648 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Ausgedruckt am 5. 6. 2001
Bericht
des Umweltausschusses
über den Entschließungsantrag 260/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Rettung der Mehrwegsysteme im Getränkebereich und
über den Entschließungsantrag 375/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen betreffend die Einführung einer Einwegabgabe
Die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 20. September 2000 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„In den letzten Jahren traten Einwegverpackungen in Österreich einen gewaltigen Siegeszug an. Der Anteil der Mehrwegverpackungen bei Getränken ist kontinuierlich gefallen. Bereits Mitte 2000 war klar, dass die für 2000 vorgesehenen Verwertungsquoten laut Verpackungszielverordnung auch wegen der sinkenden Mehrweganteile nicht erreicht werden können. Anstelle wie in der Verordnung vorgesehen, Abgabebeschränkungen (zB Mehrwegquoten, Verpackungsabgabe oder Einwegpfand) zu erlassen, sollen nun einfach die Verwertungsquoten gesenkt werden: Bundesminister Molterer und Wirtschaftskammerpräsident Leitl haben sich auf eine Regelung geeinigt, die mittelfristig das Aus für Mehrwegsysteme bedeutet und die die Müllberge weiter anwachsen lassen wird. Mitte September 2000 wurde ein Entwurf für eine Novelle der Verpackungszielverordnung vorgelegt, der eine Herabsetzung der Quoten auf einheitlich 80% vorsieht. Außerdem sollen die Quoten bei Einwegverpackungen nicht mehr über das Füllvolumen, sondern über das Gewicht der Flasche berechnet werden. Die Folge wäre der endgültige Durchbruch für die Einwegflaschen. Die leichten Plastikflaschen würden mit dem neuen Modell als ,Trittbrettfahrer‘ kaum mehr zur Quotenerfüllung beitragen müssen.
Gleichzeitig haben Wirtschaftskammer und die großen Handelsketten eine ,Freiwillige Selbstverpflichtung‘ unterschrieben, die vorgibt, Mehrwegsysteme zu erhalten. Bei Durchsicht dieser Vereinbarung wird jedoch rasch klar, dass es sich um eine völlig zahnlose Regelung handelt, in der weder erkennbaren Ziele vorgeschrieben sind, noch Sanktionsmöglichkeiten für den Fall der Nichteinhaltung vorgesehen sind.
Die geplante Regelung hat zahlreiche negative Auswirkungen. Nicht zuletzt wären die Länder und Gemeinden bzw. die Abfallverbände mit rasant ansteigenden Restmüllmengen konfrontiert. Einschlägige Untersuchungen sprechen von einer Verdoppelung der Verpackungsabfälle im Restmüll innerhalb weniger Jahre. Sämtliche Anstrengungen in Richtung Müllvermeidung würden so ad absurdum geführt.“
Die Abgeordneten Mag. Ulrike Sima und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 1. Februar 2001 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Die neue Getränkezielverordnung stellt einen eindeutigen Rückschritt im Bereich des Umweltschutzes dar und wird die Verdrängung der Mehrweg- durch die Einweggebinde verstärken. Statt konkreter Maßnahmen – etwa Einwegabgabe oder Pfandpflichten – kommen freiwillige Vereinbarungen zum Tragen, es werden Tür und Tor für Einwegverpackungen geöffnet. Dies vor dem Hintergrund, dass der Mehrweganteil bei Getränken von 80% Mitte der 80er Jahre auf derzeit rund 50% gesunken ist. Jetzt werden die ursprünglichen Einzelziele durch eine Verwertungsquote von 80% über alle Verpackungsstoffe hinweg ersetzt. Dies begünstigt gerade Einwegverpackungen weiter für jene Getränkearten (Bier, Mineralwasser, Limonaden und Milch) welche auf Grund des Trends zu Einwegverpackungen ihr ursprünglich festgelegtes Verwertungsquotenziel für das Jahr 2000 nicht erreichten. Damit wird das ursprüngliche Ziel der Verpackungszielverordnung, die Verwertungsquoten nach und nach zu erhöhen nicht nur verfehlt, sondern ins Gegenteil verkehrt. Um möglichst vollendete Tatsachen hinsichtlich der Verdrängung von Mehrwegsystemen auf dem Verpackungssektor zu schaffen, soll darüber hinaus die erste Quotenprüfung erst für das Jahr 2004 erfolgen. Die freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft, sich um eine Zielerreichung zu bemühen, ist demgegenüber mit keinerlei Sanktion belegt.
Die neue Verpackungsverordnung kommt ausschließlich den Interessen des Handels entgegen. Für den Handel bedeutet die Verdrängung der Mehrwegsysteme weniger Personalkosten und zugleich frei werdende Fläche für Verkauf oder Lager. Während eine Mehrwegflasche aus Glas bis zu 60-mal wiederbefüllt werden kann und am Ende ihres Umlaufzyklusses wieder als Altglas in die Glasproduktion zurückgeführt wird, rechnen jetzt Landesabfallverbände mit bis zu einer Verdopplung des Müllvolumens im Hausmüll. Die Kosten dafür werden die Gemeinden und die Haushalte zu tragen haben.“
Der Umweltausschuss hat die gegenständlichen Anträge in seiner Sitzung am 31. Mai 2001 in Verhandlung genommen.
Berichterstatterin zum Antrag 260/A(E) im Ausschuss war die Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig, Berichterstatterin zum Antrag 375/A(E) die Abgeordnete Mag. Ulrike Sima.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Mag. Ulrike Sima, Karlheinz Kopf, Dipl.-Kfm. Dr. Hannes Bauer, Mag. Karl Schweitzer sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer.
Die Abgeordneten Karlheinz Kopf und Ing. Gerhard Fallent brachten im Zuge der Verhandlungen einen Antrag gemäß § 27 Abs. 3 GOG ein.
Bei der Abstimmung fanden die Entschließungsanträge 260/A(E) und 375/A(E) nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit. Der Antrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Ing. Gerhard Fallent wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.
Zur Berichterstatterin für das Haus wurde Abgeordnete Astrid Stadler gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. diesen Bericht hinsichtlich der Anträge 260/A(E) und 375/A(E) zur Kenntnis nehmen,
2. die beigedruckte Entschließung annehmen.
Wien, 2001 05 31
Astrid Stadler Mag. Karl Schweitzer
Berichterstatterin Obmann
Anlage
Entschließung
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die Konsumenten über die ökologische Zweckmäßigkeit von Mehrwegsystemen und die Konsequenzen ihrer Kaufentscheidung zu informieren. Die entsprechenden Getränkeabfüller und der Lebensmittelhandel sollen verstärkt aufgefordert werden, die Wahlfreiheit zwischen etablierten Mehrweg- und Einwegsystemen bei Getränken aufrecht zu erhalten. Im Bereich der Sammlung und Verwertung der Einweggetränkegebinde sollen für Sammel- und Verwertungssysteme nach Maßgabe der Rahmenbedingungen entsprechend hohe Erfassungs- und Verwertungsraten im Rahmen ihrer Genehmigungen im Sinne des Verursacherprinzips dem ökologischen und volkswirtschaftlichen Nutzen entsprechend festgelegt werden.