693 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 3. 7. 2001

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über die Regierungsvorlage (669 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 1997 geändert wird (Asylgesetz-Novelle 2001)


Die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes versteht die Drittstaatsicherheit in einer Weise, die mit dem gemeinsamen Verständnis im Rahmen der EU nicht übereinstimmt. Die periodische Verlänge­rung der Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 hat sich als verzichtbarer Verwaltungsaufwand im Bereich des Bundesasylamtes erwiesen. Mit 1. Juli 2001 wird das Kindschaftsrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 135/2000, in Kraft treten. Die neue Volljährig­keitsgrenze wird damit die Vollendung des 18. Lebensjahres sein. Das Asylgesetz 1997 sieht hingegen für die Prozessfähigkeit in Asylverfahren die Erreichung des 19. Lebensjahres vor.

Ziele der Gesetzesinitiative:

–   Sicherung des bisher geltenden Drittstaatskonzeptes durch ausdrückliche Klarstellung

–   Anpassung der Handlungsfähigkeit in Asylverfahren an die neue österreichische Volljährigkeitsgrenze von 18 Jahren

–   Beschleunigung der Asylverfahren erster Instanz durch Entlastung des Bundesasylamtes

Durch die Einfügung einer Wortfolge in § 4 Abs. 2 wird klargestellt, dass das Vorhandensein einer Drittstaatsklausel im Drittstaat dann dessen Qualität als „sicher“ nicht beeinträchtigt, wenn gewährleistet ist, dass diese Drittstaatsklausel in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Die Textierung orientiert sich dabei am bisherigen Gesetzestext, der dies explizit nur für den Refoulementschutz vorsieht.

Die Befristung der Bescheinigungen über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung entfällt, gleichzeitig werden die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes wie in der vergleichbaren Regelung in § 15a Passgesetz 1992 zur Abnahme „abgelaufener“ Bescheinigungen ermächtigt.

In Anlehnung an eine Bestimmung im Fremdengesetz (§ 20 Abs. 2) wird die Handlungsfähigkeit in Asylverfahren durch einen Verweis auf das österreichische Personenrecht mit diesem harmonisiert.

Die Beibehaltung des bestehenden Zustandes würde auf eine faktische Abschaffung des Instituts der Drittstaatsicherheit in Österreich hinauslaufen.

Eine Beibehaltung des derzeit bestehenden Befristungssystems für die Bescheinigungen über die vor­läufige Aufenthaltsberechtigung von Asylwerbern würde weiterhin wertvolle Kapazitäten des Bundes­asylamtes binden.

Eine Nichtanpassung der Altersgrenze für die Prozessfähigkeit in Asylverfahren hätte wiederum zur Folge, dass volljährige Personen bis zur Erreichung des 19. Lebensjahres in Asylverfahren nicht voll handlungsfähig wären, gleichzeitig aber kein gesetzlicher Vertreter für sie zuständig wäre.

Der Entwurf steht in keinem Widerspruch zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 21. Juni 2001 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Paul Kiss, Rudolf Parnigoni, Dr. Helene Partik-Pablé, Walter Murauer sowie der Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser.

Im Zuge der Beratungen brachten die Abgeordneten Paul Kiss und Dr. Helene Partik-Pablé einen Abänderungsantrag ein. Weiters brachte die Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits einen Abänderungs­antrag ein.


Bei der Abstimmung wurde die gegenständliche Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Paul Kiss und Dr. Helene Partik-Pablé mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Paul Kiss und Dr. Helene Partik-Pablé war wie folgt begründet:

„Zu § 4 Abs. 2:

Die Novellierung des § 4 Abs. 2 stellt nunmehr klar, dass auch das Bestehen eines Drittstaatsverfahrens in einem Drittstaat, das den Anforderungen der GFK und der EMRK entspricht, die Sicherheit in diesem Staat gewährleistet.

Zu § 4 Abs. 3 letzter Satz:

Der Verweis auf bestehende Rechtsakte des Rates der Europäischen Union versteht sich als Verweis auf den ,EU-Asylacquis‘ seit den Londoner Resolutionen von 1992 und dessen laufende Fortentwicklung.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2001 06 21

                                  Werner Miedl                                                                    Anton Leikam

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 1997 geändert wird (Asylgesetz-Novelle 2001)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 4/1999, BGBl. I Nr. 41/1999 und BGBl. I Nr. 196/1999, wird wie folgt geändert:

1. An Stelle der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 bis 3d treten folgende Bestimmungen:

„(2) Schutz im sicheren Drittstaat besteht für Fremde, wenn ihnen in einem Staat, in dem sie nicht gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind, ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offensteht oder im Wege über andere Staaten gesichert ist (Asylverfahren), sie während dieses Verfahrens in diesem Staat zum Aufenthalt berechtigt sind und wenn sie dort Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat – auch im Wege über andere Staaten – haben, sofern sie in diesem gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind. Dasselbe gilt bei gleichem Schutz vor Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für Staaten, die in einem Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention bereits eine Entscheidung getroffen haben.

(3) Die Voraussetzungen des Abs. 2 sind in einem Staat regelmäßig dann gegeben, wenn er die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert und gesetzlich ein Asylverfahren eingerichtet hat, das die Grundsätze dieser Konvention umsetzt, sowie die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, und das Protokoll Nr. 11 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Umgestaltung des durch die Konvention eingeführten Kontrollmechanismus samt Anhang, BGBl. III Nr. 30/1998, ratifiziert hat. Mangelnde Drittstaatsicherheit kann auf Grund eines Sachverhaltes, der einem bestehenden Rechtsakt des Rates der Europäischen Union entspricht, nicht eingewendet werden.“

2. In § 19 Abs. 3 entfällt der letzte Satz.

3. § 19 Abs. 4 werden folgende Sätze angefügt:

„Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, solche Bescheinigungen abzunehmen. Diese sind unverzüglich – im Wege jener Fremdenpolizeibehörde erster Instanz, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Organ eingeschritten ist – dem Bundesasylamt vorzulegen.“

4. § 25 Abs. 1 lautet:

„(1) Volljährige Fremde sind in Verfahren nach diesem Bundesgesetz handlungsfähig. Für den Eintritt der Volljährigkeit nach diesem Bundesgesetz ist ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Fremden österreichisches Recht maßgeblich (§ 21 ABGB).“

5. In § 42 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) § 4 Abs. 2 und 3, § 19 Abs. 3 und 4 sowie § 25 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2001 treten mit 1. August 2001 in Kraft.“

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten betreffend die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 1997 geändert wird (Asylgesetz-Novelle 2001) (669 der Beilagen)


1. Zur Vorgangsweise

Nach einer Begutachtungsdauer von mehreren Wochen wurde der Entwurf einer Asylgesetz-Novelle als Regierungsvorlage dem Innenausschuss vorgelegt. Die Novelle war notwendig geworden, da der Ver­waltungsgerichtshof im Fall eines Asylwerbers mit Erkenntnis vom 6. März 2001 (Zl. 99/01/0450) festgestellt hatte, dass „Drittstaatsicherheit“ nur dann gegeben ist, wenn in diesem Staat ein Asylwerber nicht nur einen formellen Zugang zu einem Asylverfahren erhält, sondern die Vollzugspraxis auch eine inhaltliche Prüfung des Asylantrags beinhaltet und kein „Einfallstor für Kettenabschiebungen“ über weitere Drittstaaten sein soll.

Nun wurde im Ausschuss von den Abgeordneten Kiss und Dr. Partik-Pablé ein Abänderungsantrag zu ihrer eigenen Regierungsvorlage eingebracht, der nicht nur eine Änderung der ursprünglichen Regie­rungsvorlage, sondern auch die einer anderen Bestimmung des Asylgesetzes vorsah.

Ich halte diese Vorgangsweise für inakzeptabel, da damit ein Gesetzesbegutachtungsverfahren und die inhaltliche öffentliche Diskussion über die Änderungen ausgeschlossen wurde. Diese Vorgangsweise widerspricht nicht nur der Praxis, Novellierungsvorschläge des Ministeriums bzw. der Regierungsfrak­tionen einer Begutachtung zu unterziehen, sondern ist auch undemokratisch. Ich bin daher verwundert, dass sich die Abgeordneten des Nationalrates dazu missbrauchen lassen.

Der Bundesminister für Inneres hatte im Zuge der Beschlussfassung über das Asylgesetz 1997 die verschiedenen NGOs und den UNHCR ermuntert, einen Wahrnehmungsbericht über den Vollzug zu erstellen und vorzulegen. Ein solcher Wahrnehmungsbericht wurde dem Minister beispielsweise von Caritas und Amnesty International übermittelt. Der Dialog, der 1999 zwischen NGOs und dem Innen­ministerium in einer Arbeitsgruppe begonnen wurde, und die Vorschläge, die in dieser Arbeitsgruppe ausgearbeitet wurden, fanden allerdings auch bei dieser Novellierung keine Beachtung (siehe Stellung­nahme des Evangelischen Flüchtlingsdienstes vom 29. Mai 2001 zur Regierungsvorlage). Beispielsweise das Problem der familieneinheitlichen Regelung asylrechtlicher Non-Refoulement-Entscheidungen (§§ 8, 15) wird mit der Regierungsvorlage wieder nicht angegangen, obwohl über dessen Existenz und Rege­lungsbedarf in der Arbeitsgruppe Einigkeit geherrscht hatte (siehe: Wolfgang Taucher: Zwischenbericht Arbeitsgruppe Asylpolitik, Wien, Jänner 2000).

Entgegen der Zusage des Innenministeriums, mit NGOs einen Dialog darüber zu führen, was am Vollzug geändert werden kann und inwiefern das geltende Asylgesetz novelliert werden muss, finden bei Novellierungen Anregungen der NGOs und selbst mit ihnen gemeinsam ausgearbeitete Lösungsansätze keine Berücksichtigung. Ganz im Gegenteil wird versucht, mit Abänderungsanträgen im Ausschuss wesentliche Bestimmungen des Asylgesetzes (pauschalierte Drittstaatsicherheit) am Begutachtungsver­fahren vorbei zu ändern und zu beschließen, obwohl gerade auch zu diesen Bestimmungen erhebliche Kritik der NGOs vorgebracht wurde (siehe Stellungnahme des UNHCR zum Abänderungsantrag der Abgeordneten Kiss und Dr. Partik-Pablé). Angesichts dieser Vorgehensweise müssen daher ernsthafte Zweifel an der Dialogbereitschaft des Innenministers und der Regierungsparteien angemeldet werden.

2. Zur Drittstaatsicherheit und den diesbezüglichen Wahrnehmungen von Caritas und Amnesty International

Die erstinstanzliche Behörde, das Bundesasylamt, nahm bei Vorliegen der Formalvoraussetzungen (Rati­fikation der Genfer Flüchtlingskonvention und der Menschenrechtskonvention sowie Einrichtung eines Asylverfahrens) Verfolgungssicherheit im Drittstaat an, sodass dies zur häufigsten (ablehnenden) Erledi­gungsform wurde. Selbst konkrete Vorbringen, dass im Drittstaat erfolglos ein Asylantrag gestellt worden sei bzw. dass die betreffenden Staaten die gesetzlichen Normen keinesfalls korrekt handhaben, blieben meistens unberücksichtigt. Die Entscheidungen werden regelmäßig damit begründet, dass der Beweis nicht erbracht wurde.

Diese bisherige Praxis des Bundesasylamtes widersprach den vom Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) festgelegten minimalen Verfahrensstandards, was auch durch das Erkenntnis des VwGH vom 6. März 2001 (Zl. 99/01/0450) festgestellt wurde. Demnach hat die erstinstanzliche Behörde die praktische Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften wie zB den tatsächlichen Zugang zum Asylverfahren oder den Schutz vor Abschiebung während des Verfahrens im konkreten Fall zu prüfen. Dementsprechend hat der UBAS als Berufungsinstanz regelmäßig mangelhafte Bescheide der Erstinstanz aufgehoben.

3. Zu § 4 Abs. 2 AsylG:

Mit Erkenntnis vom 6. März 2001 (Zl. 99/01/0450) hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass „Drittstaatsicherheit“ nur dann gegeben ist, wenn in diesem Staat ein Asylwerber nicht nur einen formellen Zugang zu einem Asylverfahren erhält, sondern die Vollzugspraxis auch eine inhaltliche Prüfung des Asylantrags beinhaltet und kein „Einfallstor für Kettenabschiebungen“ über weitere Dritt­staaten sein soll.

Die Bundesregierung behauptet, mit der dem Innenausschuss vorgelegten Regierungsvorlage diesem VwGH-Erkenntnis Genüge zu tun, weitet allerdings mit der vorgeschlagenen Formulierung des § 4 Abs. 2 AsylG die Drittstaatsregelung noch weiter aus. § 4 Abs. 2 soll nämlich in Zukunft lauten: „Schutz im sicheren Drittstaat besteht für Fremde, wenn ihnen in einem Staat, in dem sie nicht gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind, ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offen steht oder im Wege über andere Staaten gesichert ist (Asylver­fahren), (…)“.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen festgestellt, dass bei der Feststellung der „Drittstaatsicherheit“ nicht nur die jeweilige Rechtsordnung eines potentiellen sicheren Drittstaates zu prüfen ist, sondern auch seine jeweilige Verwaltungspraxis, dh. ob der Asylantrag auch einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen wird oder ob der Drittstaat sich seinerseits auf die vermeintliche Sicherheit in einem anderen sicheren Drittstaat („Viertstaat“) beruft und den Asylantrag nur formell, aber nicht inhaltlich überprüft. Im besagten Erkenntnis stellte der VwGH fest, dass in solchen Fällen keine Dritt­staatsicherheit mehr gegeben ist.

Das derzeit praktizierte Konzept der Drittstaatsicherheit führt dazu, dass EU-Länder die Durchführung von Asylverfahren auf ihre Nachbarstaaten abwälzen und diese wiederum auf ihre Nachbarstaaten. Somit wird ermöglicht, dass Schutzsuchende in jene Länder und Regionen abgeschoben bzw. zurückgeschoben werden, die an die Krisenzonen angrenzen bzw. in die Krisenzonen selbst.

Die Regierungsvorlage stellt allerdings im Gegensatz zum Zweck des VwGH-Erkenntnisses keine inhalt­liche Prüfung von Asylanträgen sicher, sondern ermöglicht die Abschiebung des Antrages auf Viert- und gar Fünftstaaten und unterminiert Rechtsschutzstandards. Außerdem bedeutet der § 4 Abs. 2 in seiner neuen Form eine nochmalige Ausweitung der Prüfungserfordernis durch die Asylbehörden und somit eine Verfahrensverlängerung, zumal nicht immer leicht sein wird festzustellen, auf welches Drittland  (Viert­land, Fünftland) das Drittland seinerseits seine Drittlandsprüfung anzuwenden gedenkt.

Statt der vorgeschlagenen Regelung sollte die Regierung – wie im Erkenntnis gefordert – sicherstellen, dass das Asylgesetz die Drittstaatsicherheit nur dann als gegeben erachtet, wenn die betroffene Person im Drittstaat nicht nur formell, sondern auch faktisch einen Zugang zu einem Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention hat.

4. Zu § 4 Abs. 3:

Mit einem Abänderungsantrag wollten die Regierungsfraktionen im § 4 Abs. 3 festschreiben, dass „mangelnde Drittstaatsicherheit auf Grund eines Sachverhaltes, der dem Standard auch nur eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder bestehender Rechtsakte des Rates der Europäischen Union entspricht, nicht eingewendet werden kann“. Diese Bestimmung hätte bedeutet, dass aus jedem EU-Land die gerade niedrigsten Standards im Asylverfahren herangezogen werden könnten, um ein Land zum „sicheren Drittland“ zu erklären und den Zugang zu einem inhaltlichen Asylverfahren in Österreich zu verweigern. Wie auch das UNHCR in seiner Stellungnahme festgestellt hat, stehen die von den EU-Mitgliedstaaten angewandten Schutzstandards in Asylverfahren nicht ausnahmslos im Einklang mit internationalen Menschenrechtsinstrumenten, weshalb es möglich gewesen wäre, „dass die Republik Österreich bei Anwendung der geplanten unwiderlegbaren Regelvermutung in § 4 Abs. 3 AsylG gegen die EMRK verstößt und sich somit der Begehung von Menschenrechtsverletzungen schuldig machen könnte“ (UNHCR-Stellungnahme zum Abänderungsantrag der Abgeordneten Kiss, Dr. Partik-Pablé).


In dieser Form konnte diese Bestimmung auf Grund der massiven Proteste von Caritas, der Evangelischen Diakonie, des UNHCR und der Grünen abgewehrt werden. Mit ihrer Vorgangsweise beweist die Regierung allerdings, dass sie bei der Vereinheitlichung des Asylwesens in der EU durch Heranziehung und Festschreibung der niedrigsten Standards eine Nivellierung nach unten erreichen möchte.

5. Zu § 19 AsylG:

Der Entfall der Befristung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ist sehr zu begrüßen, führte sie doch zu einem unnötigen bürokratischen Aufwand sowohl für die AsylwerberInnen als auch für die Behörde. Durch die Ermächtigung an die Organe des Sicherheitsdienstes zur Abnahme der Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist allerdings die Gefahr gegeben, dass selbst bei neu ausgestellten Bescheinigungen die Gültigkeit in Frage gestellt und bei jeder Kontrolle durch Nachfrage überprüft wird.

Vor allem angesichts der Tatsache, dass bis zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung höchstgericht­licher Beschwerden und selbst nach dieser die Eintragung in das Asylwerberinformationssystem mit Verzögerung erfolgt, ist zu befürchten, dass zwischenzeitig vorläufige Aufenthaltsberechtigungen einge­zogen werden, die dann später in einem neuerlichen Behördenakt auszustellen wären.

Unabhängig von der Art des durchgeführten Asylverfahrens sollte allen AsylwerberInnen die vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukommen, die erst mit der Entscheidung des Höchstgerichts über die aufschie­bende Wirkung erlöschen sollte.

Außerdem ist angesichts der Tatsache, dass viele AsylwerberInnen über keine Dokumente verfügen und bei Postämtern Schriftstücke des Asylverfahrens nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten beheben können, notwendig, dass die Bescheinigung zur Entgegennahme hinterlegter Postsendungen berechtigt.

6. Zu § 25 Abs. 1 AsylG:

Die Herabsetzung der Volljährigkeitsgrenze im Asylgesetz ist auf Grund der allgemeinen Herabsetzung dieser im Kindschaftsrecht notwendig geworden. Allerdings herrscht nach wie vor eine ungleiche Rechts­stellung von Minderjährigen im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren, da § 95 des Fremdengesetzes die Handlungsfähigkeit nach diesem Gesetz mit 16 Jahren festsetzt.

Bei der nunmehr vorgenommenen Anpassung wäre es im Sinne der Schutzbedürftigkeit Minderjähriger notwendig gewesen, die Volljährigkeitsgrenze im Fremdenrecht parallel zu der im Asylgesetz festzulegen. Somit wäre sichergestellt, dass unbegleitete Minderjährige im fremdenrechtlichen Verfahren einen gesetzlichen Vertreter erhalten, der sachkundig ihre Interessen im Verfahren wahrnimmt.

Abschließend sei festgestellt, dass von der Regierung die Abschreckungspolitik gegenüber schutz­suchenden Flüchtlingen weiter fortgesetzt und jede Verbesserung zu ihren Gunsten abgelehnt wird. So war eine sachliche Auseinandersetzung mit den Kritikpunkten, wie sie in den genannten Wahrnehmungs­berichten der NGOs festgehalten sind und auch im Begutachtungsverfahren und unmittelbar vor dem Ausschuss immer wieder geäußert und oben unter Punkt zwei bis sechs dargestellt wurden, leider nicht möglich.