554 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 9. 5. 2001

Regierungsvorlage

 

Beschluss des Rates vom 29. September 2000 über das System de Eigenmittel der Euro­päischen Gemeinschaften

 

Beschluss des Rates vom 29. September 2000 (2000/597/EG, Euratom)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 269,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 173,

auf Vorschlag der Kommission (Abs. 1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (Abs. 2),

nach Stellungnahme des Rechnungshofs (Abs. 3),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (Abs. 4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 1999 in Berlin unter anderem festgehalten, dass das System der Europäischen Gemeinschaften gerecht, transparent, kostenwirksam, einfach und auf Kriterien gestützt sein sollte, die der Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedstaaten best­möglich Rechnung tragen.

(2) Das Eigenmittelsystem der Gemeinschaften muss gewährleisten, dass sie über angemessene Ein­nahmen für eine geordnete Finanzierung ihrer Politiken verfügen; dabei ist eine strikte Haushaltsdisziplin zu beachten.

(3) Für die Zwecke des Haushalts der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften sind zuverlässige Daten heranzuziehen. Durch das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamt­rechnungen (nachstehend „ESVG 95“ genannt) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates (Abs. 5) wird eine qualitative Verbesserung der Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ermöglicht.

(4) Für die Eigenmittelzwecke sollten die neuesten statistischen Konzepte verwendet werden, und dementsprechend sollte das Bruttosozialprodukt (BSP) für diese Zwecke das Bruttovolkseinkommen (BVE) bedeuten, wie es von der Kommission in Anwendung der ESVG 95 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 errechnet wird.

(5) Sollten Änderungen des ESVG 95 zu erheblichen Änderungen des von der Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 errechneten BVE führen, so hätte der Rat zu beschließen, ob diese Änderungen für die Eigenmittelzwecke berücksichtigt werden.

(6) Gemäß dem Beschluss 94/728/EG, Euratom des Rates vom 31. Oktober 1994 über das System der Europäischen Gemeinschaften (Abs. 6) wurde die Eigenmittelobergrenze für 1999 auf 1,27% des BSP der Gemeinschaften zu Marktpreisen und die Obergrenze für die Mittel für Verpflichtungen insgesamt auf 1,335% des BSP der Gemeinschaften festgesetzt.

(7) Es ist angezeigt, diese in Prozent des BSP ausgedruckten Obergrenzen anzupassen, damit die Höhe der Einnahmen, die den Gemeinschaften zur Verfügung gestellt werden, unverändert bleibt; hierzu ist eine Formel zur Bestimmung der neuen Obergrenzen unter Bezug auf das BSP, wie es für die Zwecke dieses Beschlusses definiert wurde, aufzustellen, die nach dessen Inkrafttreten zugrunde zu legen ist.

(8) Dieselbe Methode sollte künftig bei Änderungen des ESVG 95 angewandt werden, die sich möglicherweise auf das BSP auswirken.

(9) Um der Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedstaaten im System der Eigenmittel auch weiterhin Rechnung zu tragen und für die weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten die regressiven Elemente im derzeitigen System der zu korrigieren, ist der Europäische Rat auf seiner Tagung in Berlin vom 24. und 25. März 1999 zu dem Schluss gelangt, dass die Regeln für die Finanzierung der Union wie folgt geändert werden sollten:

–   Der maximale Abrufsatz für die MwSt. sollte für die Jahre 2002 und 2003 von 1% auf 0,75% und ab 2004 auf 0,50% gesenkt werden;

–   die MwSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage der Mitgliedstaaten sollte auf 50% ihres BSP begrenzt bleiben.

(10) Der Europäische Rat ist auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 1999 zu dem Schluss gelangt, dass der von den Mitgliedstaaten einbehaltene Satz für Erhebungskosten, im Zusammenhang mit den so genannten traditionellen Eigenmitteln, die dem Haushalt der Europäischen Union zufliessen, angepasst werden sollte.

(11) Die Haushaltsungleichgewichte sollten so korrigiert werden, dass die für die Gemeinschafts­politiken verfügbaren Eigenmittel nicht angetastet werden; dabei sollte soweit wie möglich auf ausgaben­politische Maßnahmen zurückgegriffen werden.

(12) Der Europäische Rat ist auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 1999 zu dem Schluss gelangt, dass die mit dem Beschluss 88/376/EWG, Euratom (Abs. 7) festgelegte und mit dem Beschluss 94/728/EG, Euratom bestätigte Berechnungsformel für die Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs die „Windfall-Gewinne“, die sich aus Änderungen des Finanzie­rungssystems sowie infolge künftiger Beitritte ergeben, nicht einschliessen sollte. Zum Zeitpunkt der Erweiterung werden die aufteilbaren Gesamtausgaben durch eine Anpassung um einen Betrag verringert, der den jährlichen Vorbeitrittsausgaben in den beitretenden Ländern entspricht; damit wird sichergestellt, dass Ausgaben, die gegenwärtig für die Korrektur nicht berücksichtigt werden, auch künftig bei der Berechnung des Korrekturbetrags ausser Betracht bleiben.

(13) Die Beschreibung der Berechnung der zugunsten des Vereinigten Königreichs vorgesehenen Korrektur der Haushaltsungleichgewichte wurde aus Gründen der Klarheit vereinfacht. Diese Verein­fachung hat keine Auswirkungen auf den Betrag dieser Korrektur zugunsten des Vereinigten Königreichs.

(14) Der Europäische Rat ist auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 1999 zu dem Schluss gelangt, dass die Finanzierung der Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten König­reichs so geändert werden sollte, dass der Anteil Deutschlands, der Niederlande, Österreichs und Schwe­dens an der Finanzierung auf 25% ihres normalen Anteils reduziert wird.

(15) Für die Währungsreserve (nachstehend „EAGFL-Währungsreserve“ genannt), die Reserve für Darlehensgarantien und die Reserve für Soforthilfen zugunsten von Drittländern sind spezifische Bestim­mungen erlassen worden.

(16) Es ist angezeigt, dass die Kommission vor dem 1. Jänner 2006 eine generelle Überprüfung des Eigenmittelsystems vornimmt und dem Bericht hierüber erforderlichenfalls geeignete Vorschläge beifügt; sie berücksichtigt hierbei alle relevanten Faktoren, wozu auch die Auswirkungen der Erweiterung auf die Finanzierung des Haushalts der Europäischen Union, die Möglichkeit einer Änderung der Eigenmittel­struktur durch die Schaffung neuer autonomer und die dem Vereinigten Königreich zugestandene Korrektur der Haushaltsungleichgewichte sowie die Deutschland, den Niederlanden, Österreich und Schweden zugestandene Reduzierung ihres Anteils an der Finanzierung dieser Korrektur gehören.

(17) Es sind Bestimmungen zu erlassen, die den Übergang von dem mit dem Beschluss 94/728/EG, Euratom eingeführten System zu dem sich aus dem vorliegenden Beschluss ergebenden System regeln.

(18) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 24. und 25. März 1999 festgelegt, dass dieser Beschluss am 1. Jänner 2002 in Kraft treten soll –

HAT FOLGENDE BESTIMMUNGEN FESTGELEGT, DIE ER DEN MITGLIEDSTAATEN ZUR ANNAHME EMPFIEHLT:

Artikel 1

Den Gemeinschaften werden zur Finanzierung ihres Haushalts nach Maßgabe der folgenden Artikel die gemäß Artikel 269 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (nachstehend „EG-Vertrag“ genannt) und Artikel 173 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (nachstehend „Euratom-Vertrag“ genannt) zugewiesen. Der Haushalt der Europäischen Union wird, unbeschadet der sonstigen Einnahmen, vollständig aus Eigenmitteln der Gemeinschaften finanziert.

Artikel 2

(1) Folgende Einnahmen stellen in den Haushaltsplan der Europäischen Union einzusetzende dar:

           a) Abschöpfungen, Prämien, Zusatz- oder Ausgleichsbeträge, zusätzliche Teilbeträge und andere Abgaben auf den Warenverkehr mit Drittländern, die von den Organen der Gemeinschaften im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik eingeführt worden sind oder noch eingeführt werden, sowie Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker vorgesehen sind;

          b) Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs und andere Zölle auf den Warenverkehr mit Drittländern, die von den Organen der Gemeinschaften eingeführt worden sind oder noch eingeführt werden, sowie Zölle auf die unter den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl fallenden Erzeugnisse;

           c) Einnahmen, die sich aus der Anwendung eines für alle Mitgliedstaaten einheitlichen Satzes auf die nach Gemeinschaftsvorschriften bestimmte einheitliche MWSt-Eigenmittelbemessungs­grundlage eines jeden Mitgliedstaats ergeben. Die für diese Zwecke heranzuziehende Bemes­sungsgrundlage darf 50% des nach Absatz 7 definierten BSP eines jeden Mitgliedstaats nicht überschreiten;

          d) Einnahmen, die sich ergeben aus der Anwendung eines im Rahmen des Haushaltsverfahrens unter Berücksichtigung aller übrigen Einnahmen festzulegenden Satzes auf den Gesamtbetrag des BSP aller Mitgliedstaaten.

(2) In den Haushaltsplan der Europäischen Union einzusetzende Eigenmittel sind ferner Einnahmen aus sonstigen, gemäß dem EG-Vertrag oder dem Euratom-Vertrag im Rahmen einer gemeinsamen Politik eingeführten Abgaben, sofern das Verfahren nach Artikel 269 des EG-Vertrags oder nach Artikel 173 des Euratom-Vertrags durchgeführt worden ist.

(3) Die Mitgliedstaaten behalten von den Einnahmen gemäß Absatz 1 Buchstaben a und b, die nach dem 31. Dezember 2000 festgestellt werden, 25% für die Erhebung ein.

(4) Der in Absatz 1 Buchstabe c genannte einheitliche Satz entspricht dem Satz, der sich ergibt aus der Differenz zwischen

           a) dem maximalen MwSt.-Abrufsatz von

               0,75% für 2002 und 2003,

               0,50% ab 2004

               und

          b) einem Satz („eingefrorenen Satz“), der dem Verhältnis zwischen dem Referenzausgleichsbetrag nach Artikel 4 und der Summe der gemäß Absatz 1 Buchstabe c festgestellten MwSt.-Bemes­sungsgrundlagen aller Mitgliedstaaten entspricht, wobei berücksichtigt wird, dass sich das Vereinigte Königreich nicht an der Finanzierung seines Korrekturanspruchs beteiligt und der Anteil Deutschlands, der Niederlande, Österreichs und Schwedens an der Finanzierung der UK-Korrektur auf ein Viertel ihres normalen Anteils reduziert wird.

(5) Der nach Absatz 1 Buchstabe d festgelegte Satz wird auf das BSP der einzelnen Mitgliedstaaten angewandt.

(6) Ist der Haushaltsplan zu Beginn des Haushaltsjahres noch nicht angenommen, bleiben der einheitliche MWSt.-Eigenmittelsatz und der auf die BSP der Mitgliedstaaten anwendbare Satz unbe­schadet der Bestimmungen, die im Zusammenhang mit der EAGFL-Währungsreserve, der Reserve für Darlehensgarantien und der Reserve für Soforthilfen zugunsten von Drittländern gemäß Artikel 8 Absatz 2 erlassen werden, bis zum Inkrafttreten der neün Sätze gültig.

(7) Für die Zwecke dieses Beschlusses bedeutet BSP das BVE eines Jahres zu Marktpreisen, wie es von der Kommission in Anwendung des ESVG 95 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2223/96/EG errech­net wird. Sollten Änderungen des ESVG 95 zu wesentlichen Änderungen des von der Kommission errechneten BVE führen, so beschliesst der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments, ob diese Änderungen für die Zwecke des vorliegenden Be­schlusses berücksichtigt werden.

Artikel 3

(1) Der Gesamtbetrag der den Gemeinschaften für Mittel für Zahlungen zur Verfügung stehenden darf einen bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags des BSP der Mitgliedstaaten nicht überschreiten. Dieser auf zwei Dezimalstellen gerundete Prozentsatz wird von der Kommission im Dezember 2001 nach folgender Formel errechnet:

(2) Die Mittel für Verpflichtungen, die in den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union einge­setzt werden, müssen eine geordnete Entwicklung aufweisen, die zu einem Gesamtvolumen führt, das einen bestimmten Prozentsatz der BSP der Mitgliedstaaten nicht übersteigt. Dieser auf zwei Dezimal­stellen gerundete Prozentsatz wird von der Kommission im Dezember 2001 nach folgender Formel errechnet:

Es ist für ein geordnetes Verhältnis zwischen den Mitteln für Verpflichtungen und den Mitteln für Zahlungen zu sorgen, um zu gewährleisten, dass sie miteinander vereinbar sind und dass die in Absatz 1 für die folgenden Jahre genannten Obergrenzen eingehalten werden können.

(3) Die Kommission teilt der Haushaltsbehörde die neü Eigenmittelobergrenze vor dem 31. Dezem­ber 2001 mit.

(4) Die Methode nach den Absätzen 1 und 2 wird auch angewandt im Falle von Änderungen am ESVG 95, die sich auf das BSP auswirken.

Artikel 4

Es wird eine Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs ange­wandt.

Diese Korrektur wird wie folgt bestimmt:

           a) Es wird die sich im vorhergehenden Haushaltsjahr ergebende Differenz berechnet zwischen

                 – dem prozentualen Anteil des Vereinigten Königreichs an der Summe der nicht begrenzten MWSt.-Bemessungsgrundlagen und

                 – dem prozentualen Anteil des Vereinigten Königreichs an den aufteilbaren Gesamtausgaben.

          b) Der Differenzbetrag wird mit den aufteilbaren Gesamtausgaben multipliziert.

           c) Das Ergebnis nach Buchstabe b wird mit 0,66 multipliziert.

          d) Von dem gemäß Buchstabe c ermittelten Betrag wird der Betrag abgezogen, der sich für das Vereinigte Königreich aus der Begrenzung der MWSt.-Eigenmittelbemessungsgrundlage und den Zahlungen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d ergibt, dh. die Differenz zwischen

                 – den Zahlungen, die durch die Einnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben c und d finanziert werden und die das Vereinigte Königreich hätte leisten müssen, wenn der einheit­liche Satz auf die nichtbegrenzten Bemessungsgrundlagen angewandt worden wäre, und

                 – den Zahlungen des Vereinigten Königreichs gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben c und d.

           e) Ab dem Jahr 2001 wird von dem Betrag gemäß Buchstabe d der Nettogewinn abgezogen, der sich für das Vereinigte Königreich auf Grund des höheren Anteils an den Eigenmitteleinnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a und b ergibt, den die Mitgliedstaaten für die Erhebung und damit verbundene Kosten einbehalten.

           f) Bei jeder Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft wird der Betrag gemäß Buchstabe e angepasst, um den Korrekturbetrag zu senken; damit wird sichergestellt, dass Ausgaben, die gegenwärtig für die Korrektur nicht berücksichtigt werden, auch künftig bei der Berechnung des Korrekturbetrags ausser Betracht bleiben. Durch eine Anpassung werden die aufteilbaren Gesamtausgaben um einen Betrag verringert, der den jährlichen Vorbeitrittsausgaben in den beitretenden Ländern entspricht. Alle so berechneten Beträge werden auf die folgenden Haus­haltsjahre übertragen und jährlich durch Anwendung des bei der Anpassung der Finanziellen Vorausschau zugrunde gelegten BSP-Deflators angepasst.

Artikel 5

(1) Der Korrekturbetrag wird von den übrigen Mitgliedstaaten nach den folgenden Modalitäten finanziert: Die Aufteilung des zu finanzierenden Betrags wird zunächst nach dem jeweiligen Anteil der Mitgliedstaaten an den Zahlungen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d – unter Ausschluss des Vereinigten Königreichs – berechnet; sodann wird er in der Weise angepasst, dass der Finanzierungsanteil Deutschlands, der Niederlande, Österreichs und Schwedens auf ein Viertel der sich normalerweise aus dieser Berechnung ergebenden Anteile begrenzt wird.

(2) Die Ausgleichszahlung an das Vereinigte Königreich wird mit seinen Zahlungen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben c und d verrechnet. Die von den übrigen Mitgliedstaaten zu tragende Finanzlast kommt zu deren jeweiligen Zahlungen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben c und d hinzu.

(3) Die Kommission nimmt die zur Anwendung von Artikel 4 und dieses Artikels erforderlichen Berechnungen vor.

(4) Ist der Haushaltsplan zu Beginn des Haushaltsjahres noch nicht verabschiedet, so bleiben die im letzten endgültig festgestellten Haushaltsplan eingesetzte Ausgleichszahlung an das Vereinigte König­reich und der dafür von den übrigen Mitgliedstaaten aufzubringende Betrag anwendbar.

Artikel 6

Die Einnahmen gemäß Artikel 2 dienen unterschiedslos der Finanzierung aller im Haushaltsplan ausgewiesenen Ausgaben. Die Einnahmen, die zur vollständigen oder teilweisen Deckung der in den Haushaltsplan eingesetzten drei Reserven – der EAGFL-Währungsreserve, der Reserve zur Finanzierung von Darlehensgarantien und der Reserve für Soforthilfen zugunsten von Drittländern – erforderlich sind, werden erst dann bei den Mitgliedstaaten abgerufen, wenn diese Reserven in Anspruch genommen werden. Die Bestimmungen für die Funktionsweise dieser Reserven werden erforderlichenfalls gemäß Artikel 8 Absatz 2 erlassen.

Artikel 7

Ein etwaiger Mehrbetrag der Einnahmen der Gemeinschaften gegenüber den tatsächlichen Gesamt­ausgaben im Verlauf eines Haushaltsjahres wird auf das folgende Haushaltsjahr übertragen. Etwaige Mehrbeträge, die bei einer Übertragung von Mitteln aus Kapiteln des EAGFL, Abteilung Garantie, nach der Währungsreserve anfallen, oder Mehrbeträge des Garantiefonds im Zusammenhang mit außen­politischen Maßnahmen, die dem Einnahmenansatz des Haushalts hinzugerechnet werden, werden als Eigenmittelbeträge angesehen.

Artikel 8

(1) Die Eigenmittel der Gemeinschaften gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a und b werden von den Mitgliedstaaten nach den innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben, die gegebenenfalls den Erfordernissen der Gemeinschaftsregelung anzupassen sind. Die Kommission nimmt in regelmäßigen Abständen eine Prüfung der einzelstaatlichen Bestimmungen vor, die ihr von den Mitgliedstaaten mitgeteilt werden, teilt den Mitgliedstaaten die Anpassungen mit, die sie zur Gewähr­leistung ihrer Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften für notwendig hält, und erstattet der Haushaltsbehörde Bericht. Die Mitgliedstaaten stellen die Mittel nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a bis d der Kommis­sion zur Verfügung.

(2) Unbeschadet der in Artikel 248 des EG-Vertrags und in Artikel 160c des Euratom-Vertrags vorgesehenen Rechnungsprüfung und der Prüfungen der Übereinstimmung und der Ordnungsmässigkeit – diese Rechnungsprüfung und diese Prüfungen erstrecken sich im Wesentlichen auf die Zuverlässigkeit und Effizienz der einzelstaatlichen Systeme und Verfahren zur Ermittlung der Grundlage für die MWSt.- und BSP- – und unbeschadet der Kontrollmaßnahmen gemäß Artikel 279 Buchstabe c des EG-Vertrags sowie Artikel 183 Buchstabe c des Euratom-Vertrags erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig die zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen Vorschriften sowie die Vorschriften über die Kontrolle der Erhebung der Einnahmen gemäß den Artikeln 2 und 5 und Vorschriften darüber, wie diese Einnahmen der Kommission zur Ver­fügung zu stellen und wann sie abzuführen sind.

Artikel 9

Die Kommission nimmt vor dem 1. Jänner 2006 eine generelle Überprüfung des Eigenmittelsystems vor und fügt dem Bericht hierüber erforderlichenfalls geeignete Vorschläge bei; sie berücksichtigt hierbei alle relevanten Faktoren, wozu auch die Auswirkungen der Erweiterung auf die Haushaltsfinanzierung, die Möglichkeit einer Änderung der Eigenmittelstruktur durch die Schaffung neuer autonomer und die dem Vereinigten Königreich zugestandene Korrektur der Haushaltsungleichgewichte sowie die Deutschland, den Niederlanden, Österreich und Schweden zugestandene Reduzierung des Finanzierungsanteils gemäß Artikel 5 Absatz 1 gehören.

Artikel 10

(1) Dieser Beschluss wird den Mitgliedstaaten vom Generalsekretär des Rates bekannt gegeben und im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten teilen dem General­sekretär des Rates unverzüglich den Abschluss der Verfahren mit, die nach ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften zur Annahme dieses Beschlusses erforderlich sind. Dieser Beschluss tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Monat des Eingangs der letzten Mitteilung gemäß Unterabsatz 2 folgt. Er wird zum 1. Jänner 2002 wirksam, mit Ausnahme von Artikel 2 Absatz 3 und Artikel 4, die zum 1. Jänner 2001 wirksam werden.

 

         (2) a) Vorbehaltlich des Buchstabens b wird der Beschluss 94/728/EG, Euratom zum 1. Jänner 2002 aufgehoben. Verweise auf den Beschluss des Rates vom 21. April 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften Absatz 8, den Beschluss 85/257/EWG, Euratom des Rates vom 7. Mai 1985 über das System der eigenen Mittel der Gemeinschaften Absatz 9, den Beschluss 88/376/EWG, Euratom oder den Beschluss 94/728/EG, Euratom sind als Verweise auf den vorliegenden Beschluss zu verstehen.

               b) Die Artikel 2, 4 und 5 der Beschlüsse 88/376/EWG, Euratom und 94/728/EG, Euratom sind weiterhin bei der Berechnung und der Anpassung der Einnahmen, die sich aus der Anwendung eines für alle Mitgliedstaaten einheitlichen Satzes auf die einheitlich festgelegte und je nach Jahr auf zwischen 50% bis 55% des BSP der Mitgliedstaaten begrenzte MWSt-Eigenmittel­bemessungsgrundlage ergeben, sowie bei der Berechnung der Korrektur der Haushalts­ungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs für die Haushaltsjahre 1988 bis 2000 anzuwenden.

                c) Die Mitgliedstaaten behalten als Erhebungskosten weiterhin 10% der Beträge ein, auf die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a und b Bezug genommen wird und die bis zum 28. Februar 2001 von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem geltenden Gemeinschaftsrecht zur Ver­fügung gestellt werden sollten.

Geschehen zu Brüssel am 29. September 2000.

Im Namen des Rates:

Der Präsident:

L. Fabius

(1) ABl. C 274 E vom 28. 9. 1999, S 39.

(2) Stellungnahme vom 17. November 1999 (ABl. C 189 vom 7. 7. 2000, S 79).

(3) ABl. C 310 vom 28. 10. 1999, S 1.

(4) ABl. C 368 vom 20. 12. 1999, S 16.

(5) ABl. L 310 vom 30. 11. 1996, S 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 448/98 (ABl. L 58 vom 27. 2. 1998, S 1).

(6) ABl. L 293 vom 12. 11. 1994, S 9.

(7) ABl. L 185 vom 15. 7. 1988, S 24.

(8) ABl. L 94 vom 28. 4. 1970, S 19.

(9) ABl. L 128 vom 14. 5. 1985, S 15. Beschluss aufgehoben durch den Beschluss 88/376/EWG, Euratom.

Vorblatt

Probleme:

Der Rat hat mit Beschluss vom 29. September 2000 gemäß Art. 269 EG-Vertrag die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (Eigenmittelbeschluss) festgelegt und empfiehlt diese den Mitgliedstaaten zur Annahme gemäß deren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

Ziele:

Genehmigung des Beschlusses durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG.

Inhalt:

Mit dem Eigenmittelbeschluss wird die Aufbringung der Mittel für die Finanzierung der Ausgaben des Gesamthaushaltsplanes der Europäischen Gemeinschaft geregelt. Gegenüber dem geltenden Eigenmittel­beschluss, Beschluss des Rates vom 31. Oktober 1994, 94/728/EG, Euratom, ABl. 1994 L 293/9 bzw. BGBl. Nr. 367/1996, enthält die neue Regelung im Wesentlichen folgende Änderungen:

–   Reduzierung des maximalen Mehrwertsteuer-Abrufsatzes von derzeit 1% auf 0,75% in den Jahren 2002 und 2003 sowie 0,50% ab 2004,

–   Erhöhung der Vergütung für die Erhebung der traditionellen Eigenmittel von dzt. 10% auf 25% ab 1. Jänner 2001,

–   Reduzierung des Anteiles von Deutschland, den Niederlanden, Schweden und Österreich bei der Finanzierung der VK-Korrektur auf 25% ihres normalen Anteils.

Alternativen:

Keine: Der Eigenmittelbeschluss bedarf der Annahme in jedem Mitgliedstaat.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Reduzierung der österreichischen Eigenmittelzahlungen entlastet die öffentlichen Haushalte in Öster­reich und vermindert den Abfluss an inländischer Kaufkraft. Nennenswerte Wirkungen auf Beschäftigung und die übrige Wirtschaftsentwicklung sind allerdings nicht zu erwarten.

Finanzielle Auswirkungen:

Gegenüber der derzeit geltenden Regelung führt der vorliegende Eigenmittelbeschluss zu geringeren Eigenmittelzahlungen Österreichs gegenüber der EU. Nähere Erläuterungen zu den voraussichtlichen Eigenmittelabfuhren 2000 bis 2006 sind dem Allgemeinen Teil zu entnehmen.

EU‑Konformität:

Gegeben.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Die EG-rechtlichen Erzeugungsregeln für den Eigenmittelbeschluss verweisen hinsichtlich des für sein Zustandekommen erforderlichen letzten Teilakts auf die Vorschriften betreffend die „Annahme“ in den Verfassungen der Mitgliedstaaten. Da in der österreichischen Verfassung besondere Vorschriften betref­fend die Annahme derartiger Beschlüsse nicht bestehen, ist diese Verweisung als eine auf die Regelungen betreffend die Annahme von Staatsverträgen, somit auf die Art. 65 Abs. 1 und 50 B-VG zu verstehen.

Erläuterungen

 

Allgemeiner Teil

I. Genehmigung durch den Nationalrat

Der Eigenmittelbeschluss bedarf der Annahme durch die Mitgliedstaaten und somit der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Dieser Beschluss ist nicht politisch, keine seiner Bestimmungen ist verfassungsändernd. Er ist in der innerstaatlichen Rechtslage unmittelbar anwendbar, sodass kein Erfüllungsvorbehalt erforderlich ist. Auch wird durch ihn der selbständige Wirkungsbereich der Länder nicht berührt. Mit dem zur Genehmigung gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG vorliegenden Eigenmittelbeschluss anerkennt Österreich die darin vorgesehenen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der EG und der EAG. Diese Zahlungsverpflichtungen bewirken eine Minderung der verfügbaren Mittel der Haushalte der Gebietskörperschaften und somit einen Eingriff in Verfügungsrechte, die den für die Führung dieser Haushalte in Österreich zuständigen Staatsorganen vorbehalten sind. In dieser Hinsicht wird jedoch keine Änderung der bereits bestehenden Rechtslage bewirkt, da dieser Eingriff grundsätzlich bereits gemäß dem derzeit geltenden Eigenmittelbeschlusses des Rates vom 31. Oktober 1994, 94/728/EG, EURATOM, ABl. L 293/9 vom 12. November 1994 besteht.

Da der Eigenmittelbeschluss gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter hat, ist für seine erforderliche Annahme gemäß den verfassungsrechtlichen Vorschriften in Österreich die Genehmigung durch den Nationalrat nach Art. 50 Abs. 1 B-VG notwendig.

Mit den Finanzausgleichspartnern wurde vereinbart, dass die Eigenmittel aus dem Bundeshaushalt an den Gesamthaushalt der EU abgeführt werden und dass die dem Bund daraus erwachsenden Lasten im Sinne des § 4 F-VG 1948 im Wege finanzausgleichsgesetzlicher Regelungen durch die Länder und Gemeinden mitgetragen werden. Ab 2001 gilt hiefür § 10 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 Z 1 lit. a FAG 2001 (BGBl. Nr. 3/2001).

II. Zum Eigenmittelbeschluss

1. Die Grundsätze der Finanzierung des EG-Gesamthaushaltes

Art. 269 Abs. 1 EG-Vertrag legt fest, dass der Haushalt („Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union“) unbeschadet der sonstigen Einnahmen vollständig aus Eigenmitteln finanziert wird. Hiedurch wird die finanzielle Unabhängigkeit der EG gegenüber den Mitgliedstaaten begründet. Die Einnahmen der EG werden nicht durch Finanzbeiträge (etwa wie Beiträge zu internationalen Organisationen) aufgebracht; vielmehr soll die EG bei der Finanzierung ihres Haushaltes unmittelbar auf eigene Einnahmen greifen können. Dieser Zugriff auf nationale Mittel erfolgte bisher stets unter wesentlicher Einbindung der Mitgliedstaaten, insbesondere dadurch, dass die Einhebung bzw. Abfuhr der Mittel nur durch Organe der Mitgliedstaaten erfolgt.

Allerdings kommen den Gemeinschaftsorganen wichtige Rechte zu:

–   Das materielle Recht für die Erhebung der traditionellen Eigenmittel – Abschöpfungen, Zölle und Zuckerabgaben – ist ausschließlich EU-Recht. [Die Ertragshoheit an diesen Abgaben ist abgestuft: Die Leistung der Abgaben erfolgt ausschließlich an den Mitgliedstaat; die Abfuhr der traditionellen Eigenmittel an die EG obliegt dem Mitgliedstaat und erfolgt – nach Abzug einer Einhebungsvergütung – teils auf Basis der festgestellten (dh. vorgeschriebenen), teils auf Basis der tatsächlich eingehobenen Abgaben. Die diesbezüglichen Durchführungsvorschriften ergehen gemäß Art. 8 des Eigenmittel­beschlusses; vgl. die Erläuterungen zu Art. 8].

–   Das Mehrwertsteuerrecht und die Erfassung des Bruttosozialprodukts sind Gegenstand von harmo­nisierenden EU-Vorschriften.

–   In Bezug auf die Vollziehung des Eigenmittelrechtes kommen der Kommission und dem Rat weit­gehende Informations- und Kontrollrechte zu.

–   An diesen Grundsätzen wird auch durch den neuen Eigenmittelbeschluss nichts geändert.

Weiters ergibt sich aus Art. 269 Abs. 1 EG-Vertrag. bzw. aus dem gleichlautenden Art. 173  Abs. 1 EAG-Vertrag, dass der EU-Gesamthaushalt nicht durch Anleihen und sonstige Finanzschulden finanziert werden darf; der Haushalt muss ausgeglichen sein (vgl. auch Art. 268 Abs. 3 EG-Vertrag).

Die Erzeugung der Rechtsgrundlagen für die Eigenmittel wird in Art. 269 Abs. 2 EG-Vertrag sowie in Art. 173 Abs. 2 EAG-Vertrag geregelt: Hiernach legt der Rat „auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig die Bestimmungen über das System der Eigenmittel der Gemeinschaft fest und empfiehlt sie den Mitgliedstaaten zur Annahme gemäß ihren verfassungs­rechtlichen Vorschriften“.

Auf dieser Grundlage wurden die Eigenmittelvorschriften der EG erlassen. Die erste Regelung stammt aus dem Jahr 1970 und sah Agrarabschöpfungen, Zölle und eine an der Mehrwertsteuer orientierte Finanzie­rungsquelle vor. Dieses System gelangte erst ab 1980 zur vollständigen Anwendung, sodass das Finanzie­rungsgebot gemäß Art. 269 Abs. 2 EG-Vertrag erst relativ spät erfüllt wurde. Eine Weiterentwicklung dieses Systems erfolgte mit 1985, 1988 und 1994 gefassten Beschlüssen des Rates. Der Eigenmittel­beschluss 1994 ist Grundlage des derzeit noch geltenden Eigenmittelsystems, das durch den Eigenmittel­beschluss vom September 2000 abgelöst werden soll.

2. Derzeit geltende Rechtslage:

Der derzeit geltende Eigenmittelbeschluss des Rates 94/728/EG, Euratom vom 31. Oktober 1994, ABl. L 293/9 vom 12. November 1994 basiert auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Edin­burgh (11./12. Dezember 1992) und sieht gegenüber dem Beschluss aus 1988 insbesondere folgende Neuerungen vor:

–   schrittweise Anhebung der Eigenmittelobergrenze von 1,21% des BSP der 15 Mitgliedstaaten im Jahr 1995 bis 1,27% im Jahr 1999,

–   Senkung des Mehrwertsteuer-Eigenmittelhöchstsatzes von 1,32% im Jahr 1995 auf 1% im Jahr 1999,

–   Senkung der Kappungsgrenze bei der Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage von 54% im Jahr 1995 auf 50% im Jahr 1999,

–   Einrichtung einer Reserve für Soforthilfe zugunsten von Drittländern sowie einer Reserve zur Finanzierung des Kreditgarantiefonds.

3. Der neue Eigenmittelbeschluss:

3.1. Die Beschlüsse des Europäischen Rates von Berlin (24./25. 3. 1999, vgl. EG-Bulletin EU-3-1999)

Aufbauend auf dem von der Europäischen Kommission im September 1998 vorgelegten Bericht über das Funktionieren des Eigenmittelsystems beschloss der Europäische Rat folgende Änderungen, die ab 2002, zum Teil bereits ab 2001, wirksam werden sollten:

–   Reduktion des maximalen Abrufsatzes für die Mehrwertsteuer-Eigenmittel von 1% auf 0,75% für die Jahre 2002 und 2003 sowie 0,50% ab 2004,

–   Änderung des Systems zur Berechnung der Korrektur für das Vereinigte Königreich (VK-Korrektur): Die VK-Korrektur wird um den Betrag verringert, der dem Vorteil infolge der Anhebung der Kosten für die Erhebung der traditionellen Eigenmittel entspricht, sowie um den Betrag, der sich zum Zeitpunkt der Erweiterung aus der Anpassung der Vorbeitrittsausgaben ergibt,

–   neuer Finanzierungsmodus der VK-Korrektur: Die Finanzierung ist so zu ändern, dass der Anteil Deutschlands, der Niederlande, Österreichs und Schwedens an der Finanzierung auf 25% ihres normalen Anteils reduziert wird,

–   Erhöhung der Einhebungsvergütung für die traditionellen Eigenmittel von derzeit 10% auf 25% mit Wirkung ab 1. Jänner 2001,

–   Revision des Eigenmittelsystems: Die Kommission wird aufgefordert, das Funktionieren des Eigen­mittelsystems einschließlich der erweiterungsbedingten Auswirkungen bis spätestens 1. Jänner 2006 zu überprüfen.

3.2. Die förmlichen Vorschläge der EG-Kommission für einen neuen EG-Eigenmittelbeschluss

Zur Umsetzung der politischen Beschlüsse des Europäischen Rates von Berlin hat die EU-Kommission am 8. Juli 1999 einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das System der Eigenmittel der Europäischen Union (KOM(1999)333) unterbreitet (vgl. ABl. C 274/39 vom 28. 9. 99), der am 1. Jänner 2002 in Kraft treten soll.

Darin schlug die Kommission neben der rechtlichen Umsetzung der oben angeführten Beschlüsse des Europäischen Rates weitere Änderungen vor:

–   Eigenmittelobergrenze: Die derzeitige Obergrenze von 1,27% des BSP der EU ist beizubehalten. Sollte die Anwendung des neuen Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 95) zu unterschiedlichen Schätzungen des BSP der Mitgliedstaaten sowie des BSP der Union insgesamt führen, wäre die Obergrenze entsprechend einer spezifischen Formel so anzupassen, dass die Höhe der verfügbaren Eigenmittel davon im Ergebnis unberührt bleibt;

–   vereinfachte Darstellung der VK-Korrektur: Die bisher praktizierte Darstellungsweise der VK-Korrek­tur erfordert eine doppelte Berechnung und soll künftig – weil überflüssig –aufgegeben werden;

–   kohärente Verwendung der Zahlen betreffend Einnahmen und festgestellte Ansprüche: Die Kommis­sion schlägt vor, dass für alle Berechnungen des VK-Korrekturbetrags die festgestellten Ansprüche der EU herangezogen werden, um die kohärente Berechnung der vorläufigen Schätzungen und des end­gültigen Korrekturbetrags zu gewährleisten;

–   allgemeine Bestimmungen betreffend Wirksamkeit einzelner Bestimmungen (neuer Art. 10);

–   kleine Änderungen und Aufhebung überholter Bestimmungen (Art. 6, Art. 9 und Art. 11  Abs. 2 lit. b erster Satz).

Darüber hinaus erhielt der Rat von den Dienststellen der Kommission im September 1999 das Arbeits­dokument „Berechnung, Finanzierung, Zahlung und Einstellung der Korrektur der Haushaltsungleich­gewichte in den Haushaltsplan gemäß den Art. 4 und 5 des Beschlusses des Rates über das System der Eigenen Mittel der EU“ über die Korrektur der Haushaltsungleichgewichte, mit dem das entsprechende Arbeitspapier aus dem Jahr 1994 ersetzt werden sollte.

3.3. Ratsberatungen; Europäisches Parlament

Die Vorschläge der EU-Kommission wurden auf Ratsebene intensiv beraten. Nach Vorlage der revidierten Fassung des Arbeitsdokuments zur Berechnung der VK-Korrektur, das in einer Erklärung zum Ratsprotokoll vom Rat einstimmig gebilligt wurde und im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Berlin steht, konnte im April 2000 auf Ratsebene ein Gesamtkompromiss erzielt werden.

Am 8. Mai 2000 übermittelte der Rat dem Europäischen Parlament seinen gemeinsamen Standpunkt zum neuen Beschluss über das System der Eigenmittel der Europäischen Union, die Erklärungen zur Auf­nahme in das Ratsprotokoll bei Annahme des neuen Beschlusses und das Arbeitsdokument zur Berech­nung der VK-Korrektur.

Die in der Stellungnahme des Europäischen Parlamentes vom 17. November 1999 geforderten Ände­rungsvorschläge wurden vonseiten des Rates als zwar stichhaltig, jedoch über die Beschlüsse von Berlin weit hinausgehend gewertet und nicht in den Gemeinsamen Standpunkt übernommen.

Dem Änderungswunsch des Europäischen Parlaments nach einer Vorverlegung der Überprüfung des neuen Eigenmittelbeschlusses noch vor Ende des Jahres 2004 wurde im Rahmen der Konzertierungs­sitzung anlässlich des Haushaltsrates vom 20. Juli 2000 in Form einer Erklärung der Kommission für das Ratsprotokoll entsprochen.

Das Europäische Parlament hat sich bei seiner Tagung vom 20./21. September 2000 mit dem gemein­samen Standpunkt des Rates einverstanden erklärt.

Der Rat hat den Eigenmittelbeschluss bei seiner Tagung am 29. September 2000 (ABl. L 253/42 vom 7. 10. 2000) förmlich angenommen.

III. Finanzielle Auswirkungen:

Die voraussichtlichen Eigenmittelabfuhren 2000 bis 2006 (Gutschriften) sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:

 

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

Mrd. Euro

vorl. Erfolg

BVA

Schätzung der Kommission

Trad. EM

0,270

0,270

0,225

0,225

0,225

0,225

0,225

MwSt-EM

0,818

0,818

0,594

0,613

0,363

0,376

0,390

BSP-EM

0,896

1,052

1,419

1,417

1,585

1,529

1,502

UK-Korr.

0,111

0,180

0,026

0,026

0,026

0,026

0,026

Summe

2,095

2,320

2,264

2,282

2,199

2,157

2,144

Quelle:

2000 und 2001: Bundeshaushaltsverrechnung (im Jahr 2000 ist eine Entlastung iHv insg. rd. 0,22 Milliarden Euro auf Grund der Übertragung des Saldos 1999 und der Korrektur der BSP- und MwSt.-Grundlagen enthalten);

ab 2002: Kommission (Annahmen: 2,5% p. a. BSP-Wachstum; fixe UK-Korrektur iHv 3,636 Milliarden Euro 2002 bis 2006)

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Artikel 1 ist inhaltsgleich mit Artikel 1 des Beschlusses von 1994 (EMB 1994).

Zu Art. 2:

Abs. 1 lit. a, b und d ist inhaltsgleich mit Abs. 1 lit. a, b und d des EMB 1994.

Abs. 1 lit. c sieht Mehrwertsteuer-Eigenmittel als dritte Eigenmittelart der EU vor, die sich aus der Anwendung eines für alle Mitgliedstaaten gleichen Satzes auf die einheitlich bestimmte Mehrwertsteuer­Eigenmittel-Bemessungsgrundlage ergeben. Entsprechend den Schlussfolgerungen von Berlin darf diese Bemessungsgrundlage 50% des BSP eines jeden Mitgliedstaats nicht überschreiten.

Abs. 2 ist inhaltsgleich mit Abs. 2 des EMB 1994.

Abs. 3 bestimmt, dass mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2001 jeder Mitgliedstaat 25% der an die Gemein­schaft abzuführenden traditionellen Eigenmittel als Einhebungsvergütung einbehalten kann.

Abs. 4 sieht den bis auf 0,50% im Jahr 2004 sinkenden maximalen Mehrwertsteuer-Abrufsatz vor (und damit auch den gleichzeitig sinkenden einheitlichen Mehrwertsteuer-Abrufsatz, der sich aus der Differenz zwischen maximalem Mehrwertsteuer-Abrufsatz und „gefrorenem Satz“ ergibt). Des Weiteren enthält er die Bestimmung, dass der Anteil Deutschlands, Österreichs, der Niederlande und Schwedens an der Finanzierung der UK-Korrektur auf ein Viertel ihres normalen Anteils reduziert wird.

Abs. 5 und Abs. 6 sind inhaltsgleich mit Abs. 5 und Abs. 6 des EMB 1994.

Abs. 7 legt fest, dass künftig für Eigenmittelzwecke unter dem BSP das Bruttovolkseinkommen (BVE) eines Jahres zu Marktpreisen verstanden wird, das sich aus der Anwendung des neuen Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen gemäß der Verordnung 2223/96 (ESVG 95) ergibt.

Sollten Änderungen des ESVG 95 zu wesentlichen Änderungen des BVE führen, die die Struktur der Eigenmittel berühren, so sind die Mitgliedstaaten über die eventuelle Notwendigkeit einer solchen Änderung zu unterrichten und die Änderung vom Rat – nach Anhörung des Europäischen Parlaments – einstimmig zu beschließen.

Zu Art. 3:

Abs. 1 regelt, dass die Eigenmittelobergrenze einen bestimmten Prozentsatz des BSP der Mitgliedstaaten nicht überschreiten darf. Dieser Prozentsatz errechnet sich aus der angegebenen Formel, die sicherstellen soll, dass allfällige Änderungen des EU-Gesamt-BSP, die sich aus der Berechnung des BVE ergeben könnten, nicht zu einer Änderung der derzeit zur Verfügung stehenden Einnahmen führen.

Abs. 2 legt ein maximales Gesamtvolumen für die Verpflichtungsermächtigungen fest. Es gilt analog die in Abs. 1 angeführte Formel.

Abs. 3 bestimmt, dass die sich aus obiger Kalkulation ergebende neue Eigenmittelobergrenze von der Kommission vor dem 31. Dezember 2001 mitzuteilen ist.

Abs. 4 sieht vor, dass die angeführte Kalkulationsmethode auch Anwendung findet, wenn ein Kommis­sionsvorschlag eine bedeutende Änderung des BVE-Niveaus zur Folge hat. Auch in diesem Fall wären die Mitgliedstaaten über die eventuelle Notwendigkeit einer solchen Maßnahme zu unterrichten und die Änderung vom Rat – nach Anhörung des Europäischen Parlaments – einstimmig zu beschließen.

Zu Art. 4:

Art. 4 hält fest, dass eine Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten König­reichs angewandt wird.

Abs. 1 lit. a bis d beschreiben in Grundzügen das System zur Berechnung der VK-Korrektur. Die detaillierte von der Kommission angewendete Kalkulationsmethode ist dem Arbeitsdokument „Berech­nung, Finanzierung, Zahlung und Einstellung der Korrektur der Haushaltsungleichgewichte in den Haushaltsplan gemäß den Art. 4 und 5 des Beschlusses des Rates über das System der Eigenen Mittel der EU“ zu entnehmen, das Bestandteil der Protokollerklärung des Rates ist.

Abs. 1 lit. e hält fest, dass dem Vereinigten Königreich kein zusätzlicher Vorteil aus der Erhöhung der Einhebungsvergütung von 10 auf 25% entstehen darf. Diese Bestimmung ist bereits ab 1. Jänner 2001 anzuwenden.

Abs. 1 lit. f bestimmt, dass künftige Beitritte nicht zu Windfall-Gewinnen für das Vereinigte Königreich führen dürfen. Bei jeder Erweiterung wird der errechnete VK-Rabatt um jenen Betrag zu verringern sein, der sich zum Zeitpunkt der Erweiterung aus der Anpassung der Vorbeitrittsausgaben ergibt.

Zu Art. 5:

Art. 5 definiert den Schlüssel für die Finanzierung des Ausgleichs für das Vereinigte Königreich.

In Abs. 1 wird festgelegt, dass die Aufteilung des zu finanzierenden Betrags zunächst anhand der BSP-Anteile erfolgt. Danach wären die Anteile Deutschlands, der Niederlande, Österreichs und Schwedens auf ein Viertel ihres normalen Anteils zu reduzieren.

Abs. 2 bis 4 sind inhaltsgleich mit Abs. 2 bis 4 des EMB 1994.

Zu Art. 6:

 

Unterabs. 1 ist inhaltsgleich mit Unterabs. 1 des EMB 1994.

Unterabs. 2 des EMB 1994 entfällt.

Zu Art. 7:

Art. 7 ist inhaltsgleich mit Art. 7 des EMB 1994.

Zu Art. 8:

Art. 8 ist inhaltsgleich mit Art. 8 des EMB 1994.

Zu Art. 9:

In Art. 9 wird die Kommission aufgefordert, bis spätestens 1. Jänner 2006 eine generelle Prüfung des Eigenmittelsystems vorzunehmen, wobei insbesondere die Auswirkung der Erweiterung auf die Haus­haltsfinanzierung, die Korrektur des Haushaltsungleichgewichts für das Vereinigte Königreich sowie die diesbezüglichen Finanzierungsregelungen für Deutschland, Schweden, Niederlande und Österreich wie auch die Möglichkeit der Schaffung neuer autonomer Eigenmittel untersucht werden sollen. In ihrer Erklärung zum Ratsprotokoll entspricht die Kommission dem Wunsch des Europäischen Parlaments und erklärt sich bereit, diesen Bericht bereits vor Jahresende 2004 vorzulegen.

Zu Art. 10:

Abs. 1 regelt das Inkrafttreten und Wirksamwerden des Beschlusses. Danach tritt der Eigenmittel­beschluss am ersten Tag des Monats nach Eingang der letzten Mitteilung betreffend Ratifizierung durch die nationalen Parlamente in Kraft. Wirksam ist er ab 1. Jänner 2002 mit Ausnahme von Art. 2 Abs. 3 und Art. 4, die bereits zum 1. Jänner 2001 wirksam werden. Dies bedeutet, dass eine direkte Einbehaltung der erhöhten 25%igen Einhebungsquote ab dem Monat möglich ist, der auf die in Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 3 erwähnte Mitteilung im Amtsblatt folgt. Für bereits vorangegangene Monate, bei denen ein direkter Abzug nicht möglich war, hätte dies rückwirkend zu geschehen.

Abs. 2 Unterabs. 1 lit. a regelt die Aufhebung des Beschlusses von 1994.

Abs. 2 Unterabs. 1 lit. b enthält notwendige Übergangsbestimmungen. Er stellt klar, dass für die Berech­nung der Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage sowie für die Berechnung der VK-Korrektur für die Haushaltsjahre 1988 bis 2000 nach wie vor die Beschlüsse aus 1988 resp. 1994 anzuwenden sind.

Abs. 2 Unterabs. 1 lit. c regelt die Übergangsbestimmung für die Anwendung der erhöhten Einhebungs­vergütung. Grundsätzlich gilt der angeführte Stichtag 28. Februar 2001 als Übergangsdatum von 10% auf 25% Einhebungsvergütung. Für Mitgliedstaaten, die sich nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht befinden, dh. traditionelle Eigenmittel verspätet feststellen oder zur Verfügung stellen, gilt auch nach dem 28. Februar 2001 die niedrigere Einhebungsvergütung auf den in Frage stehenden verzugszinsen­pflichtigen Betrag.