466 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 31. 1. 2001

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über den Antrag 5/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Umsetzung der Forderungen des Gentechnik-Volksbegehrens

Der gegenständliche, am 29. Oktober 1999 im Nationalrat eingebrachte Entschließungsantrag ist wie folgt begründet:

„Von 7. bis 14. April 1997 fand das in Österreich bisher erfolgreichste parteiunabhängige Volksbegehren statt, das von 1 266 551 Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet wurde. Das Volksbegehren richtete sich gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion sowie gegen die Patentierung von Leben.

Die drei Forderungen

1.  Kein Essen aus dem Genlabor in Österreich!

2.  Keine Freisetzungen genmanipulierter Organismen in Österreich!

3.  Kein Patent auf Leben!

wurden bislang nicht umgesetzt.

Bislang ist keine dieser drei Forderungen umgesetzt worden. Das Ergebnis des Ausschusses zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens entsprach in keiner Weise den Anforderungen von direkter Demokratie und den Interessensausgleich in Österreich. Österreich stimmte im EU-Ministerrat vom 27. November 1997 sogar für die so genannte EU-Patentierungsrichtlinie, was einer Ablehnung der Forderung ,Kein Patent auf Leben‘ gleichkommt. Lobbytum und die Interessensvertretung großer Unternehmen konnten sich auf politischer Ebene gegen die Bedenken, Wünsche und Ängste von über 1,2 Millionen Menschen in diesem Land durchsetzen.

Nach wie vor drängt die Gentechnik-Lobby darauf, ihre Produkte auf die europäischen Märkte bringen zu können. Durch die Entwicklung in Großbritannien und Frankreich sieht sich die Gentechnik-Lobby nun jedoch einem unerwarteten Widerstand gegenüber. Die Gentechnik-Konzerne Novartis und Monsanto haben angekündigt, für die nächsten drei Jahre keine Offensive mehr zu starten: Man habe den Konsu­mentenwillen in Europa unterschätzt.

In Großbritannien fordern mittlerweile über 65% ein Verbot von gentechnisch veränderten Lebensmitteln, 97% fordern eine lückenlose Kennzeichnung. In Großbritannien hat man heuer sogar – nicht rechtlich, aber faktisch – ein einjähriges Moratorium für die industrielle Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen beschlossen. Auf Initiative einer britischen Lebensmittelkette haben sich sieben der größten europäischen Supermärkte zusammengeschlossen, um garantiert gentechnikfreie Lebensmittel anbieten zu können. Ein neues Konsortium hat es sich zur Aufgabe gemacht, Produzenten von garantiert gentechnik­freien Nahrungsmitteln ausfindig zu machen und zu fördern. Bei seinen Mitgliedern handelt es sich neben den beiden britischen Ketten J. Sainsbury und Marks & Spencer um die größten Lebensmittelketten der Schweiz (Migros), Frankreichs (Carrefour) und Belgiens (Delhaize) sowie um die irischen und italienischen Ketten Superquinn und Effelunga. Sie wollen durch Kontrollen sicherstellen, dass die gentechnikfreien Vorprodukte und Substanzen nicht auf dem Transportweg oder bei der Verarbeitung mit genveränderten Produkten in Berührung kommen.

In einem Bericht an die britische Regierung warnte ,British Medical Association‘ vor den möglichen Gefahren von gentechnisch veränderten Lebensmitteln und verlangte weitere Versuche bevor eine Kommerzialisierung stattfindet. Die Gesellschaft, die über 115 000 Ärzte repräsentiert, kommt zu dem Entschluss, dass noch zu wenig über gentechnisch veränderte Lebensmittel bekannt ist.

Der Bericht der britischen Ärztevereinigung ,Die Auswirkungen der Gentechnologie auf Landwirtschaft, Essen und Gesundheit‘ ist die erste Veröffentlichung dieser Vereinigung seit der Gentechnikdebatte in Großbritannien, die seit Jänner stattgefunden hat. Weiters fordert die Vereinigung britischer Ärzte, dass Untersuchungen von unabhängigen Experten zu erfolgen haben und die Ergebnisse öffentlich gemacht werden müssen. Die Hauptbedenken der britischen Mediziner betreffen mögliche gesundheitliche Auswirkungen. Die Ärzte sprechen von möglichen Antibiotikaresistenzen oder von einem steigenden Risiko für Epidemien sowie etwa Meningitis.

Die griechische Regierung startete vor wenigen Monaten eine Initiative für ein europaweites Moratorium für alle kommerziellen Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen und für den Handel mit gentechnisch verändertem Saatgut. Durch diese Initiative kam es europaweit zu einem De-facto-Moratorium.

Die derzeitigen Kenntnisse über gentechnisch veränderte Lebensmittel sind nach wie vor völlig unzureichend. Ein mehrjähriges Moratorium für den kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und für den Verkauf für gentechnisch veränderte Lebensmittel ist ein Gebot der Stunde. Die EU muss dieser Entwicklung und den Konsumentenwünschen endlich Rechnung tragen.

Ähnlich wie im Bereich der Atomkraft (Verhinderung von Zwentendorf) muss Österreich auf EU-Ebene auch bei der ,unkontrollierbaren‘ Gentechnik die Vorreiterrolle übernehmen, um negative Folgen von Anfang an zu verhindern. Daher fordern die Grünen nach wie vor ein gesetzlich verankertes Verbot für die nationale Herstellung gentechnisch veränderter Lebensmittel und Agrarprodukte (in Österreich) sowie konkrete Maßnahmen der Bundesregierung, dass in Österreich keine Freisetzungen gentechnisch veränderter Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen stattfinden.“

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 18. Jänner, die am 25. Jänner 2001 fortgesetzt wurde, in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Dr. Eva Glawischnig sowie der Staatssektretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck.

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2001 01 25

                            Mag. Beate Hartinger                                                       Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann