513 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 13. 3. 2001

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (349 der Beilagen): Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle


1. Das Übereinkommen hat gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Das Übereinkommen hat nicht politischen Charakter. Es enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen.

Es ist im innerstaatlichen Rechtsbereich im Lichte seines Art. 18 („Durchführungsmaßnahmen“) einer unmittelbaren Anwendung nicht zugänglich, sodass die Fassung eines Beschlusses gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG durch den Nationalrat erforderlich ist.

Das Übereinkommen berührt in verschiedener Weise auch Fragen im Rahmen des EURATOM-Vertrages und ist somit ein gemischtes Abkommen. Da in die Zuständigkeit der Europäischen Atomgemeinschaft die Erlassung einheitlicher Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlung (Strahlenschutz) fällt, betrifft die gemeinsame Zuständigkeit von EURATOM und seinen Mitgliedsstaaten den Art. 18 in Verbindung mit den Art. 4, 12, 14, 24, 25 und 27 des Übereinkommens.

Da die Artikel 7 bis 9, 14 bis 16, 18, 19 und 25 auch Angelegenheiten betreffen, die in Österreich in den selbstständigen Wirkungsbereich der Länder fallen, bedarf dieses Übereinkommen überdies der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG. Es ist eine Sonderkundmachung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG vorzusehen.

2. Mit diesem Übereinkommen werden erstmals völkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen geschaffen, international anerkannte Grundsätze des Strahlenschutzes im Bereich der Abfallbehandlung im nationalen Bereich anzuwenden. Der Bereich der Sicherheit radioaktiver Abfälle, der bisher maßgeblich von nationalen Regeln bestimmt wurde, soll damit auch einer internationalen Überprüfung und Kontrolle zugeführt werden. Das Übereinkommen bildet die Fortsetzung einer schon länger andauernden Entwick­lung auf internationaler Ebene, die mit dem Abschluss des internationalen Übereinkommens über nukleare Sicherheit für den Bereich der Kernkraftwerke ihren Anfang nahm.

3. Ziel des Gemeinsamen Übereinkommens ist es, durch nationale Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit die Erreichung und Beibehaltung eines weltweit hohen Standes der Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass wirksame Abwehrvorkehrungen gegen mögliche radiologische Gefahren durch ionisierende Strahlung für den einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt gewährleistet werden. Weiters soll das Übereinkommen dazu beitragen, radiologische Unfälle zu verhüten und die Folgen, falls solche eintreten sollten, zu mildern.

4. Österreich hat am Entstehen des Gemeinsamen Übereinkommens im Rahmen seiner Möglichkeiten mitgewirkt. Da bereits strenge Sicherheitsvorgaben in den österreichischen Gesetzen und anderen Regelungen, wie beispielsweise im Strahlenschutzgesetz (BGBl. Nr. 227/1969), in der Strahlenschutz­verordnung (BGBl. Nr. 47/1972), und in der Radioaktive Abfälle-Verbringungsverordnung (BGBl. II Nr. 44/1997) vorhanden sind, welche auch die strengen Bestimmungen der Richtlinie 92/3/Euratom (ABl. Nr. L 035 vom 12. Februar 1992) umsetzen, werden durch die Ratifikation keine Änderungen notwendig sein.

Das Gemeinsame Übereinkommen wurde am 29. September 1997 zur Unterzeichnung aufgelegt und von Österreich am 17. September 1998 unterzeichnet. Bis 31. Juli 2000 wurde das gemeinsame Überein­kommen von 41 Staaten (darunter alle österreichischen Nachbarländer außer Liechtenstein) unterzeichnet und von 22 Staaten ratifiziert.


Gemäß Artikel 40 tritt das Gemeinsame Übereinkommen 90 Tage nach Hinterlegung der 25. Ratifi­kations‑, Annahme‑ oder Genehmigungsurkunde in Kraft; hievon müssen 15 von Staaten mit betriebs­bereiten Kernkraftwerken stammen.

5. Das Gemeinsame Übereinkommen ist aus österreichischer Sicht, vor allem im Lichte der gegenseitigen Informationsverpflichtungen der Vertragsstaaten, ein positiver Beitrag zu den internationalen Bemühun­gen um eine Verbesserung der Sicherheit von Einrichtungen zur Behandlung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente, insbesondere wenn man bedenkt, dass im Rahmen dieser Abfallkonvention eine Verbesserung der Mitwirkungsrechte von Nachbarländern erzielt werden konnte.

Darüber hinaus schafft es in Ergänzung zu und über den Rahmen bilateraler Abkommen hinaus erstmals ein völkerrechtlich verbindliches Instrument, in dem sich alle Vertragsstaaten verpflichten, von der Pla­nung über den Betrieb bis zur Stilllegung von solchen Einrichtungen internationale Sicherheitsstandards zu beachten und über die Erfüllung ihrer Verpflichtungen periodisch bei Überprüfungstreffen der Vertragsstaaten zu berichten. Den anderen Vertragspartnern wird damit die Möglichkeit gegeben, im multilateralen Rahmen diese Berichte zu prüfen und bei solchen Treffen an den berichtenden Staat Verbesserungsvorschläge zu machen. Im Zuge eines fortlaufenden Berichts- und Überprüfungs­mechanismus wird damit die Möglichkeit geschaffen, die Sicherheit von solchen Nukleareinrichtungen in den einzelnen Staaten zu prüfen und kontinuierlich zu verbessern.

Nachbarstaaten des Betreiberlandes einschlägiger Einrichtungen erhalten durch das Abkommen zusätz­liche Möglichkeiten des Informations‑ und Erfahrungsaustauschs.

6. Das Übereinkommen umfasst eine Präambel, 7 Kapitel und 44 Artikel. Es enthält im Wesentlichen drei Verpflichtungen:

–   Umsetzung der technischen Vorschriften in den Artikeln 4 bis 28 in nationales Recht;

–   Berichterstattung über die Umsetzung der Vorschriften gemäß Art. 29 bis 37;

–   Nachbesserung von Anlagen, die den Anforderungen des Gemeinsamen Übereinkommens nicht entsprechen, gemäß Art. 5 und 12.

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 6. März 2001 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellte der Außenpolitische Ausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.  Der Abschluss des Staatsvertrages: Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle (349 der Beilagen) wird genehmigt.

2.  Dieser Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2 B-VG durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.

3.  Gemäß Art. 49 Abs. 2 ist das Übereinkommen hinsichtlich der authentischen Texte in arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen, dass es zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Wien, 2001 03 06

                               Mag. Karin Hackl                                                                Peter Schieder

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann