826 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 22. 10. 2001

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über die Regierungsvorlage (549 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen

Die Zusammenarbeit zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen erfolgt derzeit im Rahmen der Nachbarschaftshilfe weit­gehend ohne ausdrückliche Regelung.

Unter den europäischen Staaten bestehen verbreitet Bemühungen, die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen völkerrechtlich zu regeln.

In diesem Sinne ist auch auf österreichischer Seite beabsichtigt, mit allen Nachbarstaaten derartige Abkommen abzuschließen. Mit der Bundesrepublik Deutschland, dem Fürstentum Liechtenstein, der Republik Ungarn, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik sind derartige Abkommen bereits in Kraft. Mit der Tschechischen Republik steht ein derartiges Abkommen vor dem In-Kraft-Treten. Mit Italien werden entsprechende Verhandlungen geführt.

Das Abkommen regelt die ständige und enge Zusammenarbeit der Vertragsstaaten zur Vorbeugung möglicher und Bekämpfung eingetretener Katastrophen oder schwerer Unglücksfälle, insbesondere durch die Festlegung von Ansprechstellen, die Erleichterung des Grenzübertritts von Personen im Dienste der Katastrophenbekämpfung und der Ein- und Ausfuhr von Hilfsgütern und Ausrüstungsgegenständen, die Regelung von Schadensfällen, den grundsätzlichen Verzicht auf gegenseitige Kostenerstattung sowie die Verstärkung des einschlägigen wissenschaftlich-technischen Informationsaustausches und die Durch­führung gemeinsamer Übungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall.

Das Abkommen hat folgende Regelungsschwerpunkte:

–   Festlegung von zuständigen Behörden für die Stellung und die Entgegennahme von Hilfeersuchen,

–   einvernehmliche Festlegung von Art und Umfang der Hilfeleistung im Einzelfall,

–   Befreiung vom Erfordernis eines Einreisetitels oder eines Aufenthaltstitels während des Einsatzes,

–   Erleichterung des Grenzübertritts für die bei Hilfeleistungen notwendigen Ausrüstungsgegenstände und Hilfsgüter,

–   Einsatz von Luftfahrzeugen für die schnelle Heranführung von Hilfsmannschaften,

–   Koordination und Gesamtleitung der Rettungs- und Hilfsmaßnahmen durch die Behörden des Einsatz­staates,

–   Regelung der Einsatzkosten,

–   Regelung des Schadenersatzes und der Entschädigung,

–   Unterstützung und Wiederaufnahme von Helfern und Evakuierten, die bei einer Katastrophe oder einem schweren Unglücksfall vom Gebiet der einen Vertragspartei in das der anderen gelangt sind,

–   demonstrative Aufzählung von weiteren Formen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit,

–   Ergreifen von erforderlichen Maßnahmen zur Errichtung von Fernmelde- und Funkverbindungen zwischen den zuständigen Behörden.

Zweck des Abkommens ist es, rasch und unbürokratisch Hilfeleistungen zu ermöglichen; dieses Prinzip gilt auch für den Bereich des Ausgleiches für während der Einsätze rechtmäßig oder rechtswidrig zugefügte Schäden. Einsätze im Nachbarstaat sollen nicht durch langwierige gegenseitige Abrechnungen nach ihrem Abschluss erschwert werden. Hingegen sollen die freiwilligen Helfer, die für den anderen Staat und dessen Angehörige beträchtliches Risiko an Leib, Leben, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auf sich nehmen, vor Ansprüchen des Einsatzstaates wie auch solchen Dritter geschützt werden.

Die Frage der Kostentragung ist zunächst hinsichtlich der Beziehungen der beiden Vertragsstaaten von Bedeutung. Das Abkommen geht davon aus, dass die Hilfeleistung kostenlos erfolgt. Die tatsächliche Höhe der Kosten lässt sich im Hinblick auf die Unvorhersehbarkeit des Eintritts einer Katastrophe oder eines schweren Unglücksfalles und des damit einhergehenden Schadensausmaßes naturgemäß nicht beziffern.

Das Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt, nicht jedoch politischen Charak­ter; es bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Da das Abkommen auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG. Die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 und des Art. 9 Abs. 1 und 2 sind zudem verfassungsändernd und daher gemäß Art. 50 Abs. 3 B-VG zu behandeln und ausdrücklich als „verfassungsändernd“ zu bezeichnen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 18. Oktober 2001 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter der Abgeordnete Rudolf Parnigoni sowie der Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des gegenständ­lichen Abkommens zu empfehlen.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten vertritt weiters die Auffassung, dass das Abkommen der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich ist, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizeri­schen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücks­fällen (549 der Beilagen), dessen Art. 3 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 und 2 verfassungsändernd sind, wird genehmigt.

Wien, 18. Oktober 2001

                                  Werner Miedl                                                                    Anton Leikam

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann