491 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Nachdruck vom 8. 3. 2001

Bericht

des Verkehrsausschusses


über den Antrag 178/A(E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek und Genossen zur Erhaltung der Nebenbahnen

Dem gegenständlichen, am 6. Juni 2000 eingebrachten Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Die Mittel für den öffentlichen Nahverkehr werden im vorgelegten Budget gekürzt, wodurch alle Attraktivierungsbemühungen des öffentlichen Verkehrs gefährdet werden. So werden die Mittel für die Verkehrsverbünde um rund 100 Millionen Schilling eingeschränkt und gleichzeitig kommt der Bund nicht seinen im § 24 bis § 26 Nahverkehrsgesetz festgelegten Verpflichtungen nach, wonach zusätzlich 80 Millionen Schilling für die Länder bzw. 20 Millionen Schilling für die Gemeinden zur Verfügung gestellt werden müssen. Zusätzlich werden auch die vor allem auf Betreiben der Länder (allen voran Kärnten, Salzburg) für defizitäre Postbuslinien vorgesehenen 115 Millionen Schilling nicht budgetiert. Insgesamt stehen somit für den öffentlichen Nahverkehr nicht weniger als 350 Millionen Schilling nicht zur Verfügung, worauf die Verkehrsunternehmungen mit drastischen Tariferhöhungen und/oder Ver­kehrseinstellungen reagieren müssen.

Generaldirektor Helmut Draxler hat in der Vorwoche angekündigt, 80 Prozent der Nebenbahnen einstellen zu wollen. Dies ist ein Anschlag auf die bisherige ökologisch orientierte, den Bedürfnissen der Menschen und der Regionen entsprechende österreichische Verkehrspolitik. Im öffentlichen Interesse ist sowohl die ökologisch orientierte Abwicklung des Pendlerverkehrs auf der Schiene als auch des Güterverkehrs. Sonst droht in den Ballungsräumen, insbesondere im Großraum Wien, der ohnehin fast tägliche Pendlerverkehrsstau endgültig zu eskalieren. Bis Ende Mai will Generaldirektor Draxler jene Strecken dem Bundesministerium nennen, auf denen er beabsichtigt, die Betriebskonzession zurückzu­legen. Entsprechend den Vorstellungen des ÖBB-Generaldirektors sollen dabei über 30 defizitäre Bahnstrecken mit zusammen fast 1 600 km stillgelegt werden.“

Der Verkehrsausschuss hat den erwähnten Antrag in seiner Sitzung am 27. Februar 2001 in Verhandlung genommen.

Den Bericht im Ausschuss erstattete die Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Josef Edler, Mag. Helmut Kukacka, Anton Wattaul, Dr. Gabriela Moser, Ing. Wilhelm Weinmeier, Mag. Karin Hakl, Gabriele Heinisch-Hosek, Kurt Eder und Dr. Evelin Lichtenberger sowie die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technik, Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger.

Bei der Abstimmung fand der Antrag 178/A(E) nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Auf Antrag der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Mag. Helmut Kukacka beschloss der Ausschuss mit Mehrheit, dem Nationalrat den Entwurf einer Entschließung betreffend Erhaltung der Nebenbahnen durch Privatisierung vorzulegen.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Die ÖBB beabsichtigen, mit nächstem Fahrplanwechsel einige Nebenbahnen zu schließen, darunter auch durchaus wichtige Strecken wie etwa die weltberühmte und für den Tourismus kaum verzichtbare Mariazeller Bahn.

Die Anbindung an das Schienennetz ist für die Wirtschaftsstärke ländlicher Regionen sowie für die Mobilität und Lebensqualität ihrer Bewohner eine wesentliche Voraussetzung.

Unbestritten ist, dass die ÖBB verpflichtet sind, den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu fördern und dementsprechend nicht nachgefragte Leistungen auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen.


Weil klar ist, dass Lokalbahnen mit entsprechendem Angebot wahre Touristenmagneten sein können, andererseits das Vorhandensein eines Gleisanschlusses für Betriebsansiedlungen gerade in struktur­schwachen Regionen von erheblichem Vorteil ist, sollte eine Erhaltung, soweit wirtschaftlich vertretbar, angestrebt werden.

Wenn es für die ÖBB unrentabel ist, manche Strecken weiterzuführen, müssen alternative Modelle gefunden werden. Ähnliche Fälle im Ausland zeigen, dass private Betreiber Nebenbahnen wirtschaftlich erfolgreicher betreiben können.

Ein erster Erfolg in dieser Richtung zeigt sich erfreulicherweise im Fall der Außerfernbahn, die nun statt von den ÖBB im Auftrag des Landes Tirol durch die deutsche Bahn betrieben wird. In einigen weiteren Fällen wie der Krimmlerbahn, aber auch der Pendlerverbindung Oberwart–Wien gibt es private Angebote, den Betrieb zu führen, über die Verhandlungen laufen.

Besonderes Augenmerk verdient im Zusammenhang mit der Nebenbahndiskussion auch der Busverkehr: Einerseits muss sichergestellt werden, dass die Region im Fall einer Bahneinstellung mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar bleibt, andererseits soll nicht der Zustand eintreten, dass die ÖBB, die in der Regel Inhaber bahnparalleler Buskonzessionen sind, einem privaten Nachfolge-Bahnverkehr mit entsprechenden Konkurrenzangeboten die Basis entziehen.

Nun gilt es daher, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Privatisierungen nicht nur in den erwähnten Ausnahmefällen Realität werden können:

Einerseits bedarf es ausreichender Zeitspannen für die Interessentensuche und anschließend einer fairen Übergabe an den neuen Betreiber, weil durch teilweisen Abbau von Anlagen ein Weiterbetrieb so teuer werden kann, dass dieser praktisch unmöglich ist.

Andererseits muss sichergestellt werden, dass die Modalitäten der Privatbahnförderung, insbesondere der Infrastrukturfinanzierung, an die künftig größere Zahl der Betriebe angepasst wird und für eine objektive und nachvollziehbare Mittelvergabe gesorgt ist.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 2001 02 27

                                      Ernst Fink                                                              Mag. Reinhard Firlinger

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Entschließung

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Rahmen ihrer Kompe­tenzen dafür Sorge zu tragen, dass

–   Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen Wettbewerb auf der Bahn ermöglichen;

–   jene Bahnlinien, auf denen die ÖBB eine Betriebseinstellung beantragt haben, zumindest so lange in Betrieb bleiben, bis eine in zeitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht realistische Interessentensuche für eine Weiterführung des Betriebes durch Dritte abgeschlossen ist;

–   die bisherigen Betreiber ÖBB den Weiterbetrieb durch Dritte nicht durch den Abbau von Anlagen oder Fahrzeugen unnötig teuer und damit praktisch unmöglich machen;

–   die Privatbahnförderung unter Berücksichtigung einer gerechten und an nachvollziehbaren Kriterien orientierten Mittelvergabe an die Anforderungen des liberalisierten Schienenverkehrs angepasst wird.