490 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Nachdruck vom 8. 3. 2001
Bericht
des Verkehrsausschusses
über den Antrag 356/A(E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend Maßnahmen gegen Drogen im Straßenverkehr
Dem gegenständlichen, am 18. Jänner 2001 eingebrachten Antrag war folgende Begründung beigegeben:
„Drogenmissbrauch im Straßenverkehr ist längst kein verkehrssicherheitspolitisches Randthema mehr. Laut einer Statistik des Innenministeriums wurden vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 insgesamt 472 Personen wegen Lenken eines Fahrzeuges unter Drogeneinfluss angezeigt.
Gerade der tragische Verkehrsunfall vom 10. Jänner 2001 auf der Süd-Ost-Tangente, bei dem zwei Polizeibeamte von einem unter Alkohol- und Drogeneinfluss stehenden LKW-Lenker getötet wurden, zeigt, dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen und Appelle an die Vernunft nicht ausreichen, um das Lenken unter Drogeneinfluss zu verhindern.
Die derzeitige Gesetzeslage verbietet selbstverständlich das Lenken eines Fahrzeuges unter Drogeneinfluss. Die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung sieht vor, dass Personen, die von einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind, die Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden darf. Personen, die ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt haben, sowie Personen, die aus medizinischen Gründen Sucht- oder Arzneimittel erhalten, müssen die Eignung zum Lenken in einer verkehrspsychologischen und fachärztlichen Stellungnahme nachweisen. Dennoch gibt es immer wieder Fälle, wie der des Unglückslenkers auf der Süd-Ost-Tangente zeigt, dass Süchtigen die Lenkberechtigung nicht entzogen wird. Diese Lücken müssen geschlossen werden.
Im Gegensatz zu Alkohol ist der Nachweis der Drogenbeeinträchtigung schwieriger, da Drogen teilweise nur sehr kurz nach dem Konsum im Körper nachgewiesen werden können.
In der Bundesrepublik Deutschland besteht eine Antidrogenregelung, die beim Nachweis von Drogen im Blut, unabhängig von einer nachgewiesenen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit verkehrsrechtliche Konsequenzen vorsieht. Diese Regelungen sollten auch in die Überlegungen in Österreich mit einbezogen werden.
Es müssen jedenfalls Lösungen gefunden werden, damit niemand, der Drogen missbraucht, durch sein verantwortungsloses Verhalten andere Verkehrsteilnehmer gefährdet und ihnen schadet und damit unsagbares Leid für die Betroffenen und deren Angehörige sowie unnötige Kosten für die Allgemeinheit verursacht. Andererseits darf kein Verkehrsteilnehmer, der aus medizinischen Gründen – zum Beispiel im Rahmen einer Schmerztherapie – Suchtmittel konsumieren muss und dabei nicht beeinträchtigt ist, kriminalisiert werden.“
Der Verkehrsausschuss hat den erwähnten Antrag in seiner Sitzung am 27. Februar 2001 in Verhandlung genommen.
An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kurt Eder, Mag. Helmut Kukacka, Ing. Wilhelm Weinmeier, Gabriele Binder, Gabriele Heinisch-Hosek, Gerhard Reheis und Dr. Gabriela Moser sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger.
Bei der Abstimmung wurde der Antrag 356/A(E) mit Stimmenmehrheit angenommen.
Ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger betreffend ein konsistentes Gesamtpaket gegen Suchtmittel inklusive Alkohol im Straßenverkehr fand nicht die Mehrheit des Ausschusses.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.
Wien, 2001 02 27
Ernst Fink Mag. Reinhard Firlinger
Berichterstatter Obmann
Anlage
Entschließung
1. Die Bundesregierung wird ersucht, alles zu unternehmen, um den Kampf gegen Drogen, insbesondere auch gegen Drogen im Straßenverkehr, weiter zu intensivieren und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass alle Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind, eine Lenkerberichtigung weder erteilt noch belassen wird.
2. Die Frau Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Einvernehmen mit den Herren Bundesministern für Inneres, Soziale Sicherheit und Generationen sowie Justiz zu prüfen,
a) unter welchen Voraussetzungen das deutsche Modell der Drogenbekämpfung im Straßenverkehr (Nachweis des Drogenkonsums als Kriterium statt Nachweis der Beeinträchtigung) auf österreichische Bedingungen übertragen werden kann und dem Nationalrat entsprechende Gesetzesvorschläge vorzulegen;
b) welche Maßnahmen zu einer Verbesserung der Exekutierbarkeit des ja bereits bestehenden Drogenverbotes im Straßenverkehr getroffen werden können, insbesondere wäre hier die Verankerung der Mitwirkungspflicht des Lenkers bei Vorliegen eines konkreten Verdachtes an einem in der Praxis erprobten verlässlichen Screeningtest (zB auf Speichel-, Schweiß- und Harnbasis) in der StVO vorzusehen und die gesetzlichen Grundlagen für die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers zu schaffen, da eine verlässliche Feststellung der konsumierten Suchtmittel oft nur durch eine Harn- bzw. Blutprobe möglich ist.
3. Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, der konsequenten Überwachung des bestehenden Drogenverbotes im Straßenverkehr künftig höchstes Augenmerk zu widmen, insbesondere und zu diesem Zweck nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten die Verbesserung der technischen Ausrüstung in Angriff zu nehmen und dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Aus- und Weiterbildung von Exekutivbeamten auch Kenntnisse über das Erkennen einer Beeinträchtigung durch Drogen und das entsprechende Verhalten im Verdachtsfall vermittelt wird (Verdachtschöpfung, Beweissicherung, Pharmakologie, Stoffkunde, Rechtskunde) und den Exekutivbeamten eine praxistaugliche Checkliste zur Konkretisierung des Verdachts auf Suchtmittelbeeinträchtigung zur Verfügung zu stellen.
4. Die Frau Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Einvernehmen mit den Bundesministern für Inneres sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur Maßnahmen zur Aufklärung über die Gefahren einer Drogenbeeinträchtigung beim Lenken von Kraftfahrzeugen und zur Prävention des Lenkens von Fahrzeugen in einem durch Drogen beeinträchtigten Zustand zu setzen.
5. Die Bundesminister für Inneres und für Justiz werden ersucht, die Verständigungspflichten der Exekutiv- und der Justizbehörden zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern, um sicherzustellen, dass die Verkehrsbehörden ausreichende Informationen über den Suchtgiftmissbrauch von Personen erhalten, die im Besitz einer Lenkberechtigung sind.