306 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (203 der Beilagen): Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Perso­nen

Das Übereinkommen hat gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Übereinkommen enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden. Das Übereinkommen ist mit dem Rechtsbestand der Europäischen Union vereinbar.

Am Wiener Europaratsgipfel am 9. Oktober 1993 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Europarates, als Bestandteil der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), anstelle der bisherigen Konventionsorgane einen einzigen Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu errichten. Die Reform des Kontrollmechanismus der Konvention war notwendig geworden, um den effizienten Rechtsschutz im Hinblick auf die wachsende Anzahl von Beschwerden im Allgemeinen aufrechterhalten und stärken zu können und im Besonderen die Verfahrensdauer vor den Straßburger Instanzen zu verkürzen.

Am 11. Mai 1994 wurde das Protokoll Nr. 11 zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschen­rechte und Grundfreiheiten, durch das die in der Konvention vorgesehenen Kontrollmechanismen reformiert werden, zur Unterzeichnung aufgelegt. Österreich hat dieses noch am gleichen Tag unter­zeichnet und am 3. August 1995 ratifiziert. Das Protokoll Nr. 11 ist am 1. November 1998 in Kraft getreten (BGBl. III Nr. 30/1998), worauf der neue ständige Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Tätigkeit aufnehmen konnte.

In Anbetracht dieser Reform des Kontrollsystems war es erforderlich, die den an den Verfahren vor den ehemaligen Konventionsorganen teilnehmenden Personen gewährten Immunitäten und Erleichterungen auch jenen Personen einzuräumen, die an Verfahren vor dem neuen Gerichtshof teilnehmen. Dabei wurde die Ausarbeitung eines neuen Übereinkommens einer Änderung des bestehenden Europäischen Übereinkommens betreffend die an Verfahren vor der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen (BGBl. Nr. 490/1981) vorgezogen.

Das gegenständliche Europäische Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof teilnehmenden Personen wurde in der Folge vom Ministerkomitee des Europarates am 9. Februar 1996 angenommen und am 5. März 1996 zur Unterzeichnung aufgelegt. Das Übereinkommen ist am 1. Jänner 1999 in Kraft getreten und wurde von Österreich am 7. Mai 1999 unterzeichnet.

Das Übereinkommen ist weitgehend nach dem Vorbild des für Verfahren vor den ehemaligen Konventionsorganen anwendbar gewesenen Europäischen Übereinkommens über die an Verfahren vor der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen ausgestaltet, wobei jedoch insbesondere alle Hinweise auf die ehemalige Kommission unterdrückt wurden. Den an Verfahren vor dem Gerichtshof teilnehmenden Personen werden – wie in den Verfahren vor den ehemaligen Konventionsorganen – bestimmte Immunitäten und Erleichterungen gewährt, insbesondere in Bezug auf ihre mündlichen oder schriftlichen Äußerungen gegenüber dem Gerichtshof, auf Urkunden oder andere Beweismittel, die sie dem Gerichtshof vorlegen, sowie auf ihre Bewegungs- und Reisefreiheit für die Teilnahme an Verfahren vor dem Gerichtshof.

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 4. Oktober 2000 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuss die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Europäisches Übereinkommen über die an Verfahren vor dem Euro­päischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen (203 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2000 10 04

                              Edeltraud Gatterer                                                                Peter Schieder

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann