912 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP
Ausgedruckt am 11. 12. 2001
Bericht
des Verkehrsausschusses
über die Regierngsvorlage (774 der Beilagen): Urkunden des Weltpostvereins (Beijing 1999), nämlich
a) Sechstes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins,
b) Allgemeine Verfahrensordnung des Weltpostvereins,
c) Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll,
d) Abkommen über die Postzahlungsdienste
Die „Urkunden des Weltpostvereins“ regeln den Postdienst zwischen den 189 Mitgliedsländern dieser Organisation. Darüber hinaus bilden diese internationalen Abkommen die rechtliche Grundlage für die Arbeitsweise des Weltpostvereins, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen.
Die Urkunden werden vom Weltpostkongress – dem obersten Organ des Weltpostvereins – beschlossen. Am Weltpostkongress nehmen die bevollmächtigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedsländer teil. In der Regel tritt der Kongress spätestens fünf Jahre nach dem In-Kraft-Treten der Urkunden des vorhergehenden Kongresses zusammen.
Nicht mehr der Beschlussfassung durch den Kongress unterliegen die Ausführungsvorschriften. Sie sind somit auch nicht mehr Bestandteil der Urkunden des Weltpostvereins.
Die Ausführungsvorschriften enthalten Bestimmungen über die praktische Durchführung des Vertrags und der Abkommen. Sie sind nun vom Rat für Postbetrieb unter Berücksichtigung der vom Kongress gefassten Beschlüsse festzulegen (Artikel 104 § 9.2 Allgemeine Verfahrensordnung des Weltpostvereins), was eine rasche, marktorientierte Änderung des internationalen Vorschriftenwesens (mit Ausnahme grundlegender Bestimmungen) im Postsektor ermöglicht und somit dem Erfordernis Rechnung trägt, den internationalen Postbetrieb mit eindeutigen, leicht verständlichen und flexiblen Vorschriften zu versehen.
Der XXII. Weltpostkongress, der vom 23. August bis 15. September 1999 in Beijing stattfand, beschloss das Sechste Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins. Österreich war durch eine Delegation, bestehend aus Vertretern des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr sowie des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten, der Österreichischen Post AG und der Österreichischen Postsparkasse vertreten.
Die vom XXII. Weltpostkongress beschlossen „Urkunden des Vereins“ wurde am 15. September 1999 – auch von der österreichischen Delegation – unterfertigt.
Das Vertragswerk des Weltpostvereins steht nicht im Widerspruch zur Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität.
Die vorliegenden „Urkunden des Weltpostvereins“ (Actes de l’Union postale universelle), nämlich
1. das Sechste Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins,
2. die Allgemeine Verfahrensordnung des Weltpostvereins,
3. der Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll und
4. das Abkommen über die Postzahlungsdienste
sind keine politischen Staatsverträge; sie enthalten keine verfassungsändernden Bestimmungen, jedoch gesetzändernde sowie gesetzesergänzende Regelungen und bedürfen daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Sie sind der unmittelbaren Anwendung im österreichischen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Sie regeln keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder und bedürfen daher nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG. Für die Erfüllung dieser Staatsverträge ist die Sonderkundmachung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG vorgesehen.
Alle Vertragswerke sind in französischer Sprache, der offiziellen Sprache des Weltpostvereins, verfasst und wurden ins Deutsche übersetzt.
Mit dem Sechsten Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins wurden die Bestimmungen des bisherigen Postpaketübereinkommens in den Weltpostvertrag übernommen (Artikel 22 Abs. 3). Die Durchführungsbestimmungen zum Weltpostvertrag und zum Abkommen über die Postzahlungsdienste werden nicht mehr als Vollzugsordnungen, sondern als Ergänzende Bestimmungen bezeichnet (Artikel 22 Abs. 3 und 4). Vorschläge zu ihrer Änderung werden zukünftig unmittelbar dem Rat für Postbetrieb – und nicht wie bisher zunächst dem Weltpostkongress – zugeleitet; sie müssen den Postverwaltungen der Mitgliedsländer lediglich vorher zur Information übersandt werden (Artikel 29 Abs. 3).
Die Allgemeine Verfahrensordnung des Weltpostvereins enthält nun einen Auftrag an den Rat für Postbetrieb, ein Arbeitsprogramm auf der Basis des vom Weltpostkongress beschlossenen Strategischen Plans des Weltpostvereins auszuarbeiten und jährlich zu aktualisieren (Artikel 104 Abs. 11). Für die zukünftigen Ausgaben des Weltpostvereins wurden Haushaltsobergrenzen für die Jahre 2000 bis 2004 festgelegt (Artikel 125 Abs. 1). Wenn die Zahlngsrückstände eines Mitgliedslandes gegenüber dem Weltpostverein bezüglich seiner Pflichtbeiträge (Zinsen ausgenommen) zumindest der Summe der Beiträge dieses Landes für die vorausgegangenen zwei Rechnungsjahre entsprechen, darf dieses Land seine Forderungen gegenüber anderen Mitgliedsländern an den Weltpostverein abtreten (Artikel 125 Abs. 9). Mitgliedsländer, die nicht in der Lage sind, eine solche Abtretung vorzunehmen, verpflichten sich, einen Plan für die Tilgung ihrer Rückstände zu vereinbaren (Artikel 125 Abs. 10). Die Betreibung der Rückstände bezüglich der Pflichtbeiträge, die dem Weltpostverein geschuldet werden, darf sich grundsätzlich nicht über mehr als zehn Jahre erstrecken (Artikel 125 Abs. 11). Mitgliedsländer, die nicht in der Lage sind, die in Artikel 125 Abs. 9 vorgesehene Abtretung vorzunehmen, und sich nicht einem vom Internationalen Büro nach Artikel 125 Abs. 10 vorgeschlagenen Tilgungsplan unterwerfen wollen oder einen solchen Tilgungsplan nicht einhalten, verlieren automatisch ihr Stimmrecht beim Weltpostkongress und bei den Tagungen des Verwaltungsrates und des Rates für Postbetrieb. Sie können darüber hinaus weder in den Verwaltungsrat noch in den Rat für Postbetrieb gewählt werden (Artikel 126 Abs. 1). Die bisherige Anlage „Geschäftsordnung der Kongresse“ wurde von der Allgemeinen Verfahrensordnung des Weltpostvereins abgekoppelt und vom Kongress als eigenständiger Text verabschiedet.
Im Weltpostvertrag haben sich die Mitgliedsländer verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alle Benutzer/ Kunden Zugang zu einem Postuniversaldienst haben, der in einem qualitativ guten Basisangebot an Postdiensten besteht, die an jedem Punkt ihres Gebietes zu erschwinglichen Preisen jederzeit bereitgestellt werden (Artikel 1 Abs. 1). Die Höhe der Endvergütungen (Vergütung für die Kosten, die bei der Bestimmungsverwaltung durch die von der Absenderverwaltung eingegangene Auslandsbriefpost entstehen) richtet sich danach, ob es sich um Verkehr zwischen Industrieländern (Artikel 48), aus Entwicklungsländern nach Industrieländern (Artikel 49), aus Industrieländern nach Entwicklungsländern (Artikel 50) handelt. Dadurch soll eine verstärkte Orientierung an den tatsächlich in den einzelnen Ländern entstehenden Kosten erreicht werden. Für Briefsendungen im Verkehr zwischen Industrieländern gilt für die Endvergütungen eine Obergrenze in Höhe von 60% der Gebühr für einen Inlandsbrief sowie zusätzlich eine jährlich ansteigende, sendungs- und gewichtsbezogene Limitierung (Artikel 48 Abs. 2). Die Endvergütungen für Briefsendungen aus Entwicklungsländern nach Industrieländern und für Briefsendungen zwischen Entwicklungsländern werden gründsätzlich nur gewichtsbezogen errechnet (Artikel 49 Abs. 1 und Artikel 51 Abs. 1). Auch die Endvergütung für Briefsendungen aus Industrieländern nach Entwicklungsländern werden grundsätzlich gewichtsbezogen ermittelt. Diese Endvergütungen werden jedoch zugunsten eines Fonds zur Finanzierung der Verbesserung der Dienstqualität in den Entwicklungsländern um 7,5% erhöht (Artikel 50 Abs. 1).
In den neuen Abkommen über die Postzahlungsdienste wurden die Bestimmungen des bisherigen Postanweisungsübereinkommens, des bisherigen Postgiroübereinkommens und des bisherigen Postnachnahmeübereinkommens zusammengefasst (Artikel 1 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 2 und Artikel 13).
Der Verkehrsausschuss hat die erwähnte Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 4. Dezember 2001 in Verhandlung genommen.
Einstimmig wurde beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses der gegenständlichen Staatsverträge zu empfehlen.
Weiters hat der Verkehrsausschuss einstimmig beschlossen, dem Nationalrat einen Beschluss gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG vorzuschlagen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. dem Abschluss der Staatsverträge: Urkunden des Weltpostvereins (Beijing 1999), nämlich
a) Sechstes Zusatzprotokoll zur Satzung des Weltpostvereins,
b) Allgemeine Verfahrensordnung des Weltpostvereins,
c) Weltpostvertrag samt Schlussprotokoll und
d) Abkommen über die Postzahlungsdienste
(774 der Beilagen) die Genehmigung erteilen;
2. anlässlich der Genehmigung dieser Staatsverträge gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG beschließen, dass diese dadurch kundzumachen sind, dass sie
1. im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie,
2. in dem diesem nachgeordneten Postbüro,
3. in der Österreichischen Post AG, Unternehmenszentrale, Postgasse 8, 1011 Wien, sowie
4. in den Regionalzentren der Österreichischen Post AG
Regionalzentrum Graz
Neutorgasse 46
8010 Graz
Regionalzentrum Innsbruck
Maximilianstraße 2
6010 Innsbruck
Regionalzentrum Klagenfurt
Sterneckstraße 19
9020 Klagenfurt
Regionalzentrum Linz
Domgasse 1
4010 Linz
Regionalzentrum Salzburg
Marktplatz 6
5020 Salzburg
und
Regionalzentrum Wien
Nordbergstraße 15
1091 Wien
zur öffentlichen Einsicht aufliegen.
Wien, 2001 12 04
Johann Kurzbauer Mag. Reinhard Firlinger
Berichterstatter Obmann