365 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über den Antrag 272/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend die Vorlage eines umfassenden Drogenberichtes über das Jahr 1999 an das Parlament


Der gegenständliche am 21. September 2000 eingebrachte Entschließungsantrag ist wie folgt begründet:

„Mit Amtsantritt der neuen Bundesregierung begann in der Drogenpolitik eine Trendwende zurück zu Strategien, die bereits in der Vergangenheit erfolglos waren. Zuletzt war die Öffentlichkeit mit absurden politischen Forderungen der Freiheitlichen bei den ,Schladminger Gesundheitsgesprächen‘ und der ,Antidrogenklausur der FPÖ-Landesorganisationen‘ konfrontiert und eine Drogenhysterie erzeugt (zB Drogentests für LehrerInnen und KindergärtnerInnen).

Die bisherige erfolgreiche Entwicklung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Prävention, Therapie und Repression wurde stark eingeschränkt. Innerhalb nur eines halben Jahres wurden die zur Verfügung stehenden Mittel für Suchtprävention, Beratung und Behandlung von Suchtkranken massiv gekürzt, das Modell ,Therapie statt Strafe‘ reduziert und Maßnahmen eingeleitet, die zu einer verstärkten Kriminali­sierung von Drogengefährdeten und Drogenabhängigen führen.

Völlig unverständlich wird ein solches ,Sparen um jeden Preis‘, wenn man sich die nationale und auch internationale Entwicklung im Drogenbereich ansieht. Sämtliche österreichischen Bundesländer haben in ihren Drogenkonzepten eine differenzierte Strategie im Umgang mit dem Drogenproblem entwickelt und auch die europäische Drogenstrategie, die am Gipfel von Helsinki von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschlossen wurde, sieht vor, dass die Bereiche Prävention und Therapie in den Mitgliedstaaten massiv ausgebaut werden sollen. Unter Drogenexperten herrscht breite Übereinstimmung, dass das Drogenproblem nicht dadurch verringert werden kann, indem Drogengefährdete und Drogenab­hängige kriminalisiert und zu Haftstrafen verurteilt werden, sondern psychosozialer und medizinischer Hilfe und Behandlung bedürfen.

Nur die Österreichische Bundesregierung beschreitet nun den Weg zurück und bereitet Maßnahmen vor bzw. setzt sie bereits um, die keine Unterscheidung mehr zwischen Suchtgefährdeten und Suchtkranken auf der einen Seite und Drogenhändlern, die nur den Profit suchen, auf der anderen Seite vorsehen.

Die Ankündigung einer Novellierung des Suchtmittelgesetzes – in Zusammenwirken mit der Bundes­ministerin für Soziales und Generationen – mit der es auch zu einer Senkung der ,Grenzmenge‘ (zur ,großen Menge‘) bei Heroin kommen soll, hat bei Experten Unverständnis und Ablehnung hervorge­rufen.

Im Jahr 1999 wurden in Österreich 7 000 Anzeigen probeweise von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt, weil jemand Drogen nur bis zur Grenzmenge bei sich hatte. Dort wo es notwendig war, wurden die Betroffenen zur Beratung und Behandlung weiterverwiesen. Die nunmehr geplante Absenkung der Grenzmengen wird diese Zahl signifikant sinken lassen – steigen hingegen werden die Strafverfahren samt den dazugehörigen Gerichts- und Haftkosten.

Der in Österreich entwickelte Weg im Umgang mit dem Drogenproblem ,Therapie statt Strafe‘ war und ist in Europa beispielgebend. Für die anstehenden Reformen innerhalb der EU in dieser Thematik könnte Österreich mit seinen Erfahrungen eine innovative Kraft sein. Die ,neue Drogenpolitik‘ signalisiert jedoch einen Rückschritt zu Strategien der 60er und 70er Jahre und führt wieder zu einer verstärkten Krimi­nalisierung von Suchtkranken.

Allerdings gibt es noch immer keinen derartigen umfassenden österreichischen Drogenbericht, der dem Parlament jährlich vorgelegt wird. Bekannt ist nur der ÖBIG-Bericht und der Jahresbericht der Zentral­stelle für die Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität (BMI). Sinnvoll und notwendig ist aber ein umfassender Drogenbericht, dessen Daten und Analysen Grundlage einer parlamentarischen Diskussion sein müssten, da das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen zum Großteil über die entsprechenden Daten nach dem Suchtmittelgesetz verfügen müsste.“

Der Gesundheitsausschuss hat den erwähnten Antrag in seiner Sitzung am 16. November 2000 in Verhandlung genommen.

Den Bericht im Ausschuss erstattete Abgeordneter Mag. Johann Maier.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Mag. Johann Maier, Dr. Brigitte Povysil, Theresia Haidlmayr, Dieter Brosz sowie der Ausschussobmann Dr. Alois Pumberger und der Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck.

Die Abgeordneten Dr. Günther Leiner, Dr. Alois Pumberger und Genossen brachten im Zuge der Debatte einen Entschließungsantrag ein, der wie folgt begründet ist:

„Fundierte Informationen zur Drogensituation in Österreich sind Voraussetzungen für eine effektive Anti-Drogenpolitik. Daher sollten den Abgeordneten als Basis für ihre Entscheidungen auch jene Informatio­nen zugänglich sein, die ohnedies für die Europäische Union zusammengestellt werden müssen. Durch die Übermittlung des in der Folge genannten Berichtes sollen ohne zusätzliche Verwaltungsaufwendungen Synergieeffekte genutzt werden.“

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag 272/A(E) nicht die Zustimmung der Aus­schussmehrheit.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Günther Leiner, Dr. Alois Pumberger und Genossen wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Gesundheitsausschuss stellt somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.  diesen Bericht zur Kenntnis nehmen,

2.  die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 2000 11 16

                            Mag. Beate Hartinger                                                       Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann

Anlage

Entschließung

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ersucht, den Gesundheitsausschuss des Nationalrates über den Inhalt des vom ÖBIG für die Europäische Union jährlich erstellten Berichts zur Drogensituation in Österreich zu informieren.