340 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 7. 12. 2000

Regierungsvorlage

 

Bundesgesetzes, mit dem das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Strafgesetzbuch und das Gerichtsorganisationsgesetz geändert werden

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderungen des Jugendgerichtsgesetzes

Das Jugendgerichtsgesetz 1988, BGBl. Nr. 599, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 55/1999, wird wie folgt geändert:

1. § 1 Z 2 hat zu lauten:

         „2. Jugendlicher: wer das vierzehnte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat;“.

2. § 22 und seine Überschrift entfallen.

3. § 23 wird wie folgt geändert:

a) In der Z 2 tritt an die Stelle des Strichpunktes am Ende der lit. b ein Punkt; lit. c entfällt.

b) Folgende Z 3 wird angefügt:

         „3. zur Ausübung der Aufgaben des Vollzugsgerichtes für das Gefangenenhaus des Jugendgerichts­hofes Wien und für die Justizanstalt für Jugendliche Gerasdorf sowie für Freiheitsstrafen und vorbeugende Maßnahmen, auf die vom Jugendgerichtshof Wien erkannt worden ist, und die in einer anderen im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gelegenen Justiz­anstalt vollzogen werden.“

4. § 26 und seine Überschrift entfallen.

5. § 27 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift hat zu lauten:

„Sachliche Zuständigkeit“.

b) Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) In Jugendstrafsachen und in Strafsachen wegen Straftaten, die vor Vollendung des einund­zwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, obliegt dem Geschworenengericht die Hauptverhand­lung und Urteilsfällung

           1. wegen der im § 14 Abs. 1 Z 1 bis 10 StPO angeführten strafbaren Handlungen und

           2. in den Fällen, in denen auf eine mehr als zehnjährige Freiheitsstrafe erkannt werden kann.“

6. § 29 hat zu lauten:

§ 29. Für Jugendstrafsachen und für Strafsachen wegen Straftaten, die vor Vollendung des einund­zwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Beschuldigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.“

7. § 34 Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Wenn aber

           1. beide Strafsachen nicht ausschließlich oder überwiegend die Beteiligung an derselben strafbaren Handlung betreffen oder

           2. die Strafsache gegen den Erwachsenen vor ein Gericht höherer Ordnung gehört,

kann die Strafsache gegen den Erwachsenen abgesondert geführt werden.“

8. Dem § 46, dessen bisheriger Inhalt die Absatzbezeichnung „(1)“ erhält, wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Der Bundesminister für Justiz kann mit gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen oder Vereinigungen über die Höhe der nach Abs. 1 vom Bund zu übernehmenden Kosten Verträge nach bürgerlichem Recht abschließen. Die Vereinbarung von Pauschalbeträgen ist zulässig. Der Bundes­minister für Justiz kann die Grundsätze der Pauschalierung mit Verordnung festlegen. Dabei ist insbesondere das Betreuungsangebot der Einrichtung oder Vereinigung zu berücksichtigen.“

9. Nach dem § 46 wird folgender § 46a samt Überschrift eingefügt:

„Verfahrensbestimmungen für Strafsachen junger Erwachsener

§ 46a. (1) Das Strafverfahren wegen einer vor Vollendung des neunzehnten Lebensjahres begangenen Tat obliegt dem die Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen ausübenden Gericht.

(2) Die §§ 31, 32 Abs. 2 und 3, 34, 35 Abs. 1 zweiter Satz, 36, 37, 40 bis 42, 45 und 46 gelten in allen Fällen, in denen die Tat vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen wurde beziehungsweise der Beschuldigte im Zeitpunkt der Verfahrenshandlung das einundzwanzigste Lebens­jahr noch nicht vollendet hat, entsprechend.“

10. § 52 hat zu lauten:

§ 52. Einem Jugendlichen oder einem Erwachsenen vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebens­jahres ist unter den Voraussetzungen des § 6 des Strafvollzugsgesetzes ein Aufschub des Vollzuges der Freiheitsstrafe zur Förderung des späteren Fortkommens (§ 6 Abs. 1 Z 2 lit. a des Strafvollzugsgesetzes) auch für die Dauer von mehr als einem Jahr zu gestatten, wenn dies notwendig ist, um dem Verurteilten den Abschluss seiner Berufsausbildung zu ermöglichen.“

Artikel II

Änderungen des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2000, wird wie folgt geändert:

1. Im § 34 Abs. 1 Z 1 wird das Wort „neunzehnten“ durch das Wort „achtzehnten“ ersetzt.

2. § 36 und seine Überschrift haben zu lauten:

„Verhängung von Freiheitsstrafen über Personen unter einundzwanzig Jahren

§ 36. Gegen eine Person, die zur Zeit der Tat das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, darf auf keine strengere als eine Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren erkannt werden. An die Stelle der Androhung einer lebenslangen Freiheitsstrafe und der Androhung einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe tritt die Androhung einer Freiheitsstrafe von fünf bis zu zwanzig Jahren. Das Mindestmaß aller sonst angedrohten Freiheitsstrafen beträgt höchstens ein Jahr.“

3. Nach dem § 41a wird folgender § 41b samt Überschrift eingefügt:

„Außerordentliche Strafmilderung und Vorbehalt der Strafe wegen mangelnder Reife

§ 41b. (1) Liegt der Begehung einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat mangelnde Reife der Täterpersönlichkeit oder entwicklungsbedingtes Verhalten zu Grunde, so kann die Strafe auch nach Maßgabe des § 41 gemildert werden.

(2) Unter den im Abs. 1 genannten Voraussetzungen kann der Ausspruch der Strafe für eine Probezeit vorbehalten werden (§ 13 des Jugendgerichtsgesetzes 1988).“

4. Dem § 46 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Ist die Freiheitsstrafe wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat verhängt worden, so beträgt die mindestens zu verbüßende Strafzeit (Abs. 1 und 2) einen Monat.“

5. Dem § 50 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Abs. 1 gilt entsprechend, wenn der Ausspruch der Strafe für eine Probezeit vorbehalten wird (§ 13 des Jugendgerichtsgesetzes 1988) oder die Einleitung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe, die wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat verhängt worden ist, nach § 6 Abs. 1 Z 2 lit. a des Strafvollzugsgesetzes oder nach § 52 des Jugendgerichtsgesetzes 1988 für die Dauer von mehr als drei Monaten aufgeschoben wird.“

Artikel III

 

Änderungen des Gerichtsorganisationsgesetzes

Das Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. Nr. 217/1896, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 164/1999, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 26 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) Die Vormundschafts- und Pflegschaftssachen von Minderjährigen, die Jugendstrafsachen und die Jugendschutzsachen sind derart denselben Gerichtsabteilungen zuzuweisen, dass alle dieselben Minderjährigen betreffenden Angelegenheiten zu einer Gerichtsabteilung gehören. Diesen Abteilungen sollen auch die Verfahren wegen strafbarer Handlungen, die vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, zugewiesen werden.“

2. Dem § 32 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Jugendstrafsachen und Jugendschutzsachen sind derselben Gerichtsabteilung, nach Maßgabe des Geschäftsumfanges auch zwei oder mehreren Gerichtsabteilungen, zuzuweisen. Denselben Abteilungen sollen auch die Verfahren wegen strafbarer Handlungen, die vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, zugewiesen werden.“

3. Dem § 98 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Die §§ 26 Abs. 7 und 32 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx sind erstmals auf das mit 1. Februar 2001 beginnende Geschäftsverteilungsjahr anzuwenden.“

Artikel IV

Inkrafttreten

Die durch Artikel I und II dieses Bundesgesetzes geänderten Bestimmungen treten mit 1. Juli 2001 in Kraft.

Vorblatt

Probleme und Ziele des Entwurfs:

Die Regierungsvorlage zur Neuordnung des Kindschaftsrechtes sieht ua. eine Herabsetzung des Voll­jährigkeitsalters vom 19. auf das 18. Lebensjahr vor. Dieser Vorschlag wirft die Frage auf, ob die derzeit gleichfalls mit der Vollendung des 19. Lebensjahres festgesetzte obere Altersgrenze für die Anwendung des Jugendstrafrechts ebenfalls um ein Jahr gesenkt werden soll, zumal die mit dem Jugendgerichtsgesetz 1988 vorgenommene Anhebung dieser Altersgrenze auch mit einem Gleichziehen mit dem bereits seit 1973 geltenden Volljährigkeitsalter von 19 Jahren begründet worden ist. Andererseits ist allgemein anerkannt, dass die – gerade zwischen dem 18. und dem 20. Lebensjahr seit jeher deutlich ansteigende und danach wieder sinkende – „Jugend“-Kriminalität überwiegend kein Anzeichen für den Beginn „krimi­neller Karrieren“ darstellt, sondern vielmehr Ausdruck vorübergehender Probleme bei der Anpassung an die Erwachsenenwelt ist (sog. Adoleszenzkrise), die in aller Regel bald überwunden werden können. Auf solche Erscheinungen passagerer Verstöße gegen die Rechtsordnung sollte daher nach kriminologischen Erkenntnissen nicht mit eingreifenden Strafsanktionen, sondern mit Zurückhaltung reagiert werden, um nicht durch strafrechtliche Stigmatisierung das Fortkommen junger Erwachsener unangemessen zu beeinträchtigen und damit – in Anbetracht der präventiven Zwecke des Strafrechts – kontraproduktiv zu wirken.

Inhalt:

Ausgehend von diesen beiden Grundannahmen lässt sich der wesentliche Inhalt des Entwurfes wie folgt zusammenfassen:

1.  Absenkung der oberen Altersgrenze für die Anwendung des Jugendstrafrechts vom 19. auf das 18. Lebensjahr;

2.  Zuständigkeitskonzentration bei den Gerichtsabteilungen für Jugendstrafsachen bzw. am Wohnort des Beschuldigten (für Strafsachen wegen Taten, die vor dem 19., allenfalls 21. Lebensjahr begangen wurden);

3.  erweiterte Anwendung der verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen des JGG;

4.  Übertragung der vollzugsgerichtlichen Zuständigkeit für die Justizanstalt für Jugendliche Geras­dorf an den Jugendgerichtshof Wien;

5.  Schaffung einzelner Sonderbestimmungen für die strafrechtliche Behandlung von Personen unter 21 Jahren im StGB (insb. Ausschluss der lebenslangen Freiheitsstrafe, Herabsetzung des Mindestmaßes der strengsten Strafdrohungen auf fünf bzw. ein Jahr Freiheitsstrafe, Erweiterung der außerordentlichen Strafmilderung in Fällen mangelnder Reife).

Alternativen:

Beibehaltung der geltenden Rechtslage oder Schaffung eines eigenständigen Heranwachsendenstrafrechts.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Es kann davon ausgegangen werden, dass der durch die Überstellung des Jahrganges der 18-Jährigen in den (etwas abgemilderten) Wirkungsbereich des Erwachsenenstrafrechts indizierte Vollzug (längerer) unbedingt verhängter Freiheitsstrafen einen jährlichen Mehraufwand von drei bis vier Millionen Schilling zur Folge haben wird.

EG-Konformität:

EU-Recht wird durch den vorliegenden Entwurf nicht berührt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

 

I. Allgemeines

Die Regierungsvorlage zur Neuordnung des Kindschaftsrechtes, 296 BlgNR XXI. GP, sieht ua. eine Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 19. auf das 18. Lebensjahr vor. Dieser Vorschlag wirft die Frage auf, ob die derzeit gleichfalls mit der Vollendung des 19. Lebensjahres festgesetzte obere Alters­grenze für die Anwendung des Jugendstrafrechts ebenfalls um ein Jahr gesenkt werden soll, zumal die mit dem Jugendgerichtsgesetz 1988 vorgenommene Anhebung dieser Altersgrenze (§ 1 Z 2 JGG) – wenngleich nur unter anderem – auch mit einem Gleichziehen mit dem bereits seit 1973 geltenden Volljährigkeitsalter von 19 Jahren begründet worden ist. Ein Auseinanderfallen der beiden Altersgrenzen würde nun dazu führen, dass es einen Altersjahrgang Jugendlicher gäbe, die bereits volljährig sind, daher keine gesetzlichen Vertreter mehr haben und bei denen auch familien- und jugendwohlfahrtsrechtliche Verfügungen in der Regel nicht mehr getroffen werden können. Ein Teil der Bestimmungen des JGG wird daher für diesen Jahrgang jedenfalls unanwendbar werden.

Andererseits ist zu bedenken, dass Österreich im Gegensatz zur deutschen und zahlreichen anderen Rechtsordnungen kein „Heranwachsendenstrafrecht“ als Zwischenstufe zwischen dem Jugendstrafrecht und der uneingeschränkten Anwendung des allgemeinen Strafrechts kennt. Die Anhebung der oberen Altersgrenze des Jugendstrafrechts auf das 19. Lebensjahr war daher seinerzeit auch als eine Art Kompensation dafür zu sehen. Schließlich ist allgemein anerkannt, dass die – gerade zwischen dem 18. und dem 20. Lebensjahr seit jeher deutlich ansteigende und danach wieder sinkende – „Jugend“-Kriminalität überwiegend kein Anzeichen für den Beginn „krimineller Karrieren“ darstellt, sondern vielmehr Ausdruck vorübergehender Probleme bei der Anpassung an die Erwachsenenwelt ist (sog. Adoleszenzkrise), die in aller Regel bald überwunden werden können. Auf solche Erscheinungen passagerer Verstöße gegen die Rechtsordnung sollte daher nach kriminologischen Erkenntnissen nicht mit eingreifenden Strafsanktionen, sondern mit Zurückhaltung reagiert werden, um nicht durch strafrechtliche Stigmatisierung das Fortkommen junger Erwachsener unangemessen zu beeinträchtigen und damit – in Anbetracht der präventiven Zwecke des Strafrechts – kontraproduktiv zu wirken.

Der vorliegende Entwurf schlägt (unter Berücksichtigung dieser einander zum Teil entgegengesetzten Erwägungen) vor, die beiden Altersgrenzen für die zivilrechtliche Volljährigkeit und für den Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenstrafrecht weiterhin übereinzustimmen und daher auch die Anwendung des Jugendstrafrechts künftig mit der Vollendung des 18. Lebensjahres, also auf 14- bis 17-Jährige, zu begrenzen. Damit folgt der Entwurf dem Beispiel fast aller anderen europäischen Rechtsordnungen und nimmt ferner darauf Bedacht, dass die Anzahl der bekannt gewordenen (in der Polizeilichen Kriminal­statistik aufscheinenden) Straftaten Jugendlicher in den letzten Jahren merklich angestiegen ist – wenngleich nur im unteren Kriminalitätsbereich und nicht etwa bei den Verbrechen (§ 17 StGB).

Zugleich soll, wiederum dem Beispiel der überwiegenden Zahl vergleichbarer Rechtsordnungen (einschließlich der Reformstaaten in Ost- und Mitteleuropa) folgend, ansatzweise auch dem erwähnten Umstand Rechnung getragen werden, dass die Kriminalität junger Menschen zwischen dem 18. und dem 21. Lebensjahr vielfach nicht nach denselben Maßstäben zu messen ist wie die älterer Personen, ohne jedoch ein eigenständiges „Heranwachsendenstrafrecht“ zu schaffen. Vielmehr sollen lediglich die schon in geltenden Bestimmungen des Straf- und Strafvollzugsrechtes (vgl. §§ 34 Abs. 1 Z 1, 36 StGB) vorzufindenden Ansätze für eine besondere Behandlung junger Erwachsener etwas erweitert werden.

In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich ferner, Strafsachen gegen junge Beschuldigte jedenfalls bis zum 19., gegebenenfalls bis zum 21. Lebensjahr – ungeachtet der (etwas modifizierten) Anwendung des allgemeinen materiellen Strafrechts –, grundsätzlich in der Zuständigkeit der für Jugendstrafsachen zuständigen Geschäftsabteilungen (Gerichte) zu belassen bzw. in diese zu übertragen. Dies erleichtert es auch, jene besonderen Verfahrensbestimmungen des 5. Abschnitts des JGG, die auch bei volljährigen Beschuldigten anwendbar erscheinen, für den Jahrgang der 18-Jährigen beizubehalten sowie auf 19- und 20-Jährige auszudehnen.

Im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf wurde von mehreren Seiten Kritik an den Vor­schlägen des Entwurfes geübt. Ein Teil dieser kritischen Stimmen wollte die seit 1988 geltende Altersgrenze für den Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenstrafrecht (19. Lebensjahr) beibehalten, ein anderer Teil anerkannte zwar die Plausibilität einer Herabsetzung auf das 18. Lebensjahr zugleich mit der Absenkung des Volljährigkeitsalters, sprach sich jedoch für die Schaffung eines Heranwachsenden­strafrechts als eigenständiger Mittelstufe zwischen dem Jugend- und dem allgemeinen Strafrecht aus oder verlangte die Einleitung einer umfassenden Fachdiskussion in dieser Richtung.

Der vorliegende Entwurf folgt dieser Kritik zwar weder in der einen noch in der anderen Richtung, kommt den kritischen Stimmen aber insoweit entgegen, als er die oben erwähnten mildernden Ansätze des geltenden Rechtes für junge Erwachsene etwas erweitert (vor allem durch die Schaffung eines neuen Falles außerordentlicher Strafmilderung für Straftaten junger Erwachsener, die auf mangelnde Reife der Täterpersönlichkeit bzw. entwicklungsbedingtes Verhalten zurückzuführen sind) und überdies für die Übertragung der Führung von Strafverfahren gegen junge Menschen bis zum 19., allenfalls bis zum 21. Lebensjahr an die Gerichtsabteilungen für Jugendstrafsachen bzw. selbständigen Jugendgerichte am Wohnort des Beschuldigten Vorsorge trifft. Dies erleichtert ferner eine erweiterte Anwendung der bewährten verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen des JGG.

Der wesentliche Inhalt des Entwurfes lässt sich wie folgt zusammenfassen:

 1.  Absenkung der oberen Altersgrenze für die Anwendung des Jugendstrafrechts vom 19. auf das 18. Lebensjahr;

 2.  Übertragung der vollzugsgerichtlichen Zuständigkeit für die Justizanstalt Gerasdorf an den Jugend­gerichtshof Wien;

 3.  Führung der Strafverfahren gegen junge Menschen bis zum 19., allenfalls bis zum 21. Lebensjahr durch die für Jugendstrafsachen zuständigen Gerichtsabteilungen bzw. selbständigen Jugendgerichte am Wohnort des Beschuldigten;

 4.  erweiterte Anwendung der bestehenden verfahrensrechtlichen Sonderbestimmungen des JGG;

 5.  Einschränkung der abgesonderten Führung von Strafsachen gegen Erwachsene, die grundsätzlich gemeinsam mit Jugendstrafsachen zu führen sind;

 6.  Ermächtigung des Bundesministers für Justiz zum Abschluss von Verträgen mit gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen oder Vereinigungen über die Höhe der nach § 46 JGG vom Bund zu übernehmenden Kosten bei Therapieweisungen;

 7.  Einbeziehung junger Erwachsener in die Möglichkeit eines längeren Aufschubs des Strafvoll­zuges zum Zweck des Abschlusses einer Berufsausbildung;

 8.  Herabsetzung der strengsten Strafdrohungen (10 bis 20 Jahre Freiheitsstrafe bzw. 10 bis 20 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafe) sowie Absenkung des Mindestmaßes aller sonst angedrohten Freiheits­strafen auf höchstens ein Jahr bei jungen Menschen bis zum 21. Lebensjahr;

 9.  Erweiterung der außerordentlichen Strafmilderung (im Sinne des § 41 StGB) in Fällen mangelnder Reife bzw. entwicklungsbedingten Verhaltens sowie Ermöglichung eines Schuldspruchs unter Vor­behalt der Strafe für eine Probezeit (§ 13 JGG) in solchen Fällen;

10.   Verkürzung der für den Fall der bedingten Entlassung aus einer wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangenen Tat verhängten Freiheitsstrafe mindestens zu verbüßenden Strafzeit von drei Monate auf einen Monat.

II. Zu den finanziellen Auswirkungen:

Die Überstellung des Jahrganges der 18-Jährigen in den Wirkungsbereich des Erwachsenenstrafrechts wird vor allem beim Vollzug von Haftstrafen zu Mehraufwand führen. Dieser wurde in dem zur Begut­achtung versendeten Ministeralentwurf mit 9 000 zusätzlichen Hafttagen bzw. einem Kostenaufwand von rund elf Millionen Schilling jährlich eingeschätzt. Im Hinblick auf die mit dem vorliegenden Entwurf vorgeschlagene Verstärkung der Ansätze zu einer Abmilderung des Übergangs zum Erwachsenen­strafrecht (insb. Erweiterung der außerordentlichen Strafmilderung in Fällen mangelnder Reife) kann davon ausgegangen werden, dass sich die durch den vorliegenden Entwurf bewirkte Mehrbelastung des Strafvollzuges auf etwa 3 000 zusätzliche Hafttage bzw. drei bis vier Millionen Schilling jährlich reduziert.

Ein begrenzter Mehraufwand durch die Einbeziehung der 19- und 20-jährigen Verurteilten mit Therapie­weisung in die Kostenübernahmeverpflichtung nach § 46 JGG sollte durch die voraussichtlich kosten­senkende Wirkung der Ermächtigung des Bundesministers für Justiz zum diesbezüglichen Abschluss von Verträgen (§ 46 Abs. 2 neu) kompensiert werden.

Die mit der Gesetzwerdung des Entwurfes verbundenen zusätzlichen Kosten von drei bis vier Millionen Schilling werden durch Mehreinnahmen im Ressortbereich zu bedecken sein.

III. Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu Artikel I (Änderungen des Jugendgerichtsgesetzes 1988)

Zu Z 1 (§ 1 Z 2 JGG):

Im Sinne der allgemeinen Begründung des Entwurfes sollen künftig schon mit Vollendung des 18. statt bisher des 19. Lebensjahres grundsätzlich die Strafdrohungen des allgemeinen Strafrechts zur Anwendung gelangen. Der Begriff „Jugendlicher“ soll daher künftig nur noch die Altersgruppen der 14- bis ein­schließlich 17-Jährigen umfassen und mit dem zivilrechtlichen Begriff des mündigen Minderjährigen übereinstimmen.

Zu Z 2 (Entfall des § 22 JGG):

Auf die Erläuterungen zu Art. II Z 5 (§ 50 Abs. 1a StGB) wird verwiesen.

Zu Z 3 (§ 23 Z 2 und 3 JGG):

Der Jugendgerichtshof Wien, dem schon bisher auch die Funktion des Vollzugsgerichtes für die Justizanstalt Wien-Erdberg zukommt, soll künftig auch als Vollzugsgericht für die einzige Justizanstalt Österreichs, die ausschließlich für den Jugendstrafvollzug (an männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen) bestimmt ist (Gerasdorf), fungieren. Damit soll auch der Umstand, ob der Entlassungs­vollzug in der JA Gerasdorf oder in der JA Wien-Erdberg durchgeführt wird (§ 56 Abs. 3 JGG), keinen Einfluss mehr auf die vollzugsgerichtliche Zuständigkeit haben.

Zugleich empfiehlt es sich klarzustellen, dass dem Jugendgerichtshof Wien auch die vollzugsgerichtliche Kompetenz für jene von ihm ausgesprochenen Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen zukommt, die in einer anderen Wiener Justizanstalt (JA Josefstadt, JA Simmering, JA Favoriten, JA Mittersteig), vollzogen werden.

Zu den Z 4 bis 6 (§§ 26, 27 und 29 JGG):

Die sachliche Zuständigkeit für das Strafverfahren gegen junge Menschen wegen einer vor Vollendung des 19. Lebensjahres begangenen Straftat soll (wie bisher) den für Jugendstrafsachen zuständigen Geschäftsabteilungen der Bezirks- und Landesgerichte, gegebenenfalls den bestehenden selbständigen Jugendgerichten, zugewiesen werden. Diese Zuständigkeitskonzentration (die auch die bisher bestehende Auslastung dieser Geschäftsabteilungen und Gerichte aufrechterhält) soll ferner – soweit das gerichts­organisatorisch und geschäftsverteilungsmäßig möglich ist – auf Strafsachen junger Beschuldigter aus­gedehnt werden, die vor Vollendung des 21. Lebensjahres strafbare Handlungen begangen haben (vgl. die mit Art. IV dieses Entwurfes vorgeschlagenen Änderungen des Gerichtsorganisationsgesetzes). Zugleich soll die in Jugendstrafsachen herkömmliche und zweckmäßige örtliche Zuständigkeit jenes Gerichtes, in dessen Sprengel der Beschuldigte zur Zeit der Verfahrenseinleitung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, künftig ebenfalls auf Strafsachen wegen Straftaten erweitert werden, die vor Vollendung des 21. Lebens­jahres begangen worden sind.

Die Zuständigkeit des Geschworenengerichtes auf Grund hoher Strafdrohung soll gleichfalls – wie schon bisher in Jugendstrafsachen – auch bei Straftaten junger Erwachsener auf Fälle einer zehn Jahre über­schreitenden Freiheitsstrafdrohung beschränkt sein.

Zu Z 7 (§ 34 Abs. 2 JGG):

Die im Gesetz als Grundsatz vorgesehene Verbindung von Jugendstrafsachen und Strafsachen gegen Erwachsene, die sich auf die Beteiligung an derselben strafbaren Handlung beziehen, soll weiter verstärkt werden: Zum einen sollen die beiden auf Zweckmäßigkeitsgründe zurückzuführenden Ausnahmen des Abs. 2 Z 1 und 2 (Beteiligung an überwiegend unterschiedlichen strafbaren Handlungen, Auseinander­fallen der Gerichtszuständigkeit) nicht mehr zwingend zu einer getrennten Führung der Verfahren gegen den Jugendlichen und gegen den Erwachsenen führen und soll die im Abs. 2 Z 3 enthaltene Ausnahme (Besorgnis eines unverhältnismäßigen Nachteils für einen der Beschuldigten) ganz entfallen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf § 57 StPO gestützte Möglichkeit der Verfahrenstrennung ohnehin bestehen bleibt. Zum anderen sollen künftig auch Strafsachen wegen strafbarer Handlungen, an denen junge und ältere Erwachsene beteiligt waren, grundsätzlich von dem für den jüngeren Beschuldigten zuständigen Gericht gemeinsam geführt werden (vgl. § 46a Abs. 2 JGG idF des Entwurfes).

Zu Z 8 (§ 46 Abs. 2 JGG):

Die Bestimmung der in Fällen einer gerichtlichen Therapieweisung vom Bund zu übernehmenden Kosten wird dadurch erschwert, dass die Gerichte in der Regel nicht über ausreichende Informationen zur Beurteilung von Art, Qualität und Intensität der von therapeutischen Einrichtungen jeweils angebotenen Behandlungsmaßnahmen verfügen. Da diese Einrichtungen nur zum Teil einer Anstaltspflege im Sinne der §§ 66 ff B-KUVG vergleichbare Leistungen erbringen, fehlt es an entsprechenden Gebühren­regelungen.

Der Entwurf sieht daher nach dem Vorbild des § 41 Abs. 3 SMG eine Ermächtigung des Bundesministers für Justiz vor, mit einzelnen gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen Vereinbarungen über die Höhe der vom Bund zu übernehmenden Kosten abzuschließen. Dabei soll die Vereinbarung von Pauschal­beträgen (etwa für Therapieeinheiten ambulant durchgeführter Psychotherapie) zulässig sein. Die Grund­sätze der Pauschalierung können durch Verordnung des Bundesministers für Justiz festgesetzt werden. Dabei werden leistungsbezogene Parameter (Qualifikation des Betreuungspersonals, zahlenmäßiges Verhältnis von Betreuungspersonal und betreuten Personen, ärztliche Versorgung, psychotherapeutische Behandlung usw.) zu bewerten sein.

Zu Z 9 (§ 46a JGG):

Auch in Strafsachen wegen strafbarer Handlungen, die von unter 21-jährigen jungen Menschen begangen wurden, sollen künftig die besonderen Verfahrensbestimmungen des 5. Abschnitts des JGG anzuwenden sein, soweit sie nicht ihrer Natur nach nur bei Minderjährigen in Betracht kommen (Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters) oder sonst bei über 18-Jährigen nicht erforderlich scheinen. Die anzuwendenden Bestimmungen betreffen: den Ausschluss eines Protokollsvermerks im Fall eines Schuldspruchs unter Vorbehalt der Strafe (§ 32 Abs. 2), das allgemeine Beschwerderecht (§ 32 Abs. 3), die gemeinsame Verfahrensführung mit Strafsachen (älterer) Erwachsener (§ 34), die Beschränkung der Verhängung der Untersuchungshaft (§ 35 Abs. 1 zweiter Satz), Sonderbestimmungen für die Anhaltung in Untersuchungs­haft (§ 36), die Beiziehung einer Vertrauensperson zu Befragungen und Vernehmungen (§ 37), die Mitwirkung eines bestellten Bewährungshelfers in der Hauptverhandlung (§ 40), die Verhandlung in vorübergehender Abwesenheit des Beschuldigten (§ 41), den Ausschluss der Öffentlichkeit der Haupt­verhandlung (§ 42), die Verfahrenskosten (§ 45) sowie die subsidiäre Kostenübernahme durch den Bund bei Weisungen zu einer psychotherapeutischen, medizinischen oder Entwöhnungsbehandlung (§ 46).

Zu Z 10 (§ 52 JGG):

Die im Jugendstrafrecht vorgesehene Möglichkeit eines längeren (ein Jahr übersteigenden) Aufschubs des Strafvollzuges (§ 6 StVG) zum Zweck der Ermöglichung des Abschlusses einer Berufsausbildung soll künftig auch bei Personen offen stehen, die wegen Straftaten verurteilt wurden, die sie als junge Erwachsene begangen haben.

Zu Artikel II (Änderungen des StGB):

Zu Z 1 und 2 (§§ 34 und 36 StGB):

Die Ahndung von Straftaten junger Erwachsener bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (einschließlich des Altersjahrganges der 18-Jährigen, die bisher als Jugendliche anzusehen waren) soll grundsätzlich nach den Bestimmungen des allgemeinen Strafrechts erfolgen. Hievon soll es jedoch nachstehende – zum Teil bereits im geltenden Recht angelegte – Ausnahmen geben:

1.  Der schon jetzt bis zum 20. Lebensjahr festgelegte Ausschluss der lebenslangen Freiheitsstrafe (§ 36 StGB) soll künftig bis zum 21. Lebensjahr gelten. An die Stelle der Androhung einer solchen Strafe (allein oder zusammen mit einer zeitlichen Freiheitsstrafe von 10 bis zu 20 Jahren) soll bei jungen Erwachsenen eine Strafdrohung von 5 bis zu 20 Jahren treten.

2.  Bei den strengsten Strafdrohungen (10 bis 20 Jahre, 5 bis 15 Jahre und 5 bis 10 Jahre) soll für Straf­taten junger Menschen jeweils ein Mindestmaß von einem Jahr (unter Beibehaltung der Obergrenze des Strafsatzes) gelten.

3.  Die Begehung einer Straftat vor Vollendung des 21. Lebensjahres stellt schon bisher einen allgemeinen Milderungsgrund dar (§ 34 Abs. 1 Z 1 StGB).

Zu Z 3 (§ 41b StGB):

Von der Möglichkeit der außerordentlichen Strafmilderung nach Maßgabe des § 41 StGB soll bei jungen Menschen, die vor Vollendung des 21. Lebensjahres eine strafbare Handlung begangen haben, auch in Fällen Gebrauch gemacht werden können, in denen die Tatbegehung auf eine noch nicht voll ausgereifte Täterpersönlichkeit (verzögerte bzw. „defizitäre“ Reife) oder auf entwicklungsbedingtes Verhalten (bei­spielsweise bei Normverstößen im Rahmen der Aktivitäten von Gruppen Heranwachsender) zurück­geführt werden kann.

In solchen Fällen soll ausnahmsweise der sonst nur im Jugendstrafrecht zulässige Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe (§ 13 JGG) auch bei jungen Erwachsenen möglich sein. Die Zitierung des § 13 JGG verweist auch auf alle damit verbundenen Folgebestimmungen (§§ 14 bis 16 und 18 JGG, 50 StGB, 494a ff StPO).

Zu Z 4 (§ 46 Abs. 2a StGB):

Die bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe wegen einer von einem jungen Erwachsenen begangenen Straftat soll im Rahmen der Bestimmungen des § 46 Abs. 1 bis 4 StGB mit der Maßgabe zulässig sein, dass das absolute Mindestmaß der zu verbüßenden Strafzeit einen Monat (statt drei Monate) beträgt.

 

Zu Z 5 (§ 50 Abs. 1a StGB):

Die Bestimmung des § 22 JGG (Erweiterung des Anwendungsbereiches von Weisungen und Bewäh­rungshilfe auf die Fälle eines Schuldspruchs unter Vorbehalt der Strafe nach § 13 JGG sowie eines Auf­schubs des Strafvollzuges zur Förderung des Fortkommens des Verurteilten) soll in die Grundsatz­bestimmung des § 50 StGB übernommen und ihre Anwendbarkeit auch auf Verurteilungen wegen strafbarer Handlungen, die vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen worden sind, ausgedehnt werden.

Zu Artikel III (Änderungen des Gerichtsorganisationsgesetzes):

Siehe die Erläuterungen zu Art. I Z 4 bis 7.

Zu Artikel V (Inkrafttreten):

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen zugleich mit dem neuen Kindschaftsrecht am 1. Juli 2001 in Kraft treten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Textgegenüberstellung

                                                      Geltende Fassung:                                                                                                             Vorgeschlagene Fassung:        


Artikel I


Änderungen des Jugendgerichtsgesetzes


Begriffsbestimmungen

Begriffsbestimmungen


§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist


                                                                                               1.                                                                                               …

                                                                                               1.                                                                                               unverändert.


                                                                                               2.                                                                                               Jugendlicher: wer das vierzehnte aber noch nicht das neunzehnte Lebensjahr vollendet hat;

                                                                                               2.                                                                                               Jugendlicher: wer das vierzehnte aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat;


                                                                                               3.                                                                                               bis 4. …

                                                                                               3.                                                                                               bis 4. unverändert.


Erweiterung des Anwendungsbereiches von Weisungen und
Bewährungshilfe

 


§ 22. Soweit dies notwendig oder zweckmäßig ist, um den Beschuldigten oder Verurteilten von strafbaren Handlungen abzuhalten, hat das Gericht ihm Weisungen (§ 51 StGB) auch zu erteilen und Bewährungshilfe auch anzuordnen (§ 52 StGB), wenn

§ 22. entfällt (siehe § 50 Abs. 1a neu StGB).


                                                                                               1.                                                                                               der Ausspruch der Strafe vorbehalten wird oder

 


                                                                                               2.                                                                                               die Einleitung des Vollzuges einer wegen einer Jugendstraftat verhängten Freiheitsstrafe nach § 6 Abs. 1 Z 2 lit. a des Strafvollzugsgesetzes oder nach § 52 für die Dauer von mehr als drei Monaten aufgeschoben wird.

 


Jugendgerichtshof Wien

Jugendgerichtshof Wien


§ 23. In Wien besteht ein selbständiger Jugendgerichtshof. Dieser Gerichtshof ist berufen:

§ 23. In Wien besteht ein selbständiger Jugendgerichtshof. Dieser Gerichtshof ist berufen:


                                                                                               1.                                                                                               für die Sprengel der in Wien gelegenen Bezirksgerichte

                                                                                               1.                                                                                               für die Sprengel der in Wien gelegenen Bezirksgerichte


              a) zur Ausübung der Vormundschafts- und Pflegschaftsgerichtsbarkeit über Minderjährige, bei denen aus einem bestimmten Anlass eine Gefährdung der persönlichen Entwicklung zu besorgen ist;

              a) zur Ausübung der Vormundschafts- und Pflegschaftsgerichtsbarkeit über Minderjährige, bei denen aus einem bestimmten Anlass eine Gefährdung der persönlichen Entwicklung zu besorgen ist;


              b) zur Ausübung der den Bezirksgerichten zustehenden Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen;

              b) zur Ausübung der den Bezirksgerichten zustehenden Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen;


                                                                                               2.                                                                                               für den Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien

                                                                                               2.                                                                                               für den Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien


              a) zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz in den unter Z 1 lit. a angeführten Verfahren;

              a) zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz in den unter Z 1 lit. a angeführten Verfahren;


              b) zur Ausübung der den Gerichtshöfen erster Instanz zustehenden Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen;

              b) zur Ausübung der den Gerichtshöfen erster Instanz zustehenden Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen.


              c) zur Ausübung der Aufgaben des Vollzugsgerichtes für das Gefangenenhaus des Jugendgerichtshofes Wien.

                                                                                               3.                                                                                               zur Ausübung der Aufgaben des Vollzugsgerichtes für das Gefangenenhaus des Jugendgerichtshofes Wien und für die Justizanstalt für Jugendliche Gerasdorf sowie für Freiheitsstrafen und vorbeugende Maßnahmen, auf die vom Jugendgerichtshof Wien erkannt worden ist und die in einer anderen im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gelegenen Justizanstalt vollzogen werden.


Geschäftsverteilung

 


§ 26. (1) Bei den Bezirksgerichten sind die Vormundschafts- und Pflegschaftssachen von Minderjährigen, die Jugendstrafsachen und die Jugendschutzsachen derart denselben Gerichtsabteilungen zuzuweisen, daß alle dieselben Minderjährigen betreffenden Angelegenheiten zu einer Gerichtsabteilung gehören, es sei denn, daß dies aus schwerwiegenden Gründen der Geschäftsverteilung nicht möglich ist.

§ 26. entfällt (siehe §§ 26 Abs. 7 neu und 32 Abs. 6 neu des Gerichtsorganisationsgesetzes).


(2) Bei den Gerichtshöfen erster Instanz und bei den Staatsanwaltschaften soll die Bearbeitung von Jugendstrafsachen und Jugendschutzsachen jeweils in denselben Abteilungen und Referaten vereinigt werden.

 


Sachliche Zuständigkeit in Jugendstrafsachen

Sachliche Zuständigkeit


§ 27. (1) In Jugendstrafsachen obliegt dem Geschworenengericht die Hauptverhandlung und Urteilsfällung

§ 27. (1) In Jugendstrafsachen und in Strafsachen wegen Straftaten, die vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, obliegt dem Geschworenengericht die Hauptverhandlung und Urteilsfällung


                                                                                               1.                                                                                               wegen der im § 14 Abs. 1 Z 1 bis 10 StPO angeführten strafbaren Handlungen und

                                                                                               1.                                                                                               wegen der im § 14 Abs. 1 Z 1 bis 10 StPO angeführten strafbaren Handlungen und


                                                                                               2.                                                                                               in den Fällen, in denen gemäß § 5 Z 2 lit. a auf eine mehr als zehnjährige Freiheitsstrafe erkannt werden kann.

                                                                                               2.                                                                                               in den Fällen, in denen auf eine mehr als zehnjährige Freiheitsstrafe erkannt werden kann.


(2) …

(2) unverändert.


Örtliche Zuständigkeit

Örtliche Zuständigkeit


§ 29. Für Jugendstrafsachen ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Beschuldigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

§ 29. Für Jugendstrafsachen und in Strafsachen wegen Straftaten, die vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Beschuldigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.


Verbindung von Jugendstrafsachen mit Strafsachen gegen Erwachsene

Verbindung von Jugendstrafsachen mit Strafsachen gegen Erwachsene


§ 34. (1) …

§ 34. (1) unverändert.


(2) Wenn aber

(2) Wenn aber


                                                                                               1.                                                                                               beide Strafsachen nicht ausschließlich oder überwiegend die Beteiligung an derselben strafbaren Handlung betreffen,

                                                                                               1.                                                                                               beide Strafsachen nicht ausschließlich oder überwiegend die Beteiligung an derselben strafbaren Handlung betreffen oder


                                                                                               2.                                                                                               die Strafsache gegen den Erwachsenen vor ein Gericht höherer Ordnung gehört oder

                                                                                               2.                                                                                               die Strafsache gegen den Erwachsenen vor ein Gericht höherer Ordnung gehört,


                                                                                               3.                                                                                               aus der gemeinsamen Führung für einen der Beschuldigten ein unverhältnismäßiger Nachteil zu besorgen ist,

kann die Strafsache gegen den Erwachsenen abgesondert geführt werden.


so ist die Strafsache gegen den Erwachsenen abgesondert zu führen.

 


§ 46. Ist einem Rechtsbrecher die Weisung erteilt worden, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (§ 51 Abs. 3 StGB) und hat weder er selbst noch ein anderer für ihn Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers, so hat die Kosten der Behandlung der Bund zu übernehmen, jedoch nur bis zu dem Ausmaß, in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkäme, wenn der Rechtsbrecher in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre; einen Behandlungsbeitrag (§ 63 Abs. 4 des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 200/1967) hat er nicht zu erbringen. Die Entscheidung über die Übernahme der Kosten steht dem für die Erteilung der Weisung zuständigen Gericht zu.

§ 46. (1) Ist einem Rechtsbrecher die Weisung erteilt worden, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (§ 51 Abs. 3 StGB) und hat weder er selbst noch ein anderer für ihn Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer gesetzlichen Krankenversicherung oder einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers, so hat die Kosten der Behandlung der Bund zu übernehmen, jedoch nur bis zu dem Ausmaß, in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkäme, wenn der Rechtsbrecher in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre; einen Behandlungsbeitrag (§ 63 Abs. 4 des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 200/1967) hat er nicht zu erbringen. Die Entscheidung über die Übernahme der Kosten steht dem für die Erteilung der Weisung zuständigen Gericht zu.


 

(2) Der Bundesminister für Justiz kann mit gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen oder Vereinigungen über die Höhe der nach Abs. 1 vom Bund zu übernehmenden Kosten Verträge nach bürgerlichem Recht abschließen. Die Vereinbarung von Pauschalbeträgen ist zulässig. Der Bundesminister für Justiz kann die Grundsätze der Pauschalierung mit Verordnung festlegen. Dabei ist insbesondere das Betreuungsangebot der Einrichtung oder Vereinigung zu berücksichtigen.


 

Verfahrensbestimmungen für Strafsachen junger Erwachsener


 

§ 46a. (1) Das Strafverfahren wegen einer vor Vollendung des neunzehnten Lebensjahres begangenen Tat obliegt dem die Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen ausübenden Gericht.


 

(2) Die §§ 31, 32 Abs. 2 und 3, 34, 35 Abs. 1 zweiter Satz, 36, 37, 40 bis 42, 45 und 46 gelten in allen Fällen, in denen die Tat vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen wurde beziehungsweise der Beschuldigte im Zeitpunkt der Verfahrenshandlung das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, entsprechend.


Aufschub des Strafvollzuges, um den Abschluss einer Berufsausbildung zu ermöglichen

Aufschub des Strafvollzuges, um den Abschluss einer Berufsausbildung zu ermöglichen


§ 52. Unter den Voraussetzungen des § 6 des Strafvollzugsgesetzes ist ein Aufschub des Vollzuges der Freiheitsstrafe zur Förderung des späteren Fortkommens (§ 6 Abs. 1 Z 2 lit. a des Strafvollzugsgesetzes) auch für die Dauer von mehr als einem Jahr zu gestatten, wenn dies notwendig ist, um dem Verurteilten den Abschluss seiner Berufsausbildung zu ermöglichen.

§ 52. Einem Jugendlichen oder einem Erwachsenen vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres ist unter den Voraussetzungen des § 6 des Strafvollzugsgesetzes ein Aufschub des Vollzuges der Freiheitsstrafe zur Förderung des späteren Fortkommens (§ 6 Abs. 1 Z 2 lit. a des Strafvollzugsgesetzes) auch für die Dauer von mehr als einem Jahr zu gestatten, wenn dies notwendig ist, um dem Verurteilten den Abschluss seiner Berufsausbildung zu ermöglichen.


Artikel II


Änderungen des Strafgesetzbuches


Besondere Milderungsgründe

Besondere Milderungsgründe


§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter


                                                                                               1.                                                                                               die Tat nach Vollendung des neunzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluss eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;

                                                                                               1.                                                                                               die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluss eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;


                                                                                               2.                                                                                               bis 19. …

                                                                                               2.                                                                                               bis 19. unverändert.


(2) …

(2) unverändert.


Ausschluss der lebenslangen Freiheitsstrafe

Verhängung von Freiheitsstrafen über Personen unter einundzwanzig Jahren


§ 36. Gegen eine Person, die zur Zeit der Tat das zwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, darf nicht auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt werden. Hat eine solche Person eine Tat begangen, die ausschließlich mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist, so tritt an die Stelle dieser Strafdrohung die Androhung einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren.

§ 36. Gegen eine Person, die zur Zeit der Tat das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, darf auf keine strengere als eine Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren erkannt werden. An die Stelle der Androhung einer lebenslangen Freiheitsstrafe und der Androhung einer Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe tritt die Androhung einer Freiheitsstrafe von fünf bis zu zwanzig Jahren. Das Mindestmaß aller sonst angedrohten Freiheitsstrafen beträgt höchstens ein Jahr.


 

Außerordentliche Strafmilderung und Vorbehalt der Strafe wegen mangelnder Reife


 

§ 41b. (1) Liegt der Begehung einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat mangelnde Reife der Täterpersönlichkeit oder entwicklungsbedingtes Verhalten zu Grunde, so kann die Strafe auch nach Maßgabe des § 41 gemildert werden.


 

(2) Unter den im Abs. 1 genannten Voraussetzungen kann der Ausspruch der Strafe für eine Probezeit vorbehalten werden (§ 13 des Jugendgerichtsgesetzes 1988).


Bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe

Bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe


§ 46. (1) bis (2) …

§ 46. (1) bis (2) unverändert.


 

(2a) Ist die Freiheitsstrafe wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat verhängt worden, so beträgt die mindestens zu verbüßende Strafzeit (Abs. 1 und 2) einen Monat.


 

(3) bis (5) unverändert.


Erteilung von Weisungen und Anordnung der Bewährungshilfe

Erteilung von Weisungen und Anordnung der Bewährungshilfe


§ 50. … (vergleiche § 22 JGG).

§ 50. (1) unverändert.


 

(1a) Abs. 1 gilt entsprechend, wenn der Ausspruch der Strafe für eine Probezeit vorbehalten wird (§ 13 des Jugendgerichtsgesetzes 1988) oder die Einleitung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe, die wegen einer vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangenen Tat verhängt worden ist, nach § 6 Abs. 1 Z 2 lit. a des Strafvollzugsgesetzes oder nach § 52 des Jugendgerichtsgesetzes 1988 für die Dauer von mehr als drei Monaten aufgeschoben wird.


 

(2) bis (4) unverändert.


Artikel III


Änderungen des Gerichtsorganisationsgesetzes


§ 26. (1) bis (6) … (vergleiche § 26 Abs. 1 JGG).

§ 26. (1) bis (6) unverändert.


 

(7) Die Vormundschafts- und Pflegschaftssachen von Minderjährigen, die Jugendstrafsachen und die Jugendschutzsachen sind derart denselben Gerichtsabteilungen zuzuweisen, dass alle dieselben Minderjährigen betreffenden Angelegenheiten zu einer Gerichtsabteilung gehören. Diesen Abteilungen sollen auch die Verfahren wegen strafbarer Handlungen, die vor Vollendung des ein­undzwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, zugewiesen werden.


§ 32. (1) bis (5) … (vergleiche § 26 Abs. 2 JGG).

§ 32. (1) bis (5) unverändert.


 

(6) Jugendstrafsachen und Jugendschutzsachen sind derselben Gerichtsabteilung, nach Maßgabe des Geschäftsumfanges auch zwei oder mehreren Gerichtsabteilungen, zuzuweisen. Denselben Abteilungen sollen auch die Verfahren wegen strafbarer Handlungen, die vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres begangen worden sind, zugewiesen werden.


§ 98. (1) bis (7) …

§ 98. (1) bis (7) unverändert.


 

(8) Die §§ 26 Abs. 7 und 32 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/xxxx sind erstmals auf das mit 1. Februar 2001 beginnende Geschäftsverteilungsjahr anzuwenden.