334 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Umweltausschusses


über den Entschließungsantrag 121/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verfahren (UVP) für ein Hilfsbetriebsgebäude des in Bau befindlichen Kernkraftwerks (KKW) Temelin in der Tschechischen Republik und


über den Entschließungsantrag 205/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Umsetzung der Abschlusserklärung der Delegation aller neun Landtage zur Verhinderung grenznaher Atomkraftwerke vom 9. Mai 2000 und

über den Entschließungsantrag 206/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Schlussoffensive gegen den Fertigbau des AKW Temelin

Die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Karl Schweitzer und Genossen haben den gegenständlichen Antrag am 22. März 2000 im Nationalrat eingebracht. Der Begründung wurde entnommen:

„Nach Aufhebung der Baubewilligung für ein Hilfsbetriebsgebäude des in Bau befindlichen Kernkraft­werks Temelin durch das Prager Obergericht ist im Zuge der Wiederholung des Bauverfahrens für diesen Teil des KKW auch ein UVP-Verfahren durchzuführen.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2000 hat das Umweltministerium der Tschechischen Republik die österreichische Botschaft in Prag von der Eröffnung dieses UVP-Verfahrens in Kenntnis gesetzt. Nach tschechischem Recht muss die vom Antragsteller vorgelegte „Dokumentation“ in den zuständigen Ge­meinden für die Dauer von 30 Kalendertagen zur öffentlichen Einsichtnahme aufgelegt werden. Binnen dieser Frist können Stellungnahmen abgegeben werden. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme endet am 31. März 2000.

Das Umweltbundesamt als Umweltschutzfachstelle des Bundes wurde beauftragt, eine fachliche Stellung­nahme zur vorliegenden Dokumentation zu erarbeiten und diese der Öffentlichkeit bekannt zu machen.“

Die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Dr. Gabriela Moser und Genossen haben den Entschließungs­antrag 205/A(E) am 7. Juni 2000 im Nationalrat eingebracht. Der vorliegenden Begründung wurde entnommen:

Am 9. Mai 2000 haben sich Vertreter aller neun österreichischen Landtage in ihrer Diskussion der weiteren Anti-Atom-Politik auf folgende Schlusserklärung – die nachstehend teilweise wiedergegeben ist – verständigt:

„In der Fünf-Parteien-Entschließung über die Fortführung der österreichischen Atomenergiepolitik vom 10. Juli 1997 wurde das Bekenntnis zu einer Politik für ein kernenergiefreies Mitteleuropa durch detaillierte Vorstöße bekräftigt und konkretisiert. Die Bundesregierung wurde ersucht, im Rahmen der Beitrittsverhandlungen ,verbindlich für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten einzutreten‘. Auch die bilateralen Übereinkommen über Nuklearfragen – insbesondere mit der Tschechischen Republik – sollten verbessert werden. Im Zusammenhang mit den grenznahen kerntechnischen Anlagen (zB Temelin, Krisko, Bohunice und Mochovce) sollen multilaterale Konzepte für nichtnukleare Alternativen initiiert und auf EU-Ebene Finanzierungsinstrumente geschaffen werden.

Darüber hinaus wurde die Bundesregierung durch eine einstimmige Entschließung vom 13. Juli 1999 (E 197/NR/XX. GP) ersucht, einen ausgearbeiteten ,Aktionsplan für die weitere österreichische Anti-Atom-Politik im europäischen Zusammenhang‘ konsequent umzusetzen. Dieser Beschluss wurde am 18. November 1999 bekräftigt.“


Die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Dr. Gabriela Moser und Genossen haben den Entschließungs­antrag 206/A(E)  am 7. Juni 2000 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Im Zusammenhang mit dem Bau des tschechischen AKW Temelin besteht aus einer Reihe aktueller Entwicklungen dringender Handlungsbedarf: Die Aufdeckung der Dumpingexporte, keinerlei Inlandsbedarf für Temelin, riskanter Technologie-Mix, Kritik der eigenen tschechischen Atombehörde und nur noch knapp drei Monate bis zur geplanten Beschickung von Reaktor 1 mit Brennelementen und fünf Monate bis zum geplanten Start des Probebetriebes. Die Temelin-Betreiber erhöhten das Fertigstellungstempo mit Vorgangsweisen, die für Österreich und die EU untragbar sein müssen.

Vertreter des tschechischen Energieversorgers CEZ haben bereits mehrfach zugegeben, dass die Preise für Stromexporte in einigen Fällen unter den Erzeugungskosten liegen. Der neuerlich bekannt gewordene Verdacht über Dumping-Stromexporte von CEZ macht zudem deutlich, dass das AKW Temelin im Widerspruch zu bisherigen Aussagen überwiegend für Exportzwecke dienen soll.

Tschechische Behörden haben zudem beschlossen, dass die Temelin-Erbauer die wichtigen Detailunter­lagen über den Reaktorbau, deren Offenlegung seit Monaten von den Temelin-Gegnern eingeklagt wurde, in ihren entscheidenden Kernbereichen nicht offen legen müssen.

Den Ausweg aus den drohenden 13 weiteren UVP-Verfahren könnten die Temelin-Betreiber nun nach Informationen der Temelin-Gegner in einer zusammengefassten UVP suchen – mit der Ankündigung einer derartigen Gesamt-UVP wird der Industrieminister Gregr in tschechischen Medien zitiert.“

Der Umweltausschuss hat die vorliegenden Entschließungsanträge in seiner Sitzung am 13. Oktober 2000 in Verhandlung genommen.

Zum Antrag 121/A(E) fungierte Abg. Karlheinz Kopf als Berichterstatter, zu den Anträgen 205/A(E) und 206/A(E) Abg. Dr. Eva Glawischnig.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Georg Oberhaidinger, Ing. Gerhard Fallent, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Erwin Hornek sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer.

Die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Karlheinz Kopf, Georg Oberhaidinger, Ing. Gerhard Fallent brachten einen gesamtändernden Entschließungsantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Karlheinz Kopf, Georg Oberhaidinger, Ing. Gerhard Fallent einstimmig ange­nommen. Die Anträge 121/A(E), 205/A(E) und 206/A(E) gelten durch die Beschlussfassung als miterledigt.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 2000 10 13

                             Dr. Eva Glawischnig                                                        Mag. Karl Schweitzer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann

 

Entschließung

1.  Die Bundesregierung wird ersucht, auf nationaler und europäischer Ebene alles zu unternehmen, um eine endgültige Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Temelin zu verhindern. Mit der Republik Tschechien sind erneut Verhandlungen aufzunehmen, in denen einerseits im Rahmen der Energie­partnerschaften von Seiten Österreichs verstärkt Hilfe beim Ausstieg angeboten werden sollte, andererseits eine internationale Umweltverträglichkeitsprüfung erneut einzufordern ist.

2.  Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird ersucht, die Anwendung des Art. 2 § 13 des Energieliberalisierungsgesetzes vorzubereiten, damit Stromimporte aus Drittstaaten, deren Anlagen nicht dem Stand der Technik entsprechen, zu untersagen sind.

3.  Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird ersucht, den dringenden Verdacht von Wett­bewerbsverzerrungen durch Preisdumping bei tschechischen Stromexporten in EU-Staaten zu prüfen und gegebenenfalls auf Ebene der europäischen Kommission rechtlich zu relevieren sowie dem deutschen Wirtschaftsminister von der diesbezüglichen österreichischen Position zu informieren und ihn zu ersuchen, bezüglich der Anwendung der EU-Anti-Dumping-Bestimmungen streng vorzugehen.

4.  Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird ersucht, Gespräche mit der deutschen Bundes­regierung und insbesondere dem Wirtschaftsminister aufzunehmen, mit dem Ziel, dass Deutschland bezüglich Stromimporten aus Drittstaaten eine an den Art. 2 § 13 des österreichischen Energie­liberalisierungsgesetzes angelehnte Regelung verabschiedet.

5.  Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird ersucht, an seinen tschechischen Amtskollegen, Industrieminister Gregr, heranzutreten und dabei die Position Österreichs in Bezug auf Stromimporte von Drittstaaten nach Österreich klarzustellen.