675 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 28. 6. 2001

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (563 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über die Zusammen­arbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft


Das neue Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft hat gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodaß die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Abkommen enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Die Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist erforderlich, da auch Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, berührt sind (Einbeziehung des Natur- und Naturgüterschutzes in die Zusammenarbeitsmaterien) oder berührt sein könnten. Den Ländern wurde gemäß Art. 10 Abs. 3 B-VG Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Es wurde kein Einwand erhoben.

Während das seinerzeit von Österreich mit der SFR Jugoslawien abgeschlossene Kulturabkommen (BGBl. Nr. 436/1973) heute im Verhältnis zu Kroatien und zur Bundesrepublik Jugoslawien weitergilt und angewendet wird, besteht im Verhältnis zu Slowenien keine vergleichbare vertragliche Regelung, da das genannte Abkommen seinerzeit nicht im Notenwechsel vom 16. Oktober 1992 zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien betreffend die Weiteranwendung bestimmter österreichisch-jugoslawischer Staatsverträge (BGBl. Nr. 714/1993) genannt ist. Im Jahre 1996 wurde das zwischen­staatliche Einvernehmen zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit Slowenien über ein bilaterales Kulturabkommen erzielt.

Im Zuge der interministeriellen Vorbereitung auf österreichischer Seite, an der auch das Land Kärnten mitwirkte, wurde als eines der Verhandlungsziele festgelegt, daß das neue Abkommen die kulturellen Anliegen der slowenischen Volksgruppe in Österreich entsprechend zu berücksichtigen habe. Als ein weiteres wichtiges Verhandlungsziel wurde festgelegt, daß das Abkommen auch konkret auf die kulturellen Anliegen der noch heute in Slowenien lebenden Nachkommen der Bewohner früher deutschsprachiger Gebiete und Gemeinden des Landes mit weiterhin deutscher Muttersprache eingeht, und zwar in dem Sinne, daß auch dieser Volksgruppe regelmäßig Kultur-, Bildungs- oder Wissen­schaftsprojekte im Zuge der Durchführung des Abkommens zu Gute kommen.

In der Folge kam es zu zwei formellen Verhandlungsrunden (Oktober 1997 und Juni 1998) sowie zu ergänzenden Gesprächen auf verschiedenen Ebenen, deren Ergebnis insgesamt seit Ende 1998 als ausverhandelter Vertragstext vorlag. Danach kam es zu einer längeren Verzögerung, da dieser Vertrags­text auf slowenischer Seite der Genehmigung durch alle Parteien der damaligen Regierungskoalition bedurfte. Im Rahmen des offiziellen Österreich-Besuchs von Außenminister Dr. Dimitrij RUPEL am 7. März 2001 konnte das Einvernehmen darüber erzielt werden, daß die Verhandlungen auf der Grundlage des vorliegenden Ergebnisses positiv abgeschlossen sind und daß ohne weiteren Verzug zur Unterzeichnung des Abkommens geschritten werden kann.

Das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft ist wie die zuletzt abgeschlossenen Kulturabkommen mit der Russischen Föderation (BGBl. III Nr. 179/1999) und mit der Slowakischen Republik (BGBl. III Nr. 170/2000) ein klassisches bilaterales Kulturabkommen, das die verschiedenen Bereiche der Zusammenarbeit anführt und die beiden Seiten verpflichtet, zumindest alle drei Jahre die Tagung einer Gemischten Kommission abzuhalten, deren Aufgabe es ist, Programme zur Durchführung des Abkommens zu erarbeiten und zu beschließen sowie die damit verbundenen organisatorischen und finanziellen Fragen zu regeln (Artikel 20).

Bei der Regelung der Inhalte dieser Durchführungsprogramme verfügt das Abkommen entsprechend der vorgenannten österreichischen Verhandlungsziele die gezielte Förderung bestimmter Personengruppen im Rahmen des Nachbarschaftsverhältnisses: Namentlich der slowenischen Minderheit in Österreich (Artikel 14, siehe hierzu auch im besonderen Teil – die hier gewählte Terminologie entsprach einem Wunsch der slowenischen Seite) und der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien (Artikel 15; siehe hierzu oben dritter Absatz sowie auch im besonderen Teil), die hierbei erstmals in einem zwischen­staatlichen Abkommen genannt und erfaßt wird; und darüber hinaus die in Österreich lebenden slowenischsprachigen Personen außerhalb des autochtonen Siedlungsgebietes der Volksgruppe (etwa Personen mit slowenischer Muttersprache, die in Wien und anderen größeren Städten leben; Artikel 16 – siehe hierzu auch im besonderen Teil). Es wird dabei verbindlich vereinbart, daß zugunsten jeder dieser Personenkreise in den Durchführungsprogrammen der Gemischten Kommission jedesmal auch ent­sprechende Projekte (wie etwa Projekte im Bereich des Sprachunterrichts und des Denkmalschutzes, Stipendien uä.) aufzunehmen sind. Dabei handelt es sich um Inhalte der Durchführungsprogramme der Gemischten Kommission, die zwingend vorgesehen sind und naturgemäß von beiden Seiten entsprechend dotiert werden müssen.

Ob und wieweit bestimmte Aktivitäten der sonstigen im Abkommen angeführten Zusammenarbeits­bereiche in ein mehrjähriges Durchführungsprogramm aufgenommen werden, hängt zwischenstaatlich von dem in der Gemischten Kommission erzielten Einvernehmen ab. Innerstaatlich hängt es – auf österreichischer Seite – davon ab, ob das zuständige Bundesministerium im konkreten Fall eine bestimmte Tätigkeit im Rahmen der österreichisch-slowenische Kulturzusammenarbeit setzen möchte und hierfür nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften über die erforderlichen Budgetmittel verfügt; oder ob in anderen konkreten Fällen angestrebt wird, Zusammenarbeitsprojekte außerhalb des staatlichen Einflußbereiches und ohne Einsatz von Budgetmitteln zu ermutigen oder zu fördern.

Darüber hinaus bietet das Abkommen die Möglichkeit, daß für Bereiche seiner Durchführung, die auf beiden Seiten vorrangig in den Aufgabenbereich eines bestimmten Ministeriums fallen, die beiden hierfür in Frage kommenden Ministerien gemeinsame Arbeitsprogramme festlegen und zu deren Verwirklichung unmittelbar zusammenarbeiten, wobei eine Koordination mit der Gemischten Kommission stattzufinden hat (siehe auch im besonderen Teil zu Artikel 20 Absatz 3). Auch für solche Arbeitsprogramme sieht das Abkommen in den Artikel 14, 15 und 16 zwingend vor, daß sie jeweils Projekte zugunsten des in diesen Artikeln angesprochenen Personenkreises vorsehen.

Wie in anderen von Österreich abgeschlossenen vorgenannten Kulturabkommen sind die vom neuen Abkommen erfaßten Zusammenarbeitsbereiche jene der Kultur im Sinne von Kunst (Theater, Musik, bildende Kunst, Photographie, Volkskunst), von Bibliotheken, Literatur und Verlagswesen, Film, Volkskultur, Medien, Denkmal- und Kulturgüterschutz, des Universitätswesens einschließlich der Stipendien und der Entsendung von Lektoren, des Bildungswesens (namentlich des allgemeinbildenden und des berufsbildenden Unterrichtswesens), des Archivwesens, der Jugendkontakte und des Sports. Neu ist hier die von der slowenischen Seite gewünschte Anführung des Natur- und Naturgüterschutzes.

Das Abkommen enthält im übrigen Bestimmungen betreffend die Rechtsstellung der auf seiner Grundlage in das andere Land entsendeten Personen (Artikel 17). Diese Bestimmungen wurden auf österreichischer Seite mit den Bundesministerien für Arbeit, Gesundheit und Soziales, für Finanzen und für Inneres abgestimmt.

Die aus der Durchführung des Abkommens zu erwartenden Kosten finden im Budget des Bundes­ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur ihre Bedeckung.

Bei der Durchführung des Abkommens werden regelmäßig Kosten für die Projekte auflaufen, die gemäß seinen Artikeln 14, 15 und 16 laufend zugunsten der kulturellen sowie der bildungs- und wissenschafts­relevanten Anliegen der slowenischen Minderheit in Österreich, der Angehörigen der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien sowie der Slowenischsprachigen in Österreich außerhalb des autochtonen Siedlungsgebietes der slowenischen Minderheit gemeinsam zu beschließen sind. Beide Seiten werden sich an diesen Kosten zu beteiligen haben. Dabei werden für Projekte für die Angehörigen der deutsch­sprachigen Volksgruppe in Slowenien Förderungsmittel des Bundesministeriums für auswärtige Ange­legenheiten eingesetzt werden, und zwar annähernd in dem Umfang, in dem schon in den vergangenen Jahren Projekte für diese Gruppe gefördert wurden; dh. mit 500 000 S jährlich unter der Voraussetzung einer zusätzlichen und betragsmäßig erheblichen Beteiligung des Landes Kärnten. Für Projekte zugunsten der slowenischen Minderheit in Österreich und zugunsten der Slowenischsprachigen in Österreich außerhalb des autochtonen Siedlungsgebietes der slowenischen Minderheit werden Mittel der Volks­gruppenförderung im Bundeskanzleramt eingesetzt.


Auch die weiteren Kosten der Durchführung des Abkommens auf österreichischer Seite werden – soweit absehbar – gegenüber dem derzeitigen Zustand der Kulturbeziehungen mit Slowenien nicht zu über­mäßigen Mehrausgaben des Bundes führen: Es geht dabei um jährlichen Kosten in einer Größenordnung von etwas unter 1 340 000 S, von denen etwa 1 224 000 S vom Bundesministerium für Bildung, Wissen­schaft und Kultur und etwa 100 000 S vom Bundeskanzleramt im Rahmen seiner Zuständigkeit für Kunstangelegenheiten getragen werden. Von den vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur getragene Kosten sind 200 000 S für den schulischen Bereich, 387 000 S für Stipendien und 637 000 S für den Lektorenaustausch gewidmet. Die hier angeführten Beträge sind Schätzwerte, da sich die tatsächlichen Kosten aus den von den beiden Vertragsparteien periodisch in einer Gemischten Kommission verhandelten Durchführungsprogrammen zum neuen Abkommen ergeben, bei deren Fest­legung jedenfalls auf österreichischer Seite entsprechend den gegebenen budgetären Möglichkeiten und nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften vorzugehen ist. Dazu kommen noch die üblichen administrativen Kosten der Vorbereitung und Durchführung der Tagungen der Gemischten Kommission, die von den genannten Bundesministerien und vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten jeweils für ihren Bereich zu tragen sind.

Da die bilaterale Kulturzusammenarbeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union mit einem Dritt­staat nicht vom Rechtsbestand der Europäischen Gemeinschaft berührt wird, ist die EU-Konformität des Abkommens gegeben.

Der Außenpolitische Ausschuss hat das gegenständliche Abkommen in seiner Sitzung am 19. Juni 2001 in Verhandlung genommen.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Mag. Christine Muttonen, Mag. Terezija Stoisits und der Ausschussobmann Abgeordneter Peter Schieder sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuss die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Slowenien über die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft (563 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2001 06 19

                             Wolfgang Großruck                                                              Peter Schieder

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann