Zu 67 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Minderheitsbericht

der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Rudolf Parnigoni, Rainer Wimmer

gemäß § 42 Abs. 4 GOG


zum Bericht des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz 2000


Das Budgetbegleitgesetz 2000 enthält eine Reihe von Maßnahmen, die gezielt untere und mittlere Ein­kommensgruppen belasten, ökologisch verfehlt sind und die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes gefährden. Die positiven Wirkungen der Steuerreform 2000 werden durch höhere Abgaben für Ver­braucher und andere restriktive Maßnahmen weitgehend aufgehoben. Der Gesetzentwurf enthält keine strukturellen Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung, sondern überwiegend Umschichtungen, Abschöp­fungen von Fondsüberschüssen und sonstige Einmalmaßnahmen. Es sind keinerlei Schwerpunkt­setzungen zu erkennen. Das Ziel der sozialen Ausgewogenheit wird völlig verfehlt. Darüber hinaus haben einige Artikel des vorliegenden Gesetzentwurfes keinerlei Bezug zum Bundeshaushalt 2000, sondern betreffen lediglich verwaltungsinterne Reorganisationsmaßnahmen.

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion lehnt aus diesen Gründen die vorliegende Regierungs­vorlage zur Gänze ab.

Die FPÖ/ÖVP-Regierung findet eine wirtschaftlich außerordentlich günstige Ausgangssituation vor. Die Konjunktur hat sich im Laufe des Jahres 1999 zunehmend gefestigt, das reale Wirtschaftswachstum wird heuer 3,1 Prozent betragen. Die Unternehmungen haben die beste Ertragslage seit langem, die internatio­nale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Sachgütererzeugung hat sich seit 1995 markant verbessert (Lohnstückkostenverbesserung gegenüber den Handelspartnern um mehr als 10 Prozent). Schließlich konnte im Vorjahr – nicht zuletzt dank der auf einem nationalen Konsens beruhenden gezielten Bemühungen der Beschäftigungspolitik (NAP) die positive Trendwende am Arbeitsmarkt erreicht werden. Auch die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote ist 1999 deutlich gesunken.

Die FPÖ/ÖVP-Regierung verbindet die sich stellende Aufgabe einer Konsolidierung des Bundeshaushalts und der öffentlichen Haushalte in ihrer Gesamtheit mit einer massiven Umverteilungspolitik zu Gunsten von Unternehmern, Selbstständigen und Landwirtschaft und zu Lasten der Arbeitnehmer, Verbraucher und Pensionsbezieher. Damit erfolgt eine massive Umverteilung von Beziehern kleiner Einkommen zu einkommensstarken Gruppen. Weiters werden durch eine Vielzahl einzelner Maßnahmen die Entschei­dungsverhältnisse zu Gunsten der Unternehmer und zu Lasten der Arbeitnehmer verändert. Der nationale Konsens in der Beschäftigungspolitik wird aufgegeben, durch Deregulierung und Sozialabbau wird mehr Lohndruck erzeugt und die Arbeitnehmer werden in ungünstigere Beschäftigungsverhältnisse gedrängt.

Die Maßnahmen werden aber keineswegs vor einem krisenhaften wirtschaftlichen Hintergrund ergriffen, sondern stellen ein aggressives Vorgehen gegen Arbeitnehmerinteressen dar, das mit dem Geist der Sozialpartnerschaft unvereinbar ist und die gesellschaftliche Stabilität gefährdet.

Während die umfassenden beschäftigungspolitischen Maßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktions­planes und die sich belebende Konjunktur in Österreich 1999 die positive Trendwende am Arbeitsmarkt herbeigeführt hatten und nach den bisherigen Prognosen für das laufende Jahr mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit gerechnet werden konnte, wird durch die nunmehr ins Auge gefassten neuen Maßnahmen sowohl die Trendwende am Arbeitsmarkt gefährdet als auch die Position der Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt geschwächt. Davon geht ein zusätzlicher Druck auf die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer aus. Wenn ein höherer Angebotsüberschuss auf dem Arbeitsmarkt an sich die Position der Arbeitnehmer schwächt, so geht eine ähnliche Wirkung von mehreren Einzelmaßnahmen selbst bei gleich bleibender Beschäftigungslage aus.

Die Einfrierung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik erhöht die Arbeitslosigkeit, da weniger Mittel für Umschulung, Wiedereingliederung usw. zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus werden gerade jene gesellschaftspolitischen Gruppierungen und politischen Kräfte, die dem rechtskonservativen Weltbild kritisch gegenüberstehen und damit als politische Konkurrenten im demokratischen Meinungsbildungsprozess auftreten, von der FP/VP-Bundesregierung so weit gehend zu marginalisieren versucht, dass sie im politischen Diskurs nicht mehr in einer gewichtigen Position das Wort ergreifen können.

Sehr deutlich wird das im Bereich der Frauenpolitik. Frauen werden durch die bisher zu beobachtende rechtskonservative Politik wieder verstärkt in der traditionellen Rolle als Mutter und Hausfrau gesehen. Sie werden verstärkt aus dem öffentlichen Bereich in den privaten Bereich gedrängt. Damit verbunden ist ein Angriff auf die Eigenständigkeit der Lebensplanung und einer autonomen Lebensführung aller Frauen. Die Mitglieder der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion lehnen diese rückwärts gewandte Frauen­politik ab, die eine Vielzahl an Errungenschaften, die in den letzten Jahren gesetzt werden konnten, ge­fährdet.

Das öffentliche Hearing im Budgetausschuss unter Beiziehung angesehener Wirtschaftsexperten hat eine Reihe von gravierenden Bedenken gegen die Regierungsvorlage – insbesondere im Hinblick auf das Ziel der Verteilungsgerechtigkeit – ergeben, die weder vom Bundesminister für Finanzen noch von anderen Abgeordneten der Regierungsfraktionen entkräftet werden konnten. Auch der von der ÖVP nominierte Experte, Univ.-Prof. Dr. Gerhard Lehner, kritisierte die vorliegende Regierungsvorlage als sozial unge­recht. Er betonte mehrfach, dass die geplante Erhöhung indirekter Steuern die Bezieher niedriger Einkommen wesentlich stärker treffen wird als die Bezieher höherer Einkommen. Univ.-Prof. Dr. Lehner wies auch die Behauptung der Regierung zurück, sie hätte am Beginn ihrer Amtsübernahme ein unerwartet hohes Budgetdefizit vorgefunden. Er betonte ausdrücklich, dass sich an den Grundzahlen des Budgets seit Monaten nichts geändert hätte.

Der von der SPÖ nominierte Experte, Dr. Ewald Walterskirchen (Österreichisches Institut für Wirt­schaftsforschung) legte eine Berechnung der Verteilungswirkungen der geplanten Abgabenerhöhungen vor, die von den anderen Experten unwidersprochen blieb. Nach dieser Berechnung wird durch die Erhöhung der Steuern und Gebühren das Einkommen des untersten Drittels der Haushalte mit durchschnittlich 1,6% belastet, während das Einkommen des obersten Drittels der Haushalte nur mit 0,8% belastet wird. Die unteren Einkommensbezieher werden von den Maßnahmen der Regierung – gemessen an ihren Einkommen – doppelt so stark belastet wie die obersten Einkommensbezieher.

Aus all diesen Erwägungen nehmen die unterfertigten Abgeordneten insbesondere zu folgenden Artikeln der Regierungsvorlage im Detail Stellung:

Zu den Art. 3 bis 8:

Die Art. 3 bis 8 behandeln den Justizbereich. Ein Bezug zum Bundesfinanzgesetz 2000 ist nicht erkennbar. Zum Teil handelt es sich um Änderungen, die auf eine Verschlechterung des Funktionierens der Justiz hinauslaufen bzw. kontraproduktiv sind. Allen Neuerungen gemeinsam ist, dass sie nicht – wie sonst in der Justiz üblich – breit mit Fachleuten und Betroffenen diskutiert worden sind, sondern geradezu überfallsartig eingeführt werden sollen. Auch sinnvolle Maßnahmen greifen in der Praxis oft nur dann, wenn sie auf Grund eines breiten Diskussionsprozesses eingeführt wurden. In Summe gesehen sind daher die Maßnahmen des Budgetbegleitgesetzes im Bereich Justiz nicht in der Tradition der konstruktiven Justizreform, wie es sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten gegeben hat.

Zu Art. 3:

Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes

Dadurch wird dem Einbringer die Widerspruchsmöglichkeit gegen die Vornahme elektronischer Erledi­gungen durch das Gericht genommen. Damit wird dem Einbringer – dem Rechtsunterworfenen – ein Recht genommen, welches er in der Regel ohnehin nur in Anspruch genommen hat, wenn es dafür vernünftige Gründe gab.

Zu Art. 4:

Änderung des Zivilprozessordnung

Die erstmalige Ladung eines Zeugen zu einem Gericht auch ohne Zustellnachweis scheint bedenklich. Das Funktionieren der Justiz dürfte sich durch diese Neuregelung verschlechtern und es wird zu häufigen Verzögerungen kommen, da Zeugen – oft ohne eigenes Verschulden – einem Gerichtstermin nicht nach­kommen werden.

Zu Art. 5:

Änderung der Strafprozessordnung

Hier gilt ähnliches wie zu Art. 4. Zu Gunsten von Kosteneinsparungen werden wesentliche Rechte und Voraussetzungen für ein bestmögliches Funktionieren der Justiz vernachlässigt: Die Beschränkung des Zustellnachweises auf unbedingt notwendige Fälle bedeutet, dass in den zahlreichen anderen Fällen die Zustellung in unüberprüfbarer Form erfolgt. Ein wesentlicher Faktor unseres Justizsystems, die grösst­mögliche Sicherheit und Nachvollziehbarkeit auch im Zustellwesen, wird damit beseitigt.

Zu Art. 6:

Änderung des Strafvollzugsgesetzes

Es ist nicht ausreichend begründet, auf Grund welcher Parameter es zur Absenkung der Entlohnung für arbeitstherapeutische Beschäftigung im vorgeschlagenen Ausmaß kommt.

Zu Art. 7:

Änderung des Gerichtsgebührengesetzes

Dazu ist festzustellen, dass die Beseitigung von Ausnahmen und die Gebührenerhöhungen letztlich zu einem überwiegenden Teil zu Lasten der Rechtsunterworfenen gehen und Teil der Schröpfungsaktion der gegenwärtigen Bundesregierung sind.

Zu Art. 8:

Änderung des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962

Hier stellt sich die Frage, inwieweit die erhofften Synergieeffekte die Nachteile der geplanten Konzen­tration auf eine Einbringungsstelle überwiegen.

Zu Art. 12:

Änderung des Elektrizitätsabgabegesetzes

Die Elektrizitätsabgabe soll um 10,6 Groschen/kWh zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer erhöht werden. Die damit verbundene zusätzliche Belastung der Stromkunden liegt bei zirka 3,2 Milliarden Schilling. Da für die Wirtschaft die Energieabgaben mit 0,35 Prozent des Nettoproduktionswertes gedeckelt sind, trifft diese Steuererhöhung überwiegend die privaten Haushalte. Durch die Deckelung der Energieabgabe werden die österreichischen Unternehmer jährlich mit zirka 2 Milliarden Schilling subventioniert. Das geplante Steuermehraufkommen von 3 Milliarden Schilling könnte durch eine Abschaffung der Decke­lung bereits zu zwei Drittel erzielt werden. Offensichtlich zielt die geplante Erhöhung der Elektrizitäts­abgabe – wie die anderen Steuer- und Gebührenerhöhungen in der vorliegenden Regierungsvorlage – bewusst auf eine überproportionale Belastung der unteren Einkommensschichten. Alle geplanten Maß­nahmen wirken regressiv.

Die Erhöhung der Elektrizitätsabgabe ist auch deshalb abzulehnen, weil keinerlei ökologische Differen­zierungen (etwa nach Sparverhalten bzw. zur Abdeckung des Basisstromverbrauchs pro Kopf) vorge­nommen werden und keine Förderung von umweltgerechter, erneuerbarer Energie vorgesehen ist.

Zu Art. 13:

Änderung des Tabaksteuergesetzes

Die geplante Erhöhung der Tabaksteuer wird die österreichischen Verbraucher jährlich mit zirka 1,2 Milliarden Schilling belasten. Die Steuererhöhung wird zu einer Erhöhung der Zigarettenpreise um durchschnittlich 6 Prozent führen. Auch diese Maßnahme wirkt regressiv, sie belastet untere und mittlere Einkommensgruppen überproportional. Ferner ist keine Zweckwidmung für die gesetzliche Kranken­versicherung vorgesehen.

Zu Art. 14:

Änderung des Versicherungssteuergesetzes

Der Steuersatz für die einjährige Bezahlung der motorbezogenen Versicherungssteuer soll um 51 Prozent erhöht werden. Diese “Anpassung” wird die österreichischen Autofahrer jährlich mit 5,2 Milliarden Schilling belasten. Für ein Mittelklasseauto bedeutet die geplante Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer eine Erhöhung der Versicherungsprämie von jährlich 1 300 S. Diese Maß­nahme widerspricht dem Verursacherprinzip, da ausschließlich PKWs und Kombis, nicht aber LKWs belastet werden. Damit wird die Quersubventionierung des LKW weiter erhöht. Belastet werden über­wiegend Arbeitnehmerhaushalte. Aus ökologischer Sicht ist die Erhöhung einer fahrleistungsunab­hängigen Steuer eine unsinnige Maßnahme, da lediglich die Fixkosten des PKW erhöht werden.

Zu Art. 16:

Änderung des Gebührengesetzes

Durch die vorgeschlagene Änderung werden die Gebühren für die Ausstellung von Reisepässen und Führerscheinen sowie aller damit in Zusammenhang stehenden Dokumente bzw. Änderungen von Dokumenten drastisch erhöht. Die Gebühr für die Ausstellung eines Reisepasses soll von 490 S auf 950 S angehoben werden. Die Gebühr für die Ausstellung eines Führerscheines soll von derzeit 660 S auf 760 S angehoben werden. Die in den Erläuterungen enthaltene Schätzung des Mehraufkommens von 100 Millionen Schilling im Jahr 2000 und 270 Millionen Schilling in den Folgejahren ist viel zu niedrig angesetzt. Die geplanten Gebührenerhöhungen werden die österreichische Bevölkerung jährlich mit 0,5 bis 1 Milliarde Schilling zusätzlich belasten. Darüber hinaus wurden von der Regierung bereits weitere Gebührenerhöhungen angekündigt, die einen Mehrerlös von 4 Milliarden Schilling ab 2001 bringen sollen. Durch diese Gebührenerhöhungen werden ebenfalls gezielt untere und mittlere Einkommens­gruppen belastet.

Zu Art. 22:

Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967

Die Überschüsse und das vorhandene Vermögen des Familienlastenausgleichsfonds aus den Jahren 1999 und 2000 in der Höhe von insgesamt 8,2 Milliarden Schilling werden nunmehr als Beitrag zur Finan­zierung der Ersatzzeiten der Kindererziehung in die Pensionsversicherung herangezogen (um damit den Bundesbeitrag zu den Pensionen zu reduzieren) und damit für die Budgetsanierung verwendet.

Die FPÖ hat in der Vergangenheit immer wieder die – ihrer Ansicht nach – “zweckwidrige” Verwendung von Familiengeldern heftig kritisiert.

Auch der Leiter des Instituts für Familienforschung, Helmuth Schattovits (unter ÖVP-Familienministern gegründet und finanziert), sprach sich gegen den Transfer von FLAF-Mitteln in die Pensionsversicherung bzw. zur Budgetsanierung aus (zuletzt im Unterausschuss des Familienausschusses am 16. März 2000). Es stellt sich die Frage, wenn jetzt die Überschüsse abgeschöpft werden, wie die blau/schwarze Koalition das angekündigte Kinderbetreuungsgeld ab dem Jahr 2002 finanzieren wird. Darüber hinaus ist auch unklar, ob die weitere Finanzierung von wichtigen familienpolitischen Leistungen, wie zB Familienbeihilfe, Schüler- und Lehrlingsfreifahrten, Schulfahrtbeihilfe für SchülerInnen und Lehrlinge oder die Schul­buchaktion, überhaupt gesichert ist.

Diese Überweisungen sind keine strukturelle Antwort auf die Probleme der Finanzierung der Ersatz­zeiten aus den Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung (Aufwand in der PV für Ersatzzeiten pro Jahr 6,7 Milliarden Schilling).

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion fordert, wenn Überschüsse im FLAF vorhanden sind, die Erhöhung des Karenzgeldes auf 6 000 S und die Ausdehnung der Karenzgeldauszahlung auf zwei Jahre für Alleinerzieherinnen!

Zu Art. 23:

Änderung des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes

Der Weg über die Abschöpfung der Fonds ist keine strukturelle Antwort auf die fehlende Bedeckung von Leistungen im Pensionssystem (vor allem im Bereich der Selbstständigen); die sozialdemokratische Parlamentsfraktion fordert daher vielmehr den höheren Eigenfinanzierungsgrad bei den Selbstständigen­pensionen (in der Pensionsversicherung – Gewerbe: 39,3 Prozent 1998, Bauern: 21 Prozent 1998) ein. Beitragsgerechtigkeit bei den Selbstständigen bedeutet, dass höhere Beiträge (zurzeit 14,5 Prozent) in das Pensionssystem einzuzahlen sind!

Die Sicherheit der Finanzierung der ArbeitnehmerInnenansprüche aus Insolvenzfällen ist überdies ge­fährdet.

Nach Prognosen des Kreditschutzverbandes werden im Jahr 2000 mehr Firmeninsolvenzen zu erwarten sein. In Verbindung mit der geplanten Beitragssatzsenkung wird sich die Fondsgebarung durch die Abschöpfung defizitär gestalten.

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion fordert eine zukunftsorientierte Mittelverwendung:

1.  Die Überschüsse sollen für die Finanzierung der Aktion Fairness (Angleichung der Rechte der Arbeiter an die Rechte der Angestellten im Bereich der Entgeltfortzahlung sowie der Beendigungsansprüche [Kündigungsfristen]) verwendet werden.

2.  Eine Milliarde Schilling soll für den Aufbau eines überbetrieblichen Berufsausbildungsfonds eingesetzt werden.

3.  Ein Teil der möglichen Beitragssenkung zum IAG-Fonds soll zweckgewidmet für die laufende Finan­zierung dieses Berufsausbildungsfonds verwendet werden. Damit könnten die finanziellen und insti­tutionellen Grundlagen für eine erfolgreiche und qualifizierte Berufsausbildung gelegt werden.

Zu Art. 24:

Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes

Die Abschöpfung der Überschüsse im Ausmaß von 3,1 Milliarden Schilling für den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger decken bei weitem nicht die jährlichen Aufwendungen von rund 15 Milliar­den Schilling für Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung.

Die Bestimmung, mit der das Arbeitsmarktservice über Auftrag des BM für Wirtschaft und Arbeit im Jahr 2000 aus der Gebarung Arbeitsmarktpolitik Mittel zu überweisen hat, um “die erforderliche Beweg­lichkeit in Kapitel 63 (Arbeit und Wirtschaft [Handel, Gewerbe, Industrie, Fremdenverkehr]) und Kapitel 64 (Bauten und Technik) zu ermöglichen”, wenn sich gegenüber dem Bundesvoranschlag 2000 ein positiver Saldo ergibt, wird von der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion entschieden abgelehnt. Durch diese Bestimmung würden Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik zweckwidrig – zB für Wirtschaftsförderung, Tourismusförderung usw. – verwendet werden, anstatt Überschüsse in der vom Gesetzgeber vorgesehenen Weise – der Arbeitsmarktrücklage beim AMS – zuzuführen (§ 50 Arbeits­marktservicegesetz).

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion fordert eine deutliche Erhöhung der Finanzmittel im Bundes­voranschlag 2000 und im Budgetbegleitgesetz 2000 für aktive arbeitsmarktpolitische Interventionen.

Es muss angesichts der drohenden Gefahren der höheren Arbeitslosigkeit älterer ArbeitnehmerInnen durch die unsozialen Auswirkungen der Pensionsreform zu einer deutlichen Steigerung von aktiven, die Arbeitslosigkeit bekämpfenden Maßnahmen kommen, insbesondere zu Gunsten älterer Arbeitnehmer­Innen, Frauen, Jugendlicher und Langzeitarbeitsloser.

Eine derartige Mittelerhöhung oder eine sonstige Gegensteuerung ist in den vorgelegten Gesetzentwürfen aber nicht vorgesehen.

Damit verlieren Aussagen der Bundesregierung und des Bundesministers für Finanzen – “die Ziel­setzungen des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung weiter zu verfolgen und dabei Maßnahmen für ältere ArbeitnehmerInnen und für Frauen zu verstärken” – ihre Glaubwürdigkeit.

Auch in diesem Jahr wird eine große Zahl von jugendlichen Schulabgängern (rund 3 000 bis 5 000) mit dem Problem konfrontiert sein, dass für sie keine Lehrstelle in einem Betrieb zur Verfügung steht. Im Jahr 2000 werden viele Jugendliche keine oder bestenfalls eine sehr schlechte berufliche Perspektive vor­finden.

Dennoch unterlässt es die neue Bundesregierung, im Budgetbegleitgesetz ausreichende Mittel für die Fortsetzung der sehr erfolgreichen Maßnahmen des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes vorzusehen. Damit wird von den Verantwortungsträgern in der Bundesregierung in Kauf genommen, dass Tausenden jungen Menschen kein Zugang zu einer beruflichen Ausbildung eröffnet wird. Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion fordert daher die Verlängerung des Jugendausbildungssicherungsgesetzes.

Zu Art. 25:

Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion stellt die vorgesehene Überweisung von einer Milliarde Schilling aus den Mitteln der AUVA in Frage, weil dadurch die Möglichkeiten der AUVA im präventiven Arbeit­nehmerschutz beeinträchtigt werden.

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion fordert insbesondere, dass der Beitrag der AUVA für den Aufbau der arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung in Klein- und Mittelbetrieben weiter gewährleistet sein muss. Ebenso fordert die sozialdemokratische Parlamentsfraktion, dass es der AUVA möglich sein muss, nachhaltige und wirksame Beiträge für einen verbesserten Gesundheitsschutz zu leisten, der dem hohen Krankheits- und Invaliditätsrisiko entgegenwirkt.

Insbesondere bei weiteren Überweisungen an das Bundesbudget und der geplanten Senkung des Beitragssatzes um 0,2 Prozent können diese Aufgaben nicht mehr im vollen Ausmaß umgesetzt werden!

Zu Art. 26:

Änderung des Kunstförderungsgesetzes

Das Kunstförderungsgesetz (1981 mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen) sieht eine zweckgebundene Abgabe zur Förderung zeitgenössischen Kunstschaffens vor, die von den Inhabern einer unbefristeten Rundfunk-Hauptbewilligung an den Bund zu entrichten ist. Die Höhe der Abgabe betrug 1982 48 S. Die Einnahmen aus dem Kunstförderungsbeitrag werden gemäß Kunstförderungsbeitrags­gesetz 1988 zwischen dem Bund und den Ländern im Verhältnis 70 : 30 aufgeteilt, wovon 85 Prozent des Bundesanteils an die Kunstsektion gehen. Der Rest wird für die Angelegenheiten des Denkmalschutzes und der Museen verwendet. 1992 wurde eine Anhebung des Kunstförderungsbeitrages auf 55 S jährlich vorgenommen, um das Ausmaß der Kunstförderung mindestens in jenem Umfang gewährleisten zu können, wie sie 1982 zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Kunstförderungsbeitragsgesetz vorgesehen war.

Der Kunstförderungsbeitrag soll nun abermals von bisher 4,60 S auf 6,60 S monatlich ab dem 1. Juni 2000 erhöht werden. Das erwartete Mehraufkommen beträgt für das Jahr 2000 35 Millionen Schilling, in den Folgejahren 60 Millionen Schilling. Das Budgetbegleitgesetz enthält keinerlei inhaltliche Aussagen, in welcher Form diese geplanten Mehreinnahmen verwendet werden sollen. Die sozial­demokratische Parlamentsfraktion fordert in diesem Zusammenhang, dass die zusätzlichen Mittel für die geplante Künstlersozialversicherung und zur Verbesserung der sozialen Lage der Künstler verwendet werden.

Zu Art. 29:

Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Die Regierungsvorlage enthält in diesem Artikel nur eine “Trägerrakete”. Dazu haben die SP-Abge­ordneten einen Abänderungsantrag eingebracht, der folgende Zielsetzungen enthält:

1.  Die Beschränkung der asymmetrischen Regulierung auf Unternehmungen mit mehr als 60 Prozent Marktanteil. Dies entspricht auch der derzeitigen EU-Diskussion um 50 bis 60 Prozent. Damit soll die Wettbewerbskraft der Telekom Austria AG EU-konform gestärkt werden. Ein höherer Börsenerlös ist zu erwarten.

2.  Verbesserung des Konsumentenschutzes: Zur Stärkung der Transparenz für den Konsumenten sollen ua. die Abrechnung von Entgelten für das Erbringen von Telekommunikationsdiensten sowie die Modalitäten der Mitteilung durch Verordnung des Bundesministers geregelt werden. So soll eine Sekundentarifabrechnung, ein kostenloser Einzelgesprächsnachweis und eine verpflichtende quellen­abhängige Tarifierung verordnet werden.

3.  Das Frequenzzuteilungsverfahren für die dritte Mobilfunkgeneration soll derart gestaltet werden, dass nach angloamerikanischem Vorbild einerseits möglichst hohe Erlöse für das Budget erzielt werden (liberales von der Regulierungsbehörde durchzuführendes Verfahren mit mehrfachen Bieterrunden), andererseits aber auch auf die Interessen der vier in Österreich bereits tätigen Unternehmungen Rücksicht genommen wird. Dies bietet sich EU-wettbewerbskonform nur in der Form, dass bestehende Frequenzen auch der 1800er Frequenz für UMTS-Dienste herangezogen werden können. Durch eine Berücksichtigung dieses Umstandes können zur Förderung des Wettbewerbs an mehr Anbieter ausreichende UMTS-Frequenzen vergeben werden.

4.  Aus Umweltschutz- und Landschaftsschutzgründen und auch wegen Gesundheitsbedenken der Bevölkerung (Strahlenbelastung) sollen die Betreiber zu einem gemeinsamen koordinierten Sende­anlagen- und Infrastrukturausbau verpflichtet werden. Dadurch würden auch die Kosten der Infra­struktur gesenkt und entsprechende Gesprächsqualitätsstandards leichter einzuhalten sein.

Der im Budgetausschuss eingebrachte Abänderungsantrag der Regierungsparteien war hinsichtlich der oben genannten Zielsetzungen unzureichend und daher abzulehnen.

Gänzlich unverständlich ist es, dass vom Erlös aus dem Frequenz-Zuteilungsverfahren lediglich 4,126 Milliarden Schilling budgetiert werden, obwohl entsprechend den bisherigen internationalen Bieter­verfahren (zB Großbritannien) für Österreich doch zumindest 8 bis 10 Milliarden Schilling erzielt werden können.

Zu den Art. 30 und 31:

Poststrukturgesetz und Postgesetz:

Im Rahmen des Postzeitungsversandes erbrachte die Österreichische Post AG bisher durch Beförde­rungen von Postsendungen zu niedrigeren Entgelten gemeinwirtschaftliche Leistungen. Diese sind vom Bund der Post AG abzugelten. Die FP/VP-Bundesregierung will nunmehr diese gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Ausmaß von 1,3 Milliarden Schilling streichen und durch eine Förderung der Betroffenen (wie Vereine, Zeitungen, politische Parteien, anerkannte Kirchen oder Religionsgemeinschaften, gemein­nützige Organisationen) ersetzen.

Was dies bedeutet, hat VP Klubobmann Andreas Khol in der Ausgabe der Kirchenzeitung vom 2. April 2000 klar gemacht: Die Postgebührenermäßigung als Quersubvention des Staates soll durch direkte Sub­ventionen ersetzt werden. Und wörtlich: “Man wird dabei die Böcke von den Schafen zu trennen haben.”

Die Bundesregierung beabsichtigt also, zwischen den Vereinen, gemeinnützigen Organisationen usw. zu unterscheiden und jenen, die genehm sind, Subventionen zukommen zu lassen, und den anderen, die kritisch zur Bundesregierung oder aus anderen Gründen nicht genehm sind, die Subvention zu entziehen.


Für eine Vielzahl von Vereinen und gemeinnützigen Organisationen bedeutet diese Erhöhung des Entgelts für die Beförderung von Postsendungen eine Bedrohung für die Aufrechterhaltung ihrer gesellschafts­politischen Aktivitäten. Vor allem die NGOs in ihrer Gesamtheit und Frauenvereine insbesondere sind davon betroffen. Für Frauenvereine, die eine wesentliche politische Arbeit für Österreich leisten und geleistet haben und die sehr oft nur durch das enorme Engagement der Betroffenen ihre Tätigkeit aufrechterhalten können, bedeutet jede zusätzliche finanzielle Belastung zwangsläufig eine Gefährdung der Existenz des Vereines und der Möglichkeit, weiterhin gesellschaftspolitisch agieren zu können. Auf Grund der konservativen Frauenpolitik ist dadurch ein Anschlag auf alle nichtkonservativen Frauen­vereine, auf alle Frauenvereine, die den gesellschaftlichen Vorstellungen der rechtskonservativen Bundes­regierung nicht entsprechen und eine fortschrittliche, moderne Frauenpolitik mittragen, zu befürchten.

Dieser Anschlag auf die Meinungsvielfalt in Österreich kann auch anhand einiger Zahlen dargestellt werden: Rund 50 Prozent der Förderung entfallen auf entgeltliche Zeitungen und Zeitschriften, die dadurch für den Einzelnen teurer werden. Die anderen 50 Prozent entfallen auf unentgeltliche Zeitungen und Zeitschriften.

Die Maßnahme ist daher ein Machtmissbrauch der FP/VP-Regierung, der mit allen Mitteln verhindert werden muss. Es kann nicht angehen, dass im Jahr 2000 Vereine und Interessenvertretungen an die politische Leine genommen werden und ihnen die politische Rute ins Fenster gestellt wird. Die sozial­demokratische Parlamentsfraktion spricht sich daher gegen die Änderung dieser beiden Gesetze aus und tritt für die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage ein.

Zu Art. 32:

Änderung des Wohnbauförderungsgesetzes

Der Wegfall der Gerichtsgebührenbefreiung für Bausparkassendarlehen bedeutet, dass jeder, der mit Hilfe von Bauspardarlehen eine Wohnung oder ein Haus finanziert, in Zukunft mit der Eintragungsgebühr von 1,2 Prozent der Darlehenssumme für die Eintragung des Darlehens ins Grundbuch belastet wird. Diese Maßnahme bedeutet eine Belastung von 100 bis 150 Millionen Schilling jährlich für Menschen, die sich Wohnraum schaffen.

Zu Art. 33:

Änderung des Wohnhaussanierungsgesetzes

Die Änderung des Wohnhaussanierungsgesetzes sieht eine Herabsetzung der zulässigen Wohnungsgröße für Gerichtsgebührenbefreiung von 150 auf 130 Quadratmeter vor. Durch diese Änderung kommt es zu einem Wegfall der Gerichtsgebührenbefreiung für geförderte Wohnungen zwischen 130 und 150 Quadratmeter, außer es leben mehr als fünf Personen im gemeinsamen Haushalt. Der Bund hat sich nach Art. 6 Abs. 1 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG, BGBl. Nr. 390/1989, verpflichtet, Gerichts­gebührenbefreiungen vorzusehen, “wenn das förderungsfähige Ausmaß der Nutzfläche der bis zum Ablauf des 31. Dezember 1987 geltenden bundesgesetzlichen Regelung nicht überschritten wird”. Aller­dings trifft diese Regelung auf das Wohnhaussanierungsgesetz nicht zu, da dessen § 3 Z 2 nämlich eine Wohnung als solche mit einer Nutzfläche von höchstens 150 Quadratmeter ohne Differenzierung, wie viele Personen darin leben, definiert.

Art. 6 Abs. 1 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG nimmt aber nicht nur auf die Wohnbauförderung im engeren Sinn, sondern umfassend auf das “Volkwohnungswesen” Bezug, zu dem auch die Wohnhaus­sanierung gehört. Aus diesen Gründen widerspricht der Art. 33 der Regierungsvorlage der erwähnten Vereinbarung und ist daher rechtlich nicht haltbar.

Zu Art. 34:

Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes

Durch die geplante Novelle werden bestehende Gerichtsgebührenbefreiungen (zB Eintragung in Grund­buchs- und Registersachen, Eintragungen zum Erwerb des Eigentumsrechts an einer Liegenschaft) von gemeinnützigen Bauvereinigungen abgeschafft.

Um Grundkostenbelastungen für Mieter bei geförderten Genossenschaftswohnungen nicht zu verteuern, mussten dafür bisher von den Genossenschaften keine Grundbuchseintragungsgebühren bezahlt werden. In Zukunft müssen Genossenschaften dafür 1 Prozent des Kaufpreises bezahlen. Dies verteuert die neu er­richteten Genossenschaftswohnungen für Mieter und Eigentümer. Insgesamt werden dadurch neue Mieter und Eigentümer von Genossenschaftswohnungen in Zukunft mit 50 Millionen Schilling jährlich belastet.