dieter Brosz, Rosemarie Bauer, Gerhard Reheis, Nikolaus Prinz, Mag. Martina Pecher, Theresia Haidlmayr, Dr. Günther Kräuter, Mag. Kurt Gaßner, Mag. Beate Hartinger, Gabriele Binder, der Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler, der Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger, der Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend, die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer, die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch sowie der Ausschussobmann Mag. Werner Kogler.

Bei der Abstimmung wurde der Wahrnehmungsbericht mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Rechnungshofausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:


Der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Konsolidierungspakete (III-5 der Beilagen) wird zur Kenntnis genommen.

Wien, 2000 01 20

                                 Gabriele Binder                                                             Mag. Werner Kogler

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann