58 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 4. 4. 2000

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Endbesteuerungsgesetz (Bundesverfassungsgesetz), das Erb­schafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, das Finanzstrafgesetz und die Bundesabgaben­ordnung geändert werden


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung des Endbesteuerungsgesetzes (Bundesverfassungsgesetz)

Das Endbesteuerungsgesetz (Bundesverfassungsgesetz), BGBl. Nr. 11/1993, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 201/1996, wird wie folgt geändert:

Der bisherige Abschnitt V erhält die Bezeichnung Abschnitt VI; der § 8 erhält die Bezeichnung § 9; nach Abschnitt IV wird als Abschnitt V eingefügt:

“Abschnitt V

Sonderregelungen im Bereich des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts

§ 8. (1) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, dass Schenkungen unter Lebenden und Zweckzu­wendungen (§ 4 Z 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955) von Geldeinlagen bei inländischen Kreditinstituten und sonstigen Forderungen gegenüber inländischen Kreditinstituten (§ 1 des Bankwesengesetzes), denen ein Bankgeschäft zu Grunde liegt, und für die die Steuerschuld vor dem 1. Juli 2002 entsteht, von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit sind.

(2) Abweichend von Abs. 1 ist bundesgesetzlich vorzusehen, dass Vorgänge nach Abs. 1, für die die Steuerschuld vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes entstanden ist, von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit sind, es sei denn, der Steuerpflichtige hat bei Inkrafttreten dieser Bestimmung davon Kenntnis, dass der Vorgang Gegenstand abgabenrechtlicher oder finanzstrafrechtlicher Ermittlungen ist oder der Abgabenbehörde bekannt war”.

Artikel II

Änderung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955

Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/1999, wird wie folgt geändert:

1. In § 15 Abs. 1 Z 18 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt; folgende Z 19 wird angefügt:

       “19. Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen (§ 4 Z 2) von Geldeinlagen bei inländischen Kreditinstituten und sonstigen Forderungen gegenüber inländischen Kreditinstituten (§ 1 des Bankwesengesetzes), denen ein Bankgeschäft zu Grunde liegt. Dies gilt auch für Vorgänge, für die die Steuerschuld vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung entstanden ist, es sei denn, der Steuerpflichtige hat bei Inkrafttreten dieser Bestimmung davon Kenntnis, dass der Vorgang Gegenstand abgabenrechtlicher oder finanzstrafrechtlicher Ermittlungen ist oder der Abgabenbehörde bekannt war.”

2. In § 25 Abs. 1 wird als zweiter Satz eingefügt:

“Von dieser Verpflichtung sind Kreditinstitute in Bezug auf Vermögen ausgenommen, das Gegenstand eines nach § 15 Abs. 1 Z 17 steuerbefreiten Vorgangs ist.”

3. In § 34 Abs. 1 wird folgende Z 5 angefügt:


         “5. § 15 Abs. 1 Z 19 ist auf Rechtsvorgänge anzuwenden, für die die Steuerschuld vor dem 1. Juli 2002 entsteht.”

Artikel III

Änderung der Bundesabgabenordnung

Die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 164/1999, wird wie folgt geändert:

Im § 209 wird folgender Abs. 4 angefügt:

“(4) Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe, für die der Abgabenanspruch vor dem 1. Jänner 1993 entstanden ist, verjährt spätestens mit Ablauf des 1. Juni 2000, es sei denn, der Steuerpflichtige hat bis zu diesem Zeitpunkt davon Kenntnis, dass die Höhe des Abgabenanspruches Gegenstand abgabenrechtlicher Ermittlungen ist. Die Verjährung tritt nicht ein, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass diese Bestimmung für ihn nicht angewendet wird.”

Artikel IV

Änderung des Finanzstrafgesetzes

Das Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 164/1999, wird wie folgt geändert:

Im § 31 Abs. 5 wird folgender Satz angefügt:

“Betrifft ein Finanzvergehen eine Abgabe, deren Abgabenanspruch vor dem 1. Jänner 1993 entstanden ist, so erlischt die Strafbarkeit jedenfalls am 1. Juni 2000, es sei denn, dass zu diesem Zeitpunkt wegen der Tat ein Strafverfahren bei Gericht oder bei einer Finanzstrafbehörde anhängig ist und der Täter davon Kenntnis hat.”

Vorblatt

Problem:

Abschaffung anonymer Sparbücher könnte zu unbegründeten Irritationen auf dem Geld- und Kapitalmarkt führen.

Ziel:

Friktionsfreier Übergang von dem System der anonymen Sparbücher auf ein System legitimierter Sparbücher.

Lösung:

Schenkungssteuerbefreiung für endbesteuerte Sparbücher und Forderungswertpapiere bis zum 30. Juni 2002, allgemeine Verjährung von Abgabenansprüchen und Strafverfolgung für die Zeit vor dem 1. Jänner 1993.

Alternativen:

Keine.

Ertrag/Kosten:

Es sind keine nennenswerten Aufkommensänderungen zu erwarten.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Es sind keine Auswirkungen auf die Beschäftigung bzw. den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

EU-Konformität:

Die Regelungen sind EU-konform.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Aufhebung der Möglichkeit zur Eröffnung anonymer Sparbücher und damit einhergehend die Umstellung anonymer Sparbücher auf legitimierte soll durch steuerliche Maßnahmen begleitet werden. Damit soll insbesondere erreicht werden, dass es zu keinen unbegründeten Irritationen im Bereich des Geldmarktes kommt.

Besonderer Teil

Zu Artikel I (Abschnitt V Endbesteuerungsgesetz) und Artikel II (§ 15 Abs. 1 Z 19 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955):

Infolge der Aufhebung der Anonymität von Sparguthaben sollen in der Vergangenheit erfolgte Schenkungen dieser Vermögenswerte unter bestimmten Voraussetzungen schenkungssteuerbefreit sein. Gleiches soll auch für Schenkungen derartiger Vermögenswerte gelten, die innerhalb der für die Umstellung auf legitimierte Sparguthaben gesetzlich vorzusehenden Frist geschenkt werden.

Für die Vergangenheit soll die Steuerbefreiung nicht gelten, wenn der Abgabenpflichtige davon Kenntnis hat, dass der Schenkungsvorgang Gegenstand abgabenrechtlicher oder finanzstrafrechtlicher Ermittlungen oder den Abgabenbehörden bekannt ist.

Die vorgenommene Änderung im Verfassungsrang erscheint erforderlich, um die Konzeption der Endbesteuerung auch weiterhin verfassungsrechtlich abzusichern.

Zu Artikel II Z 2 (§ 25 ErbStG):

Die Meldepflicht nach § 25 ErbStG hat im Hinblick auf die – nunmehr sogar ausgebaute – Endbesteuerung in diesem Bereich keine nennenswerte Bedeutung mehr. Sie soll daher auch zur Vermeidung von unnötigem administrativen Aufwand insoweit abgeschafft werden.

Zu Artikel III (Änderung der Bundesabgabenordnung):

Im Zusammenhang mit der Abschaffung der Anonymität von Sparguthaben soll eine “absolute” Verjährung für alle Abgaben des Jahres 1992 und der Jahre davor mit Wirkung 1. Juni 2000 eingeführt werden. Dies verhindert ab 1. Juni 2000 Abgabenvorschreibungen für Zeiträume (Zeitpunkte) vor dem 1. Jänner 1993. Die Verjährung tritt nicht ein, wenn bereits Ermittlungshandlungen in Bezug auf den Abgabenanspruch im Gange und dies auch dem Steuerpflichtigen bekannt ist.

Die Bestimmung soll nicht gelten, wenn der Abgabepflichtige ihre Nichtanwendung beantragt. Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn der Abgabenpflichtige eine – außerhalb der Möglichkeiten des § 209a gelegene – Herabsetzung einer Abgabenvorschreibung anstrebt. Im Falle des Antrages auf Nichtanwendung von § 209 Abs. 4 BAO bleiben die Verjährungsbestimmungen der §§ 207 bis 209 Abs. 3 BAO anwendbar.

Zu Artikel IV (Änderung des Finanzstrafgesetzes):

In Übereinstimmung mit der vorgeschlagenen absoluten Verjährung für alle Abgaben des Jahres 1992 und der Vorjahre in der Bundesabgabenordnung soll auch für alle darauf Bezug habenden gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Finanzvergehen eine absolute Verjährung der Strafbarkeit eingeführt werden. Davon ausgenommen sollen jedoch bereits anhängige Strafverfahren sein, wenn der Täter davon Kenntnis hat.