541 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 30. 3. 2001

Bericht und Antrag

des Budgetausschusses


betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöh­nungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden


Im Zuge der Vorberatung der Regierungsvorlage 499 der Beilagen (Budgetbegleitgesetz 2002) hat der Budgetausschuss in seiner Sitzung vom 22. März 2001 auf Antrag der Abgeordneten Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler und Mag. Gilbert Trattner mit Mehrheit beschlossen, dem Nationalrat den Entwurf des in der Anlage beigedruckten Bundesgesetzes zu unterbreiten.

Dem diesbezüglichen Antrag war folgende Begründung beigegeben:

Zu Artikel 1:

Die vorliegende Ergänzung des Entschädigungsfondsgesetzes ist erforderlich, um die haushaltsrechtlich einwandfreie Leistung eines ins Auge gefassten Beitrags im Gegenwert von 60 Millionen US-Dollar aus der für das Geschäftsjahr 2000 von der Oesterreichischen Nationalbank an den Bund abzuführenden Gewinnausschüttung zu ermöglichen; da die Gewinnausschüttung an den Bund abgeführt wird, muss eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, den für den Entschädigungsfonds zweckgewidmeten Teil an den Fonds überweisen zu können.

Dieser Beitrag ist Teil der mit 210 Millionen US-Dollar begrenzten Gesamtdotierung des Entschädigungs­fonds und stellt somit keine Ausweitung oder Veränderung der vorgesehenen Gesamtleistung dar.

Zu Artikel 2:

Um die im Entschädigungsfonds-Gesetz vorgesehene Zuwendung gemäß § 2 Abs. 1a leisten zu können, wird mit einer bundesfinanzgesetzlichen Ermächtigung Vorsorge getroffen.

Zu Artikel 3:

I. Grundsätzliches:

Zunächst darf festgestellt werden, dass es sich beim Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfondsgesetz) um ein Gesetz sui generis handelt. Der besondere Charakter dieses Gesetzes besteht darin, dass der Wortlaut des Gesetzes mit den USA und den Opfervertretern ausverhandelt wurde, sodass der Gesetzgeber, bei aller Souveränität der Entscheidungen der gesetzgebenden Organe, auf diesen besonderen Umstand entsprechende Rücksicht nehmen musste.

Im Gesetz wurde auch – ebenfalls einer Initiative und einem Vorschlag der USA und den Opferverbänden folgend – bestimmt, mit welchen bereits ausgesuchten Partnerorganisationen der ÖVF in der Behandlung von Anträgen und Auszahlungen der Leistungen zusammenzuarbeiten verpflichtet ist. Dazu ist im ÖVF-Gesetz überdies normiert, dass die Partnerorganisationen (PO) dem ÖVF Listen von begünstigten Personen, deren Anträge von den Partnerorganisationen überprüft und positiv beurteilt wurden, übermitteln, die lediglich vom ÖVF stichprobenartig zu überprüfen sind (§ 8 Abs. 1 des ÖVF-Gesetz).

Um den politischen Sinn und Zweck des ÖVF-Gesetzes zu erfüllen, können naturgemäß die bei einer Stichprobe festgestellten Mängel bei einigen Anträgen nicht dazu führen, dass jeweils die gesamte Liste vorläufig zurückgestellt wird. Es wird vielmehr notwendig sein, dass bewusst eine bestimmte Fehlerquote (zB 5% der Stichproben) in Kauf genommen werden muss, damit nicht die Honorierung der Gesamtliste gefährdet wird.

Eine solche Vorgangsweise empfiehlt sich nicht nur im Interesse der zumeist alten und in oft höchst ärmlichen Verhältnissen lebenden begünstigten ehemaligen Sklaven- und Zwangsarbeiter, sondern auch aus staatspolitischen und moralischen Gründen (ähnlich wird sich auch die Deutsche Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ der Bundesrepublik Deutschland verhalten). Trotz sorg­fältigster Vorgangsweise muss somit bei Abwägung aller menschlichen und politischen Aspekte in Kauf genommen werden, dass auch ein gewisser Prozentsatz von nichtberechtigten Personen in den Genuss von Leistungen aus dem ÖVF kommen wird. Das Interesse der überwiegend anspruchsberechtigten Personen ist jedoch diesem gerade durch die gesetzlichen Bestimmungen vorprogrammierten Mangel (der wiederum auf die Initiative der USA und der Partnerorganisationen zurückzuführen ist) bei weitem vorzuziehen.

Aus der Tatsache, dass das Komitee trotz der von den Kontrollorganen festgestellten Fehlerquote die Gesamtliste zur Auszahlung freigeben kann, könnte angesichts der allgemeinen durch mutwillige Klagen ausgelösten Rechtsunsicherheit eine Haftung der Organe des ÖVF (einschließlich des Kuratoriums und des Generalsekretärs, der die Entscheidungen des Komitees vorzubereiten hat) konstruiert werden. Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass gemäß Versöhnungsfondsgesetz alle Leistungen aus dem ÖVF durch freiwillige Beiträge ermöglicht wurden und niemand einen Rechtsanspruch auf eine Leistung aus dem ÖVF hat.

Die zufrieden stellende Regelung der Haftungsfrage ist aber die Voraussetzung für ein effizientes und reibungsloses Arbeiten der Organe des ÖVF. Einige Kandidaten für das Komitee des ÖVF haben erklärt, dass sie zwar gerne ehrenamtlich im Komitee arbeiten würden, aber nicht bereit seien, ein Haftungsrisiko als Folge ihrer Tätigkeit im ÖVF einzugehen. Somit bestünde ohne Lösung der Haftungsfrage die eminente Gefahr, dass die Bildung des Komitees, das eine Schlüsselrolle im ÖVF spielt und für die Genehmigung aller Auszahlungen von Leistungen zuständig ist, nicht zustande kommt.

Der ÖVF legt großen Wert darauf, dass die Frage der Haftung für alle Beteiligten in zufrieden stellender Weise geregelt wird, um ein effizientes und reibungsloses Arbeiten der Organe des ÖVF sicherzustellen.

Die Regelung der Haftungsfrage ist somit für das künftige Funktionen des ÖVF von ausschlaggebender Bedeutung. Der Ausschluss der Haftung des Fonds und seiner Organe ist wegen der dargestellten Sonderfunktion des Versöhnungsfonds in moralischer und außenpolitischer Sicht gerechtfertigt und widerspricht wegen dieser Besonderheiten auch nicht allgemein zu beachtenden Verfassungsgrundsätzen.

II. Zu zivilrechtlichen Fragen:

Die Leistungen des Versöhnungsfonds an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter auf nunmehr österreichischem Gebiet sind als eine freiwillige Geste Österreichs und als Beitrag zu Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit gedacht (siehe § 1 Abs. 2 Versöhnungsfonds-Gesetz). Dabei ist es wichtig, dass den Betroffenen rasch und unbürokratisch geholfen wird. Deshalb beschränken die §§ 8 Abs. 1 und 13 Abs. 3 des Gesetzes die Verpflichtung des Komitees zur Überprüfung der von den Partner­organisationen in ost- und mitteleuropäischen Ländern übermittelten Listen von möglichen Leistungs­empfängern auf stichprobenartige Kontrollen. Eine andere Vorgangsweise würde zu unvertretbaren Verzögerungen der Leistungen führen. Der unerlässlichen Kontrolle der Vergabe der Fondsmittel wird ua. durch eine Verpflichtung der Partnerorganisationen, sich einer regelmäßigen internationalen Wirtschafts­prüfung zu unterziehen, Rechnung getragen (§ 8 Abs. 3 Versöhnungsfonds-Gesetz).

Auf Grund der Verpflichtung zur Durchführung von – bloß – stichprobenartigen Überprüfungen der Listen kann es naturgemäß nicht ausgeschlossen werden, dass Personen, die nach § 2 des Gesetzes nicht zu den Begünstigten gehören, in den Genuss von Leistungen gelangen. Dieser Umstand kann zur Folge haben, dass die im Versöhnungsfonds insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel zu Lasten anderer ehemaliger Sklaven- und Zwangsarbeiter verkürzt werden. Daraus können freilich weder dem Fonds noch seinen Organen ein Vorwurf gemacht werden, zumal die Verpflichtung zur bloß stichprobenartigen Überprüfung im Gesetz selbst vorgesehen ist. Schadenersatzansprüche, die auf diesen Umstand gestützt werden, sind demnach mangels eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens des Fonds oder seiner Organe nicht berechtigt. Diese Rechtslage soll zur Vermeidung allfälliger Missverständnisse und Unklarheiten nunmehr ausdrücklich klargestellt werden. Die vorgeschlagene Regelung trägt darüber hinaus dem Umstand Rechnung, dass es sich um eine freiwillige humanitäre Geste Österreichs handelt, auf die ein Rechtsanspruch nicht besteht. Dieser Zweck des Vorhabens soll nicht durch die Konstruktion von Ersatzansprüchen gegen den Fonds oder dessen Organe unterlaufen werden.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.


Wien, 2001 03 22

                             Hermann Böhacker                                             Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz (BGBl. I Nr. 12/2001), das Bundesfinanzgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 1/2001) und das Versöhnungsfonds-Gesetz (BGBl. I Nr. 74/2000) geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Entschädigungsfondsgesetzes

Das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer
des Nationalsozialismus und über Restitutionsmaßnahmen (Entschädigungsfondsgesetz), BGBl. I Nr. 12/2001, wird wie folgt geändert:

Dem § 2 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Eine Zuwendung an den Fonds bis zum Betrag von 60 Millionen US-Dollar kann auch aus jenen Beträgen erfolgen, die dem Bund gemäß § 69 Abs. 3 Nationalbankgesetz 1984, BGBl. Nr. 50/1984, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/1998, aus dem Geschäftsjahr 2000 zufließen. Der in Abs. 1 genannte Betrag von 210 Millionen US-Dollar bleibt hiedurch unverändert.“

Artikel 2

Änderung des Bundesfinanzgesetzes 2001

Das Bundesfinanzgesetz 2001, BGBl. I Nr. 1/2001, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2001, wird wie folgt geändert (2. BFG-Novelle 2001):

In Artikel VI Abs. 1 wird der Punkt nach der Z 20 durch einen Strichpunkt ersetzt. Folgende Z 21 wird angefügt:

       „21. beim Voranschlagsansatz 1/02118 bis zu einem Betrag von 920 Millionen Schilling für Zahlungen auf Grund des Entschädigungsfondsgesetzes, BGBl. I Nr. 12/2001, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2001, wenn die Bedeckung durch Mehreinnahmen beim Voranschlagsansatz 2/54074 sichergestellt werden kann.“

Artikel 3

Änderung des Versöhnungsfonds-Gesetzes

Das Bundesgesetz über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfonds-Gesetz), BGBl. I Nr. 74/2000, wird wie folgt geändert:

Dem § 15 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Der Fonds und seine Organe haften nicht für Ersatzansprüche, die auf die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Bundesgesetz, insbesondere die Entscheidung über die Zuerkennung von Leistungen und die Auswahl der Stichproben, gegründet werden.“