450 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Ausgedruckt am 22. 2. 2001
Bericht
des Gleichbehandlungsausschusses
über den Gemeinsamen Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes, insbesondere über die Tätigkeit und Wahrnehmung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, die Verfahren vor der Kommission und die sonstige Tätigkeit der Kommission gemäß § 10a Gleichbehandlungsgesetz 1999, vorgelegt vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (III-74 der Beilagen)
Die gegenständliche Bericht, der am 30. November 2000 im Nationalrat eingebracht wurde, besteht aus drei Teilen:
1. Bericht über Tätigkeit und Wahrnehmungen der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen
Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen hat in ihrem Bericht hinsichtlich Beratung und Intervention folgende allgemeine Tendenzen bzw. Veränderungen zum Vorjahr festgestellt:
Die Zahl der Erstkontakte ist stark (um mehr als ein Drittel) gestiegen. Die besonders auffallende Zunahme der Anfragen ist wohl vor allem durch die Einrichtung der Regionalanwaltschaft für die westlichen Bundesländer bedingt.
Die Erstkontakte im Bundesland Tirol haben sich mehr als verdreifacht. Das bestätigt die Erfahrung der letzten Jahre, dass das Angebot einer Beratung vor Ort dem Bedürfnis der Rat suchenden Personen entspricht und widerlegt die häufig gehörte Behauptung: Wo es keine Beschwerden gäbe, da gäbe es auch keine Diskriminierung. Die wenigsten Erstkontakte, gemessen an der Größe des Bundeslandes, kommen nach wie vor aus Kärnten und dem Burgenland.
Es ist ein neuerliches Ansteigen der Anfragen zum Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu beobachten. Dies ist vor allem auf die gestiegene Zahl der Erstkontakte diesbezüglich in den westlichen Bundesländern zurückzuführen.
Mehr Frauen als in früheren Jahren, die sich am Arbeitsplatz sexuell belästigt fühlen, ergreifen selbst die Initiative zum Erstkontakt.
Im Rahmen des Berichtes über die Situation der Gleichbehandlungsanwaltschaft wird insbesondere auf die Situation der Regionalanwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen eingegangen:
Die Situation für berufstätige Frauen in Westösterreich ist geprägt durch ein traditionelles patriarchales Familienbild, durch zum Teil fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen und das Vorherrschen von Klein- und Mittelbetrieben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nach wie vor überwiegend Frauensache.
Der Inhalt des Gleichbehandlungsgesetzes für die Privatwirtschaft ist noch weitgehend unbekannt und das Vertrauen in die Möglichkeit, sich mit Hilfe des Gleichbehandlungsgesetzes gegen Diskriminierungen erfolgreich zur Wehr setzen zu können, gering.
Um diesen Informationsmangel und die vielen negativen Vorurteile abzubauen, haben im Jahre 1999 über fünfzig verschiedene Informationsveranstaltungen stattgefunden. Vorträge, Workshops, Radio- und Fernsehinterviews sowie Podiumsdiskussionen haben dazu beigetragen, die Beratungseinrichtung bekannt zu machen. Dies zeigt sich auch deutlich an der stark steigenden Zahl von Beratungen.
Der überwiegende Teil der Anfragen kam aus Tirol (70%), gefolgt von Vorarlberg (19%) und Salzburg (11%). Diese Verteilung zeigt deutlich die Auswirkung der Öffentlichkeits- und Informationsarbeit, die in Tirol bis jetzt am intensivsten betrieben worden ist. Auch die örtliche Nähe der Beratungseinrichtung wirkt sich positiv aus. Ungefähr ein Viertel aller Beratungen zum Gleichbehandlungsgesetz beziehen sich auf sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz.
Die Häufigkeit der wirklich groben Übergriffe, die meist schon in den Strafrechtsbereich hineingehen, vor allem im Bereich des Tourismus und des Gastgewerbes, ist erschütternd. Hier wird die Notwendigkeit von bewusstseinsbildenden Maßnahmen deutlich, da es besonders im Gastgewerbe eine sehr hohe Akzeptanz von sexuellen Übergriffen gibt. Die Frist von sechs Monaten zur Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Gleichbehandlungsgesetz erweist sich hier oft als zu kurz, vor allem, wenn es um heftigere Übergriffe geht. Da nur die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes es ermöglichen, neben dem Belästiger auch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin zum Schadenersatz zu verpflichten, wenn er es unterlässt, angemessene Abhilfe zu schaffen, wäre hier eine Ausdehnung der Frist und Angleichung an die anderen Fristen des Gleichbehandlungsgesetzes sehr wichtig.
Aber auch ein positiver Trend scheint sich anzukündigen: Es gibt immer mehr ArbeitgeberInnen, die sich an die Regionalanwaltschaft wenden, um sich über die gesetzlichen Regelungen bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu informieren. Auf Anfrage eines Betriebes wurde sogar für alle MitarbeiterInnen ein Seminar zu Gleichbehandlungsfragen abgehalten.
Immer häufiger werden die Beratungen zum Diskriminierungstatbestand Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Viele Frauen werden im Anschluss an den Karenzulaub gekündigt. Dazu hat es ein Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Feldkirch gegeben, das mit einem für die Arbeitnehmerin sehr günstigen Vergleich geendet hat.
Mehrfach haben sich auch Männer, die sich im Karenzurlaub befinden, an die Regionalanwältin gewandt, weil ihre Ehefrauen am Arbeitsplatz einem Mobbing ausgesetzt sind oder ihnen mit der Kündigung gedroht wurde.
Das Angebot von festen Sprechstunden in den Bundesländern Vorarlberg und Salzburg ist nicht angenommen worden. Es hat sich als wesentlich effizienter erwiesen, in akuten Fällen, wenn eine persönliche Beratung notwendig erscheint und es den betroffenen Frauen nicht möglich ist, nach Innsbruck zu kommen, zu jeweils einzeln vereinbarten Gesprächsterminen nach Vorarlberg oder Salzburg zu fahren.
In Vorarlberg haben im Jahr 1999 insgesamt acht Informationsveranstaltungen der Regionalanwältin stattgefunden. Im Februar starteten das Frauenreferat des Landes Vorarlberg, die Kammer für Arbeiter und Angestellte Vorarlberg und der ÖGB gemeinsam eine Plakataktion gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Das Hauptreferat bei der Eröffnungsveranstaltung hielt die Regionalanwältin. Im Juni referierte sie vor den Mitgliedern des Arbeitskreises „Personalwesen“ der Wirtschaftskammer Vorarlberg über die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und über die möglichen Maßnahmen, die der Arbeitgeber in einen solchen Fall ergreifen kann.
In Salzburg haben insgesamt sechs Informationsveranstaltungen wie Vorträge, Workshops und Radiointerviews stattgefunden.
Besucht werden die Informationsveranstaltungen hauptsächlich von Personen, die selbst in der Beratung tätig sind, von BetriebsrätInnen oder Personalverantwortlichen. Die Veranstaltungen werden in Kooperation mit anderen Einrichtungen wie AK, ÖGB oder Frauenberatungsstellen abgehalten.
2. Tätigkeitsbericht der Gleichbehandlungskommission
Durch die Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 45/1991, wurden die Angelegenheiten der Gleichbehandlungskommission per 1. Februar 1991 aus dem Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in jenen des Bundeskanzleramtes übertragen, wo die Kommission seither eingerichtet ist.
Der Vorsitz in der Gleichbehandlungskommission war auf Grund des Ausscheidens der vorigen Vorsitzenden mit Jahresende 1998 samt dem für die Neubestellung vom Bundeskanzler durchzuführenden Verfahren bis zur Bestellung von Frau Maga. Petra Smutny als neuer Vorsitzender am 10. März 1999 vakant, weshalb auf Grund der gesetzlich vorgesehenen Vorlaufzeit erst am 8. April 1999 die erste GBK-Sitzung abgehalten werden konnte.
Im Jahr 1999 wurden bis zum Stichtag 31. Dezember 1999 in acht Sitzungen insgesamt 24 Fälle inhaltlich behandelt. Sechs Verfahren konnten mit Erstellung von Prüfungsergebnissen bzw. Vorschlägen abgeschlossen werden, wovon drei der insgesamt behandelten 24 Fälle äußerst komplexe Sachverhalte und Probleme zum Inhalt hatten, und die in diesen drei Fällen (Anträge 5/99, 6/99 und 18/99) durchgeführten Verfahrensschritte und Diskussionen daher den in anderen Fällen üblicherweise notwendigen, durchschnittlichen Verfahrensumfang beträchtlich überschritten. Die Behandlung der drei erwähnten Fälle wurde auf Wunsch der AK Wien bzw. der GAW – gemessen am Datum des Einlangens der Anträge in der Geschäftsführung – vorgezogen, wodurch sich zwangsläufig bei anderen anhängigen Verfahren auf Grund der damit für diese verbundenen „Wartezeit“ eine längere Verfahrensdauer ergibt.
Acht der im Verlauf des Jahres 1999 anhängig gewesenen Anträge wurden in verschiedenen Verfahrensstadien zurückgezogen.
16 neue Anträge wurden 1999 eingebracht, rund die Hälfte bezog sich auf Beschwerden wegen sexueller Belästigung, der Rest auf Entgelt- und Aufstiegsdiskriminierungen, sonstige Arbeitsbedingungen sowie Diskriminierung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
3. Bericht über die Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes
Im Jahr 1999 wurden keine legistischen Maßnahmen betreffend das Gleichbehandlungsgesetz getroffen.
Es wurden jedoch bis zum Sommer 1999 Sozialpartnergespräche über eine umfangreiche Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes (geplante 5. Novelle) geführt, die aber nicht abgeschlossen werden konnten. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes soll vor allem eine Anpassung an das EU-Recht und eine Verbesserung des Instrumentariums zur verstärkten Kontrolle und Durchsetzung des Gleichbehandlungsgesetzes geschaffen werden.
Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 24. Jänner 2001 in Verhandlung genommen.
Vor Eingang in die Debatte beschloss der Gleichbehandlungsausschuss auf Antrag der Abgeordneten Inge Jäger einstimmig gemäß § 28b Abs. 4 GOG, den gegenständlichen Bericht nicht endzuerledigen.
Nach der Berichterstattung durch die Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek beteiligten sich an der Debatte die Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Mag. Ulrike Lunacek, Rosemarie Bauer, Inge Jäger, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Edith Haller sowie der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Gemeinsamen Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes, insbesondere über die Tätigkeit und Wahrnehmung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, die Verfahren vor der Kommission und die sonstige Tätigkeit der Kommission gemäß § 10a Gleichbehandlungsgesetz 1999, vorgelegt vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen und vom Bundesminiser für Wirtschaft und Arbeit (III-74 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2001 01 24
Dr. Gertrude Brinek Mag. Barbara Prammer
Berichterstatterin Obfrau