947 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Nachdruck vom 7. 1. 2002

Bericht

des Finanzausschusses


über den Antrag 577/A der Abgeordneten Hermann Böhacker, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versiche­rungsaufsichtsgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Hermann Böhacker, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Antrag am 12. Dezember 2001 im Nationalrat eingebracht. Dieser war wie folgt begründet:

„Allgemeines

Die schwierige Situation auf den Kapitalmärkten im Jahr 2001 führt in der Versicherungswirtschaft zu einem beachtlichen Abschreibungsbedarf. Mehrere europäische Staaten (etwa Deutschland) reagieren auf die aktuelle Lage mit einer Anpassung der für die Versicherungsunternehmen relevanten Bewertungsvor­schriften. Zur Sicherung gleicher Wetttbewerbsbedingungen sollen auch in Österreich derartige Maß­nahmen getroffen werden. Durch aufsichtrechtliche Begleitmaßnahmen soll verhindert werden, dass es zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Versicherten kommt.

Zu Z 1 (§ 18 Abs. 4):

Bis zur Tariffreigabe im Jahr 1994 war es Praxis der Versicherungsaufsichtsbehörde, nur solche Tarife zu genehmigen, die vorsahen, dass dem anspruchsberechtigten Versicherungsnehmer im Allgemeinen mindestens 90% der Überschüsse aus seinem Versicherungsvertrag als Prämienrückgewähr rückerstattet werden. Da Versicherungsunternehmen nun vermehrt dazu übergehen, solche Mindestrückerstattungs­sätze nicht mehr in ihre aktuellen allgemeinen Versicherungsbedingungen aufzunehmen, ist es zur Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer erforderlich, die Möglichkeit vorzusehen, dass die FMA im Verordnungsweg nähere Regeln für die Gewinnbeteiligung aufstellen kann. Die neue Regelung baut auf der bisherigen Praxis auf, berücksichtigt darüber hinaus die geänderten Voraussetzungen im Europäischen Kontext.

Zu Z 2 (§ 73b Abs. 6):

Um bei Anwendung des Bewertungswahlrechts gemäß § 81h Abs. 2 letzter Satz eine Mehrfachver­wendung stiller Reserven zu vermeiden, sollen diese von einer Hinzurechnung jedenfalls insoweit ausgeschlossen sein, als sie den Betrag der gemäß § 81h Abs. 2 letzter Satz unterbliebenen Abschrei­bungen nicht übersteigen.

Zu Z 3 (§ 77 Abs. 5a):

Zur Sicherstellung der Funktion der Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen ist es erforderlich, dass die Deckung der nicht vorgenommenen Abschreibungen durch stille Nettoreserven für jede Deckungsstockabteilung bzw. die Summe der sonstigen der versicherungstechnischen Rückstellun­gen gesondert erfüllt ist.

Zu Z 4 (§ 81h Abs. 2 letzter Satz):

Für Kapitalanlagen, die grundsätzlich nach dem strengen Niederstwertprinzip zu bewerten sind, soll die Möglichkeit eröffnet werden, sie unter den handelsrechtlichen Voraussetzungen dem Anlagevermögen zu widmen. Eine Abwertung auf einen niedrigeren Börse- oder Marktwert ist – bei Inanspruchnahme des Wahlrechts – für diese Kapitalanlagen, gemäß § 204 Abs. 2 erster Satz HGB, nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung verpflichtend vorzunehmen. Die Neuregelung bewirkt insoweit Erleichte­rungen, da der niedrigere Wert am Abschlussstichtag lediglich bei dauernder Wertminderung maßgeblich ist.

Um eine Beeinträchtigung der Interessen der Versicherten zu vermeiden, soll für unterbliebene Abschreibungen bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung eine Obergrenze festgesetzt werden. Demnach dürfen Abschreibungen auf den niedrigeren Wert im Falle einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung nur insoweit unterbleiben, als ihnen in der betreffenden Bilanzabteilung stille Reserven im gesamten sonstigen Vermögen abzüglich stiller Lasten in doppelter Höhe gegenüberstehen.

Zu Z 5 (§ 81h Abs. 5a):

Der neue Abs. 5a soll der FMA die Möglichkeit geben, mit Verordnung nähere Vorschriften für die Zuordnung und Bewertung der in § 81h Abs. 2 letzter Satz angeführten Kapitalanlagen festgelegt werden können.

Zu Z 6 (§ 82 Abs. 6a):

Die in § 81h Abs. 2 genannten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Bewertungswahlrechts sollen vom Abschlussprüfer zu bestätigen sein. Die Bestätigung soll sich insbesondere auf die Kriterien der Zuordnung der Kapitalanlagen zum Anlagevermögen, die Beurteilung der voraussichtlichen Dauer­haftigkeit von Wertminderungen und das Vorliegen der vorhandenen stillen Nettoreserven im Versiche­rungsunternehmen beziehen.

Zu Z 7 (§ 129h):

Die neuen Bewertungsgrundsätze für Versicherungsunternehmen sollen bereits für das Geschäftsjahr 2001 angewendet werden können.“

Der Finanzausschuss hat den vorliegenden Initiativantrag in seiner Sitzung am 12. Dezember 2001 in Verhandlung genommen.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2001 12 12

                                     Jakob Auer                                                                     Dr. Kurt Heindl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird


Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Versicherungsaufsichtsgesetz 1978, BGBl. Nr. 569/1978, zuletzt geändert durch das Bundes­gesetz BGBl. I Nr. xxx/2001, wird wie folgt geändert:

1. § 18 Abs. 4 lautet:

„(4) Bei Versicherungsverträgen mit Gewinnbeteiligung muss den Versicherten ein angemessener Teil des Überschusses zugute kommen. Die FMA kann, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Versicherten erforderlich ist, unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse mit Verordnung näher regeln, wie die Höhe der Gewinnbeteiligung unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Bemessungsgrundlagen anzusetzen ist. Insbesondere kann die FMA einen Nachweis über die Finanzierbarkeit der Gewinnbeteili­gung verlangen und nähere Bestimmungen für diesen Nachweis festlegen.“

2. An § 73b Abs. 5 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Unbeschadet des Abs. 5 ist eine Hinzurechnung stiller Reserven zu den Eigenmitteln jedenfalls insoweit ausgeschlossen, als diese den Betrag der gemäß § 81h Abs. 2 letzter Satz unterbliebenen Abschreibungen nicht übersteigen.“

3. In § 77 wird folgender Abs. 5a eingefügt:

„(5a) Bei Anwendung des in § 81h Abs. 2 letzter Satz vorgesehenen Bewertungswahlrechts ist die dort genannte Voraussetzung für jede Abteilung des Deckungsstocks gemäß § 20 Abs. 2 bzw. die Summe der versicherungstechnischen Rückstellungen, für die kein Deckungsstock zu bilden ist, gesondert zu erfüllen.“

4. An § 81h Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Die genannten Kapitalanlagen können abweichend davon nach den Bestimmungen des HGB bewertet werden; Abschreibungen auf den niedrigeren Wert im Falle einer voraussichtlich nicht dauernden Wert­minderung können jedoch nur insoweit unterbleiben, als der Gesamtbetrag dieser nicht vorgenommenen Abschreibungen 50 vH der gesamten, sonst vorhandenen stillen Nettoreserven des Unternehmens in der betreffenden Bilanzabteilung nicht übersteigt.“

5. In § 81h Abs. 5 wird folgender Abs. 5a eingefügt:

„(5a) Die FMA kann zur Sicherung der Liquidität des Versicherungsunternehmens und zur Wahrung der Belange der Versicherten durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Bewertung von Kapital­anlagen gemäß § 81h treffen und insbesondere nähere Kriterien für die Zuordnung zum Anlage- und Umlaufvermögen sowie für die Beurteilung der Dauerhaftigkeit von Wertminderungen festsetzen.“

6. Im § 82 wird folgender Abs. 6a eingefügt:

„(6a) Der Abschlussprüfer hat im Falle der Anwendung des § 81h Abs. 2 letzter Satz das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewertung und insbesondere die Höhe der im Unterehmen vorhandenen stillen Nettoreserven zu bestätigen.“

7. Nach § 129g wird folgender § 129h angefügt:

§ 129h. (1) § 18 Abs. 4, § 73b Abs. 6, § 77 Abs. 5a, § 81h Abs. 2 letzter Satz und Abs. 5a sowie § 82 Abs. 6a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2001 sind erstmals auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 30. Dezember 2001 enden.

(2) Verordnungen auf Grund der in den §§ 18 Abs. 4 und 81h Abs. 5a angeführten Bestimmungen dürfen bereits von dem der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2001 folgenden Tag an erlassen werden. Sie dürfen frühestens auf Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2001 enden, anzuwenden sein. Vor dem 1. April 2002 steht dieses Recht der Versicherungsaufsichtsbehörde zu.“