950 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 22. 1. 2002

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen über­tragbare Kinderlähmung aufgehoben wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung, BGBl. Nr. 244/1960, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 52/1998 und BGBl. I Nr. 98/2001, tritt außer Kraft.

Vorblatt

Problem:

Auf Grund der erfolgten Umstellung der Immunisierung gegen Poliomyelitis von Poliooralimpfstoff auf inaktivierte Poliovakzine und der damit verbundenen Einbeziehung der Schutzimpfung gegen übertragbare Kinderlähmung in Form eines Kombinationsimpfstoffes in das von Bund, Ländern und Sozialversicherung finanzierte Impfkonzept sind in Hinkunft keine Polioimpfaktionen mehr erforderlich und ist daher das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung aufzuheben.

Ziel:

Aufhebung des Bundesgesetzes über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung.

Inhalt:

Aufhebung des Bundesgesetzes über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

EU-Konformität:

Gegeben.

Erläuterungen


Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Seit 1960 besteht das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinder­lähmung, BGBl. Nr. 244/1960, in der geltenden Fassung. Dieses Bundesgesetz bezieht sich auf die Durchführung von öffentlichen Schutzimpfungen mit Poliooralimpfstoff. In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen öffentliche Impftermine festzusetzen. Die Kosten des Impfstoffes für die öffentlichen Schutzimpfungen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres hat der Bund zu tragen, die sonstigen durch die Durchführung der öffentlichen Schutzimpfungen verursachten Kosten die Länder.

Bis 1999 wurde in Österreich Kindern ab dem vierten Lebensmonat die Schluckimpfung gegen Kinderlähmung verabreicht. Für die Schluckimpfung wurde ein Impfstoff aus abgeschwächten vermehrungsfähigen Viren aller drei Poliostämme verwendet (orale Poliovakzine, OPV). In bestimmten Fällen (zB Abwehrschwäche, Einnahme bestimmter Medikamente) erfolgte die Impfung gegen Kinder­lähmung schon immer durch Injektion mit einem Totimpfstoff, dem sogenannten Salkimpfstoff. Für den Salkimpfstoff werden abgetötete (inaktivierte) Polioviren verwendet (inaktivierte Poliovakzine, IPV).

In den USA wird damit gerechnet, dass jährlich nach der Schluckimpfung gegen Kinderlähmung acht bis zehn Fälle von Impfpoliomyelitis auftreten. Dabei kommt es im zeitlichen Zusammenhang mit der Schluck­impfung zu Lähmungen, die meist nur vorübergehend sind. Wenn die Erstimpfung gegen Kinderlähmung mit Totimpfstoff (IPV) durchgeführt wird, lässt sich das Risiko einer Impfpoliomyelitis reduzieren.

Wenn auch das Risiko für das Auftreten einer Impfpoliomyelitis sehr gering ist (durchschnittlich ein Fall von Impfpoliomyelitis auf 890 000 Erstimpfungen), wurde die Impfung gegen Kinderlähmung im Säuglings- und Kleinkindesalter im Jahr 1999 gemäß Empfehlung des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates allgemein auf den Totimpfstoff (IPV) umgestellt. Sie wird bereits ab dem dritten Lebens­monat verabreicht und im Rahmen des Impfkonzeptes österreichweit gratis angeboten. Dafür gibt es verschiedene Kombinationsimpfstoffe (zBVierfachkombinationsimpfstoff: DTP-IPV, Fünffachkombi­nationsimpfstoff: DTP-HIB-IPV, Sechsfachkombinationsimpfstoff: DTP-HIB-IPV-HBV).

Seit dem Winter 1999/2000 haben die Polioimpfaktionen daher nur mehr folgende Impfungen umfasst:

           1. Komplettierung der Grundimmunisierung bei bereits oral angeimpften Kindern.

           2. Sämtliche Auffrischungsimpfungen im Schulalter (erste und achte Schulstufe) sind – mit Aus­nahme von medizinisch indizierten Einzelfällen, bei denen Salk‑Impfstoff zu verwenden ist – bis zum  Ende der Impfaktion 2000/2001 mittels oraler Vakzine (Polio Sabin oral) durchgeführt worden.

Seit der Impfaktion 1999/2000 sind die Grundimmunisierungen von Erstimpflingen ab dem dritten Lebensmonat bereits im Rahmen des Impfkonzeptes durchgeführt worden.

Im Jahr 2000 hat der Impfausschuss des Obersten Sanitätsrates empfohlen, die Polioimpfung bei Kindern im Schulalter ebenfalls auf inaktivierte Vakzine umzustellen, sobald ein entsprechender Kombina­tionsimpfstoff zur Verfügung steht. Bezüglich der Auffrischungsimpfungen für Schulanfänger und Schulabgänger ist zu bemerken, dass der im Jahre 2000 zugelassene Kombinationsimpfstoff DT-IPV (zur Auffrischungen gegen Diphtherie, Tetanus und Poliomyelitis) seit Frühsommer 2001 flächendeckend verfügbar ist und nunmehr auch im Rahmen des Impfkonzeptes angeboten wird. Auch das Schließen von Impflücken bei angeimpften Kindern ist im Rahmen des Impfkonzeptes möglich.

Aus diesen Gründen sind in Hinkunft keine Polioimpfaktionen mit Poliooralimpfstoff für Kinder und Jugendliche mehr erforderlich.

Sowohl die Grundimmunisierung von Kindern ab dem dritten Lebensmonat, als auch die Auffrischungs­impfungen von Kindern bis zum Austritt aus der Pflichtschule werden österreichweit im Rahmen des Impfkonzeptes gratis angeboten.

Es ist daher das Bundesgesetz über öffentliche Schutzimpfungen gegen übertragbare Kinderlähmung aufzuheben, da einerseits keine fachliche Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung in dieser Form mehr besteht und andererseits das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Genenrationen auch nicht mehr seiner an sich bestehenden gesetzlichen Verpflichtung zur Festsetzung von Impfterminen nach­kommen kann (dies ist bei Poliosalkimpfstoff obsolet).

In Österreich ist seit mehr als 20 Jahren kein Fall von Kinderlähmung mehr aufgetreten. Sollte es – trotz mehr als geringer Wahrscheinlichkeit – dennoch einmal infolge eines eingeschleppten Erkrankungsfalles zum Auftreten eines Poliomyelitisausbruches kommen, dann entspricht die sofortige Durchführung von Impfungen bei ansteckungsgefährdeten Personen dem Stand des Wissens und der Technik und bedürfte keiner eigenen gesetzlichen Regelung.


Finanzielle Auswirkungen:

Die Kosten der Polioimpfung werden durch Bund und Länder im Rahmen des Impfkonzepts für Kinder bis zum Schulaustrittsalter getragen. Da eine Auffrischung mit dem 14., 15. Lebensjahr empfohlen ist und in weiterer Folge erst nach zehn Jahren, ist der Impfschutz bis zum 21. Lebensjahr auch im Rahmen des Impfkonzeptes abgedeckt. Es tritt damit auch keine Verschlechterung hinsichtlich der Kostentragung der Impfversorgung der Kinder und Jugendlichen ein.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“).