685 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 3. 7. 2001

Bericht

des Justizausschusses


über den Antrag 421/A der Abgeordneten Mag. Johanna Mikl-Leitner, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über Maßnahmen anlässlich der Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt in eine Kapitalgesellschaft


Die Abgeordneten Mag. Johanna Mikl-Leitner, Mag. Reinhard Firlinger und Genossen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 3. April 2001 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Körperschaften des öffentlichen Rechtes werden in den verschiedensten Aufgabenbereichen, teils auf Grundlage von Landesgesetzen, teils auf bundesgesetzlicher Grundlage tätig. Bei Körperschaften, die ähnlich einem gewerblichen Unternehmen tätig sind, kann es sich aus unterschiedlichen Gründen als zweckmäßig erweisen, ihre Tätigkeit an eine Kapitalgesellschaft als Rechtsform des Privatrechtes zu übertragen. Damit wird nicht nur die Rechnungslegung gegenüber der Öffentlichkeit verbessert, sondern vor allem auch die Stellung im Wettbewerb jener von Privatunternehmen angeglichen. Weiters wird die Kooperation mit privaten Partnern erleichtert.

Für die Überführung in eine Rechtsform des Privatrechtes stehen an sich zwei Wege zur Verfügung: Die Einbringung des Betriebes in eine Kapitalgesellschaft als Sacheinlage, wie dies etwa bei den Wiener Stadtwerken geschehen ist (siehe das Bundesgesetz über Maßnahmen anläßlich der Ausgliederung der Wiener Stadtwerke und Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. I Nr. 68/1999) oder die direkte Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft in eine privatrechtliche Rechtsform. Die erste Vorgehensvariante ist bereits nach dem bestehenden Gesellschaftsrecht möglich, hat aber den Nachteil, dass die öffentlich-rechtliche Körperschaft unter Umständen als leere Hülle fortbestehen bleibt, da ihr die Anteile aus der Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft zuwachsen. Außerdem ist eine Übe­r­tragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht vorgesehen, sodass sich daraus im Einzelfall schwer lösbare und unter Umständen risikoreiche Fragen der rechtlichen Kontinuität ergeben. Der zweite Weg, nämlich die formwechselnde Umwandlung, ist sowohl betriebswirtschaftlich als auch rechtlich im Regel­fall der für nach Art eines Gewerbeunternehmens tätige Körperschaften sinnvollere, da hier zum einen durch die Umwandlung die vermögensmäßige Kontinuität gesichert ist, zum anderen die Anteile dann unmittelbar der zuständigen Gebietskörperschaft zukommen. Da für derartige Umwandlungen eine allge­meine Regelung fehlt, ist für die beabsichtigte Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt – im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Bundeskompetenz für das Zivilrechtswesen einschließlich des wirtschaft­lichen Assoziationswesens (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG) – eine zivilrechtliche Ergänzungsregelung erforder­lich. Diese baut auf der bestehenden landesgesetzlichen Regelung auf. Die landesrechtlichen Voraus­setzungen für die Umwandlung sind in der Kompetenzhoheit des Landes zu schaffen. Die für die Umwandlung vorgesehene bundesgesetzliche Regelung übernimmt die für Sachgründungen bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, sodass sich gegenüber privaten Gründungen keine Bevorzugung ergibt. Die Wahl der konkreten Rechtsform, Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haf­tung, obliegt der Festlegung im Umwandlungsbeschluss. Bei der Umwandlung findet eine Vermögens­übertragung nicht statt, sondern es wird die bereits bestehende Rechtsperson, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, durch eine idente Rechtsperson mit anderer rechtlicher Ausgestaltung, nämlich der einer Kapital­gesellschaft, fortgeführt. Alle privatrechtlichen Rechtsverhältnisse bleiben deswegen ebenso wie die öffentlich-rechtlichen Bewilligungen und Bescheide unverändert aufrecht. Eintragungen im Grundbuch sind nur zu berichtigen. Der erste Vorstand der entstandenen Aktiengesellschaft oder der erste Geschäfts­führer der entstandenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung hätte, unter Vorlage des notariell beur­kundeten Umwandlungsbeschlusses, das dafür notwendige Ansuchen nach § 136 des Allgemeinen Grund­buchsgesetzes 1955 beim zuständigen Grundbuchsgericht (gegebenenfalls mehrere Ansuchen bei ver­schiedenen zuständigen Gerichten) zu stellen.

Die Regelung entspricht in ihrer Konzeption der in § 38 des Privatstiftungsgesetzes vorgesehenen Umwandlung einer Stiftung nach dem Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz in eine Privatstiftung. Auch in diesem Fall wird eine bisher der öffentlich-rechtlichen Behördenzuständigkeit unterliegende Rechts­person in eine solche des Privatrechts unter völliger Kontinuität der Rechtspersönlichkeit umgestaltet. Als ausländische Vorbilder kann auf die §§ 301ff des deutschen Umwandlungsgesetzes hingewiesen werden, in dem ebenfalls der Formwechsel von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes, und zwar auch von solchen, die dem Landesrecht unterliegen, ermöglicht wird. Die in diesem Entwurf für die NÖ Umweltschutzanstalt vorgesehenen Maßnahmen sind den Bestimmungen des deutschen Umwandlungs­rechtes gleichwertig.“


Der Justizausschuss hat den Antrag am 21. Juni 2001 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Dr. Gabriela Moser und Mag. Johann Maier.

Bei der Abstimmung wurde der im Initiativantrag 421/A enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksich­tigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Harald Ofner in der diesem Bericht beigedruckten Fassung mit Mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2001 06 21

                                  Werner Miedl                                                    Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau

Anlage

Bundesgesetz über Maßnahmen anlässlich der Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt in eine Kapitalgesellschaft

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. Die nach dem NÖ Umweltschutzgesetz 1984, NÖ LGBl. Nr. 8050, eingerichtete Körperschaft öffentlichen Rechts „NÖ Umweltschutzanstalt“ kann in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden, deren Anteile zum Zeitpunkt der Umwandlung im Eigentum des Landes Niederösterreich stehen. Der Formwechsel wird mit der Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Firmenbuch wirksam. Mängel des Formwechsels lassen die Wirkungen der Eintragung unberührt. Im Firmenbuch ist auch einzutragen, dass die Gesellschaft durch Umwandlung nach diesem Bundesgesetz aus der NÖ Umweltschutzanstalt, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, hervorgegangen ist.

§ 2. Der vom Kuratorium der NÖ Umweltschutzanstalt zu fassende notariell zu beurkundende Umwandlungsbeschluss hat die Satzung der Kapitalgesellschaft und deren Eröffnungsbilanz, die auf einen nicht mehr als neun Monate seit der Anmeldung zum Firmenbuch zurückliegenden Stichtag aufzustellen ist, zu enthalten. Der Nennbetrag des Grund- oder Stammkapitals darf das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen nicht übersteigen. Der Geschäftsführer der NÖ Umweltschutzanstalt hat in sinngemäßer Anwendung des § 24 des Aktiengesetzes 1965 einen Gründungsbericht zu erstellen, der von einem Gründungsprüfer nach § 25 Abs. 2 bis 5 und §§ 26, 27 des Aktiengesetzes 1965 zu prüfen ist.

§ 3. Das Kuratorium der NÖ Umweltschutzanstalt hat im Umwandlungsbeschluss bei Umwandlung in eine Aktiengesellschaft den ersten Aufsichtsrat und bei Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch die ersten Geschäftsführer der Gesellschaft zu bestellen. Die Mitglieder des ersten Vorstandes beziehungsweise die ersten Geschäftsführer haben die Gesellschaft zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden.

§ 4. Die durch die Umwandlung entstandene Kapitalgesellschaft tritt in die Rechtsstellung der NÖ Umweltschutzanstalt kraft Gesetzes ein.

§ 5. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut.