589 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Nachdruck vom 29. 5. 2001

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz – PPG)


Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. (1) Anträge nach Artikel 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 über Maßnahmen, welche das Verbringen von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft sowie ihre Ausfuhr und Wiederausfuhr aus der Gemeinschaft betreffen (im Folgenden EG-Produktpiraterie-Verordnung), ABl. Nr. L 341 vom 30. Dezember 1994 S 8, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 241/1999, ABl. Nr. L 27 vom 2. Feburar 1999 S 1, sind beim Zollamt Arnoldstein einzubringen.

(2) So weit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften über die Zollverfahren.

§ 2. (1) Der aus der Bearbeitung des Antrages auf Tätigwerden der Zollbehörden erwachsende Personal- und Sachaufwand ist vom Antragsteller zu ersetzen. Zur Berechnung des Personalaufwandes sind dabei die nach § 101 Abs. 2 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) bestimmten Personal­kostensätze heranzuziehen.

(2) Kosten, die dem Bund aus der Durchführung einer Maßnahme nach Artikel 6 der EG-Produkt­piraterie-Verordnung erwachsen, sind dem Bund vom Antragsteller zu ersetzen.

(3) Werden vorübergehend verwahrte Waren in Durchführung einer Maßnahme nach Artikel 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung bei einer Zollstelle gelagert, sind die gemäß § 104 Abs. 1 ZollR-DG zu entrichtenden Verwaltungsabgaben durch den Antragsteller zu entrichten.

§ 3. (1) Unter den Voraussetzungen des Artikels 3 Abs. 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung ist bei Stattgabe des Antrages vom Antragsteller Sicherheit zu leisten, um die Bezahlung der Kosten nach §§ 2 Abs. 2 und 7 Abs. 1 sowie der Verwaltungsabgaben nach § 2 Abs. 3 sicherzustellen.

(2) Von der Leistung einer Sicherheit kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn die Einbringlich­keit der Kosten und der Verwaltungsabgaben auf andere Art gewährleistet ist.

§ 4. (1) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Artikel 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung unterrichtet das Zollamt Arnoldstein den Rechtsinhaber, sofern dieser bekannt ist oder leicht festzustellen ist.

(2) Abs. 1 findet auch dann Anwendung, wenn es für Zollorgane bei Tätigwerden im Rahmen der ihnen sonst obliegenden Aufgaben offensichtlich ist, dass es sich bei den Waren um solche handelt, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen. Artikel 4 und Artikel 7 Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung sind in diesen Fällen anzuwenden.

§ 5. (1) Wurde die Überlassung der Ware gemäß Artikel 6 Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verord­nung ausgesetzt oder diese beschlagnahmt, so ist dies dem Anmelder (Artikel 4 Z 18 Zollkodex) bzw. dem Verfügungsberechtigten schriftlich mitzuteilen. In die Mitteilung ist der Hinweis aufzunehmen, dass es als Verzicht auf die Ware zu Gunsten der Staatskasse im Sinn des Artikels 8 Abs. 2 der EG-Produktpiraterie-Verordnung gilt, wenn nicht innerhalb von fünf Arbeitstagen ab der Zustellung der Mit­teilung schriftlich widersprochen wird. Artikel 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung bleibt unberührt.

(2) Wird gegen eine Mitteilung gemäß Abs. 1 innerhalb von fünf Arbeitstagen schriftlich wider­sprochen, so ist die Ware nach Maßgabe des Artikels 7 der EG-Produktpiraterie-Verordnung zu über­lassen.


(3) Das Zollamt Arnoldstein hat den Rechtsinhaber zu informieren, falls auf Waren gemäß Abs. 1 zu Gunsten der Staatskasse verzichtet wird.

(4) Die Abs. 1 bis 3 sind auch in den Fällen des Artikels 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung anzuwenden, wenn der Rechtsinhaber fristgerecht einen Antrag auf Tätigwerden gemäß Artikel 3 der EG-Produktpiraterie-Verordnung stellt.

§ 6. Eine nach Artikel 7 Abs. 2 der EG-Produktpiraterie-Verordnung geleistete Sicherheit unterliegt an Stelle der Waren dem Verfall, wenn von der zur Entscheidung in der Sache zuständigen Stelle rechtskräftig festgestellt wird, dass die Waren ein Patent, ein ergänzendes Schutzzertifikat gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1768/1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arznei­mittel, ABl. Nr. L 182 vom 2. Juli 1992 S 1, oder der Verordnung (EG) Nr. 1610/1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel, ABl. Nr. L 198 vom 8. August 1996 S 30, oder ein Geschmacksmusterrecht verletzen.

§ 7. (1) Wird nach Artikel 8 Abs. 2 der EG-Produktpiraterie-Verordnung auf Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, zu Gunsten der Staatskasse verzichtet, so hat die Zollbehörde die betroffenen Waren auf Kosten des Rechtsinhabers zu vernichten oder zu zerstören oder auf andere Weise ohne Kosten für die Staatskasse aus dem Marktkreislauf zu nehmen.

(2) Mit Zustimmung des Rechtsinhabers können die Waren auch karitativen Zwecken zugeführt oder auf andere Weise verwertet werden.

§ 8. (1) Wer Waren, die auf Grund des Verfahrens nach Artikel 6 der EG-Produktpiraterie-Verord­nung als Waren erkannt wurden, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft verbringt, in den zollrechtlich freien Verkehr oder in ein Nichterhebungsverfahren überführt, in eine Freizone oder ein Freilager verbringt, ausführt oder wiederausführt, begeht ein Finanzvergehen und ist von der Finanzstrafbehörde mit Geldstrafe bis zu 15 000 Euro, bei fahrlässiger Begehung mit Geldstrafe bis zu 4 000 Euro zu bestrafen.

(2) Neben den in Abs. 1 genannten Strafen ist auf Verfall nach Maßgabe des § 17 des Finanz­strafgesetzes zu erkennen.

§ 9. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich des § 8 der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und hinsichtlich aller übrigen Bestim­mungen der Bundesminister für Finanzen betraut.

Vorblatt

Probleme:

Es ist erforderlich, zu der sogenannten EG-Produktpiraterie-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 3295/ 1994 des Rates vom 22. Dezember 1994 über Maßnahmen, welche das Verbringen von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft sowie ihre Ausfuhr und Wiederausfuhr aus der Gemeinschaft betreffen) ergänzende innerstaatliche Regelungen zu erlassen.

Ziele:

Einbindung der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 in die innerstaatliche Vollziehung.

Inhalt:

Ergänzende innerstaatliche Regelungen zu der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Die legistisch notwendigen Anpassungen an das gemeinschaftliche und innerstaatliche Recht bleiben grundsätzlich kostenneutral, weil für die Bearbeitung der Anträge auf Tätigwerden der Zollämter eine Kostenpflicht und für die Durchführung dieser Maßnahmen eine Kostenersatzpflicht vorgesehen wird.

EU-Konformität:

Mit dem vorliegenden Entwurf werden einerseits die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 ergebenden ergänzenden Durchführungsbestimmungen erlassen und andererseits die Befugnisse der Zollorgane beim Vollzug der Bekämpfung der Produktpiraterie näher definiert. Die EU-Konformität ist daher gegeben.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Produktpiraterie hat negative Auswirkungen auf viele unterschiedliche Wirtschaftsbereiche, zB den Arbeitsmarkt, den freien und fairen Wettbewerb, den wirtschaftlichen Erfolg von Firmen – um nur einige zu nennen. Der finanzielle Verlust, der den Unternehmen durch die Fälschungen entsteht, sowie der finanzielle Einsatz zur Bekämpfung der Produktpiraten führt zwangsläufig zu Einsparungen, wodurch nicht zuletzt auch in Österreich Arbeitsplätze verloren gehen.

Wenngleich keine konkreten Zahlen genannt werden können, stellt die EG-Produktpiraterie-Verordnung und der vorliegende Entwurf auch eine Maßnahme zur Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Österreich dar.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Am 1. Juli 1995 trat die Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 des Rates vom 22. Dezember 1994 über Maßnahmen zum Verbot der Überführung nachgeahmter Waren und unerlaubt hergestellter Vervielfälti­gungsstücke oder Nachbildungen in den zollrechtlich freien Verkehr oder in ein Nichterhebungsverfahren sowie zum Verbot ihrer Ausfuhr und Wiederausfuhr, ABl. Nr. L 341 vom 30. Dezember 1994 S 8, in Kraft (EG-Produktpiraterie-Verordnung).

Im Hinblick auf die Erfahrungen der ersten Jahre der Anwendung dieser Verordnung und um die Wirksamkeit des eingeführten Systems zu verbessern, wurde die EG-Produktpiraterie-Verordnung durch die Verordnung (EG) Nr. 241/1999, ABl. Nr. L 27 vom 2. Februar 1999 S 1, mit Wirkung vom 1. Juli 1999 abgeändert und erweitert. Dabei wurde auch der Titel der Verordnung geändert auf „Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 des Rates vom 22. Dezember 1994 über Maßnahmen, welche das Verbringen von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft sowie ihre Ausfuhr und Wiederausfuhr aus der Gemeinschaft betreffen“.

Als Durchführungsverordnung hierzu wurde die Verordnung (EG) Nr. 1367/1995 der Kommission vom 16. Juni 1995, ABI. Nr. L 133 vom 17. Juni 1995 S 2, erlassen, die durch die Verordnung (EG) Nr. 2549/1999, ABI. Nr. L 308 vom 3. Dezember 1999 S 16, abgeändert worden ist.

Durch diese Verordnungen werden bereits auf Gemeinschaftsebene mit unmittelbarer Wirkung für alle Mitgliedstaaten die Maßnahmen beim Grenzübergang des im Rahmen des GATT ausgehandelten Abkommens über handelsrelevante Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums einschließlich des Handels mit nachgeahmten Waren (Artikel 51 bis 60 des TRIPs-Abkommens) umgesetzt. Durch die Anwendung dieser Verordnungen und des vorliegenden Gesetzentwurfes wird daher auch den aus dem TRIPs-Abkommen resultierenden österreichischen Verpflichtungen entsprochen.

Die EU-Verordnungen legen die durch die Zollverwaltung zu ergreifenden Maßnahmen fest und schaffen ein Instrumentarium, das es den Zollbehörden erlaubt, schutzrechtsverletzende Waren möglichst früh­zeitig aus dem Verkehr zu ziehen. Dadurch soll verhindert werden, dass sogenannte „Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen,“ aus Drittländern eingeführt und in der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden können. Als Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, gelten dabei:

–   „Nachgeahmte Waren“: das sind solche Waren, die einschließlich ihrer Verpackung ohne Zustimmung des Markeninhabers Marken oder Zeichen tragen, die mit rechtsgültig eingetragenen Marken identisch sind oder nicht von solchen Marken zu unterscheiden sind und daher die Rechte des Inhabers verletzen.

–   „Unerlaubt hergestellte Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen“: das sind Waren, die ohne Zustimmung des Rechtsinhabers angefertigt worden sind und die die betroffenen Urheberrechte und verwandten Schutzrechte verletzen.

–   Waren, die ein Patent oder ein ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel bzw. für Pflanzen­schutzmittel verletzen.

Die Rechtsinhaber können Anträge auf Tätigwerden der Zollbehörde stellen. Durch dieses Verfahren werden vom Rechtsinhaber zur Weitergabe an die Zollstellen geeignete und der Identifikation von schutzrechtsverletzenden Waren dienende Hinweise und Materialien übermittelt. Das Tätigwerden der Zollbehörden besteht dann darin, in Verdachtsfällen die Überlassung von Waren für jene Zeit auszu­setzen, die für die Prüfung der Frage erforderlich ist, ob es sich tatsächlich um Waren handelt, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen.

Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang relevanten Schutzrechtsbestimmungen bzw. der Zuständig­keiten der Justizbehörden und der gerichtlichen Verfahren verweisen die Verordnungen auf das innerstaatliche Recht. Diesbezüglich ergibt sich aus den Verordnungen kein unmittelbarer Anpassungs­bedarf, weil diese Materie in Österreich ausreichend geregelt ist.

Finanzielle Auswirkungen:

Zur Vollziehung der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 wird im Bereich des Zollamtes Arnoldstein, dem die bundesweite Zuständigkeit zur Bearbeitung der Antrage auf Tätigwerden der Zollämter übertragen wird, ein Bediensteter der Verwendungsgruppe A2 erforderlich sein, der durch den Personalstand der Finanz­landesdirektion für Kärnten abgedeckt werden kann. Bei starkem Ansteigen der Zahl der Anträge auf Tätigwerden durch die Zollorgane und dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand kann sich in der Zukunft das Erfordernis eines zusätzlichen Bediensteten der Verwendungsgruppe A2 ergeben.

Die beim Zollamt Arnoldstein im Hinblick auf die Vollziehung der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 und dieses Bundesgesetzes zusätzlich anfallenden Personalkosten betragen daher 499 000 S pro Jahr.

Für die Bearbeitung der Anträge auf Tätigwerden der Zollämter wird gemäß Artikel 3 Abs. 4 erster Unterabsatz der EG-Produktpiraterie-Verordnung eine Kostenpflicht vorgesehen. Zur Berechnung des Personalaufwandes werden die nach § 101 Abs. 2 zweiter Satz ZollR-DG für Bedienstete der Verwen­dungsgruppe A2 bestimmten Personalkostensätze herangezogen. Geht man von einem durchschnittlichen Zeitaufwand von fünf Stunden für die Bearbeitung eines Antrages aus, werden die Kosten pro Antrag – abgesehen von allfälligen Barauslagenersätzen oder anderem Sachaufwand – ungefähr 1 000 S betragen (die Personalkosten für eine Stunde für einen Bediensteten der Verwendungsgruppe A2 betragen gemäß § 21 Abs. 1 ZollR-DV derzeit 200 S).

Gemäß Artikel 3 Abs. 4 zweiter Unterabsatz der EG-Produktpiraterie-Verordnung wird ferner eine Kostenersatzpflicht für die Durchführung einer Maßnahme nach Artikel 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung für jene Fälle vorgesehen, in denen dem Bund Kosten erwachsen, sodass auch diesbezüglich eine Kostenneutralität gegeben ist.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Artikel 10 Abs. 1 Z 2 BVG.

Besonderer Teil

Zu § 1:

§ 1 Abs. 1 legt die nach Artikel 3 Abs. 8 der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 („EG-Produktpiraterie-Verordnung“) zu benennende Zollbehörde fest. Diese Zuständigkeit wird bundesweit dem Zollamt Arnoldstein übertragen.

§ 1 Abs. 2 sieht vor, dass die zollrechtlichen Bestimmungen grundsätzlich auch für das Verfahren gemäß der EG-Produktpiraterie-Verordnung gelten.

Zu § 2:

§ 2 Abs. 1 legt für die Bearbeitung der Anträge auf Tätigwerden der Zollbehörden einen Ersatz des erwachsenden Personal- und Sachaufwandes fest. Dieser Ersatz, der nach Artikel 3 Abs. 4 erster Unterabsatz der EG-Produktpiraterie-Verordnung zur Deckung der durch die Bearbeitung des Antrages verursachten Verwaltungskosten verlangt werden kann, muss in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen. Zur Berechnung des Personalaufwandes werden die nach § 101 Abs. 2 zweiter Satz ZollR-DG für Bedienstete der Verwendungsgruppe A2 bestimmten Personalkostensätze herangezogen. Geht man von einem durchschnittlichen Zeitaufwand von fünf Stunden für die Bearbeitung eines Antrages aus, werden die Kosten pro Antrag – abgesehen von allfälligen Barauslagenersätzen oder anderem Sachaufwand – ungefähr 1 000 S betragen (die Personalkosten für eine Stunde für einen Bediensteten der Verwendungsgruppe A2 betragen gemäß § 21 Abs. 1 ZollR-DV derzeit 200 S).

In Artikel 3 Abs. 4 zweiter Unterabsatz der EG-Produktpiraterie-Verordnung ist ferner vorgesehen, dass die Entrichtung einer Gebühr zur Deckung der durch die Durchführung der Entscheidung verursachten Kosten verlangt werden kann. Auch von dieser Ermächtigung wird im § 2 Abs. 2 für jene Fälle Gebrauch gemacht, in denen dem Bund Kosten aus der Durchführung einer Maßnahme nach Artikel 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung erwachsen. Eine Kostenersatzpflicht durch den Antragsteller, in dessen Interesse ja die Aussetzung der Überlassung bzw. die Beschlagnahme der Waren liegt, ist somit insbesondere für solche Auslagen des Bundes vorgesehen, die im Zusammenhang mit einer Aussetzung der Überlassung, einer Beschlagnahme (zB Transport- oder Lagerkosten) oder mit der Vernichtung von Waren anfallen. Dadurch unberührt bleiben allfällige Regressansprüche des Antragstellers gegenüber dem Anmelder.

Für den Fall, dass vorübergehend verwahrte Waren in Durchführung einer Maßnahme nach Artikel 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung bei einer Zollstelle gelagert werden, wird im § 2 Abs. 3 vorgesehen, dass die im § 104 Abs. 1 ZollR-DG dafür vorgesehenen Verwaltungsabgaben durch den Antragsteller entrichtet werden sollen.

Im Zusammenhang mit dieser Kostentragungspflicht des Antragstellers ist darauf hinzuweisen, dass ein Regressanspruch gegenüber dem Importeur oder dem für den Warenumlauf Verantwortlichen im Zivilrechtsweg besteht.

Zu § 3:

Im § 3 Abs. 1 wird von der in Artikel 3 Abs. 6 zweiten Anstrich der EG-Produktpiraterie-Verordnung eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Tätigwerden der Zollorgane von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen. Diese Sicherheit dient zur Absicherung der Ansprüche und Kosten gemäß § 2 Abs. 2 und 3 sowie § 7 Abs. 1 gegenüber dem Antragsteller.

Von der nach Abs. 1 vorgesehenen Sicherheit kann jedoch im Einzelfall nach Abs. 2 abgesehen werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Einbringlichkeit der Kosten auf eine andere Art und Weise gesichert ist.

Von der in Artikel 3 Abs. 6 ersten Anstrich der EG-Produktpiraterie-Verordnung eingeräumten Möglich­keit, eine Sicherheitsleistung auch für den Fall einzufordern, dass ein Schadensersatzanspruch des Anmelders oder des Importeurs gegenüber dem Rechtsinhaber besteht, wird kein Gebrauch gemacht. Ein Klärung und Abwicklung eines solchen Anspruchs soll ausschließlich dem Zivilrechtsweg vorbehalten bleiben.

Zu § 4:

Artikel 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung ermöglicht es den Zollorganen, auch vor bzw. ohne entsprechende Antragstellung durch den Rechtsinhaber tätig zu werden, wenn es offensichtlich ist, dass es sich um Waren handelt, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen. Von dieser Möglichkeit wird durch § 4 Abs. 1 Gebrauch gemacht, jedoch mit der Einschränkung, dass der Rechtsinhaber entweder bekannt oder leicht festzustellen ist.

Die EG-Produktpiraterie-Verordnung sieht ein Tätigwerden der Zollbehörden im Zusammenhang mit der Überführung von Waren in ein Zollverfahren, mit der Wiederausfuhr oder mit der Verbringung in eine Freizone oder in ein Freilager vor. Die Möglichkeit des Tätigwerdens endet jedenfalls mit der Überführung in das betreffende Zollverfahren. Dies führt teilweise zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, zB im Rahmen eines Schmuggels bei einer Kontrolle kurz nach dem Grenzübertritt entdeckt werden (also in jenen Fällen, wo es nicht mehr zu einer „Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr“ kommt, sondern zollrechtlich nur mehr die Eingangsabgaben nacherhoben werden), weil die Zollorgane dann nach der EG-Produktpiraterie-Verordnung nicht mehr tätig werden können, und zwar auch dann nicht, wenn ein entsprechender Antrag bereits vorliegt.

Durch Abs. 2 soll dieser Situation begegnet werden. Den Zollorganen wird im Rahmen der ihnen sonst obliegenden Aufgaben die Möglichkeit geboten, bei „Offensichtlichkeit“ den Rechtsinhaber zu verständigen. Eine solche Regelung entspricht im Übrigen auch einer international immer wieder aufgestellten Forderung, der aber durch eine EU-Verordnung im Hinblick auf die Kompetenzlage nicht entsprochen, sondern die nur auf nationaler Ebene erfüllt werden kann.

Der zusätzliche Verweis auf die Anwendbarkeit der Artikel 4 und Artikel 7 Abs. 1 bedeutet, dass in denjenigen Fällen, wo ein Schutzantrag bereits vorliegt, das Zollamt Arnoldstein innerhalb von zehn bzw. 20 Arbeitstagen nach der Beschlagnahme von der Befassung, der „zuständigen Stelle“ in Kenntnis gesetzt werden muss und im amtswegigen Verfahren dem Rechtsinhaber, sofern er leicht feststellbar oder bekannt ist, zuvor eine Frist von drei Arbeitstagen zur Stellung dieses Schutzantrages einzuräumen hat. Für diese Zeit ist die betreffende Ware vorläufig zu beschlagnahmen. Kann der Rechtsinhaber innerhalb der drei Arbeitstage nicht festgestellt werden oder stellt er keinen Schutzantrag, so ist die Beschlagnahme unverzüglich aufzuheben, ebenso in denjenigen Fällen, wo dem Zollamt Arnoldstein nicht fristgerecht die entsprechende Mitteilung über die Befassung der „zuständigen Stelle“ zukommt.

Zu § 5:

Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass gerade bei relativ kleinen Mengen, die jedoch die nach Artikel 10 der EG-Produktpiraterie-Verordnung vorgesehene Menge („Reisefreigrenze“) dennoch um ein Vielfaches übersteigen, die Gerichte mit einer Vielzahl „kleiner Fälle“ überschwemmt werden, wenn der Rechtsinhaber jedes Mal gezwungen ist, die Gerichte zu befassen. In den meisten Fällen ist der Anmelder, bzw. derjenige, der die betreffenden Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat, bereit, auf diese zu verzichten, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden. Für diese „eindeutigen“ Fälle gibt es in Deutschland bereits seit mehreren Jahren ein abgekürztes Verfahren, das dazu dient, die Gerichte zu entlasten, das Verfahren zu beschleunigen, dem Rechtsinhaber zu seinem Schutz zu verhelfen und dem Anmelder Kosten vermeiden zu helfen.

Ein solches Verfahren wird – ohne dass dadurch Artikel 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung berührt wird – durch § 5 eingeführt. Nach der Beschlagnahme bzw. nach der Aussetzung der Überlassung hat der Anmelder bzw. der Verfügungsberechtigte die Möglichkeit, dies zu akzeptieren und auf die Waren zu verzichten („kein Einspruch“) oder durch ein Gericht abklären zu lassen, ob es sich um Waren handelt, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen. Eine diesbezügliche materiellrechtliche Beurteilung durch Zollorgane findet in keinem Fall statt.


Wird innerhalb von fünf Arbeitstagen kein schriftlicher Einspruch erhoben, so gilt dies als Verzicht auf die Ware zu Gunsten der Staatskasse im Sinne des Artikels 8 Abs. 2 der EG-Produktpiraterie-Verordnung. Im Anschluss daran finden die Bestimmungen des § 7 (Vernichtung, aus dem Marktkreislauf nehmen, ua.) Anwendung.

Wird ein Einspruch erhoben, so findet Artikel 7 Abs. 1 der EG-Produktpiraterie-Verordnung Anwendung. Dies bedeutet, dass die Ware zu überlassen ist, wenn der Rechtsinhaber nicht innerhalb von zehn (bzw. 20) Arbeitstagen nachweist, dass er das zuständige Gericht befasst hat. Da § 1 Abs. 2 die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Zollverfahren feststellt, sind für den Einspruch die allgemeinen Vorschriften des ZollR-DG maßgeblich.

Das abgekürzte Verfahren soll auch in jenen Fällen Anwendung finden, in denen die Zollorgane von Amts wegen einschreiten. Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens ist allerdings, dass der Rechtsinhaber entsprechend Artikel 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung fristgerecht einen Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden stellt.

Zu § 6:

Artikel 7 Abs. 2 der EG-Produktpiraterie-Verordnung ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen eine vorzeitige Überlassung von Waren, die im Verdacht stehen, ein Patent oder ein ergänzendes Schutzzertifikat oder ein Geschmacksmusterrecht zu verletzen, wenn eine Sicherheit hinterlegt wird. Diese Sicherheit soll gemäß Abs. 4 an Stelle der Waren dem Verfall unterliegen, wenn von der zuständigen Stelle rechtskräftig festgestellt wird, dass die Waren eines der oder anderer Rechte verletzen.

Zu § 7:

§ 7 hält abschließend fest, was mit den Waren zu geschehen hat, wenn auf sie verzichtet wird. Mit dem Hinweis auf karitative Zwecke in Abs. 2 wird der Ausnahmebestimmung in Artikel 8 Abs. 1 zweiten Anstrich der EG-Produktpiraterie-Verordnung („Entfernen von Marken oder Zeichen“) bei Zustimmung durch den Rechtsinhaber Rechnung getragen. Da gemäß § 1 Abs. 2 hierbei auch auf Bestimmungen des ZollR-DG Bedacht zu nehmen ist, ergeben sich derzeit nach § 51 Abs. 2 ZollR-DG jedoch ebenfalls Schranken für die karitative Verwertung.

Zu § 8:

Artikel 11 der EG-Produktpiraterie-Verordnung schreibt vor, dass Sanktionen für den Fall festgelegt werden müssen, dass gegen Artikel 2 verstoßen wird. Diese Sanktionen müssen so schwer wiegend und abschreckend sein, dass die Einhaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften bewirkt wird.

Artikel 2 sieht ein Verbot des Verbringens von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft sowie ein Verbot ihrer Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr oder in ein Nichterhebungsverfahren, ein Verbot ihrer Verbringung in eine Freizone oder ein Freilager sowie ein Verbot ihrer Ausfuhr und Wiederausfuhr vor. Voraussetzung für das Wirksamwerden dieses Verbotes ist, dass nach dem Verfahren des Artikels 6 der EG-Produktpiraterie-Verordnung durch die „für die Entscheidung in der Sache zuständige Stelle“ (also durch das zuständige Gericht) in einem Zivil- oder Strafrechtsverfahren erkannt wurde, dass es sich um Waren handelt, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen.

Ein Verstoß gegen Artikel 2 soll ein Finanzvergehen bilden.

Zu § 9:

§ 9 enthält die Zuständigkeitsbestimmungen.